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Hierauf die Eintheilung der Predigt: „Luther hat uns be-
freit vom Aberglauben, von der Geistesknechtung, von der Priester-
herrschaft." — Uhu, mich schauderts ob dieser Eintheilung und
ob der meinem Geiste vorschwebenden Scheiterhaufen. Der geehrte
Redner spricht vom Aberglauben und zwar auffallender Weise von
dem jetzt noch in der katholischen Kirche schrecklichen Aberglauben.
Da kommt der Blödsinn von der Heiligenanbetung und von den
Wallfahrten. Pathetisch äußert er sich hierüber: „Können wir es
anders nennen, als Aberglauben, wenn die Katholiken Wallfahrten
machen? öder, wenn eine Schaar Pilger, wie unser katholischer
Bruder, vor einem Marien-Bild oder sonst einem Heiligen-Bild
niederknien und beten?"
Sie, Herr Redner! haben entweder gar keine Kenntniß von
dem Begriff „Verehrung", oder wenn sie diesen Begriff haben,
sind Sie ein boshafter Fälscher kathol. Glaubenswahrheiten! Ihr
Volk bedaure ich dann, das Sie mit Lüge und Entstellung ab-
speisen. — Noch ungezogener ist der Ausfall, daß die evangelische
Lehre der Familie ihre Rechte wieder gegeben hat. Wissen Sie
vielleicht, daß vor Luther etwa Nicht geheirathet worden ist? Denn
darauf zielten ihre Worte. Hat die kathol. Kirche etwa die Ehe
verpönt? Dies schienen Sie andeuten zu wollen.
Unser gediegener Berichterstatter versichert uns, er habe an
andern prot. Orten auch schon manchmal einen prot. Prediger ge-
hört, aber so ungezogen und plump sei noch keiner ausgetreten.
Am Schluß: „Heute Nachmittag ist Christenlehre." Und was
gab's da?
„Nun, wir wissen, daß Luther gegen die in der kathol. Kirche
herrschenden Mißbräuche aufgetreten ist. Kannst du mir solche
nennen?" „„Ja; der Ablaß."" Der oft gehörte Unsinn über
Ablaß wurde nun von dem Liebe—Prediger zum Besten gegeben,
unbekümmert darum, ob das, was man sagt, Lehre der Kirche ist
oder nicht.
Wir wollen einmal den Stiel umkehren und einen katholischen
Geistlichen predigen lassen über die Worte Luthers: „Der Mensch
ist ein Thier, auf welchem bald Gott, bald der Teufel reitet.
Wenn Gott auf ihm reitet, so thut er gute Werke, wenn der
Teufel, so schlechte." (Opera Imtberi äe servo arbitrio). Oder die
klastische Stelle: was Gott nach der Sünde frage: sündige tapfer,
glaube tapferer!
Nicht wahr, ihr Herrn mit der weißen Halsbinde, würdet
ein Geheul vom Bodensee bis an den Main anschlagen und nach
Staatsanwälten von Berlin schreien, wenn die badischen nicht aus-
reichten? Das ist eure vielgepriesene Toleranz!
* Heidelberg, 5. Juli. Die letzte Nummer der Freien
Stimme (Nr. 76) ist confiscirt worden, wahrscheinlich wegen eines
Vergleichs, der darin über die Art und Weise angestellt wurde,
wie man die Jollyadressen macht und welche Hindernisse denen
der katholischen Volkspartei in den Weg gelegt werden.
U. Aus dem Kreis Heidelberg. Die alljährig stattfin-
dende Revü der badischen Truppen, soll dieses Jahr Anfang Sep-
tember abgehalten werden. Als Operations-Terrain bezeichnet
man die Strecke zwischen Bruchsal und Mosbach. Nach der großen
Parade der Truppen bei Sinsheim wird sich das Heer über Waib-
stadt, Helmstadt rc. nach der Gegend von Mosbach in Bewegung
setzen.
Die Heuernte ist dieses Jahr im Ganzen nicht so gut wie
voriges Jahr ausgefallen. Häufige Fröste, nebst andauernden Re-
gengüsten von gewaltigem Sturm begleitet, haben an den Bäumen
und in den Saatfeldern nicht unbedeutenden Schaden verursacht.
