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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1867

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August (Nr. 91 - 104)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30181#0435

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auf die Lurch einen Einschnitt gehende Lokomotive des Postzu-
ges hinabgeworfen wurde, wurden ebenfalls dem Heizer beide
Beine zerschmettert und der Unglückliche gab bald nachher sei-
nen Geist auf. In beiden Fällen kamen die Passagiere mit
dem Schrecken davon. Das letzte Beispiel kam bei Preston
vor. Eine Schiene war dort quer über das Geleise gelegt
worden und warf Lokomotive und Tender von ihrem Wege.
Glücklicher Weise wurde Niemand ernstlich verletzt.
Spanien.
Madrid, 23. Aug. Die Aufständischen in Katalonien
und Aragon sind geschlagen. Mehrere Zusammentreffen fanden
statt. Die Begeisterung der Armee hat zur Niederlage der
Aufständischen wirksam beigetragen. Das Vertrauen hebt sich
wieder.

Was giebt es Neues im Amtsbezirke?
tz Nculrrtzheim, 23. A-Ug. Ihre letzte Nummer brachte einen Ar-
tikel, *§,* Neulußheim, in welchem der Herr Einsender am Schlüsse sagt,
daß der Tabak hier durch die unnatürliche Witterung dieses Sommers so
zu sagen ^närrisch" geworden. Hierauf muß ich crwiedern, daß zwar när-
rischer Tabak hier vorkommt, doch aber der weit größere Theil schöner ist,
als der vorjährige.

Mannheim, 22. August. (Mannheimer Börse.)
Waizen fester; Roggen behauptet; Gerste und Haser unverän-
dert. Rüböl und Leinöl stille. Petroleum matt. — Weizen,
effektiv, hiesiger, fl. 15. G., fl. 15. 15 P., Ungar., fl. 14. 30
G., fl. 14. 45 P., ans Lieferung per September/December,
st. 13. 20 G., fl. 13. 40 P.', Roggen, effekt., fl. 11. 15 G.,
fl. 11. 30 P., Gerste effec., hies. Gegend, fl. 9. 30 G., fl. 10.
— P., ungaw fl. 10. 15 P., württemdergische, fl. 10. —
P., Hafer, effcr., fl. 5. 24 G., fl. 5. 30 P., Kernen, effektiv,
fl. 15. 15 G., Kohlreps, ungarischer, fl. 17. — G., fl. 17.
15 P., deutscher, Prima, fl. 18. 15 P., Leinöl, effec., in
Parthien, Inland, fl. 24. 15 G., fl. 24. 20 P., faßweise.
^ fl. 24. 30 G., fl. 24, 37 P., Rüböl, effec.,' Inland, faß-
weise, fl. 22. 30 P., in Parthieen,' fl. 22. 15 P, Weizen-
mehl, Nr. 6, fl. 12. bis 12. 30 P., Nr. 1, fl. 11. 30
bis fl. 12 — P., Nr. 2, fl. 10. 30 P., Nr. 3. fl. 9. 30
P., Branntwein, effectiv, transit, fl. 27. — P., Petroleum,
fl. 11. 30 P.

Aer Millionär.
Eine Doppel-Geschichte,
(Fortsetzung.)
Bessere Aussicht.
Als Kasimir erfuhr, er fei ein Engländer, lasse sich Herr
Dunkan nennen und lebe schon seit drei Wochen im Städtchen,
ohne sich um das Städtchen und dessen Bewohner zu beküm-
mern, redete er ihn eines Tages bei Tische in englischer Sprache
an. Es that Kasimirn wohl, einem Fremden/wahrscheinlich
einem Unglücklichen, Unterhaltung zu gewähren, auch freute es
ihn, bei dem Anlaß wieder sein Englisches zu üben.
Der Brite, als er die vaterländischen Töne hörte, sah
mit freundlicher Ueberraschung auf, antwortete sehr verbindlich
und fiel in sein voriges Schweigen zurück. Von Zeit zu Zeit
sah er mit forschenden Blicken auf Kasimir. Nach Tische sah
er Plötzlich zu diesem, nahm seine Hand und sagte: „Wollen
Lie nuht erlauben, daß ich Sie einen Augenblick allein spreche d"
Kastm'.r führte ihn auf sein Zimmer. Herr Duulau
sagte: „Wundern Sie sich nicht über meine Zudringlichkeit.
Ich bin ohne Geld. In meine Wechsel ist Verwirrung gekom-
men. Es müssen Briefe verloren gegangen sein, oder mich
verfehlt haben. Ich muß nach Amsterdam, und kann nicht
einmal hier im Wirthshaus zahlen. Meinen Reisewagen mag
ich nicht verlausen. Können Sie mir nicht hundert Louisd'or
leihend Ich zahle Sie ihnen gern und mit Zins so bald mög-
lich wieder.
Kasimir war betroffen; doch faßte er sich bald und sagte:
„So viel habe ich nicht bei nur; aber ich verspreche Ihnen
die Summe spätestens binnen vierzehn Tagen zu geben."

