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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Januarheft
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Reichel, Anton: Der junge Dürer
DOI Artikel:
Das Jubiläum der Wiener Werkstätte / Theodor Frimmel †
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0228

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scheint dem Ref. ebenso hypothetisch zu sein, wie die Meinung der
Autoren, daß Diirer die Ortsaufschriften der ganzen Sammlung in
einem zugefügt habe, „als er gewahr wurde, daß sein Gedächtnis
ihn im Stich zu lassen beginne“. Es sei dem Ref. gcstattet, dieser
subjektiven Meinung der Verfasser seine ebenfalls subjektive ent-
gegenzustellen, daß er gerade die Behandlung der föhnigen Luft
auf Blatt A. 172 nicht von einem anderen Künstler als Dürer be-
wältigt sich vorzustellen vermag. In d.iesem Zusammenhang sei
beiläufig bemerkt, daß fiir die neue Benennung des Bremer Blattes
(L. 109), Kat.-Nr. 68, keine zwingende Nötigung vorliegt. Ref. be-
hält sich vor, auf diese Frage zurückzukommen.

Die „Drei Reiter imd die drei Tode“ (A. 170) galten der Alber-
tina niemals als Dürer, auch der „am Boden kauernde Petrus
(A. 173) wurde schon von Meder aus dem Dürer-Werk der Albertina
ausgeschieden. Für die Eigenhändigkeit des „Veilchen“ (A. 178)
kann allerdings lediglich die Albertina-Tradition ins Treffen geführt
werden. Die bei Dürer nicht häufige Technik — Deckfarbe auf
Pergament — stellt das Blatt auf dieselbe Stufe, wie das sog.
„Kleine Rasenstück (A. 179). Rcf. kann sich natürlioh auch nicht
der Tatsache verschließen, daß das „Große Rasenstück“ (L. 472)
durchsichtigere Tinten aufweist. Die pastose Schwerflüssigkeit der
Farbe scheint jedoch hinlänglich durch die Andersartigkeit der
Technik erklärbar zu sein. Jedenfalls ist kein zwmgender Grund
zu ersehen, das kleine Rasenstiick aus dem Oeuvre Diirers aus-
zuscheiden. Wenn aber das „Kleine Rasenstück“ eigenhändig ist,

Das lLibi(äum det?

Die „Wiener Werkstätte“ feierte kürzlich das Jubiläum ihres
25jährigen Bestehens. Sie kann init freudiger Genugtuung auf den
Umfang und die Mannigfaltigkeit geleistcter Arbeit zurückblicken.
Was ihren Begründern an schöpferischen Gestaltern, an origineller
Erfindung, geläutertem Geschmack und unverkennbarem wiene-
rischem Kulturempfinden zu eigen war, ist längst im In- und Aus-
lande von deu Kennern und Schätzern kunstgewerblicher Edelarbeit
erkannt und nach Gebülir gewiirdigt worden. Von den Schöpfern
der „Wiener Werkstätte“ sind leider zwei ihrer prominentesten
Persönlichkeiten nicht melir am Leben: Kolo Moser und Dagobert
Peclie, beide als begeisterte Bekämpfer „verflachter Mechanisierung
und Merkantilisiierung der Kuinst“ unermüdlich wirksam, und beson-
d.ers der letztere als phantasiereicher Erfinder neuartiger Formen,
kostbarer Stilentfaltung und iiberraschender Materialanwendung
auch iiber Oesterreich liinaus in besonderem Ausmaße gewertet.
Von den „Spitzen“ der Werkstätte aber wirkt in der Vollkraft sei-
nes Lebens und in der Vielseitigkeit und verfeinerten Urspriinglich-
keit seiner bautechnischen und kunstgewerblichen Veranlagung
Josef Hoffmann. Er hat der heimatlichen Produktion den Weg ins
Ausland gebahnt und mit dazu beigetragen, daß die Oualitätsarbeiten
der „Werkstätte“ im Deutschen Reiche, in Frankreich, Belgien und
zuletzt auch in den nordischen Staaten Interesse erweckten und
Abnehmer fanden. Die Repräsentationshäuser, die Hoffmann der
modernen österreichischen Kunst und dem Wiener Kunsthandwerk
gelegentlich der Aussteilungen in Rom, Paris und Köln errichten
durfte, haben vielfach das Verständnis für die künstlerischen Be-
strebungen jüngerer Begabungen geweckt und auch eine objektivere
Beurteilung dcr „Oesterreichischen Moderne“ in den europäischen
Fachkreisen erwirkt. Ein eigenartiges Erinnerungswerk, das die

dann ist e.s das „Veilchen“ auch. Eines der umstrittensten Blätter
der Albertina ist die vermutlich den Vater Dürers darstellende
Silberstiftzeichnung (A. 168), die die Verfasser „Bildnis eines Gold-
schmiedes“ nennen und im Gegensatze zu Winkler, der es (L. 589)
in das Oeuvre Dürers aufgenommen hat, aus diesem ausscheiden
und in der Zeichnung am ehesten eine Arbeit des Vaters Dürers
(Selbstbildnis?) erkennen möchten. Ueber das Blatt, das heute in
der Albertina in das Diirer-Werk eingereiht ist, sind die Akten
wohl noch nicht gesehlossen.

