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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Februarheft
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Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Der Fluch der Berümtheit / Kongreß für Niederländische Kunstgeschichte / Eine Lessing-Tasse
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Bombe, Walter: Der Fall Dossena
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0286

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jenigen im heutigen Nordfrankreich handeln: a) im 13., 14. und 15.
Jahrhundert, b) in der Renaissance und Barockzeit.

Zur Einholung aller erforderlichen Auskünfte richte man sicb
an das Sekretariat: Antwerpen (Belgien), Paardenmarkt 70.

6tne tefßnq s taffe.

Die Staatl. Porzellan-Manufaktur in Berlin
hat anläßlich des L e s s i n g - Gedenktages eine handgcmaltc
Tasse in 100 numerierten Exemplaren hergestellt, deren Abbildung
wir nebenstehend zeigen. Die von Johannes B o e h 1 a n d ge-
schaffene Gcdenktasse zeigt in dcr Mittc Lessings Geburtshaus in
eisenrot auf weißem Grund, unter Benutzung des im Lessing-
Museum zu Bcrlin befindlichen Originals gemalt; rechts und links
Theaterembleme. Die rote Silhouette auf der Untertasse, dem
Schattenriß Lessings aus Fritz Jacobis Nachlaß 1780 nachgebildet,
wird umrahmt von dem Namenszug des Dichters und dem Jubi-
läumsdatum.

haben, ein Gang zu dem Studio segreto, in dem alle jene Werke
entstanden sind, die selbst die erfahrensten Kenner alter Kunst ge-
täuscht haben, Madonnen im Stile Giovanni Pisanos mit der gan-
zen Unruhe und Beweglichkeit eines gotischen Rhythmus, vier
Büsten, die Jahreszeiten darstellend, im üppigen Barock eines Ber-
nini, ein Madonnenrelief von der leicliten, duftigen Formengebung
des Florentiners Agostino d( Duccio; in einem anderen Marmor-
relief haben markigc Meißelhiebe eine Madonna zustande gebracht,
die aus der Werkstätte, wenn nicht aus den eigenen Händen Dona-
tellos hervorgegangen zu sein scheint. Andere Werke, darunter
eine archaische Athena, die einen Giganten überwunden hat, acht-
los in mehreren Stücken auf den Fußboden hingeworfen, zeigen,
daß diesem Hexenmeister auch die Formensprache der alten Grie-
chen vertraut ist. Am defsten ist Dossena ohne Zweifel das Wesen
des Mino da Fiesole aufgegangen, in dessen bis zum Gezierten
holde Zartheit und edle Gehaltenheit der Empfindung er sich tief
hineingefühlt hat.

Ich frage den Meister, denn ein Mcister ist er ohne Frage, wo

Johannes Boehland, Lessing-Tasse
Staatliche Porzellan-Manufaktur Berlin

Dee palt Doffena*

üon LDattec Bombe.

R o m , 1. Februar.

Gestern habe ich den so schnell zur Weltberühmtheit gelang-
ten Bildhauer aufgesucht, in seiner Werkstättc an der Ripetta, dcm
Hafen des kaiserlichen Rom. Ein stattlichcr, hochgewachsener
Mann von 50 Jahren, das lange, zurückgekämmte Haar schon er-
graut, von liebenswiirdigem und überaus bescheidenem Wesen. Der
Ruhm ist ihm keineswegs zu Kopfe gestiegen. Bereitwillig zeigt
er mir, was in der nicht sonderlich geräumigeh Werkstube an neuen
Arbeiten im Werden begriffen ist: Ein großes marmornes Tauf-
becken mit Löwen im romanischen Stil für cine Kirclie in Rocca
Sinibalda bei Rieti, an dcr Grenze der römischen Sabina gegen
Umbrien. Die Architektur dieser Kirche mit ihrem ganzen inneren
Ausbau hat Dossena selbst entworfen. Ein unvollendetes Marmor-
relief im Stil der oberitalienischen Frührenaissance mit den hei-
ligen drei Königen, die dem Christuskinde ihre Gaben darbringen,
der Abguß eines Reliefs im gleichen Stile, die heilige Maria Magda-
lena darstellend, die vor der Erscheinung ihres Meisters in die
Kniee sinkt, als Arbeit Dossenas an Mrs. Parson in Cleveland ver-
kauft, und manches Andere. Dann, nachdem einige an sich nur
allzu berechtigte Rückfragen ihn tiber meine Absichten beruhigt
er das alles gclernt hat, und erhajte zu meiner grcnzenlosen Ueber-

raschung die Antwort, das habe er alles aus sich selbst. Bei einem
gewöhnlichen Steinmetzen habe er sich ein wenig iin Modellieren
geübt, dann eine elementare Zeichenschule besucht, an etwa zehn
Anatomiestunden teilgenommen, das sei alies gewesen. So rätsel-
haft und unglaublich das scheint, ist es keineswegs. Ich erinnere
mich zweier ähnlicher Fälle: Der Florentiner Giovanni Bastianini,
Sohn cines Steinkärrners, war auch so aus dem Dunkel aufgestie-
gen, der bescheidene Bastianini, der, als führe ihn eine unsicht-
bare Hand, jenen Savonarola und jenen Girolamo Benivieni schuf,
den der ausgezeichnete Kenner alter Kunst, Baron Nieuwekerke, der
Generaldircktor des Louvremuseums, für 13 600 Goldfranken er-
warb und dann als Original eines großen Meisters des 15. Jahrhun-
derts im Louvre an ehrenvollster Stelle, neben den Gefangenen
Michelangelos vom Juliusgrabmal und der Nymphe von Fontaine-
bleau des Cellini aufstellte, bis sich schließlich unter dem Druck der
öffentlichen Meinung der Künstler meldete, der um den Preis der
aufgewendeten Arbeit sein Meisterwerk an einen schlauen Kunst-
händler verkauft hatte. Auch dann wollte der in seiner Gelehrten-
Eitelkeit gekränkte Baron seinen Irrtum nicht eingestehen, auch
nicht, als Bastianini sein Originalmodell zeigte, das heute im
Florentiner Museum von San Marco neben jenem Savonarola*)

*) Vergk: Donath, „Der Kunstsammler. Psychologie des
Kunstsammelns“. 4. vermehrte Auflage.

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