„Gut," sagte der Engländer, ,Me retten mich aus einer
verdrießlichen Verlegenheit. Ich will Ihnen dankbar sein."
„Um Dank leihe ich kein Geld!" sagte Kasimir. Dunkan
umarmte ihn und ging fort.
Die ganze Unterhandlung hatte kaum fünf Minuten ge-
währt. Erst jetzt besann sich Herr Morn über sein schnelles
Versprechen. Hundert Louisd'or waren nicht weniger, als der
vierte Theil seines ganzen Vermögens. Er schüttelte den Kops.
Der Engländer hatte zwar ein ehrliches Gesicht, und nichts
weniger als das Ansehen eines herumziehenden Glücksjägers:
allein hundert Louisd'or waren der vierte Theil seines Vermö-
gens,, und diesen sogleich einem Fremdling zu leihen, hieß wohl
etwas leichtsinnig. „Meinetwegen," dachte Kasimir, „betrügen
wird er mich nicht. Und könnte er das — ei nun, es ist das
erste Mal in meinem Leben, daß mir so etwas widerfährt;
es geschieht dann nicht wieder."
Der Engländer ging in der folgenden Mitternacht wieder
im Zimmer ans und ab und weinte. „Der Mann ist noch
unglücklicher, als ich bin!" dachte Kasimir bei sich. Der weint
gewiß nicht einer Geldverlegenheit willen. Er soll daZ Geld
haben."
Mittags bei Tische war Dunkan, zwar nicht viel redseli-
ger als sonst, doch freundlicher. Wenn er schwieg, hatte er
etwas Nichtssagendes und doch Finsteres in seinen Zügen. So-
bald sich aber beim Sprechen diese Gesichtszüge belebten, schien
er ein ganz anderer Mensch zu sein. Er war ein seelenvoller,
ein ungemein liebenswürdiger Mann. Kasimir fühlte die in-
nigste, unerklärlichste Zuneigung für ihn. Der Brite blieb
einsilbig und kalt; Kasimir war zärtlich, zudringlich, und suchte
Alles aus, ihn zu zerstreuen. Es gelang, ihn zu Spaziergän-
gen zu bewegen. Da, auf einsamen Wanderungen, näherten
sich Beider Herzen. Dunkan war ein schöner, feiner, geistrei-
cher, wissenschaftlich gebildeter Mann. Die Schrifteu^der älte-
ren und neueren Weltweisen, die Schicksale und Gesetze der
Nationen wurden der Lieblingsgegenstand der Unterhaltung.
Nebenbei erfuhr Dunkan, wer Kasimir sei, und dieser hingegen
erfuhr, daß Dunkan wegen einer traurigen Begebenheit die hei-
mathliche Insel verlassen und den Vorsatz gefaßt habe, ein we-
nig in der Welt hernmzuschwürmen. Hatte Kasimir sein Ta-
gesgeschäft vollbracht, kam Dunkan Abends zu ihm, ließ durch
seine Bedienten Punsch auftrageu und blieb bis tief nach Mit-
ternacht bei Morn im Gespräch. Von dem bewußten Darle-
hen ward nie eine Silbe gesprochen.
Kasimir war mit seinem neuen Bekannten so sehr verbun-
den , daß er zum ersten Mal den Werlh eines Freundes em-
pfand. Auch schrieb er Karolinen in allen Briefen nur von
ihm. Das Mädchen fühlte beinahe etwas Eifersucht.
Als das versprochene Geld ankam, trug er es Abends dem
Briten in die Stube. Dieser setzte sich, schrieb einen Schuld-
brief und dazu die Adresse seines Hauses in England. „Es
ist nur," sagte Dunkan, „falls ich in einigen Wochen sterben
sollte, ehe ich meine Schuld selber abtragen könnte. In dem
Fall schicken Sie diese Schrift nur nach London und dazu noch
diesen Brief hier." Dunkan gab ihm einen verschlossenen Brief
und umarmte und küßte mit Rührung den Helfer in der Noth.
Es mochte für Beide eine gleich wohlthuende Entdeckung
sein, da sie, nun die Trennungsstunde näher kam, wahrnah-
men, wie werth in den wenigen Wochen ihres Beisammenseins
Einer dem Andern geworden war.
Beim Abschiede sprachen Beide wenig. Thränen im Auge,
drückten sie einander an die Brust. So schieden sie.

Verschiedenes.
— („Mein Vaterland muß größer sein,!")
so antwortete entschlossen ein Schütze, der sich auf dem Karls-
ruher Schießplätze auf die Scheibe „Vaterland" einprobiren
wollte, diese aber nicht traf, und darob von den Umstehenden
aufgezogen wurde. Diese witzvolle Entschuldigung hat selbst-
verständlich großes Gelächter hervorgerufen.
 
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