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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 75-88 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43880#0325

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1869.

Donnerstag den 15. Juli

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81.

Psälier
Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag.
Donnerstag und Samstag. ? "

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Xx^ / «L. * Preis vierteljährlich 40 kr. ohne
> 's Trägerlohn und Postauischlsa.
Jm.-Geb. 2 !r. die SpalLzeile.

Katholische Volkspartei.
Weitere Adressen an S. Kgl. Hoheit den Großherzog mit der
dringenden Bitte um Kammerauflösung sind abgegangen:
Von Eschelbach von 32 Staatsbürgern.
„ Langenelz,
„ Unter- u. Oberscheidenthal u.
„ Reisenbach 97 „
„ Honau 25 „
„ Feldkirch 43
„ Hausen 36 „
„ Hartheim 84 „
„ Krumbach 21 „
„ Lautenbach 27 „
Uebertrag von letzter Nummer 61,414 „
Uebertrag: 61,779 Staatsbürgern.
* Die kathol. Volkspartei und die Demokraten.
Die Demokrat. CorrespondenZ enthält eine Skizze über das
Wahlgesctz für die Landtagswahlen im Musterstaat Baden; sie
nennt dieses Wahlgesetz das schlechteste und findet in der indirek-
ten Wahl und in der öffentl. Abstimmung einen Wahren Hohn
auf die öffentliche Meinung des Landes. Wir können ihr hierin
ebenso wenig widersprechen, wie in ihrer Darstellung, auf welche
Weise die Wahlmänner- und dann die Abgeordneten-Wahlen vor
sich gehen. Ja wir möchten noch dieser Darstellung einen Nach-
satz anhängen, der darin besteht, daß, wenn trotz dem schlechtesten
Wahlgesetz, trotz dem nicht mehr aus dem „StiefelLoMMZn" des
Oberamtmanns eine oppositionelle Wahl stattgefunden hat, solche
noch einer Loupe unterworfen wird, oie m den Händen einer mit
den grünen Bänken am Landgraben verwachsenen Cotterie schwarze
Punkte zu Zeigen vermag, wie kein anderes sterbliches Wesen je
geahnt hat, und daß dann, wie solches die Herren Buß und Noß-
hirt bezeugen werden, die Wahl caffirt wird.
Doch wir wollten heute nicht über die bekannte Wahlordnung
uns aussp rechen, sondern einen weiteren Absatz oer Demokratischen
CorrespondenZ hervorheben, der sich mit dem in der Mamcheirmr
Abendzeitung veröffentlichten Programm der Demokraten bezüglich
der bevorstehenden Wahlen beschäftigt. Es heißt dort:
„Jenes Programm scheint uns sich recht gut Zu einem ge-
meinsamen anzulassen für alles, was nicht bettelpreutzisch ist. Doch
überlassen wir das natürlich den Betheiligten. Hineinreden wol-
len wir nur insoweit, daß wir es wiederholt jedem Verständigen
zur Gewissenspflicht machen, den Kopf oben zu halten, sich selbst
und andern. Was s chlimmsten Falls zusammen fällt, das wahrlich
soll zusammen stehen, um zu besserem Ausgang zu dringen sich
selbst und das Land. Einander zerfleischen heißt nur sich bereiten
zum Opfer, welches fein lieblich ist für — Zollern. Hat Lies
Zollern Euch erst, das wird wohl lange fragen bei den Steuern,
ob Eure Kreuzer lutherisch sind oder päpstlich, bei der dreijährigen
Dienstzeit, ob Eure Söhne evangelisch sind oder katholisch — meint
Ihr?! Laßt Euch nur verhetzen und mit wonnigem Schmunzeln
werden die märkischen Engel jubilirsn, was Ihr für dumme Teu-
fel seid!"
Wir haben uns seither nicht veranlaßt gesunden, den perfiden
Verdächtigungen mehrerer sich großdeutsch nennenden Blätter, ins-
besondere der Neuen Freien Presse, nur ein Won zu entgegnen.
Wir thun es auch heute nicht, nachdem man nicht das ganz klare
unzweidtuüge Programm der katholischen Volkspartei zum Gegen-
stand des Angriffs gemacht, sondern im Sinne der schmachvollen
Clique der Nationalüberalen sich damit beschäftigt hat, die Führer
der katholischen Volkspariei auf's unwürdigste zu verunllrmpfen
und die Eucyclika und den Syllabus an den Haaren m einen
Kampf herderzuzühen, der doch in erster Linie nur auf dem poli-
tischen Felde ausgekämpst werden soll — em Verfahren, das mit
Freuden von den Nationallideralen ausgedeutet, ja wahrschein-
lich durch ihre Federn m jenen angeblich großdeutschen Organen
angeregt wurde.
In der Besprechung unserer Parieizustände durch die Demokrat.
Corresp., einem BUue, dessen politische Haltung unsere vollste An-
erlLnimng dksttzi, finden wir indessen eine Aufforderung, uns etwas
näher über das ÄettMmß zwischen der kathsl. VolksparteL und

