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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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1. Augustheft
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Martell, P.: Möbel im Altertum
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Hirschberg, Leopold: Unbekannte Zeichnungen Johann Peter Lysers
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0482

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architektur die großen römischen Marmorsessel zu Rate
gezogen zu haben. Maßgebend zur Beurteilung der
byzantinischen Möbelkunst sind in erster Linie die
Kirchenstühle der Bischöfe. Eines der bekanntesten
Beispiele für das byzantinische Kunstgewerbe ist der
Bischofsstuhl des Maximilian in St. Vitale zu Ravenna.
Gerade dieser Bischofsstuhl ist ein Beweis dafür, wie
sehr die byzantinische Kunst auf der römischen aufbaute.
Dieser Bischofsstuhl führt uns die Gestalt der römischen
Sessel klar vor Augen, rückwärts ist der Sitz halbrund
abgeschlossen, ausgestattet mit einer halbrunden Lehne.
Dieser kunstgeschichtlich interessante Bischofsstuhl zeigt
außerdem viele kleine Elfenbeinplatten, die jedoch ver-
schiedenen und späteren Zeiten angehören. Ein anderer,
gleichfalls der byzantinischen Zeit angehörende und noch
erhaltene Kirchenstuhl ist der sogenannte Thronsessel
des hl. Petrus in der Peterskirche zu Rom. Leider läßt
dieser Thronsessel auf die byzantinische Möbelkunst nur
noch geringe Schlußfolgerungen zu, da er im Laufe der
Zeit erheblichen Restaurierungen unterworfen wurde.
Über die byzantinischen Thronsessel sind wir im wesent-
lichen nur durch Abbildungen unterrichtet. Wir können
aus denselben nur entnehmen, daß die Byzantiner ihre
Thronsessel mit einer orientalischen Pracht auszustatten
pflegten, wobei Gold das vorherrschende Dekorations-
mittel wurde. Auch in der byzantinischen Möbelkunst
spielten die Tierfüße eine größere Rolle. Merkwürdiger-
weise wußte die byzantinische Möbelkunst hinsichtlich
der Technik und neuer Formen gegenüber der antiken
keine Fortschritte zu machen, aus dem asiatischen Luxus,
der sehr oft vom Wege künstlerischer Ästhetik abirrte,
vermochte sich diese byzantinische Möbelkunst sehr zu
ihrem eignen Schaden nicht zu befreien. Über diese
Entwicklung der byzantinischen Kunst um das Jahr 949
gibt uns besonders eine Beschreibung des Gesandten

Luitprand Aufschluß. Im übrigen sind wir über die
byzantinischen Thronstühle nicht so gut unterrichtet, wie
über die Bischofsstühle dieser Zeit; in dieser Hinsicht
liegen uns wenig erschöpfende Abbildungen vor. Berühmt
ist der noch erhaltene Thronsessel des Königs Dagobert
(628—638) im Louvre-Museum zu Paris, welcher Thron-
sessel in allen Teilen römische Formen deutlich erkennen
läßt. Es handelt sich um einen Klappstuhl nach dem
Muster der spätrömischen Sella curulis, der übrigens
Vorrichtungen besitzt, höher und niedriger gestellt zu
werden. Die vier Füße sind oben mit einem Tierkopf
ausgestattet, während sich unten eine breite Pranke be-
findet. In späterer Zeit hat man den Stuhl dann mit
Lehnen aus Bronze versehen, wodurch man einen mehr
thronstuhlartigen Charakter erzielen wollte. Als Hersteller
dieser wird übrigens nach einer Sage der hl. Eligius
(f 659) bezeichnet.

Von dem Mobiliar des 7. Jahrhunderts sind uns sehr
mangelhafte Nachrichten überliefert worden. Unsere
Kenntnis über diese Möbel stützt sich im wesentlichen
auf die Angaben Gregors von Tours, die aber auch sehr
dürftig sind. Es werden uns Sitze, Truhen und Koffer
genannt, die, wie man vermutet, von der einfachsten
Ausführung gewesen sein dürften, daneben bediente man
sich auch der Klappstühle und langen Bänke. Zu wirklich
höherer Bedeutung sollte die Möbelkunst jedoch erst im
Mittelalter gelangen, wo besonders die Kirche mit ihrem
Prunkbedürfnis der Panierträger kunstgewerblicher Be-
strebungen wurde. Den ersten Jahrhunderten des Mittel-
alters blieb auch die Erfindung des Schrankes Vorbehalten,
der bald die größten künstlerischen Erfolge der Möbel-
kunst nach sich ziehen sollte. Immerhin legte das Alter-
tum mit seinen primitiven Möbelformen das Fundament,
auf dem bis zu unserer Gegenwart die Möbelkunst weiter
gebaut hat.

Unbekannte Betebnungen lobann Petet? lyfees

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Leopold JiUfcbbevg

l-ainfzehn Jahre sind verflossen, seit ich als Erster mit
einer Monographie über den Dichter, Maler und
Musiker Johann Peter Lyser (Zeitschr. f. Bücherfreunde
1906, Heft 8) hervortrat. Ihr schlossen sich dann mannig-
fache Spezialarbeiten an: „Der taube Musikant“ (Die
Musik 1907, Heft 16); ferner die sämtliche Briefe Lysers
an Schumann enthaltende Abhandlung „Robert Schumann
und der Davidsbündler Fritz Friedrich“ (Velhagen und
Klasings Monatshefte 1910, Heft 9, 10); dazwischen
mehrere merkwürdige und interessante, aus Lysers Er-
innerungen geschöpfte Mitteilungen, wie „Verschollenes
vom ersten Don Giovanni“ (Vossische Zeitung 1907,
Nr. 91), „Verschollene E. T. A. Hoffmann-Dokumente“
(National-Zeitung 1908, Nr. 35, 39) usw. Trotz mancher
mir durch ein etwas seltsames Schriftsteller-Doppelwesen

erwachsener Widerwärtigkeiten ruhte das Interesse an
dem eigentümlich begabten, unglücklichen Lyser zu keiner
Zeit, und so konnte ich noch im Vorjahr zu Beethovens
150. Geburtstag eine kleine Studie „Beethoven und der
taube Maler“ (Der Tag 1920, Nr. 578) bringen.

Vor wenigen Wochen aber wurde mir durch den
jetzigen Inhaber des Hoffmann und Campeschen Verlages,
der es durch Rührigkeit und Interesse verstanden hat,
die durch seine Vorgänger in Vergessenheit geratene alt-
berühmte Firma zu neuem Leben zu erwecken, eine
freudige Überraschung zuteil. Getreu dem Faust-Wort
„Weitherzge Wohltat wuchert reich“, verehrte er mir
als Gegengabe für einige kleine Gefälligkeiten acht
bisher völlig unbekannte Zeichnungen
Lysers, die er aus den scheinbar unergründlichen

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