Auch herrscht Mangel an Grünfutter; von den Kartoffeln verspricht
man sich, aus dem jetzigen schönen Stande zu schließen, nur Gutes,
und dürfte die Hoffnung der Landleute auf ein gutes Spätjahr
nicht getäuscht werden.
-i-» Vom Neckar, 4. Juli. Im jämmerlichen Amtsblatt, das
sich unlängst katholische Geistliche Mit „Meßpfaffen" zu tractiren
anmaßte, nimmt sich wahrscheinlich der dasselbe zum öftern unsicher
machende preßjüdische Renegat heraus, mit der Leuchte seines er-
habenen Mistens belehren zu wollen, daß Meßpfaffe mit Nichten
ein Schimpfwort sei, sondern vielmehr im Mittelalter die gewöhn-
liche Bezeichnung der Priester gewesen wäre.
Wir müssen gestehen, der bewußten Ablagerungsstätte semitisch-
talmudischer Weisheit zu aufrichtigem Dank verpflichtet zu sein für
die Mittheilung einer Thatsache, die wir natürlich erst aus dem
besagten vi-ävvant Schiffgastenblatt entnehmen.
Wir möchten in Folge besten zur Bezeigung unserer Erkennt-
lichkeit für die empfangene jämmerliche Belehrung auch unsererseits
die Frage erheben, ob gewisse „schöne Jüdchen", die von Andern
behaupten, sie seien mehr welsch als deutsch, dadurch bessere Deutsche
abzugeben gedenken, daß sie den Glauben David's verläugnen?
Wahrscheinlich glauben dieselben, dadurch würde eine Transsub-
stantration mit ihrem semitischen Geblüte vorgenommen? Ob die-
selben wohl der Meinung sein mochten, die Bezeichnung Preßjuden,
die chnen Bismarck treffend anhing, involvire keinen animus imu-
rianäi, weil der Ausdruck „Jüden" doch ehemals unmöglich wie
jetzt allgemein zum Schimpfwort gedient haben kann? Ob besagte
Täuflinge wohl ihrer historischen Richtung dadurch Rechnung tra¬
gen, daß sie ihren historischen Judennamen, der bekanntlich meist
dem Pflanzen- und Thierreich entnommen ist, wie z. B. Löwenthal
in Löning entstellen?
(Oder was würde Emmerling dazu sagen, wenn wir, da nach
seiner Auslegung „Pfaffe" kein Schimpfwort ist, seinen Schwieger-
sohn, den Pfarrer von Wilhelmsfeld, den Pfaffen Eberlin nen-
nen wollten? Die Redaktion.)
— Oberhausen bei Philippsburg. In der Nacht vom 2.
auf den 3. Juli entlud sich über unserem Ort ein so schreckliches
Gewittes, wie noch nie eines dagewesen sein soll. Um ^12 Uhr
schlug der Blitz unter furchtbarem Krachen in den Kirchthurm ein.
Nachdem er die ganze Länge des Thurmes außen herabgefahren,
drang er in das Langhaus ein, zerstörte die Decke, Thüren, Fenster
und einen kleinen Theil des Hochaltars. Die ganze Kirche wurde
erschüttert. Zum größten Glück zündete jedoch der Schlag nicht,
sonst wäre für die Gemeinde ein großer Schaden entstanden, zumal
erst im vorigen Jahre drei neue Glocken angeschafft wurden.
ff Staufen, 5. Juli. Die Versammlung der kathol. Volks-
partei dahier war eine großartige. Wohl 3000 Männer waren
im offenen Hofe des Pfarrhauses versammelt und folgten mit der
gespanntesten Aufmerksamkeit und dem lebhaftesten Beifall den ver-
schiedenen Rednern, welche nach einander unser Programm, dessen
Schicksal, die dagegen gerichteten Angriffe, das Treiben der Gegner
wie insbesondere das anmaßende, seine Kompetenz weit überschrei-
tende Schreiben des hiesigen Gemeinderaths und namentlich die
Nothwendigkeit des festen unerschütterlichen Ausharrens an den
aufgestellten Grundsätzen zum Gegenstände ihrer Erörterung mach-
ten. Die Gegner knirschten in ohnmächtiger Wuth, als sie die
großartige Betheiligung und den ernsten würdigen Verlauf der gan-
zen Versammlung sahen. Das Präsidium führte der greise Frhr.
v. Andlaw. Als Redner traten auf Pfarrer Zureich von hier,
Frhr. v. Wambolt, Rechtsanwalt Marbe, Frhr. v. Rink und
Vicar Knöbel von Münsterthal. Die Wirkung dieser großartigen
Manifestation des Volkes wird eine nachhaltige sein, denn man
ist bei uns des servilen Treibens Gottlob! jetzt gründlich satt.
