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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

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Schulze, Otto: Ueber Bilder-Rahmen und Bilder in ihrem ästhetischen Verhältnis zu einander, [2]
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Barber, Ida: Einrichtungs-Schmerzen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0151

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Seite ss6.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration

Zuli-Heft.

auszubreiten; solche Fläche ermüdet das Auge zu leicht, auch beeinflussen
die Bilder einander zu sehr; ein Zusammenwirken ist oft schwer möglich,
und dann ist es besser, die Bilder zu vertheilen, oder — nicht auszu-
hängen. Alles galeriemäßige Aufhängen in reihenweiser Anordnung
muß in Wohnräumen vermieden werden;
wer im Besitz vieler Bilder ist, deren
Zeigen Genuß gewährt, dürfte auch wohl
in der angenehmen Lage sein, sich ein
eigenes Bilderzimmer leisten zu können.

Nirgends darf man fühlen, daß des Guten
zuviel geschehen ist. — Für gewöhnlich
geschieht das Aufhängen der Bilder
mittelst Gesen und Haken, bei schwereren
Bildern auch eingegipste Ulammern. Die
Zuhülfenahme der Schnurdekoration, wie
solche schon im l 7. Jahrhundert zur An-
wendung kam und in neuerer Zeit in
Amerika und vereinzelt auch bei uns wie-
der Aufnahme gefunden hat — viel freunde
hat sie sich bisher nicht erworben — bietet
bei größeren und einzeln hängenden Bil-
dern dem Auge eine befriedigende Lösung
für den Begriff „Hängen". Aber selbst
wenn wir eine derartige Vorrichtung nicht
sehen, die mehr als eine entbehrliche
Spielerei gelten darf, haben wir das Ge-
fühl der sicheren Befestigung, weil Gese
und Haken — oft sogar innerhalb des
Rahmens, also verdeckt — durch den
Jahrhunderte langen Gebrauch selbstver-
ständlich geworden sind. Die Schnüre mit
ihren Unöpfen und Quasten schaffen dem
Bilde meistens eine zu unruhige Umge-
bung; Sammlung, nicht Zerstreuung, muß
die Nachbarschaft von Bildern spenden.

Nur bei freistehenden Staffelei-Bildern
sollte Stoffdekoration angebracht werden, weil diese an Stelle der fehlenden
Wandfläche einen geeigneten Hintergrund schaffen muß. — Ueber den
Stil der Rahmen will ich noch bemerken, daß die Wahl desselben keiner

Beschränkung unterworfen ist bis zur Grenze des irgend Möglichen.
Jedenfalls beeinflussen Rahmen selten fühlbar die gesammte Stimmung
eines Zimmers, sobald dasselbe nicht durch allzuviel Bilder einen Galerie-
karakter erhält. Zn anderer Hinsicht ist es ja selbstredend, daß ein

Bildniß Friedrich des Großen nicht in
einen gothischen oder alten Renaissance-
Rahmen, oder eine Rafaelische Madonna
in einen Rokoko-Rahmen gesteckt werden
darf. Am Besten thut man, den goldenen
Mittelweg einzuschlagen, d. h. möglichst
solide und schöne moderne Rahmen zu
verwenden, wo man irgend welche Zweifel
hegen sollte. Gin „Rubens" fühlt sich
nirgends wohler, als in einem schweren
Barock-Rahmen, und ein „Watteau" muß
seinen kecken, zierlich gehaltenen Rokoko-
Rahmen haben und dann in Blau, Rosa
oder Gelb mattduftig gestimmt mit
glitzerndem Goldornament.

Soll ich noch einige Winke für die
Wahl von Bildern in ihren Vorwürfen
(Lrijet) geben?! Viele werden sich hierin
wohl kaum etwas sagen lassen; das
Ganze ist eine heikle Sache und mehr
von dem Gemüthsleben des Einzelnen
und seiner Stellung zur Uunst abhängig.
Meistens wird ja wohl die Landschaft
im Zimmer prangen als Ersatz der dem
Großstädter in seinem Häusermeer fehlen-
den Natur. Die Marine (das Meer) sieht
man schon seltener, obgleich das Singen
und Sagen vom Meer und das Sehnen
nach ihm so groß ist. Es kommt daher,
daß erstens mehr Landschafts- als alle
anderen Maler zusammengenommen ihre
Uunst ausüben, wodurch eine große Aeber-
produktion entsteht, deren Strom sich dann in die Wohnräume ergießt;
zweitens haben aber auch viel mehr Menschen Landreisen, Gebirgs-
touren gemacht, das Bild einer gesehenen schönen Gegend hat darum

"Abbildg. Nr. zrs. Füllung für einen Nokensrhrank oder dgl.

