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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 14-25 (2. Feburar - 27. Februar)
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und Land.

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Trägerlohn und Postaufschlag.
Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile.

M 24.

Donnerstag den 25. Februar

1869.

* Es will Frühling werden in Baden.
Eine uns aus guter Quelle zugegangene Nachricht wird in
ganz Baden eine unendliche Freude erregen: die Tage des
Ministeriums Jolly sind gezählt! Unser Gewährs-
mann konnte hierüber nur Andeutungen geben, allein sie er-
scheinen bei näherer Prüfung sehr einleuchtend.
Den nächsten Anstoß zur Erschütterung der seitherigen Omni-
potenz lieferte die Offenburgerei, nicht aus sittlicher Be-
rechtigung, son^rn weil sie die vollständige Vereinsamung des
Hauptes der Regierung, dem selbst die Büreaukxatie nur wider
willige Dienste leistet, darlegte. Wenn man schon aus der Hal-
tung der Landeszeitung mit ihrer feinen Spürnase die Betheili-
gung höchst einflußreicher Kräfte an den gegen Jolly ausge-
spielten Trümpfen voraussetzen konnte, so wird in dieser Beziehung
noch eine weitere Bestätigung in der Thatsache gefunden werden
dürfen, daß ein Mitglied des Staatsministeriums, dessen Fernsicht
sich bereits im Jahr 1860 erprobt hat, unter die Gegner Jolly's
getreten ist und zwar in einem Aktenstücke über die Feiertagsver-
ordnung, das er schwerlich ohne Vorwissen des Landesbischofs unter-
zeichnete.
Eine andere Andeutung liegt in den Beziehungen Jolly's zu
Kriegsminister v. Beyer. Es galt hier als öffentliches Geheimniß,
daß Jolly nur durch die weit reichende Hand Beyers in seiner
Stellung gehalten wurde. Allein auch dieses Band soll gelockert
sein, so daß Beyer recht wohl Kriegsminister bleiben kann, auch
wenn Jolly entfernt würde. Wie man hört, rührt die Meinungs-
verschiedenheit aus den beiderseitigen Anschauungen in kirchlichen
Dingen her, bezüglich welcher von Beyer einer Politik der Ver-
söhnung sich zuneigt. In der That sind seine Beziehungen zur
Partei der „national-conservativen" Pietisten bekannt und nicht
umsonst scheint das fortwährende Lob des Leiborgans dieser Par-
tei Herrn v. Beyer gespendet. Nebenbei sucht sich dieser Herr aber
auch noch Freunde unter den Ultramontanen zu erwerben, worüber
gewisse Unterredungen mit katholischen Geistlichen Licht geben.
Ein drittes Moment zeigt der neuerdings entbrannte Kirchen-
streit mit dem Bischof von Freiburg. Trügen nicht alle
Anzeichen, so wird er bald Dimensionen annehmeu, die einen viel
größeren und einigeren Staat als Baden aus guten Gründen zum
Einhalt bewegen könnten. Daß Herr Jolly jeden Anlaß ergreift,
um sich als strammster Gegner zu erweisen, zeigt wiederum aus
neuester Zeit die Lindenberger Ausweisungsgeschichte und die gegen
Bischof Kübel erhobene Anklage. Erstere hat selbst in «katholischen

Aus dem Munde eines alten Wallfischfängers.