Radolfzell, 4. Juni. Die neueste Beschlagnahme der „Freien
Stimme" wurde verfügt von Herrn Amtsrichter Heiß, der in Ab-
wesenheit des Herrn Amtsvorstandes Eschborn die Polizei-Behörde
vertritt. Beanstandet wurden drei Artikel, darunter einer „Aus
Baden", in welchem gezeigt wurde, wie die Heidelberger Liberalen
mit Hilfe des Spannergesindels die Mischschulen daselbst durchs-
etzt haben. Letzterer Artikel ist ein fast mit den gleichen Worten
gegebener Auszug aus einem Aufsatz des „Pfälzer Boten" (vom
26. Juni), welcher auch im „Bad. Beob." und „Trompeter von
Säckingen" unbeanstandet paffirt ist. (Fr. St.)
Radolfzell, 5. Juli. In Bohlingen war gestern eine Ver-
ammlung der kathol. Volkspariei. Glänzendes Resultat! Obgleich
wieder nur wenige benachbarte Orte eingeladen waren, so zählte
die Versammlung doch 300 Theilnehmer. (Fr. St.)
-j- Vom See, Anfang Juli. In Radolfzell waren am ersten
v. M. die meisten Bürgermeister des Bezirkes vor Hrn. Oberamtmann
Eschborn beschicken. Nach Behandlung des amtlichen Geschäftes
machte derselbe ca. Stunden dem Drange seines Herzens Luft
gegen die Adresse der kathol. Volkspartei. Ob zum Schlüsse der
evangelische Befehl erfolgt: Gehe hin und thue desgleichen, haben
wir nicht gehört. Für die Gelehrigsten wenigstens unter den Ge-
treuen war dies auch gar nicht von Nöthen. Selbstverständlich
war doch, das Pulver solle Wirkung thun, dürfe folglich in der
Ladung nicht stecken bleiben. — So waren denn Einzelne kaum
recht hinausspazirt, als sofort die hohen Wünsche und Anstände
an's Licht gelassen wurden. Wenn aber theilweise Verzierungen
beigelegt wurden, wie derlei in der Kneipe umsonst, in der Lan-
des- oder Amtszeitung um's Geld zu bekommen sind, so soll nicht
verhehlt sein, daß solche, soweit zuverlässige Erkundigungen reichen,
auf der Kanzlei nicht waren mitgegeben worden. „All's hitzig"
sei es freilich dort gegangen. Dagegen sogar auf Wunsch einzel-
ner Bürgermeister, es möchte Befehl beliebt werden zur Arretirung
der Adresse, hätte Hr. Eschborn unter Achselzucken geäußert, er
habe dazu keinen Auftrag. Ueberhaupt, was er Hierwegen vorbringe,
thue er ganz aus sich selber. Ueber dem Vorgänge steigt nun
eine Frage auf, der eine Aufhellung durch bessere Sachkundige,
vielleicht durch Herrn Eschborn selber, nicht übel anstehen dürfte.
Diese wäre:
Verfassung und Gesetze Badens lassen jedem Unterthanen
das Recht, irgend welche beliebige Bitte vor die Stufen des Thro-
nes zu bringen. Hat nun Hr. Eschborn dem Geiste von Gesetz
und Verfassung entsprochen, wenn er der Ausübung dieses gleich
ehrenvollen, wie kindlichen Rechtes eine Schranke zu setzen versuchen
sollte? (Die weiteren Fragen müssen wir unterlassen. Die Re-
daktion.)
München, 4. Juli. Der Kaiser und die Kaiserin
von Oesterreich kamen heute Morgens hier an und wurden
von der österreichischen Gesandtschaft am Bahnhof empfangen.
