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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 14-25 (2. Feburar - 27. Februar)
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73

daß in unserm aufgeklärten Zeitalter noch ein Fest erhallen bleibt,
an dem Tausende von Menschen — gerade an diesen Tagen des
Vergnügens und Jubels — in unser freundliches Städtchen und in
unsre freundliche Kirche strömen, — es ist das Fest der ewigen
Anbetung oder das sogenannte 40stündige Gebet, das alljähr-
lich in unserer Kirche gefeiert wird und auch dieses Jahr wieder
recht feierlich begangen wurde, zum Nutzen u. Frommen Aller, die
das Glück hatten demselben beizuwohnen. Von Sonntag Morgens
4 Uhr, wo die Glocken feierlich das hohe Fest begrüßten, bis Dien-
stag Abend 5 Uhr strömten die Katholiken zu unserer freundlichen
Kirche, wo in sechs Predigten die hohen Wahrheiten des religiö-
sen Lebens vor die Seele geführt und ihre Stärke im schweren
Kampfe aufgerichtet wurde. Doch auch die Spötter konnten hier
sehen, daß es noch Religion gibt und daß tief im Innern, be-
sonders des Landvolkes, dieselbe fest wurzelt.
/X Vom Odenwald, 10. Febr. In hiesiger Gegend hatten
wir in diesem Winter bereits zwei Gewitter, das erste an Mariä
Empfängniß, das zweite gestern Abend. Letzteres war ziemlich
heftig. In Hettingenbeuern schlug der Blitz in das Haus eines
Schmiedes ein. Zum Glück war es nur ein kalter Schlag. Die
Hausbewohner kamen mit dem Schrecken und der Beschädigung
einer Standuhr davon.
Voxberg, 8. Febr. Ihren Artikel über die Ausweisung
der Gräffinger Schulkinder aus Ueffingen betr. bin ich in der
erfreulichen Lage, Ihnen die ergänzende Nachricht zugehen lassen
zu können, daß schon vor 1^/2 Monaten dem Gemeinderath von
Ueffingen durch Gr. Bez--Amt bedeutet wurde, „eine solch' einseitige
Ausweisung der kath. Schulkinder von Gräffingen" sei durchaus
unzulässig und habe daher die desfallsige Verfügung des Gemeinde-
raths außer Wirksamkeit zu treten. An der Thatsache, daß der
Ueffinger Gemeinderath durch die als einseitig erkannte Ausweisung
der katholischen (nicht aber auch der protestantischen) Schulkinder
eine Handlung der bedenklichsten Eigenmächtigkeit beging (eine
Velleität, wie ein gewisser Herr sich ausdrücken würde), wird durch
anerkennenswerthes amtliches Einschreiten nichts geändert. Ebenso-
wenig hört dadurch die Gefahr auf, in welcher die kath. Schule
zu Ueffingen hinsichtlich ihrer Fortexistenz sich befindet. Da näm-
lich diese Schule ohne die Gräffinger feit mehreren Jahren unter
25 zählte, so wird ihr Fortbestand von der Frage abhängen, ob
der Hof Gräffingen, insbesondere die Katholiken dortselbst als zu
dem Schulbezirk Ueffingen zu betrachten sind oder nicht.
Das Erstere nachzuweisen wird daher die Aufgabe Derer fein,
welche für die Erhaltung der kath. Schule Ueffingen einzutreten
haben.
Für die aus kirchlichen Mitteln susteutirte Schule in Schwei-
gern ist bis zum Austrag einiger noch nicht geebneter Puncte
durch Virfügung des Oberschulrathes ein Schulverwalter belassen,
der demgemäß seinen Gehalt schon durch die Kirchenbehörde be-
zieht. Die (21) katholischen Schüttender von Bobstavt, das eine
halbe Stunde von Schweigern entfert ist, besuchen sämmtlich mit
der lobenswerthesten Standhaftigkeit die auswärtige Schule in
Schweigern. Der Opfermuth der Vobstadter Katholiken verdient
um so mehr anerkannt zu werden, als sie seither an die Wohl-
that einer Schule im eigenen Ort gewöhnt waren, und beweist
zur Genüge, wie wenig die gemischten Schulen nach dem Geschmacks
des nüchternen Volkes sind.