Diese gelegentlichen ESnwände gegen Einzelheiten verblassen
vor der Fülle des bewältigten Materials und vor der staunen-
erregenden Arbeitsleistung, die das Buch darstellt. Erst die vor-
liegende Arbeit ermöglicht es, daß aucli Forscher, die nicht in der
Lage waren sich in jahrelanger Fühlungnahme mit der fast zu einer
Geheimwissenschaft angewachsenen Diirer-Literatur auseinander-
zusetzen, ein selbständiges, wissenschaftlich fundiertes Urteil zu
fällen. Der Gewinn ist ein außerordentlicher. Mag auch diese oder
jene Ansicht der Autoren im Wettstreit der Meinungen revidiert
werden: die übersichtliche Zusammenfassung der die Dürer-
Forschung im weitesten Umkreis berührenden Fragen im Katalog
gibt diesem eine Bedeutung, die das Buch im wahrsten Sinne des
Wortes für jeden, der sich als Forscher oder Sammler mit der
Kunst um die Wende des 15. zum 16. Jahrhundert beschäftigt,
unentbehrlich erscheinen läßt. Er ist berufen als „Der
Tietze“ ein Standardwerk der Kunstliteratur zu werden.

LDteneü lÜet?k.ßättc.

jubilierende „Werkstätte“ soeben im Wiener Krystallverlag erschei-
nen läßt, bringt mit Hilfe ausgezeichneter Netzdrucke auf bunt-
faibiger Flächenverteilung eine knappe Auslese des Besten, das im
Laufe eines Vierteljahrhunderts im Zeichen der Wiener Werkstatt-
bewegung entstanden ist. Der überwiegende Teil des mit ge-
schmackvoller textlicher Umrahmung versehenen Bildmaterials ist
dem Architekten utid Kunstgewerbler Josef Hoffmann gewidmet.
Wieder einmal erfreuen die originellen Baiuformen des Stocklett-
palais in Brüssel dais Auge, ebenso wie die gediegen und anmutig
herausgearbeiteten Gebrauchsgegenstände des tägl.ichen Lebens,
die Holzschatullen, Schmuckkassetten, Blumenständer, Fruchtkörbe,
Gläser oder Bucheinbämde, jedes einzelne Stück mit erfinderischent
Geschmack uind einer osft raffinierten Ausniitzung des in origineller
We.ise verwendeten Materials. Von Dagobert Peche locken aufs
Neue all die keramfschen Wunderdinge seiner jugendlich frischen
Eingebungskraft, die buntschimmernden Fabeltiere aus aparten Stoff-
resten, Perlen und Federn, die eigenwilliig zusammengestimmten
Kissen aus han'dbedruckter Seide, die Arbeiten aus geschnitztem
Holz oder aus zarten Klöppelspitzen u. v. a. m. In bunter Folge
lenkt der Sammelband der „Werkstätte“ unsere Aufmerksamkeit
auch noch auf die künstlerischen Gegenstände für den Hausgebrauch
von der Hand Kolo Mosers, auf das bemalte Kinderspielzeug Julius
Zimpels, auf die holzgeschnitzten Figiirchen Otto Czeschkas, den
dekorativen Silberschmuck Berthold Loefflers, die reizvollen Por-
zellanfigürchen Lendeckes und nicht zuletzt auf die respektablen
kunstgewerblichen Begabungen der Damen: Kiily Rex, Wally
Wieseltier, Hilda Jesser, Mathilde Flögl u. a. Der Letzteren ist
überdies die instruktive und abwechslungsreiche Zusammenstellung
des Gedenkbuches zu danken. Dr. L. G.

Tbeodoc pctmmcl f

In Wien ist Theodor v. Frimmel im Alter von 75 Jahren gestor-
'oen. Sein Name und sein Werk werden bleiben. Seine „Ge-
mäldekunde“, oins von den wichtigstsn grundlegenden Handbüchern,
liat Generationen von Sammlera und Kunsthändlern sozusagen die
Handgriffe des Bildersamtnelns gelehrt, und auch die Wissenschaft

hat von Frimmel, der einer der kenntnisreichsten und fleißiigsten
Kunstgelehrten gewesen ist, Anregungen von hohem Wert empfan-
gen. Durcli seine „Gemäldekunde“ (Verlag J. J. Weber, Leipzig)
ist dem Sammler des alten Bildes erst der Begriff von der Technik
der alten Meiister, von dem Bestimmen der Bilder, von der Art der

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