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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

DOI issue:
1./2. Märzheft
DOI article:
Waetzoldt, Wilhelm: An der Bahre Wilhelm v. Bodes
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0302

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An det? Baf)t?e LÜilbelm o. Bodes

oon

UDilbctm lÜactsoldt

Dcr Generaldirektor der Staatlichen Museen in
Berlin, Geheimrat Professor Dr. Wilhelm Waetzoldt
eröffnete die große Trauerfeier für Wilhelm von Bode,
die in der Basilika des Kaiser-Friedrich-Museums am
5. März stattfand, mit nachstehender Rede. Waetzoldt
liat dem „Kunstwanderer“ die wörtliclie Wiedergabe
seines Nachrufes für Bode gestattet. Ueber die Trauer-
feier und von den Kundgebungen des Auslandes wird
noch zu sprechen sein.

j as erstc Wort an dieser Bahre darf denen ver-
gönnt sein, in deren Kreis Wilhelm von Bode
gehörte, deren Führer, Lehrer und Freund er war: den
Museumsangehörigen. In ihrem Namen spreche ich.

Es ist das zweite Mal in der Geschichte unserer
Museen, daß ein großer Toter von einem ihrer Häuser
den Weg zur letzten Ruhestätte nimmt. Im Jahre 1905
stand drüben in der Rotunde des SchinkcTschen Alten
Museums der Sarg des 90jährigen Adolph v o n
M e n z e 1. Heute habeti wir in der Basilika des
Kaiser-Friedrich-Museums den 83jährigen Wilhelm
v o n B o d e aufgebahrt. Dort der Künstler, dessen
Griffel Geschichte geschrieben hatte, hier der Gelehrte.
dessen Leben der Geschichte der Kunst geweiht war.

Von diesem Hause ist Bodes Ruhm ausgegangen.
Möge auch sein Nachruhm vou hier aus den Flug durch
die Zeit nehmen!

Das Leben Wilhelm von Bodes ist ein vollendetes
Leben gewesen. Vollendet nicht nur, weil es über die
80 Jahre des Psalmisten hinaus gelebt worden ist, viel-
mehr, weil es ein vollendetes Werk — im zwiefachen
Sinne des Wortes — umschließt. Dies Bewußtsein
nimmt dem Schmerz seinen Stachel, der Abschieds-
stunde ihre Bitterkeit.

Dankbarkeit heißt der Kranz, den die Museen
auf diesen Sarg legen; denn keiner hat für Preußens
Staatssammlungen mehr getan als der Entschlafene.
Er hat die Würde des Amtes gewahrt, den Rang
unserer Wissenschaft erhöht und das internatio-
nale Ansehen des Preußischen Museumswesens begrün-
det. Wenn wir heute ernten, was Bode gesät, wenn
wir auf dem Boden stehen, den er gefcstigt hat, so
danken wir es einem Leben, das köstlich gewesen ist,
weil es Mühe und Arbeit gewesen ist.

Bode ist Kunsthistoriker geworden in einer Zeit, in
der es in Deutschland eine kunstwissenschaftliche
Museumsarbeit eigentlich noch nicht gab. Als der
Student I3ode aus Braunschweig den Berliner Museums-
direktor Waagen um Rat fragte, ob er von der
Jurisprudenz zum Kunststudium umsatteln sollte, riet
dieser entschieden ab, „das wäre ganz hoffnungslos,
sei er — Waagen — doch der einzige Fachmann in der
Verwaltung einer deutschen Gemäldegalerie“.

Trotzdem trat Bode in die Berliner Museen ein,
nicht um einen äußeren Beruf zu ergreifen, sondern um

einer inneren Berufung zu folgen. Er fühlte, daß er
„zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt“ sei. Bode
hat das Höchste erreicht, was eincm Manne in seiner
Arbeit beschieden sein kann: seine individuelle Art ist
zu einem neuen Typus des Kenners, Sammlers und
Organisators geworden, so wie die von ihtn geschaffe-
neti Methoden des Museumswesens für die alte und die
neue Welt Allgemeingültigkeit gewonnen haben.

In dem musealeti Reiche, dessen Mehrer, Verwal-
ter und absoluter Herrscher Bode war, gibt es viele
Provinzen. Das italienische Herzstück, das niederlän-
dische Lieblingsgebiet, den Bereich der alten deutschen
Kunst und die von Bode erst besetzten Grenzgebiete
islamischer und asiatischer Kunst. Böde, auf manchen
Gebieten der Kunstwissenschaft ein Spezialist ersten
Ranges, besaß die seltene Gabe der Universalität. Er
behielt den Blick für das Ganze, wetin auch sein Herz
einzelnen Abteilungen gehörte.

So pflegte er das Kaiser-Friedrich-Museum seine
Lieblingstochter zu nennen. Seit 1904 ist dieses Haus ihm
wahrhaft Lebensinhalt und Heimat gewesen. Kaum eine
Wand, die nicht von seinein Wirken zeugte! Wie viele
dieser Bilder uud Plastiken sind durch ihre Erwerbungs-
geschichte oder ihre kunstwissenschaftliche Erfor-
schung mit Bodes Namen verknüpft! Von der groß-
artigen Noblesse, mit der Bode die musealen Schatz-
kammern des Prcußischen Staates gemehrt hat, reden
seine Geschenke.

Hier ist aber nicht nur die geistige Werkstatt des
Sammlers Bode gewesen, sondern auch die Kraftquelle,
von der nacli allen Seiten hin sein organisatorisches
Wirken ausstrahlte. Er war eiu Bauherr großeu For-
mates, der scine Pläne Architekten und Behörden auf-
zwang und sie mit Zähigkeit zur Verwirklichung
brachte. Er war ein Bilderjäger und Menschenfänger.
Die Bilder füllten seine Galerie, die Menschen gewann
er für seinen Museumsverein, fiir Stiftungen, Schenkun-
gen, Lcihgaben. Er war ein großer Kaufmann, der den
Kunstmarkt der Welt übersah und kontrollierte.

In allen Bereichen der vita activa fühlte er sich
wohler als am Schreibtisch des Gelehrten. Bode hat
seine Feder nicht nur geführt, um Bücher und Aufsätze
zu schreiben, sondern urn kunstpolitische und persön-
liche Fehden auszufechten. Gleich stark in Liebe und
in Haß zog er an und stieß er ab. Aber auch Bodes
Fehlgriffe im Sachlichen wie im Menschlichen trugen die
Signatur eincs genialen Menschen, sie hatten den glei-
chen Stil wic seine Meistertaten. Bodes menschlicher
Zauber bezwang auch die Gegner, weil er bei all
seinem Tun und Treiben niemals bloß den Fachmann
einsetzte, sondern stets den gauzen Mann, weil er nicht
bloß mit Autorität, sondern mit seiner Persönlichkeit zu
zahien bereit war. Es ist viel von dem Gewaltmenschen

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