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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Aprilheft
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Lechner, Felix: Raritäten und Kuriositäten aus Privatsammlungen
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Hellwag, Fritz: Der Holzbildhauer, sein Stoff und sein Werk: zu den Arbeiten von Otto Hitzberger
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0361

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Nun möchte ich es nicht unterlassen, die beiden
Figuren „Neptun“ und , M i n e r v a“ (Abb. 7) zu
besprechen, trotzdem beide im zitierten Werkc „Alt-
thüringer Porzeilan“ schon publiziert worden sind.
Mein „N e p t u n“ unterscheidet sich von dem ver-

Abb. 7

cffentlichten dadurch, daß der weiße Sockel überhaupt
nicht bemalt ist und daß er eine eingeritzte Marke trägt:
Unter einem „S“ ein „T“, das aucli ein römisches „1“
bedeuten könnte und rechts daneben die Nummer 91.

Die „M i n e r v a“ ist ohne jedcs Zeichen.

Beide Figuren sind tadellos erhalten.

Zwei gleichfalls ausgezeichnete, auf weißen Posta-
menten ruhende Büsten, wohl J u p i t e r und J u n o

(A'bb. 11) darstellend, die ich sonst noch nie zu sehen
bekam, scheinen rnir gleichfalls Erzeugnisse der
Porzellanmanufaktur in Kloster Veilsdorf zu sein. Der
Scherben, die Glasur und vor allem die braunrote
Fleischfarbe, die sich mit jener des N e p t u n voll-
kommen deckt, das alles spricht für diese Provenienz.
Die beiden Hermen sind meisterhaft modelüert, Gesich-

Abb. 11

ter und Haare sind naturalistisch bemalt. Der Kopf
Jupiters ist von braunem Haar und Bart umwallt
und mit einer goldenen Zackenkrone bedeckt. An der
linken Brustseite liält ein goldener Knopf ein gelbes
Schultertuch zusammen. Die Statuette ist 10 cm hoch,
der Sockel 4J4 cm breit. Junos ergrautes Haar ist
mit einem Kopfreif geschmückt. Statuettenhöhe 18 cm,
Breite 4J4 cm.

Det? fioiBbUdbauet?, fetn Stoff und fetn IDevk

2u den Acbeitcn uon Otto jitt^bct’gct?

oon

fiellwaQ

\ 1 on allen Techniken, mit denen der Mensch die Roh-
stoffe seinen Zwecken dienstbar macht, dringt
die Holzbearbeitung auf geradestem Wege und am tief-
sten in die N a t u r ein. Fast alle anderen Stoffe
müssen, bevor sie der Formgestaltung unterworfen wer-
den können, einen mechanischen oder chemischen
Prozeß durchmachen, der sie oft bereits derart verän-
dert, daß sie an sich schon als Flalbfertigprodukte, wenn
dieser Ausdruck in übertragenem Sinne gestattet ist,
bezeichnet werden dürfen, bevor das Werkzeug sie be-
rührt; und die meisten sind iiberhaupt auf anorgani-
schem Wege entstanden. Das H o 1 z allein ist
organischen Ursprungs, es bewahrt ihn durchaus und
kommt so, w i e e s g e 1 c b t h a t, auf den Werk-
tisch.

Wer einmal den Quer- oder Längsschnitt eines gut-
gewachsencn Holzstamms mikroskopisch, oder auch nur
in bildlicher Darstellung, genau betrachtet hat, wird
sein erstes Staunen über das organische Walten der
Lebenskraft niemals vergessen, denn nichts konnte ihm
klarer veranschaulichen, was Wachstum heißt. Mit
aller Deutlidikeit eines besten anatomischen Präparates
wird der, horizontal und vertikal zugleich sich dehnende
Aufbau der Zcllen, Lasern, Stränge und Gefäßröhren er-
kennbar, aus denen die Einheit des Lebewesens sich
ergab. Die Einheit blieb, auch wenn das Leben ent-
flohen war; erhalten blieb auch ein bedcutender Teil
der Kraft, wenn Austrocknung und Mumifizferung ihr
zeitliches Werk vöilbracht und die Zellen für immer
sich geschlossen hätten.

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