Aus den Staubwolken, 10. Febr. Als vor etwa 3
Jahren der Ton und die Haltung des Main- und Tauberboten
zu Wertheim für die Katholiken fast unerträglich geworden war,
haben die kath. Gemeinden des Amtsbezirkes beim damaligen
Amtsvorstande freundlichen Andenkens durch ihre Bürgermeister
Beschwerde erhoben und man fand es für gut, den Verleger und
Redakteur zu einer erträglicheren Sprache in seinem Blatte zu mahnen.
Nachdem so dem Spottvogel mit der Amtsscheere die Flügel ge-
stutzt und der gar zu rothe Kamm gezwickt war, hat sich der
Wertheimer Moniteur bis vor einiger Zeit noch lesen lassen, ohne
daß man sich über dieses Winkelblatt gerade ärgern mußte. Jetzt
scheinen die Federn unseres Amtsvogels aber auf einmal wieder
stark und schwungreich, sein Schnabel wieder scharf und spitzig ge-
worden zu sein. Denn nicht nur in eigenen Leitartikeln, sondern
auch in den meisten Correspondenzen und Nachschreibereien aus
andern Blättern, werden die kirchentreuen Katholiken und die ehr
Würdige Person unsers muthigen Weihbischofs in einer Weise an
gegriffen, verdächtigt und verächtlich gemacht, daß es empörend ist.
Wir sind daher genöthigt gegen die Wertheimer Amtsschelle
vom Leder zu ziehen und Position zu nehmen. Vielleicht hält man
jetzt die Zeit gerade für günstig, um gegen uns zu manöveriren,
weil gewisse Herrn in Freiburg ikrem Ehrgeize eine so große
Blamage bereitet haben. Allein die Katholiken unserer Gegend
sind, trotz der traurigen Spaltung im Freib. Domcapitel, doch
nicht geneigt, sich verletzen und begeifern zu lassen. Ja sie sind
es jetzt viel weniger, als vor einigen Jahren, denn unser Muth
ist gestiegen durch die Erfolge, die wir in jüngster Zeit gehabt,
und an Kraft und Munüion, sowie an nächtigen Führern fehlt
es uns auch nicht. Und mit so einem Wertheimer Pechvogel fer¬

tig zu werden und ihm die Federn zu stutzen ist uns ein Seelen-
vergnügen.
Das Dreinschlagen und Manöveriren haben wir »vno 1866
gelernt und seither haben wir eine Masse Kanonen — gezogene
und ungezogene, Hinterlader und Munition in Fülle angehäuft.
Wir dürfen nur das Signal zum Angriff blasen und dann, mein
theurer Amtsverkündiger, dann werden die vom Maingrund dein
schmutziges Wasser stauen, die von der Höhe werden mit ihrem
Winde wehen und die aus dem Tauberthal dir so viel Wasser
schicken, daß die Gänge an deiner ohnedies so schlotterigen Mühle
überfluthen und mit fortgerifsen werden. Kurzum, wir werden
dich in eine Lage bringen, daß du am Ende nach Kreuz-Werth-
heim fliehen und dort Hilfe suchen mußt.
Drum merk es dir, 0 Moniteur,
Dir bringen Feinde keine Ehr!
Willst du nicht Hiebe sonder Gleichen,
Mußt Achtung du und Anstand zeigen!
Aus Baden. Die Berliner demokratische „Zukunft", welche
beiläufig bemerkt ein Jude redigirt, schreibt über den verstroh-
meyerten Anerkennungs- und Belobigungsschwindel also: In Baden
steht die Strohmeperei in guter Blüthe. Dem Manne ist der Ge-
nuß des Abendmahles untersagt und das muß, bei der Gesinn-
ung, die er und seine Freunde bekunden, doch kein allzu großes
Opfer für ihn sein. Dennoch erhebt sich darüber im ganzen Lande
ein Adressen- und Resolutionslärm, als wäre eine neue Aera der
Weltgeschichte ins Leben getreten, und der Wedelapparat der „libe-
ralen Männer" rast in krampfhafter Thätigkeit.
Freiburg. Mehrere Zeitungen berichten, daß der hochw.
