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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 63-74 (3. Juni - 29. Juni)
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67.

Samstag den 12. Juni

1869.

Constitutionelle Zustande.
In einem Orte des Amts Staufen erklärte ein Gensdarm
einem Manne, der früher Soldat war, nun aber zur Landwehr
eingetheilt ist, er werde ihn melden, sobald er die Adresse der
kath. Volkspariei unterschreibe. Der Betreffende aber ließ sich da-
durch nicht einschüchtern, sondern sagte: „Jetzt unterschreibe ich
sie erst z- leid." Ob der Gensdarm aus Auftrag gehandelt oder
aus Wohldienerei und Eigenmächtigkeit, ist mir nicht bekannt.
In Menzingen, einer lutherisch protestantischen Gemeinde
im Amtsbezirk Bretten, wurden die Bürger durch den Ausfcheller
bei 1 fl. Strafandrohung auf das Nachhalls zur Unterzeichnung
der Jolly-Adresse geladen mit dem besonderen Anfügen, daß die
Religion in Gefahr sei!
Aus Ebringen meldet man: Letzten Samstag beehrte unfern
Ort ein Gensdarm von Munzingen mit einem Besuch, bei welcher
Gelegenheit der Meßner, der die^ Adresse in die Häuser trug, strenge
iuquirirt wurde:
1) woher die Adresse gekommen?
2) wer der Urheber der Circulation derselben sei?
3) ob sich Viele unterschrieben hätten? und endlich
4) ob auch alte Soldaten und welche?
Seinen Nachforschungen gelang es zwei derselben auszukund-
schaften, er begab sich selbst zu denselben und auf seine Frage: ob sie
die Adresse unterschrieben hätten, bejahten sie die Frage und sofort
wurden ihrs Namen ausgeschrieben.
Ferner aus dem Amtsbezirk Freiburg: Oberanttmann Haas
in Freiburg berief sämmtliche Bürgermeister zur Warnung
und Belehrung! Gensdarmen liefen in den Dörfern umher, ließen
Leute aus den Belten, 10jährige Buben aus der Schule in's Ver-
hör rufen. Vorzüglich war es auf die beurlaubten Soldaten ab-
gesehen, — etwa um sie durch Einberufung M maßregeln, falls sie
die Adresse unterzeichnet hätten?

Katholische Bolkspartei.
Weitere Adressen an S. Kgl. Hoheit den Großherzog mit der
dringende« Bitte um Kammern uflösung sind abgegaugen:

Von Allfeld von
146
Staatsbürgern.
„ Weüerdingen
92
„ Mengen
110
„ Siegelsbach
135
Ettlingen
307
Neibsheim
124
Ebringen
200
„ Kirchzarten
110
Offenburg
200
,/
Wiesloch
167
Sasbachwalden
109
„ Bruchsal
703
Oberkirch
231
Ehingen
44
Oensbach
159
Buchheim
160
Hugstetten
9L
Achkarrm
63
Diersburg
66
Homberg
35
Hemsbach A. Adelsh. 38
Sinzheim
514
Binningen
43
Priuzbach
101
Honstetten
82
NeserrrSg von letzter Nummer 26.897

Uebertrag: 30,867 Staatsbürger.

Em neues Lied.

Die Zeit ist schlecht, mit Steusrn trägt
Sich schon der junge Bund,
ünd j.de Stunde, die La schlügt,
ThnL neue Steuern kund.
Listeten, Wechsel, Noten, Mich,
Petrol, Gas, Stempel, Sprit,
Tsbak und Zucker, Quittung, Sslz —
Das kommt Avm Deficit.
Hichdthie, Heydtds, heysthie, heydtL«?
Das kommt vom Deficit.
Das Deficit es foppt und neckt
Dich überall zumal:
Es laust, ganz nackt und unbedeckt.
Dir nach durch Berg und Thal,
Und wolltest du zum Ocean
Entfliehn der iäft'gen Pein —
Es folgt dir auf der Eisenbahn
Und setzt sich mit dir ein.
AMHie, Heydtdci, heydthie, hetzdtda —
Und setzt fich mit dir ein!
Wohin du schaust — aus jedem HaUä,
Aus Speicher und Gemach,
Zu jedem Fenster guckt'L heraus
Vom Keller bis zum Dach.
Leim Sonnen- Wie beim Lampenlicht
Ist es dir immer nah.
Woher es kommt — das ft«M nichts
Ls kam und es war da.
Heydthie, H.Mda, heydthi?» heydtdal
Gs kam und es War da.

And migemkldkt tritt's zur Thür
Herein und setzt sich Kreit.
«k^rLit, priemt und auch
Es stagt nach keiner Zeit.
Es war — der Kanzler hat's gksaat —
LH' es die Welt gedacht.
Es ist — Himmel sei's gettagt —
Dreifältig seine Macht.
H^rive, H ydtda, heydthk, heMda t
MruMUg stme Macht.


Zum KeÜergrunde folgt es dir.
Setzt sich mit dir zum Faß,
Die Blume trinkts von deinem Bier,
Lom Wein das erste Glas,
Ls schlürft nach leckrer Prasser Art
Die Auster säuberlich
Und reicht die Schaalen und den Bart
Dir hin: „Das ist für dich!"
Heydthie, Heydtda! heydthie, heHdtda!
Das ist, mein Freund, für dich!
Wenn der Havannah würz'ger Rauch
In Träume wiegt dm Sinn,
Dann tritt es, wie im Geisterhauch
Hohläugig vor dich hin
LnL fleht dich: „Freund, bedecke mich —
Es ist zu deinem Wohl! —
Sonst kommt ein schümmrer Gast als ich
Sonst kommt das Monopol.
Heydthie, Hchdtda, heysrhle, heydtda?
Sonst kommt das Monopol!*
Kurz, was du issest, rauchst und nippst,
Und Was an Licht verzehrst,
Und was du in den Kaffee stippst,
Lnd sb du gehst, ob fährst,
Ot Süß dir odt>r Sauer schmeckt,
Oh Kalt, oh Warm dir paßt —
Das erste nimmt vom Schnaps und SecL
Der rmgebetne Gast.
HtHdLyie, Heydtda, heydlhie, .Heydts»!
Der ungedewL Gast!
Der Reichstag schier in Ssrgeu sitzt
And feine Roth ist groß.
Den Höfen Gast — ich kenn' ihn jetzt.
Wie werd' ich ihn nur los?
Ich schick' ihn einem Andern zu.
Dann bin der Last ich quiit:
Nun, Preußens Landtag, freue dB
Dich mit dem Deficit!
H'.ydt hie, Heydt da, heHdthre, heydtdsS
Dich nut dem Deficck.
iKlKdhKKSÄarsch.j
 
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