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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 38-50 (1. April - 29. April)
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und Land.

Preis vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poftaufschlag.
Jns.-Geb. 2 ir. die Spaltzeile.


Samstag den 24. April


1869.

Anfrage an Se. Exc. Jolly.
Wie lange noch wird ein Schmähblatt, die Heidelberger Ztg.,
das sich erfrecht hat, die katholischen Geistlichen „ schwa rz ange st r i-
cheneBauernbursche"zu schimpfen, als amtliches Verkündigungs-
blatt des Kreises Heidelberg sortbestehen?
* Heidelberg, 23 April. Wie wir soeben erfahren, ist
die Klage gegen unfern Bisthmnsverweser Dr. Lothar Kü-
bel wegen der Excommunicaüon SLromeyers vom Ober-
hofgericht als unbegründet zurückgewiesen wor-
den. Wie lange noch, Herr Jolly-

Herrn Adolph Emmerling!
Die Nummer 94 Ihres Amts- und Kreisverkündigungsblattes
enthält eine an meine Person gerichtete Erwiderung.
Anstatt aber mich mit Gründen zu widerlegen und mir
zu zeigen, daß ich Ihnen etwa Unrecht gethan, belieben Sie in der
Ihnen allein eigenen Weise mit Phrasen um sich zu werfen, die
einzig daraus berechnet sind, Ihre Verlegenheit in ver Sache
selbst zu verbergen. Sie nennen dabei mein Auftreten gegen Sie
„unanständi g." Um keilte Begriffsverwirrung zuzulassen, wieder-
hole ich, was ich dem öffentlichen Unheil unterbreitet habe:
Sie haben das Oberhaupt unserer katholischen Kirche einer
Handlung beschuldigt, welche jeder Katholik als unvereinbar mit
den Glaubenslehren seiner Kirche, als Unsinn, betrachten und er-
klären muß. Sie haben daran Raffonnements geknüpft, welche unsre
katholische Kirche als unter einer Mißregwrung leidend darstellen.
Ich fand dies unzulässig!
Als protestantischer Redacteur müssen Sie wissen, eheSie
Sich erlauben können, über kathol. Verhältnisse in Ihrem Blatte
Kritik üben zu wollen, daß der Papst für Sünden, seien es ver-
gangene oder zukünftige, keinen Ablaß hat; Sie sind den Katho-
liken unseres Landes schuldig, ehe Sie das Oberhaupt ihrer Kirche
lächerlich machen wollen, sich Klarheit über solche Dinge zu ver-
schaffen. Geschieht dies nicht, so ist es eine Pflicht katholffcher-
seits, diesem dünkelhaften, unwissenden Belehrenwollen entgegenzu-
treten. Diese Pflicht habe ich Ihnen gegenüber erfüllt — ich
werde sie im Wiederholungsfälle auch ferner erfüllen!
Wenn Sie dies als „unanständig" ansehen, so beweist mir
dies den geringen Grad Ihrer Bildung. Wenn Sie den
Begriff der „Bildung" dahin präzisirsn wollen, anstatt auf die Sache
einzugehen, meine Person mit freundlichen Beinamen zu belegen, so
gestehe ich Ihnen vor der Oeffentlichkeit gerne zu, daß Sie der
„gebildetste" Mann unserer Stadt sind. Dieser „Bildung" entgegen-
zutreten, um wahre Bildung zu fördern, werden Sie mich aber stets
bereit finden, Ihnen gegenüber „Worte zu verschwenden".

Ein Mann übrigens, der in der jüngsten Vergangenheit keinen
Anstand nahm, den ganzen Stand des katholischen Clerus unseres
Landes in seinem Blatte als „schwarz angestrichene Bauernbursche"
zu bezeichnen, — ein Mann, der in politischer Beziehung mit dem
jeweiligen politischen Strome schwimmt und in Folge dessen das,
was er Tags zuvor gepriesen hat, am folgenden Tage auf's stärkste
verurtheilt, — ein Manu, der, wie wir ohne Widerspruch gelesen
haben, die erste Pflicht der Dankbarkeit vergessen kann, um geschäft-
liche Vortheile sich zu sichern, wird sich vergeblich bemühen, in den
Augen seiner Mitbürger als charactervoll oder „gebildet" zu er-
scheinen !
Heidelberg, 23. April 1869.
Jakob Lindau.

