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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 1-13 (2. Januar - 30. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43880#0035

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Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag,
Donnerstag und tzamstag.

für Stadt


Preis vierteljährlich 40 kr. ohne
1111N L Ä.11Ü. Trägerlohn und Postaufschlag.
Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile.


Donnerstag den 21, Januar

1869

ZZ In Sachen der Freiburger Erzbischofswahl.
Das Freiburger katholische Kirchenblatt bringt an der Spitze
des letzten Blattes einen Artikel unter obigem Titel, worin es
sagt: Es habe es aus verschiedenen Gründen für opportun erach
tet, bis jetzt sich jeder Erörterung in Betreff der Erzbischofswahl
zu enthalten. Nachdem aber diese Angelegenheit längst zu einer
öffentlichen Frage sich gestaltet habe, die nicht nur die Katholiken
der Freiburger Erzdiöcese, sondern auch die von ganz Deutschland
in der lebhaftesten Weise beschädige, wolle es seine Leser über den
Stand dieser höchst wichtigen Angelegenheit orientiren und damit
zugleich irrigen Auffassungen, welche von gegnerischer Seite in
Umlauf gesetzt würden, entgegentreten. Zunächst theilt es die da-
rauf bezüglichen Documente mit, wovon die zwei letzten vom ver-
flossener. Jahre auch für die Leser des Pfälzer Boten von Inte-
resse sein werden. Beide sind gerichtet an den Hochw. Herrn Bis
thumsverweser Dr. Lothar Kübel und das Domeapitel. In dem
ersten, datirt vom 4. Mai 1868, drückt der hl. Vater seinen tiefen
Schmerz über das Hinscheiden des hochseligen Erzbischofs Hermann
von Vicari aus, begrüßt sodann die Erwählung des Hochw. Hrn.
Domvecans Dr. Kübel zum Bisthumsverweser, geht hierauf auf
die nothwendig gewordene Bischofswahl über, wobei das Dom-
capitel dringend ermahnt wird, die bezüglichen Verordnungen der
Kirche, namentlich aber der Synode von Trient, vor Augen zu
haben und einen Mann zu wählen, der „neben andern ausgezeich-
neten Eigenschaften, die zur würdigen Uebernahme des bischöflichen
Amtes durchaus erforderlich sind, noch durch priesterlichen
Eifer und Muth in männlicher Bertheid igung der
Rechte der Kirche hervorrage, wie der kürzlich verstorbene Erz-
bischof zum höchsten Ruhme seines Namens es gethan." Dann
heißt es wörtlich weiter: „Damit Ihr aber diese hochwichtige An-
gelegenheit (die Erzbischofswahl) um so leichter vollbringen könnt,
erthsilen Wir Euch durch dieses Breve die Erlaub
niß,öaßJhr auf die von Euch mit aller Sorgfalt
aufzustellenden und Eurer weltlichen Regierung
v o r zu le g e n d e n Liste der zuWählenden auch mehrere
Geistliche, die nicht zu Euerm Diöce sa ne l e r us ge-
hören, setzen dürfet, wofern nicht anderweitige Be-
stimmungen damit im Widerspruch stehen; dies ge-
statten wir Euch jedoch nur unter der Bedingung,
daß Ihr die Wahl des neuen Vorstehers keinensalls
vornehmen dürft, wenn nicht vorgenannte Regie-
rung wenigstens drei auf der Liste stehen gelassen