Nachdem die Majestäten gefrühstückt und in der Bonifaciuskirche
Hierauf die Eintheilung der Predigt: „Luther hat uns be-
freit vom Aberglauben, von der Geistesknechtung, von der Priester-
herrschaft." — Uhu, mich schauderts ob dieser Eintheilung und
ob der meinem Geiste vorschwebenden Scheiterhaufen. Der geehrte
Redner spricht vom Aberglauben und zwar auffallender Weise von
dem jetzt noch in der katholischen Kirche schrecklichen Aberglauben.
Da kommt der Blödsinn von der Heiligenanbetung und von den
Wallfahrten. Pathetisch äußert er sich hierüber: „Können wir es
anders nennen, als Aberglauben, wenn die Katholiken Wallfahrten
machen? öder, wenn eine Schaar Pilger, wie unser katholischer
Bruder, vor einem Marien-Bild oder sonst einem Heiligen-Bild
niederknien und beten?"
Sie, Herr Redner! haben entweder gar keine Kenntniß von
dem Begriff „Verehrung", oder wenn sie diesen Begriff haben,
sind Sie ein boshafter Fälscher kathol. Glaubenswahrheiten! Ihr
Volk bedaure ich dann, das Sie mit Lüge und Entstellung ab-
speisen. — Noch ungezogener ist der Ausfall, daß die evangelische
Lehre der Familie ihre Rechte wieder gegeben hat. Wissen Sie
vielleicht, daß vor Luther etwa Nicht geheirathet worden ist? Denn
darauf zielten ihre Worte. Hat die kathol. Kirche etwa die Ehe
verpönt? Dies schienen Sie andeuten zu wollen.
Unser gediegener Berichterstatter versichert uns, er habe an
andern prot. Orten auch schon manchmal einen prot. Prediger ge-
hört, aber so ungezogen und plump sei noch keiner ausgetreten.
Am Schluß: „Heute Nachmittag ist Christenlehre." Und was
gab's da?
„Nun, wir wissen, daß Luther gegen die in der kathol. Kirche
herrschenden Mißbräuche aufgetreten ist. Kannst du mir solche
nennen?" „„Ja; der Ablaß."" Der oft gehörte Unsinn über
Ablaß wurde nun von dem Liebe—Prediger zum Besten gegeben,
unbekümmert darum, ob das, was man sagt, Lehre der Kirche ist
oder nicht.
Wir wollen einmal den Stiel umkehren und einen katholischen
Geistlichen predigen lassen über die Worte Luthers: „Der Mensch
ist ein Thier, auf welchem bald Gott, bald der Teufel reitet.
Wenn Gott auf ihm reitet, so thut er gute Werke, wenn der
Teufel, so schlechte." (Opera Imtberi äe servo arbitrio). Oder die
klastische Stelle: was Gott nach der Sünde frage: sündige tapfer,
glaube tapferer!
Nicht wahr, ihr Herrn mit der weißen Halsbinde, würdet
ein Geheul vom Bodensee bis an den Main anschlagen und nach
Staatsanwälten von Berlin schreien, wenn die badischen nicht aus-
reichten? Das ist eure vielgepriesene Toleranz!
* Heidelberg, 5. Juli. Die letzte Nummer der Freien
Stimme (Nr. 76) ist confiscirt worden, wahrscheinlich wegen eines
Vergleichs, der darin über die Art und Weise angestellt wurde,
wie man die Jollyadressen macht und welche Hindernisse denen
der katholischen Volkspartei in den Weg gelegt werden.
U. Aus dem Kreis Heidelberg. Die alljährig stattfin-
dende Revü der badischen Truppen, soll dieses Jahr Anfang Sep-
tember abgehalten werden. Als Operations-Terrain bezeichnet
man die Strecke zwischen Bruchsal und Mosbach. Nach der großen
Parade der Truppen bei Sinsheim wird sich das Heer über Waib-
stadt, Helmstadt rc. nach der Gegend von Mosbach in Bewegung
setzen.
Die Heuernte ist dieses Jahr im Ganzen nicht so gut wie
voriges Jahr ausgefallen. Häufige Fröste, nebst andauernden Re-
gengüsten von gewaltigem Sturm begleitet, haben an den Bäumen
und in den Saatfeldern nicht unbedeutenden Schaden verursacht.
