Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

DOI issue:
1./2. Septemberheft
DOI article:
Aus dem nordischen Kunstleben
DOI article:
Falke, Otto von: Die Porzellansammlung Ostermann
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0038

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kathedrale sich 1930 in der Hauptsache fertig darstellen wird; wann
aber die jetzt seit 1869 im Gange befindlichen Arbeiten endgültig und
in allen Einzelheiten zum Abschhiß gelangen werden, das ist zur
Zeit noeh um so weniger abzusehen, als vieles von den Entschei-
dungen des erst noch zu ernennenden kiinftigen Leiters der
Erneuerungsarbeiten abhängen wird.

Seinen 60. Geburtstag hat der norwegische Maler T h o r v a 1 d
E r i c h s e n begangen — ein Jubilar in voller frischer Schaffens-
kraft. Erichsen zählt zu den geschlossensten und fruchtbarsten
Persönlichkeiten der norwegischen Malerei des jiingsten Menschen-
alters. Bei Zahrtmann in Kopenhagen geschult, hat er sich in Paris
und in Italien weitergebildet. Er steht bereits in der Linie des
Nachimpressionismus; Cezannes Einfluß auf ihn ist unverkennbar,
aber die Farbe seiner Landschaften hat eine Geschmeidigkeit und
eine lyrische Melodie, die sein eigen ist. Sie sind zart und zugleich
doch fest gebaut, leicht in der Pinselfiihrung, sehr gliicklich in der
Abstimmung der Harmonien und atmen eine heitere Schönheit
und Daseinsfreude, die sie von den barschen Landschaften der
naturalistischen Schule scharf unterscheidet.

Zorn, Ein Toast. Orig.-Radierung
Auktion Dietel bei Prestel, Frankfurt a. M.

Die Leitung des Kunstgewerbemuseums zu Oslo,
dessen Sammlungen in neuerer Zeit sehr bedeutend ausgebaut wor-
den sind, ist dem bisherigen Konservator Thor Kielland iibertragen
worden. Der neue Museumsdirektor, der aus Stavauger stammt,
ist erst 34 Jahre alt. Er hat in Oslo, Stockholm und Kopenhagen
studiert und sich auch praktisch mit den verschiedenen Gebieten
des Kunsthandwerks vertraut gemacht. Seine Museumslaufbahn be-
gann er 1917 als Assistent beim Volksmuseum auf Bygdö. Von
seinen literarischen Arbeiten ist die über ältere norwegische Silber-
schmiedekunst hervorzuheben; für die große, bei Gyldendal in Oslo
erschienene norwegische Kunstgeschichte hat er die Abschnitte
„Mittelalterliches Kunsthandwerk“ und „Kunsthandwerk des 19.
und 20. Jahrhunderts“ bearbeitet.

Das Historische Museum in Stockholm ist durch einen schönen
Goldfund bereichert worden. Es handelt sich um zwei sog.
„Zahlungsspiralen“, die ein Bauer in Westgotland beim Pfliigen ent-
deckt hat. Dergleichen Spiralen dienten, wie bekannt, vor Ein-
fiihrung der Münze als Zahlungsmittel; die neu aufgefundenen Stücke
dürften der Völkerwanderungszeit angehören. Was den Fund aus-

zeichnet, däs ist der Goldwert der beiden Stücke, di'e 162,2 und
170,2 Gramm wiegen und einen Goldwert von beiläufig 1000 Kronen
darstellen dürften.