Bisthumsverweser sich am 1. Febr. in voller geistlicher Amts-
tracht in's Verhör zu dem Untersuchungsrichter begeben habe. Daß
die „Knüppelbase" ihrem Publikum derlei mit Vorliebe auftischt,
ist bekannt, unglaublich aber ist, daß andere Blätter geglaubt ha-
ben, der Bischof habe sich veranlaßt gefunden, dem Hrn. Deimling
in seinem geistlichen Functionsornat die regierungsseitig gewünsch-
ten Aufschlüsse über den einstweiligen Ausschluß des Strohmeyer
von der Kirchengemeinschaft zu geben. (Fr. Bote.)
Freiburg, 10. Febr. Wie wir vernehmen, hatte der hochw.
Herr Weihbischof vorgestern ein weiteres Verhör vor dem Unter-
suchungsrichter zu bestehen, welches über 3 Stunden dauerte. (F.B.)
-s- Constanz, 8. Febr. Eine Gesellschaft, die ihre Mitglie-
der nicht nach ihren Statuten aufnehmen und entfernen kann, son-
dern dazu die Genehmigung der Regierung einholen muß, ist unter
staatlicher Botmäßigkeit und kein selbständiger Verein. Wie kann
aber erst die kath. Kirche bestehen, wenn ein calvinischer Minister
den Bischof zwingen könnte, Solche noch als Katholiken zu behan-
deln, welche von der Kirche nichts wissen wollen? Lediglich weil
Herr Stromeier sich von der Kirche losgesagt hat, wurde er excom-
municirt; nicht aber wegen seines Auftretens in dem Streit über
den Spital- und die Schulfonds- und bei der Schulfrage.
Damit Sie sehen, welche Geduld die Kirche mit diesem Auch-
katholiken hatte, theile ich Ihnen folgende Thatsachen mit.
Im Jahre 1865 wutde hier bekannt, daß Herr Stromeier
den Freimaurerverein in sein Haus ausgenommen habe (dafür
wurde er nicht „gelindenbergt"!), daß er in öffentlicher Versamm-
lung erklärte, er schaue nicht über die Berge, hier in Baden habe
er seine Religion, er sei also badisch und nicht römffch katho-
lisch und daß er bei der Agitation behufs der Säcularisation der
kath. Spital- und Armenstiftungeu sehr thätig war. Es war da-
mals bekannt, in welcher Weise er die katholische Versammlnng in
Radolfzell störte.
Herr Stromeier rühmte sich damit, wie er in seinen Privat-
briefen an einen Domcapitularen und das Domcapitel die Kirchen-
bebörde behandelt habe. Er schrieb 1865 dem Domcapitel, das-
selbe habe sich bei seiner Entlassung als Erzbisch. Verwalter
von der ultramontanen Hefe beeinflussen lassen u. doch ftede unter
dem Erlasse des Domcapitels der „ehemals (!) so hoch gefeierte
Name des Hern Domdekans v. Hirscher." Er bemerkte dazu, er
habe für das Schulaufsichtsgesetz von 1864 gewirkt. (Auch dieses
domcapitelsche Vorgehen gegen eine s. g. Amtshandlung des öffent-
lichen — Dieners Stromeier könnte für den Unterfuchungsrichter
des Herrn Bischofs, den aus dem Prozeß Jolly — Baumer be-
kannten Herrn Deimling, Stoff geben. Für uns Katholiken ist
es ohnehin ein eigenthümliches Gefühl, daß Männer wie Herr
Deimling oder Eimer über eine bischöfliche Amtshandlung ur-
iheilen.)
Herr Stromeier, der es vom Gränzaufseher bis zum berühm-
testen Ehrenmann im bestregierten Staat gebracht hat, versäumte
keine Gelegenheit, über die Lehren, Verfassung und Kirchenbehörde
der „Ultramontanen" in nicht gerade urbaner Weise loszuziehen.
So schrieb er im Februar 1867 an Herrn Pfarrer Benz, er wolle
ihn in seinem Proceß mit der Curie unterstützen, eine Zeitungs-
polemik gegen dieselbe eröffnen, Niemand wisse, wer da (in Frei-
bürg) Meister sei. Er theilte jenem Pfarrer sogar mit, was über
ihn im Schooße der kath. Stiftungscommission gesprochen wurde.
Das Erzb. Ordinariat wurde von seinem Auftreten stets
unterrichte t. Es wußte, daß er Stiftungsakten der Kirchenbehörde
 
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