^inrichtungs-^Wchulerzen.

Line Dekorations-Geschichte von Sda Barber.

enn Ihnen möglich ist", so schrieb mir dieser Tage ein alter
freund, der Uommerzienrath S., „so besuchen Sie uns bald-
möglichst. Sie müssen meinem Schwiegersohn irr sxe ein
wenig den Uopf zurecht setzen; ich weiß ja, er gibt viel auf Ihr
Urtheil. Also bitte, kommen Sie bald, denn Adele ist ganz trostlos!"

Adele war des Mannes einziges Töchterlein, seit drei Monaten
mit dem Advokaten Vr. Dasker verlobt, in vier Wochen sollte Hochzeit
sein — was in aller Welt konnte dann da den Himmel, der den jungen
Leuten thatsächlich voller Geigen hing, getrübt haben? Sie hatten
einander ja, wie es schien, unaussprechlich gern, Vv. Dasker war von
Adelens Schönheit — die bösen Zungen meinten mehr noch von ihrem
Gelds entzückt — Adele schien glücklich, daß ein Mann von so um-
fassender Bildung, der sich schon einen Namen als Gelehrter, als Po-
litiker gemacht, sie zur Lebensgefährtin erkoren. Zwar — der junge
Mann hatte, wie Adele mir oft im Vertrauen mitgetheilt, fo seine
eigenen Ansichten, seine Schrullen, die sie (wie sie selbstbewußt sagte),
ihm schon austreiben wollte. Solch eine Schrulle war es auch, die,
wie ich bald hernach erfuhr, gestern einen unliebsamen Wortwechsel
herbeigeführt hatte. — Gestern und heut' war Ov. Dasker nicht Nach-
mittags zum Uaffee gekommen, hatte in der Früh' kein Veilchen-
sträußchen gesendet, nicht einmal die Bücher, die er Adele versprochen;
deshalb war unser Bräutchen trostlos und fing sogar, als ich sie nach dem
Grund ihres Zwistes mit Vr. Dasker fragte, heftig zu weinen an. —
„<V, es ist ein Pedant, ein eigensinniger Menfch, der gar kein
Bildungsstreben, keinen Schönheitssinn hat", schluchzte sie, indem sie mit

dem feinen Spitzentuch, die unaufhörlich hervorquellenden Thränen
trocknete; „denken Sie sich", fuhr sie dann, wie nach Fassung ringend
fort, — „um so ein paar lumpiger Dekorations-Möbel willen, die ich
gerne gehabt hätte, macht er mir eine Szene, sagt mir in's Gesicht,
daß, daß" —. Ein Thränenstrom erstickte ihre Stimme. „Nun, was
denn, Adele?" fragte ich theilnehmend, da mir das arme, reiche Uind,
das so wenig verstand, sich den Verhältnissen des einstigen Gatten an-
zupassen, leid that, „was sagte er Ihnen?"

„Daß ich die Wahl hätte, entweder mit ihm im einfach eingerichteten
Heim, oder mit meinen Dekorations-Möbeln ohne ihn zu leben!" —
„Sonderbar" sagte ich, „da muß wohl ein ernster Wortwechsel voran-
gegangen sein. Vertrauen sie sich mir an, Adele!"

Das junge Mädchen seufzte, trocknete wieder ihre Thränen und
sagte: „Sehen Sie, das kam so: Ich fragte ihn, wie er über Gobelins
denke? Gb er Nachmittags mit mir kommen wollte, die für den Salon
bestimmten Wand-Dekorationen auszusuchen. „Nein, dazu habe er keine
Zeit, Gobelins halte er überhaupt für ganz überflüssig, eine einfache
Tapete genüge zur Wandbekleidung." — Ich stutzte. — Papa sagte
ihm, daß wir bereits für das Speisezimmer die Holztäfelungen aus
maisgelbem, die Füllungen aus mahagonisarbigem Holz bestellt hätten,
daß die Wandbekleidung gleichfalls in Mais- und Mahagonifarbe aus
Seidenplüsch hergestellt sei, daß die panneaux im Schlafzimmer aus
zum Mobiliar paffendem Seiden-Damast mit dunklen Sammt-Bordüren
umrandet bestehen, — da hätten Sie hören sollen, wie der sonst lamm-
fromme Edgar fuchsteufelswild wurde und fo erregt, daß ich ihn kaum
wieder erkannte, fragte: „Za, um alles in der Welt, wozu soll denn
der ganze Hocu.8-xoLvl8 ? Wollt ihr denn mit Gewalt das Geld
zum Fenster hinaus werfen?" Papa hatte Mühe, mich zu beruhigen;
denn ich sagte Edgar unverhohlen, daß ich nicht begreifen könne, wie
 
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