Nassauische Zustände.
Man hat sich bisher vielfach der Ansicht zugeneigt, daß die
Stimmung in dem ehemalig")! Hsrzogthum Nassau lange nicht den
Grad der Unzufriedenheit erreicht habe, wie in den andern von
Preußen annectirten Ländern. Ich theile diese Ansicht nicht. Aller-
dings tritt die Unzufriedenheit weniger grell- hervor, doch liegt die
Ursache hauptsächlich in dem buntscheckigen Conglomerat des nas-
sauischen Ländchens, das die Vortheile der historischen Banve ent-
behren mußte, so wie in dem lange genährten confeffionellen Zwie-
spalt. Hinter so mancherlei Reibungen, die in Folge hievon aus
verschiedenartigen Stammes- und persönlichen Antipathien entstan-
den, verschwand allzuhäufig der Ausbruch des lauten Unwillens
über die Zustände rm Allgemeinen. Allein das steht fest, daß höch-
stens nur einige Dutzend Nationalüberale die jetzigen Verhältnisse
jenen vor 1866 vorziehen. Bezeichnend ist doch wahrlich die im
Volksmuno nicht ungewöhnliche Versicherung, daß, wenn der Her-
zog wieder zurückkehreu würde, derselbe keine Pferde zur Fahrt
in seine Residenz bedürfte, sondern das Volk ihn dahin geleiten
würde.
Beginnen wer bezüglich der öffentlichen Stimmung mit dem-
jenigen Elemente, welches in einem deutschen Kleinstaat leider all-
zulange die erst? Violine zu spielen gewöhnt ist — mit der Bu-
reaukratie Ihr war hauptsächlich der Mißmuth zu verdan-
ken, der sich allmählich über alle anderen Schichten oer Bevöl-
kerung ausdehnte. Ihre Unfähigkeit war notorisch und gebar die
Sehnsucht nach einem anoern Beamtenstand, dessen Muster von
gothaischer Seite schlauerweise in Preußen gesucht wurde. Neben-
bei aber wurden gar manche verkehrte Maßnahmen gegen diese
Bureaukratie von oben ergriffen und so kam es denn, daß gerade
der Stand, welcher den Kitt des Staates befestigen sollte, an der
Lockerung desselben den vorzüglichsten Antheil nahm. Aber wie
grausam wurde die Selbstsucht dieser Leute von Preußen zerstört!

Die Lage.
(M. Volksbote.)

„Vor Recht geht Macht!"
Das jagt' ich nicht,
Ich leugn' es euch aus dem Gesicht.
Ich zog den Satz nur in Betracht.
„Durch Blut und Eisen"
Will ich nicht
Und ging Gott mit uns in's Gericht,
Wer will ihm seine Wege weisen?
Ich gebe Freiheitslectionen,
Die Freiheit kann nur ich vertragen,
Euch liegt als Luxus sie im Magen,
Die Freiheit der Annexionen.
Oestreich abtrennen?
Wer kann's sagen?
Ich habe einen weiten Magen,
Oestreich werd' ich vertragen können.
Verwittwet Deutschlands Nation!
O angenehme Frühlingstraucr!
Der Bund schied aus dem Vogelbauer,
Die Wittwe trage ich davon.

Alles schweige! Jeder neige
Meiner Presse nur das Ohr!
Denn geht in Frankreich etwas vor,
Hilf Herr! dann geht's mit mir zur Neige.
Ich schaukle zwischen Furcht und Hoffen,-
Die Schaukel ist mein Leibsystem,
Dort der Rumäne, hier der Böhm
Läßt stets mir eine Frage offen.
Mein Ausbau ist so regulär.
Die Basis ruht am Maine.
Der Mann dort an der Seine
Macht nur die Sache recht prekär.
Doch wer will mich majorisiren?
Ich nehm' das Geld, wo ich es find',
Volk, Adel, alle Stände sind
Für mich nur da zum Commandiren.
So treib' ich slotte Politik.
Wer Thaler hat, zur Stunde
Bring' er sie hin zum Bunde.
Geladen sei er zum Picknick.

sD e r Selbstmord ein Laster.) „Warum ist der Selbstmord ein
Laster?" wurde ein Knabe gefragt. — Er erwiederte nach einigem Bedenken:
„Weil er der Gesundheit schadet."
 
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