(Fortsetzung.)
Jedenfalls sind auch Unfälle überhaupt beim Wallfischfang weit weniger
häufig, als man sich denken sollte. Eine Anzahl Menschen um einen Wall
herum erinnern mich an einen Haufen Schmeißfliegen, die auf einer Hammels-
keule Herumlaufen. Schlägt man da und dort und überall hin, so stark man
nur will, so find die Chancen doch so, daß meist die Fliegen alle entkommen.
Mit den wüthenden Streichen des Walls ist es genau dasselbe. Mein Bruder
Jack hatte in diesem Stücke weit weniger Glück als ich, und verlor auf einer
Reise zwei seiner Offiziere. Das eine Mal kam das Boot dem Schwanz des
Walls zu nahe, und dieser zerschlug es mit einem einzigen Streich seines Schwan-
zes und zerschmetterte den ersten Maat so vollständig, wie wir eine Milbe er-
drücken würden, und der zweite Maat verlor sein Leben ungefähr zwei Monate
später ganz in derselben Weise."
„Und wenn Sie nun eine Fahrt anträten, wohin würden Sie Ihre spe-
cielle Bestimmung nehmen, Capitän?" fragte mein Bruder.
„Just dahin, wohin mein Urtheil mich ehedem trieb. Sehen Sie ich war
m manchen Stücken ganz anders gestellt, als die meisten Capitäne, denn ich
genoß eme größere diskretionäre Gewalt. Ich hatte, in Wirklichkeit, nur eine
Art allgemeinen Auftrags. Meine Schiffseigner pflegten zu mir zu sagen:
„Hwr ist Ihr Schiff, Harding, und nach unserem Dafürhalten alles darin,
was Sw aus vier Jahre brauchen. Gehen Sie nun so schnell unter Segel als
Sw wollen, und lassen Sie so oft von sich hören, als Sie können. Und wie
es Ihnen auch immer gehen möge, gleichviel, ob gut oder schlecht, nehmen Sie
kemen Anstand, es uns zu schreiben — wir werden froh sein, von Ihnen zu
Horen. - Dann gmg ich gewöhnlich auf drei oder vier Jahre, je nach dem Grade
Afolgs. Während unserer Sommermonate kreuzten wir in den japa-
nischen Meeren, «ährend des antarktischen Sommers in der Südsee. Sechs
Jahre lang bm ich zwar zwischen hinein nach Hause gekommen, aber dem Win-
ter ganz entgangen."
Sie denn die Wallfische auf?" fragte meine Schwester.
„Ra, liebes Fräulein, dazu gibt es nur Ein Mittel: wir erkennen sie an