Auch herrscht Mangel an Grünfutter; von den Kartoffeln verspricht
man sich, aus dem jetzigen schönen Stande zu schließen, nur Gutes,
und dürfte die Hoffnung der Landleute auf ein gutes Spätjahr
nicht getäuscht werden.
-i-» Vom Neckar, 4. Juli. Im jämmerlichen Amtsblatt, das
sich unlängst katholische Geistliche Mit „Meßpfaffen" zu tractiren
anmaßte, nimmt sich wahrscheinlich der dasselbe zum öftern unsicher
machende preßjüdische Renegat heraus, mit der Leuchte seines er-
habenen Mistens belehren zu wollen, daß Meßpfaffe mit Nichten
ein Schimpfwort sei, sondern vielmehr im Mittelalter die gewöhn-
liche Bezeichnung der Priester gewesen wäre.
Wir müssen gestehen, der bewußten Ablagerungsstätte semitisch-
talmudischer Weisheit zu aufrichtigem Dank verpflichtet zu sein für
die Mittheilung einer Thatsache, die wir natürlich erst aus dem
besagten vi-ävvant Schiffgastenblatt entnehmen.
Wir möchten in Folge besten zur Bezeigung unserer Erkennt-
lichkeit für die empfangene jämmerliche Belehrung auch unsererseits
die Frage erheben, ob gewisse „schöne Jüdchen", die von Andern
behaupten, sie seien mehr welsch als deutsch, dadurch bessere Deutsche
abzugeben gedenken, daß sie den Glauben David's verläugnen?
Wahrscheinlich glauben dieselben, dadurch würde eine Transsub-
stantration mit ihrem semitischen Geblüte vorgenommen? Ob die-
selben wohl der Meinung sein mochten, die Bezeichnung Preßjuden,
die chnen Bismarck treffend anhing, involvire keinen animus imu-
rianäi, weil der Ausdruck „Jüden" doch ehemals unmöglich wie
jetzt allgemein zum Schimpfwort gedient haben kann? Ob besagte
Täuflinge wohl ihrer historischen Richtung dadurch Rechnung tra¬
gen, daß sie ihren historischen Judennamen, der bekanntlich meist
dem Pflanzen- und Thierreich entnommen ist, wie z. B. Löwenthal
in Löning entstellen?
(Oder was würde Emmerling dazu sagen, wenn wir, da nach
seiner Auslegung „Pfaffe" kein Schimpfwort ist, seinen Schwieger-
sohn, den Pfarrer von Wilhelmsfeld, den Pfaffen Eberlin nen-
nen wollten? Die Redaktion.)
— Oberhausen bei Philippsburg. In der Nacht vom 2.
auf den 3. Juli entlud sich über unserem Ort ein so schreckliches
Gewittes, wie noch nie eines dagewesen sein soll. Um ^12 Uhr
schlug der Blitz unter furchtbarem Krachen in den Kirchthurm ein.
Nachdem er die ganze Länge des Thurmes außen herabgefahren,
drang er in das Langhaus ein, zerstörte die Decke, Thüren, Fenster
und einen kleinen Theil des Hochaltars. Die ganze Kirche wurde
erschüttert. Zum größten Glück zündete jedoch der Schlag nicht,
sonst wäre für die Gemeinde ein großer Schaden entstanden, zumal
erst im vorigen Jahre drei neue Glocken angeschafft wurden.
ff Staufen, 5. Juli. Die Versammlung der kathol. Volks-
partei dahier war eine großartige. Wohl 3000 Männer waren
im offenen Hofe des Pfarrhauses versammelt und folgten mit der
gespanntesten Aufmerksamkeit und dem lebhaftesten Beifall den ver-
schiedenen Rednern, welche nach einander unser Programm, dessen
Schicksal, die dagegen gerichteten Angriffe, das Treiben der Gegner
wie insbesondere das anmaßende, seine Kompetenz weit überschrei-
tende Schreiben des hiesigen Gemeinderaths und namentlich die
Nothwendigkeit des festen unerschütterlichen Ausharrens an den
aufgestellten Grundsätzen zum Gegenstände ihrer Erörterung mach-
ten. Die Gegner knirschten in ohnmächtiger Wuth, als sie die
großartige Betheiligung und den ernsten würdigen Verlauf der gan-
zen Versammlung sahen. Das Präsidium führte der greise Frhr.
v. Andlaw. Als Redner traten auf Pfarrer Zureich von hier,
Frhr. v. Wambolt, Rechtsanwalt Marbe, Frhr. v. Rink und
Vicar Knöbel von Münsterthal. Die Wirkung dieser großartigen
Manifestation des Volkes wird eine nachhaltige sein, denn man
ist bei uns des servilen Treibens Gottlob! jetzt gründlich satt.
