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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Aprilheft
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Lutz, Friedrich A.: Noch etwas von den Ikonen
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Londoner Kunstschau / Die deutsche Kunstausstellung in Warschau / Schweizerische Kunstchronik / 100 Jahr Archäologisches Institut / Museumspläne der Stadt Berlin? / Friedländer - der Nachfolger Bodes / Metzner und Lehmbruck / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Aus der Kunstwelt / Aus dem nordischen Kunstleben / Neue Kunstbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0368

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erregen müssen, nämlich eben däe schönen Denkmäler seiner Ver-
gangenheit!

Diese aber bildeten sch.ori für den ohne Vorurteil Reisenden
ein Erlebnis, insofern, als ihm gegenüber ein Gebiet derselben und
zwar die Ikonen in geradezu sensationeller Weise in Erscheinung
trat, denn schon der erste Besuch im Kreml Moskaus ergab die
iiberraschende Feststellung dort eingerichteter Werkstätten zur
Bewahrung und Restauration von Denkmälern des Altertums und
der Kunst. Unter der Leitung des bekannten Direktors der Tret-
jakow-Galerie, Igor Grabar, wurden dort insbesondere die Ikonen
gepflegt und durch ein Restaurationsverfahren von eäner Miihselig-
keit ohnegleichen von Jahrhunderte alten Uebermalungen und
Schmutz befreit und ihnen damit zu einer glänzenden Wiederauf-
erstehung verholfen. Nur wer den Reichtum der auch nur von den
Mauern des Moskauer Kreml umschlossenen Kirchenschätze an alten
al-fresco Malereien und Ikonen kennt, kann sich eine Vorstellung
machen von der Wirkung dieser zum größten Teil wieder ans
Tageslicht getretenen Kunstschätze.

War damit für den Reisenden alles in der Hauptstadt Gebotene
überboten worden, so ergab der Besuch des berühmtesten Klosters
des Landes, der Troize-Sergiewskaja Lawra, eine nochmalige Stei-
gerung, denn dieses Kloster beherbergt „Die heilige Dreifaltigkeit“,
ein Werk von Andrej Rublew, das in Rußland für das bedeutendste
Werk russischer kirchlicher Kunst gehalten wird.

Um Ssergijewo, die Bahnstation dieses Klos.ters zu erreichen,
galt es damals in den Nachtstunden noch von Moskau abzufahren.
Nach mehreren Stunden Bahnfahrt, bei Kerzenbeleuchtung im un-
geheizten Zuge, die Fenster mit Brettern vernagelt, Ssergijewo,
ein kleines Städtchen. Eine Viertelstunde Wegs zum Kloster, das
sich dem Auge des Besuchers, dem Moskau mit seinen vielen Kir-

chen und Klöstern immerhin schon Unerwartetes geboten hat, wie
eine Fata Morgana darbietet. Man sieht, aus dem Städtchen kom-
mend, plötzlich ein von einem Fluß durchzogenes Tal vor sich und
im Hintergrund mit Türmen und Kuppeln, in weiß, rot, blau, grün
und gold, wie ein Spielzeug aufgebaut, das auf einer mäßigen An-
hölie gelegene Dreifaltigkeitskloster des heiligen Sergius.. Die hohe
gezackte und mit Türmen versehene Ringmauer umschließt nicht
weniger als 13 Kirchen iund eine Menge anderer Gebäude großen
Maßstabes. Davor aber spielt sich das Leben und Treiben eines
russischen Bauernmarktes ab, der eine willkommene Kulisse fiir
diese großartige Szenerie darstellt.

Dieses Kloster und seine Sehenswürdigkeiten sind erstaunlioh.
Das Werk des Rublew zeigt ein Kunstgelehrter, der zur Ueber-
wachung und zum Studium im Kloster stationiert ist. Er äußert
sich mehr als karg und zurückhaltend, hält es aber für selbst-
verständlich, daß der Besucher aus dem Westen längeren Aufent-
halt im Kloster nimmt und stellt Zimmer und Nachtlager ohne wei-
teres zur Verfügung. Die Kälte in den verschiedenen Kirchen aber
geht über alle Begriffe. Mein schweigsamer Cicerone steckt in
einem wunderbaren Pelzanzug, Ursprung Irkutsk in Sibirien, sehr
zu empfehlen, Aber Photographien der schönsten Ikonen des
Klosters seien unmöglich zu beschaffen. Schwer trennt man sich.
Peinliche Empfindung, daß man diesen interessanten Ort zu kurz
gesehen und wahrscheinlich nie wieder sehen wird.

Weiterer Aufenthalt in Moskau mit einer Ueberraschung. Es
öffnet sich eines Tages ohne Ankündigung die Türe meines Zimmers
und es erscheint der Mann im Pelz aus Ssergijewo, legt ein kleines
Paket auf den Tisch und verschwändet lautlos wieder. Im Paket
sind große Photos der schönsten Ikonen der Troize-Sergiewskaja-
Lawra!

Carl Spaziergang
Der Spaziergang

Auktion

der Sammlung v. B.
bei Hugo Helbing,
München
am 23. April

Londonet? Kunfffcbatu

Aus London berichtet unser Kunstreferent: Baron de
Zuylen hat bei Sothebys seine umfassende Satnmlung f r a n -
zösischer Farbdrucke in mehrtägiger Versteigerung ver-
kaufen lassen. Am ersten Tage zahlten Colnaghis den Höchstpreis
mit 2000 Pf. St. für Debucourts „Deux Baisers“ nach seinem eigenen
Bild, das 1785 im Pariser Salon ausgestellt war. Dieser Künstler
war ü'berhaupt stark begehrt, denn Sabin zahlte 700 Pf. für die
beiden Stücke „Die Rose“ utid „Die Hand“, Trabucco, Paris, gab
sogar 1350 Pf. für „L’Oiseau Ranime“. Ferner brachten sein
„Menuett de ia Mariee“ und „Noce au Chateau“ zusammen 700 Pf.
seitens Sabin, der 20 Pf. mehr für die „Promenade de la Galerie
du Palais Royal“ vom Jahre 1787 gab. Agnew erwarb „D,ie öffent-

liehe Promenade“ für 430 Pf., während Maggs 640 Pf. für einen
Satz französischer Modebilder nach Watteau d. J. gab.

Am zweiten Tage war Colnaghi wiederum der Hauptkäufer
mit 2500 Pf. St. (50 000 Mk.) für Francois J a n i n e t s „Guitarren-
spielerin“ nach Lavreince. Dieses Blatt bildet einen Teil eines
aus vier Stücken bestehenden Satzes von Stichen, die Janinet nach
Lavreince’schen Vorlagen anfertigte. Drei andere Drucke, eben-
faills nach , Werken desselben Malers, waren „La Comparison“
(Agnew, 167,5 Pf.), „L’Indiskretion“ (Sabin, 840 Pf.) und „L’Aveu
Difficile“ (Sabin, 720 Pf.). Zwei Arbeiten von Vidal nach Lavreince
gingen an Sabin für 370 Pf„ der auch ein Paar von Legrand für
340 umd zwei Drucke von Mixelle für 210 Pf. erwarb. Della Faille

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