Seit mehreren Jahren ist in Schweden eine Geldsammlung im
Gange, um das an der Piazza Farnese in Rom belegene Haus, das
die heiTige Brigitte und ihre Tochter lange Zeit bewohnt
haben, fiir Schweden zu erwerben. Durch neuerliche Stiftungen hat
sich der eingesammelte Betrag so erhöht, daß die geforderte Kauf-
summe von 3 Millionen Lire jetzt ziemlich vollständig zur Verfügung
steht. Der Kaufabschluß wird allerdings erst vollzogen werden
können, wenn die recht verwickelten, Eigentumsverhältnisse idies
Hauses geklärt sein werden. Es hat wechselnde und merkwürdige
Schicksale hinter sich. Von 1354 bis 1373 hat Brigitta, dann ihre
Tochter es bewohnt, worauf es in den Besitz von Francisca di
Papazuris, einer Freundin Brigittas, überging. Diese schenkte es
1383 dem Kloster Vadstena und es wurde zu einer Herberge für
schwedische Romfahrer eingerichtet. Olaus Magnus war eine Zeit
Vorsteher dieser Herberge; in der von ihm darin eingerichteten
Druckerei wurden u. a. die Offenbarungen de.r hl. Brigitta gedruckt.
Nach manchem ferneren Besitzwechsel gelangte das Haus 1673 an
Königin Christine und nach ihrem Tode an das Brigittenkloster zu
Altemtinster. 1828 fiel es als herrenloses Gut an die Kanoniker von
S. Maria di Trastevere und 1892 wurde es zum größeren Teile an
polnische Karmeliternonnen vermietet. Bisher nur an zwei Tagen
des Jahres zuigänglich, würde das Haus in schwedischem Besitze der
Pflege als geschichtliches Denkmal sicher sein.

Die Pot?EeUanfatnm(ung 0(?ermann.

Ende Oktober wird bei Cassirer—Helbing in Berlin die weit-
hin geschätzte Porzellansammlung Dr. Paul von Ostermann-München
versteigert werden. Den Katalog bearbeitet Otto von Falke, der
sich über die Bedeutung der Sammlung in dem uns von Helbing
zur Verfügung gestellten Katalogvorwort nachstehend äußert:

Unter den schon vor dem Kriege entstandenen und berühmt
gewordenen Porzellansammlungen nahm die zuerst in Darmstadt
entstandene, später in Mtinchen weitergeführte Sammlung Paul von
Ostermann, daurch eine Sonderstellung ein, daß ihren Hauptbestand
nicht die figürliche Plastik, sondern die Gefäße bildeten. Die Nei-
gung dieses mit ebenso umfassenden wie eindringenden Kenntnissen
der europäischen Porzellankunst begabten Sammlers galt offenbar
in erster Linie der Porzellanmalerei, deren unendliche Mannigfaltig-
kcit in ornamentalen, figürlichen, landschaftlichen Darstellungen sich
am vollendesten in der Gefäßdekoration entfaltet hat. Diese Kunst
ist innerhalb des europäischen Porzellans im wesentlichen immer
eine Miniaturmalerei gewesen; ihre Oualität ist durch den Zwang,
sic,h auf die Dekoration kleiner Flächen beschränken zu müssen,
keineswegs gemindert, sondern im Gegenteil eher zur äußersten
Feinheit gesteigert worden. Da ,in der Tat auf den relativ kleinen
Gefäßen der Dejeunerservice häufiger als auf den großen Taifel-
geschirren und Dekorationsvasen die reizvollsten und sorgfältigsten
Malereien zu finden sind, ist es begreiflich, daß ein so passionierter
Sammler, der auf die Spitzenleistungen der Porzellanmalerei aus-
ging, den Tassen s,ein,e besondere Vorliebe zugewendet hat, mit
dem Erfolg, daß innerhalb der Geschirrsammlung v. Ostermann eine
Spezialsammlung von Tassen entstanden ist, die nicht am wenigsten
zum Ruhm des ganzen Bestandes beigetragen hat.

An der ersten Stelle stehen in dieser Abteilung naturgemäß
die Meißener Tassen aus den Jahrzehnten der Kunstblüte der
sächsischen Manufaktur, von 1720 bis 1750. Sie beginnen mit den
noch in die Böttgerzeit zurückreichenden Gefäßen mit Goldchinesen,
an die seit 1725 etwa die bunten Chinesenbilder Joh. Gregor Herolds
und seiner Schule sich anschließen, darunter mehrere Stücke, die
den Radierungen Herolds sehr nahe stehen. Daneben erscheinen,
ebenfalls der Frühzeit angehörig, in langen Reihen die dem japa-
nischen Aritaporzellan oft täuschend ähnlichen Geschirre ostasiati-
schen Stils, die zum Teil über die Mitte des 18. Jahrhunderts noch
hinausgehen.

Dann vollzieht sich bald nach 1730 der Uebergang zur europäi-
schen, vom japanischen und chinesischen Einfluß befreiten Deko-
ration. Es treten nun die Hafenszenen niederländischer Art auf, die

32
 
Annotationen