Kreisen Mißbilligung hervorgerufen, davon kann man sich in Frei-
burg und auf dem Schwarzwald auf's beste überzeugen. Letztere
war durchaus unnöthig und mußte, weil als Ausfluß des Polizei-
staates angesehen, allmählich bei allen wirklich Freisinnigen den
umgekebrten Eindruck von der beabsichtigten „männlichen That"
machen. Oder hätte Hr. Jolly nicht viel besser daran gethan und
eine staatsmännische Auffassung bekundet, wenn er die (allerdings
künstlich arrangirten) Demonstrationen zu Gunsten des excommuni-
cirten Constanzer Bürgermeisters nicht hätte durch diese Maßregel
überbieten wollen? Wie erhaben hätte er sich von den Amtsver-
kündigern preisen lassen können, wenn er den weisen Grundsatz be-
folgt hätte, von Staatswegen sich nicht auf ein Feld zu begeben,
das nur den innern Menschen angeht!
Und hiezu gesellt sich endlich noch eine sehr bedeutungsvolle
Erwägung. Die Zustände in Bad"n sind seit 9 Jahren total
unnatürlich. Die Politik hat vermittelst der Reli-
gion Propaganda gemacht. Die ächte im ganzen Volke
lebende großdeutsche Stimme, die sich in den Jahren 1859 und
1866 trotz aller künstlichen Machinationen der Gegenpartei so
herrlich bewiesen hat und bei den Zollparlamentswahlen abermals
zum Durchbruch gekommen ist, — sie ist durch die Schlauheit
einer kleinen Clique dermaßen falsch geleitet worden, daß die Ver-
preußung durch Ausbeutung kirchlicher Wirren fast unmöglich
scheinende Vortheile gewonnen hat. Ist es denn nicht ein baarer
Unsinn, die Welt glauben zu machen, daß die guten Katholiken
nicht gleich gute Patrioten sein können? Haben unsere ultramon-
tanen Zollparlamentsabgeordneten und der Landtagsabgeordnete
Lindau nicht gerade diesen Unsinn auf's klarste widerlegt? Wenn
sie für die Freiheit und Selbständigkeit ihrer Kirche kämpfen, wenn
sie deren Trennung vom Staat verlangen, wie solches in Nord-
amerika der Fall ist, wenn sie jeden Schutz zurückweisen, den der
Polizeistaat so gerne erhalten sehen möchte, so muß jeder ehrliche
Mann die Gerechtigkeit dieser Bestrebung einsehen, und gerade
deßhalb kann er sich nicht abhalten lassen, dem politisch Gleichge-
sinnten die Hand zu reichen, wenn er auch in innern kirchlichen
Fragen ganz andern Ansichten huldigen sollte. Solche natürliche
Zustände sind schon längst in Württemberg vorhanden, Demo-
kraten und Ultramontanen sind dort auf dem politischen Gebiete
eng verbündet. Auch in Baden brechen sich nachgerade diese An-
schauungen Bahn, und wir glauben keine unrichtige Prophezeiung
auszusprechen, wenn wir in kürzester Frist die Bildung einer
großen, der Verpreußung entgegenwirkenden politischen Partei als
sicher verkünden. Wenn seither nur von oben die Minister ge-
ihrem Wassersprützen. Vom ersten Morgengrauen an bis zum Einbruch der
Nacht steht droben im Mastkorbe eine Spähwache, welche von Zeit zu Zeit ab-
gelöst wird, auf dem Lugaus. Zuweilen vergehen zwei Monate, ohne daß wir
einen Wall auch nur zu Gesichte kriegen ; dann aber kann's wieder so kommen,
daß ich z. B. an einem einzigen Tage deren eilf erlegte. Aber es waren Zug-
walle, und alle eilf mit einander waren noch nicht so viel werth, als ein ein-
ziger männlicher Wall von ordentlicher Größe. Ein mittelgroßer männlicher
Wall ist seine fünfhundert Pfund Sterling werth, und einige besonders große
tragen bis zu taufend Pfund Sterling ein. Wenn man einen großen Wall
bekommen hat, so erspart man sich eine Menge Zeit und Mühe, wenn man
ihn dicht an das Schiff heran holen kann. Dieß geschieht dadurch, daß man
ihm eine Schlinge um den Unterkiefer legt — eine Arbeit, die meist auf mei-
nen Antheil fiel."
„Und weßhalb denn gerade auf Ihren Theil?"
„Weil ich immer ein guter Schwimmer und fertiger Taucher war. Man
nimmt ein Tau, das zu diesem Zwecke geeignet ist und bringt einen guten
laufenden Knoten darin an. Man stellt sich, diese Schlinge in der Hand, aber
möglichst weit von sich hinausgestreckt, in den Bug des Bootes, um dadurch
zu vermeiden, daß man sich nicht in das Tau verwickle. Der Matrose am
Steuer bringt dann das Boot unmittelbar über den Ort, wo der Wall unter-
gesunken ist; der beste Matrose — der mit dem schärfsten Auge und den zu-
verlässigsten Nerven — steht hier mit der Lanze in der Hand bereit, um einen
allzu neugierigen Hai anzuspießen. Im rechten Moment springt man jetzt ins
Wasser, taucht unter und befestigt die Schlinge an den Zähnen oder Barten
des Walls. Sie müssen nämlich wissen, daß die Kinnladen eines großen Walls
eine Länge von sechzehn bis achtzehn Fuß haben; die Zähne selbst sind unge-
fähr sechs Zoll lang und stehen einen Fuß von einander, und haben einen be-
deutenden Marktwert '. Das ganze Anbinden des Walls ist in einer Minute
geschehen und keine so schwere Arbeit; man muß nur berechnen, ehe man unter
Wasser geht. Man muß sich nur sagen: ich habe so und so zu han-
deln, und wenn das Ding geschehen muß, wird man zweimal so viel Selbst-
vertrauen und zweimal so viel Geschicklichkeit haben. Die einzige Gekahr ist
die von den Haifischen. Ist das Tau einmal befestigt, so läßt sich die Beute
leicht nach dem Schiffe schleppen."
(Fortsetzung folgt.)
 
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