Radolfzell, 4. Juni. Die neueste Beschlagnahme der „Freien
Stimme" wurde verfügt von Herrn Amtsrichter Heiß, der in Ab-
wesenheit des Herrn Amtsvorstandes Eschborn die Polizei-Behörde
vertritt. Beanstandet wurden drei Artikel, darunter einer „Aus
Baden", in welchem gezeigt wurde, wie die Heidelberger Liberalen
mit Hilfe des Spannergesindels die Mischschulen daselbst durchs-
etzt haben. Letzterer Artikel ist ein fast mit den gleichen Worten
gegebener Auszug aus einem Aufsatz des „Pfälzer Boten" (vom
26. Juni), welcher auch im „Bad. Beob." und „Trompeter von
Säckingen" unbeanstandet paffirt ist. (Fr. St.)
Radolfzell, 5. Juli. In Bohlingen war gestern eine Ver-
ammlung der kathol. Volkspariei. Glänzendes Resultat! Obgleich
wieder nur wenige benachbarte Orte eingeladen waren, so zählte
die Versammlung doch 300 Theilnehmer. (Fr. St.)
-j- Vom See, Anfang Juli. In Radolfzell waren am ersten
v. M. die meisten Bürgermeister des Bezirkes vor Hrn. Oberamtmann
Eschborn beschicken. Nach Behandlung des amtlichen Geschäftes
machte derselbe ca. Stunden dem Drange seines Herzens Luft
gegen die Adresse der kathol. Volkspartei. Ob zum Schlüsse der
evangelische Befehl erfolgt: Gehe hin und thue desgleichen, haben
wir nicht gehört. Für die Gelehrigsten wenigstens unter den Ge-
treuen war dies auch gar nicht von Nöthen. Selbstverständlich
war doch, das Pulver solle Wirkung thun, dürfe folglich in der
Ladung nicht stecken bleiben. — So waren denn Einzelne kaum
recht hinausspazirt, als sofort die hohen Wünsche und Anstände
an's Licht gelassen wurden. Wenn aber theilweise Verzierungen
beigelegt wurden, wie derlei in der Kneipe umsonst, in der Lan-
des- oder Amtszeitung um's Geld zu bekommen sind, so soll nicht
verhehlt sein, daß solche, soweit zuverlässige Erkundigungen reichen,
auf der Kanzlei nicht waren mitgegeben worden. „All's hitzig"
sei es freilich dort gegangen. Dagegen sogar auf Wunsch einzel-
ner Bürgermeister, es möchte Befehl beliebt werden zur Arretirung
der Adresse, hätte Hr. Eschborn unter Achselzucken geäußert, er
habe dazu keinen Auftrag. Ueberhaupt, was er Hierwegen vorbringe,
thue er ganz aus sich selber. Ueber dem Vorgänge steigt nun
eine Frage auf, der eine Aufhellung durch bessere Sachkundige,
vielleicht durch Herrn Eschborn selber, nicht übel anstehen dürfte.
Diese wäre:
Verfassung und Gesetze Badens lassen jedem Unterthanen
das Recht, irgend welche beliebige Bitte vor die Stufen des Thro-
nes zu bringen. Hat nun Hr. Eschborn dem Geiste von Gesetz
und Verfassung entsprochen, wenn er der Ausübung dieses gleich
ehrenvollen, wie kindlichen Rechtes eine Schranke zu setzen versuchen
sollte? (Die weiteren Fragen müssen wir unterlassen. Die Re-
daktion.)
München, 4. Juli. Der Kaiser und die Kaiserin
von Oesterreich kamen heute Morgens hier an und wurden
von der österreichischen Gesandtschaft am Bahnhof empfangen.
Nachdem die Majestäten gefrühstückt und in der Bonifaciuskirche