hat, welche gewählt werden können." — Im zweiten
Breve vom 6. Juli 1868 ertheilt der hl. Vater dem Domeapitel
wegen seiner in der Wahlsache bewiesenen Klugheit „verdiente
Lobsprüche" und bedauert, daß „wegen Schwierigkeiten, die man
durchaus nicht voraussehen konnte, die Wahl des neuen Erzbischofs
noch nicht vollzogen werden konnte." „Da indessen", heißt es
weiter, „die Regierung des Großherzogs von Baden sehr wohl
weiß, welches die Gesinnung Unseres Vorgängers, verehrungs-
würdigen Andenkens, Leo XII. in seiner apostolischen Bulle vom
II. April 1827, anfangend: ,,^ä äomimei Zi-oZiZ euMoäiam" ge-
wesen ist, und welches der wahre Sinn sowohl dieser Bulle als
auch des Breves ist, welches Unser gleicher Vorgänger am 28.
Mai desselben Jahren an das Capitel der Freiburger Metropoli-
lankirche gerichtet hat: so haben Wir deßhalb alle Ursache anzu-
nehmen, daß genannte Regierung die Ueberzeugung gewinnt, daß
Wir ihrer (der Negierung) Bitte, es möge von Euch sine
neue Liste der zu Wählenden aufgestellt und ihr
vorgelegt werden, nicht willfahren können." —
Aus Letzterem erhellt, was von der neulich als gewiß ge-
brachten Nachricht, die Wahrheit des Domcapitels habe sich für
Ergänzung der Wahlliste im Smne der Regierung ausgesprochen,
zu halten ist. Denn das Domeapitel weiß jedenfalls, daß der
hl. Stuhl seine Entscheidung in keinem Falle selbst zu desavomren
in der Lage ist, also deßsallsige Schritte mindestens vergeblich
wären. Das Kirchenblatt hat in Betreff dieser so wichtigen Sache
mehrere Artikel in Aussicht gestellt, worauf wir hiemü aufmerk-
sam Zu machen uns erlauben.
SüÄÄrutschlund.
* Heidelberg, 19. Jan. Das preußische Abgeordnetenhaus hat
das Etatgesetz mit allen gegen 2 Stimmen, — die des Abg. Jakoby
und des Abg. Krebs — angenommen. Zwei Männer — ein Jude
und ein Mramontaner — hatten Muth genug, der allgemeinen
Strömung mit Entschiedenheit sich entgegenzustemmen. „Mit jedem
Tage stellt es sich klarer heraus," äußerte Jakoby bei dieser Gele-
genheit, „daß Großmachtspolitik und Völkerfriede unvereinbare Gegen-
sätze sind, daß die gewaltsame Erweiterung der preuß. Landesgränzen,
daß die damit verbundene Stärkung der preußisch-dynastischen Haus-
macht keineswegs das geeignete Mittel ist, die Einheit geschweige denn
die Freiheit des deutschen Vaterlandes herzustellen. Ich weiß wohl,
daß ich mit dieser meiner Auffassung der Dinge in diesem hohen
Hause ziemlich vereinzelt dastehe. Das kann mich aber nicht abhalten,
der Wahrheit die Ehre zu geben und pflichtgemäß meine Ueberzeugung

Die Herbstfeier.
Eine Erzählung von L. M. F.
(Fortsetzung.)
Der alte Kriegsmann hatte richtig geurtheilt. Ueberdrüssig, ihre Zeit bei
einer Hütte zu verlieren, ließen die Lärmer bald wieder ab, und eS ward Alles
still. Da fragte der Alte noch:
„Was hat denn aber Fritz geschrieben, als nun der Krieg wider sein Va-
terland im Ausbrechen war? — Sagen Sie mir es kurz und deutlich an, liebe
Tochter, und — falls es etwa trüben Inhalts für mich sein sollte — auch nur
ganz schonungslos. Das Herumziehen und Ileberkleiden macht mir jeden Kum-
mer zwiefach schwer. Frisch in die Wunde hineingeschnitten, wo es einmal nicht
anders sein kann!"
„Ich habe Ihnen kein trübes Wort zu berichten, guter Vater;" entgegnete
Elisabeth; „wenigstens kein verletzendes Wort. Fritz war tief erschüttert von
diesem unerwarteten Kriege; er liebt sein Vaterland inniger, als je: aber die
Ehre hielt ihn bei den Fahnen, denen er sich verpflichtet hatte, in dem ernsten
Augenblick losbrechender Gefahr unwiderruflich fest."
„Recht, mein Fritz!" sagte der Alte freundlich. „Und, liebe Tochter, Sie
können den kecken Jungen dort auf meine Verantwortung immerhin Fritz nen-
nen; wenigstens was mich betrifft: ich habe meinen armen verirrten Sohn be-
reits unter tausend Freuden wiedergefunden."
Nach einer Weile hörte man, wie zahlreiche Geschwader in stiller Ordnung
durch das Dorf zogen. „Das ist eine ganze Colonne;" sagte der Obrist auf-
horchend. „Cavallerie und Geschütz! Nun ist die Plünderungsgefahr vor der
o'RR vorüber. Aber thun Sie die Laden auf, liebe Tochter, und setzen Sie
Llcht m tue Fenster; vorzüglich, damit nicht Einer, der mich etwa hier fände,
glauben mochte, Sie hätten mich verbergen wollen, und Ihnen dann Unqele-
genhert machte."
Elisabeth gehorchte dem Rath des erfahrnen Alten. Aber indem sie eben
em Licht an das Fenster stellte, daß der Schein weit hinausfiel auf die Straße,
rat sie pmtzuch hocherglühend zurück, dann alsbald zur Leichenbläffe wie ver-
stemt. „Liebes Krnd sagte der Obrist voll zärtlicher Besorgnitz, sich müh¬

