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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Januarheft
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Schwarz, Karl; Zadikow, Arnold: Arnold Zadikow
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Strauß, Konrad: Der Basar in Stambul
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0218

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Es ist schwer, unter sölchen Umständen in der
Münchener Atmosphäre vom Kunstgewerblichen los-
zukommen. Zadikows friihe Plaketten stehen noch
unter diesem Bann. Auch manche der Kleinplastiken
verraten das phäakenhafte Lokalkolorit. Rom bringt
die Befreiung. Die italienischen Vorbilder weisen ihm
den Weg zum Marmor. Er betreibt selbst die Stein-
metztechnik und lebt sich immer mehr in die große
Form ein, die ihm, dem geborenen Plastiker, primäres
Erfordernis der gesamten künstlerischen Konzeption ist.

So entsteht in Rom die schöne Frauenbüste, die in
ihrer eieganten Ruhe und rhythmischen Geschlossen-
heit ein plastisches Erlebnis in Marmor genannt werden
kann. All seinen letzten Werken haftct nichts mehr

von Arbeit an. Klingende Form ist die Terrakotta-
statuette des Menschenpaares. Hier eine gewisse
gewollte, aber nicht erzwungene Aufgelöstheit. Der
männliche Porträtkopf gibt im Gegensatz zu der weib-
lichen Büste die Lösung in Bronze, und die neueste
Komposition der Mutterschaft einen vielversprechenden
Auftakt zu monumentaler Gestaltung.

Man erwartct mit Spannung eine Kollektiv-
ausstellung des Künstlers, die nach den gezeigten Pro-
ben einer guten Aufnahme gewiß sein kann. Denn reife
Werke der Plastik, wie sie ein Mann wie Zadikow be-
reits in aller Stille geschaffen, verlangen auch einem
weiteren Kreis zugeführt zu werden und soilten zu
monumentalen Aufträgen ermuntern.

Det? Bafat? tn Stambul

oon

Koncad Stcaaß — fnankfunt a. 0.

Der Verfasser, welcher soeben von seiner Orient-
rcise zurückgekehrt und sich einige Zeit auch in Konstan-
tinopel aufgehalten hat, sendet uns folgenden Artikel.

Jeder, der Konstantinopel besucht, wird kaum ver-
säumen, sich den berübmten Basar in Stambul anzu-
sehen, selbst wenn er keine Absicht haben sollte, dort
etwas einzukaufen. Fast in allen Städten des Onients
finden sich Basare, die jedoch nach der Bedeutung
der Städte entsrechend groß sind. Der Stambufer
Basar rst nicht nur neben denen von Kairo und Damas-
kus einer der umfangreichsten, sondern auch einer der
interessantesten. Da Konstantinopel schon von altersher
als bedeutender Verbindungsort zwischen zwei Erd-
teiten fungierte, war auch der Handel in dieser
Bosporusstadt besonders stark ausgebildet. Als wich-
tiger Stapelplatz besonders für orientalische Teppiche,
Seidenwaren usw. angelegt, gliederten sich hier bald die
verschiedensten Handelszweige daran und jene Basare
sind schon zur byzantinischen Zeit entstanden. Die
sehr schmalen Straßen bestehen aus überdeckten Gän-
gen, in denen rechts und links kleine Verkaufsstände
eingebaut sind, die heute z. T. mit modernen Schau-
fenstern verkleidet sind. Wer nicht einen Führer dort-
hin mitnimmt, diirfte aus dem Labyrint von Gassen und
Gängen kaum herausfinden, da die Basarstraßen ein
ganzes Stadtviertel ausinachen. Um sicli dort all die
interessanten, ausgestellten Waren anzusehen, würde
man Tage und Woclien brauchen. In den einzelnen
Gassen sind die Branchen noch nach mittelalterlichen
Grundsätzen zusammengefaßt, so finden wir in einigen
Straßen Möbel, Leder- und Schuhwaren beisammen, in
anderen wieder Wirtschaftsartikel, Teppiche, Messing-
wareri usw. Groß ist die Zahl der Go'ldschmiede-, Edel-
stein- und Siiberhändler, wo besonders vicl schön ge-
triebenes, türkisches und russisches Silber gehandelt
wird. In Dutzenden von Teppichläden dürften Tausende

von Perserteppichen in allen Arten aufgestapelt liegen
und Seidenwaren aus Indien, Damaskus und der Türkei
in großen Posten lagern. Kommt ein Fremder in die
Nähe des Basars, so wird er sofort von den Scbleppern
umringt und angesprochen, die sich erbieten, ihn an die
Stände der betreffenden von ihm gewtinschten Sachen
zu führen. Es bedarf natiiriich keiner Erwähnung, daß
diese Leute dann 10 bis 15 Prozent von dein Verkäufer
als Provision erhalten. Andere laufen einem nach und
hören, was man für Sprachen redet oder versuchen, dies
aus den' mitgeführten Zeitungen zu ergründen, sofern sie
nicht schon bei ihrer großen Menschenkenntnis ungefähr
die Nationalität des Ankommenden erkennen können,
oder nicht selten sprechen sie ihn in secbs verschiedenen
Sprachen nacheinander an. Durch schöne Redensarten
versuchen sie den Reflektanten an den eigenen oder der
befreundeten Geschäfte zu bringen, wobei sie noch
durch Anpreisung von Spottpreisen ftir ihre Waren den
Käufer anzulocken versuchen. Innerhalb der Basar-
straßen aber kann man kaum 10 Schritte gehen, ohne
daß einem sich niclit die Geschäftsleute in den Weg
stellen, am Aermel ziehen und einem fast mit Gewalt an
ihre Verkaufsstände drängen möchten. Folgt man nun
dem einen odcr andcren, so entsteht unter den Beteilig-
ten sofort S.treit, die sich in türkisch allerhand Liebens-
würdigkeiten an den Kopf werfen. Die betreffenden
Waren werden oft noch mit großeri Anpreisungen vor-
geführt, so z. B. schöne Seidentücher vom Sultan, Royal-
teppiche, echt Bucharra usw. Daß gehörig vorgeschla-
gen wird, bcdarf, da sich die Geschäfte bereits auf dem
Balkan abwickeln, keiner Erwähnung, die Norm ist
etwa, daß, wenn 10 verlangt wird, man mit 6
noch zuviel bezahlt; es kann aber auch vorkommen, daß
man bei einem Gebot von % bei Weitein zuviel gezahlt
hat. In einigen Straßen ist der Antiquitätenhandel

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