den Demokraten auszulassen, denn wir möchten nicht gerne zu den
„dummen Teufeln" einstmals gezählt werden.
Was also das von dec Mcmnh. Abendzeitung veröffentlichte
Programm anbelangt, so bedarf es nur einer flüchtigen Vergleichung
mit jenem der katholischen Volkspartsi, um sich zu überzeugen,
daß es im politischen Theile vollständig harmonirt, daß ferner
die kirchl. Frage, wobei wir die Freiheit der Kirche vom Staate
betonen, im Wesentlichen ebenfalls übsreinstimmt, und daß nur
unsere Forderung der „Freiheit des Unterrichts" mit dem Satze
der Demokraten nicht auf das Gleiche hinauslauft, wenn sie dis
„Trennung der Schule von der Kirche" proclamiren. Nach den
vielen, in letzterer Beziehung geschehenen Erörterungen verzichten wir
auf eine nochmalige Beleuchtung unserer Forderung und wollen
hier nur wiederholt darauf aufmerksam machen, daß unserem Satz
der gerechteste Anspruch zur Seite steht: bei dec Erziehung und
dem Unterricht der Kinder hat in erster Reihe der Wille der
Eltern zu entscheiden.
Die katholische Volkspartei hat niemals um die Gunst der
Demokraten in Baden gebuhlt, aber sie hat sich im Sinne ächt
bemokrat. Geistes gerne bereit finden lassen, auf dem Gebiete,
welches in der Bekämpfung der gefährlichsten Grundsätze für das
Wohl Deutschlands gleiche Anschauungen lieferte, in. ihrer Presse
gemeinsam zu streiten. Ja wir dürfen hinzufügen, daß, wenn Maß-
regelungen gegen die Demokraten m's Werk gefitzt wurden, von
unserer Seite den Principieu der Freiheit ein kräftigerer Beistand
geleistet war, als umgekehrt. Wir hätten werter mit Freuden dis
Erfolge der DemokrattN begrüßt, wenn solche in der jetzigen Be-
wegung zu verzeichnen gewesen wären, trotzdem daß sie dsmokrat.
Presse die großartigen Volksversammlungen und dje dem zähesten
Widerstand abgerungensu, dis fitzt über 60,000 Unterschriften
augßschwollenßu Adressen der kath. Volkspartei fast ganz iguorirr
hat. Das Ledeusslemsm dsr kath. Volkspartei bestehl in der An-
erkennung aller auf achter Freiheit und dauernder socialer Grund-
lage deruhendM Principim; wir fühlen daher auch die Kraft in
uns, den Kampf, den wir ausgenommen, allein auszuftchten.
Wir habZR nicht nöthig Verbündete zu suchen und am allerwenig-
sten bei Solchen, die entweder von hysterischen Krämpfen befallen
werden, wenn sie den Namen „katholisch" hören, oder dieunter
vier Augen erklären, sie Müßten dem VorurlheiL
eines gewissen Gesindels (eines hohen und niedri-
gen) gegen alles Katholische Rechnung tragen, oder
die als alte Mitglieder des Nationalvereins sich immer noch als
Werkzeuge der Bettelpreußm gebrauchen lassen, wenn ihnen em
künstlich gefärbter rother Lappen vorgehalten wird. Wir empfchlsK
diesen Leuten die politische Lehre von Rotteck: „ich Lhue nichts,
was meinen Feinden Vergnügen macht." Auch mit jenm sog.
dsmokrat. Elementen wollen wir nichts zu schaffen haben, die sich ent-
schuldigen zu müssen glauben, wenn sie in der Gesellschaft eines
„Ultramontanen" erblickt werden und dsßhald, wenn sie letztere
aufzusuchen in ihrem Interesse halten, bei Nacht und Nebel mir
möglichster Vorsicht sich um die Ecke Weichen..
Wer sich dagegen von Vorurthsüen frei fühlt, der wirs sich
ein Muster nehmen an oen Zuständen in Württemberg und an
der Haltung der süddeutschen Fraktion beim Zollparlament. In
Württemberg gibt es — Gott sei Dank! —> nicht den conftssiy-
nellen Haß, wie er seit länger als einem Jahrzehnt in Baden ge-
schürt wird; in Württemberg besteht eine Volkspartei, Zu der
Männer gehören und als ächte Patrioten allgemein verehrt werden,
die man in Baden mit der Bezeichnung „vaterlandslose Ulttamon-
wne" verfehmt; in Württemberg wird die „Schwäbische Volks-
zeitung", jener Abklatsch der badnchen Landesbase, geradezu ausge-
lacht, wenn sie ihr winziges Häuflein von Lesern von dem ultra-
montanen Wauwau zu unterhalten beliebt. Wenn Herr Jolly die
kathol. Volkspartei in Vaden gründlich beseitigen will, so geben
wir ihm den wohlgemeinten Rath, sich ein Beispiel an dem Cuttus-
minister Golther zu nehmen, der doch gewiß kern Ultramontaner
ist. Dann wird das Wörtchen „katholisch" gestrichen werden, dann
wird erst recht die „Volkspartri" aus poltt. Boden erscheinen.
Ferner hat die süddeutsche Frocttou in der vorjährigen und
diesjährigen Sitzung des Zollpauane.ls doch wohl zur Evidenz
gezeigt, daß ein Zusammengehen aller ünupuußsschen Elemente
weder unehrenhaft, noch unh.üvoll fit. U.» ' w.e war denn dies
 
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