sam auf dem Bette emporstemmend; „um Gott, wie wird Ihnen? Was er-
greift Sie so wunderbar, liebe Tochter? — Sahen Sie wohl gar — ?"
„Ihr ahnendes Herz sagt Ihnen das Rechte;" entgegnete Elisabeth leise.
„Florentin ritt an der Spitze eines Chasseur - Regiments vorüber. Es war
fast, als ob er mich wiederkenne; — seine Augen wurden so seltsain glühend
und groß; — ich weiß nicht recht" —
In dem Augenblicke auch hörte man ein Paar Rosse wieder zurückspren-
gen; eine fremde Stimme rief laut und herrisch anderThüre: „Ouvrss! mal»
VUVV62 äone ! O'sst Io eolonest i^ni veut ontror!" Aber eine andere, ach De-
nen in der Hütte sehr wohl bekannte Stimme wies die erstere zur Ruhe, und
sagte dann auf Deutsch mit sanfter Freundlichkeit: „Wenn Frau Elisabeth Grün-
wald hier wohnt, bittet der Obrist Florentin Grünwald, ihm die Thüre zu öff-
nen. Ist aber jene Dame nicht im Hause, so hat hier Niemand weiter etwas
zu suchen." — Elisabeth war schon aus dem Gemach, hatte schon die Thüre
erschlossen, unb mit all der zarten Eile besorgter Liebe dem Unaussprechlichgelieb-
ten zugeflüstert, wen er hier finde.
Jetzt traten die beiden edlen Gestalten Arm in Arm herein. Der ehrwür-
dige Greis, seinen Degen an der Spitze fassend, hielt das Gefäß dem jungen
Mann entgegen, und sagte: „Ich bin Ihr Kriegsgefangener, Obrist Grünwald."
Voll ehrerbietigen Schauders nahm der Sohn die wohlbekannte Waffe aus des
Vaters Hand, um sie ihm alsbald wieder zurückzugeben, mit edlem Anstande
sprechend: „Kriegsgefangenen Ihrer Art, Herr Obrist, nimmt man die Waffen
nicht. Sie haben zu befehlen, wo Sie auf Ihr Ehrenwort hinbegleitet fein
wollen. Oder gedenken Sie noch hier zu bleiben, fo lass' ich Ihnen zwei Chas-
seurs als Sauvegarde zurück, denn mich rufen Pflicht und Ehre vorwärts." —
„Daraus will ich mich noch einen Augenblick besinnen;" sagte der Alte. „Aber
für jetzt, — fo viel Zeit hast du ja wohl noch übrig? — für jetzt, mein lie-
ber, armer Fritz, gib mir einen recht herzlichen Kuß."
„O mein Vater, mein herrlicher Vater!,, ries Jener aus, indem er den
Alten sanft umfaßte; „das ist ja so unendlich mehr, so unendlich schöner, als
ich mir's je zu träumen gewagt hätte! O wie fo gnädig und reich ist der liebe
Gott!"
(Fortsetzung folgt.)
 
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