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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1. 2. Dezemberheft
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Tietze, Hans: Aus den Museen von Reims und Amiens
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Kubsch, Hugo; Thorak, Josef: Der Bildhauer Josef Thorak
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0170

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men, deren Urheber mit dcr Werkstätte zusammen-
hängen, die das berühmte Chorgestühl der Kathedrale
von Amiens verfertigt hat. Immer erscheint Maria mit
dem Kinde, aber sie verschwindet beinahe hinter der
Fülle der Figuren, die das Motto spitzfindig illustrieren.
Vorn sind die Stifter versammelt, dic Hauptperson trägt
in einem Schriftband den dargestellten Vers. Die späte-
ren Bilder verfolgen das Schema mit zunehmender
Manieriertheit; das letzte ist 1666 von Frangois Claude,
einem Schüler von Vouet und Le'brun, gemalt worden.

Diese Bilderfolge ist nicht nur deshalb interessant,
weil sie ein eigentümliches Licht auf die Mentalität der
nordischen Renaissance wirft; auch manche andere
— thematisch einfachere — Bilder der Zeit verraten
etwas von dem spitzfindigen und schwülstigen Geist,
den diese Meistersängermalerei noch dichter enthält.
Nocli merkwürdiger ist vielleicht der soziale Unter-
grund der künstlerischen Tätigkeit, der hier sichtbar
wird. Geistig interessierte Bürger einer kleinen Stadt
vereinigen sich zu einem jährlichen künstlerischen Auf-
trag, der als Schmuck des Doms der Oeffentlichkeit zu-

gute kommt; hier zeigt sich wieder ein Stück des brei-
teren Bodens, in dem die Kunst früherer Jahrhunderte
wurzelte. Der Fall von Amiens ist nicht ganz verein-
zelt ; eine ähnliche Bruderschaft in Abbevilie ist schon
erwähnt worden, die 1726 — fast gleichzeitig wie ihre
Schwester in Amiens — dem Aufklärungsgeist zum
Opfer fiel. Von ihren Produkteu haben sich nur zwei
Bilder in Ponthieu uud eines in Amiens erhalten. Die
Bruderschaft der Goldschmiede in Paris stiftete jähr-
lich nach Notre-Dame ein Bild mit den Taten der
Apostel; aus der Reihe von 1630 bis 1707 sind 39 —
z. T. von den bedeutcndsten Malern der Zeit — wieder
aufgefunden worden. Auch die niederländischen Rheto-
rikerkammern des Barock haben bisweilen auf die
Pflege bildender Kunst übergegriffen — noch hing eben
die Kunst mit Interessen größerer Gruppen zusammen.
Das Beispiel im Museum in Amiens ist deshalb so lehr-
reich, weil die lange, wenngleich lückenhaft gewordene
Reihe uns gleichermaßen Höhepunkt und Verfall eines
bestimmten geistigen Impulses für die Kunst erkennen
läßt.

Anton Faistauer
Assisi

Ausstellung

bei

Victor Hartberg
Berlin

Det? Bitdbaueü lofef Tbot?ak

fiUQO

I | er Bildhauer Josef Thorak, einer der interessan-
testen Köpfe der Berliner Sezession, ist aus dem
Handwerk in die Kunst hineingewachsen. Es war keiti
Umweg, sondern die für ihn einzig richtige Entwick-
lung. Thorak ist Salzburger (geb. 1889), wurde int
Kloster Mönchsberg bei Salzburg erzogen, erlernte das
Töpferhandwerk, strolchte als Handwerksbursche durch
die Lande, bis nach Ungarn herunter, blieb dann in

oon

Kubfcb

Wien hängen, wo er zunächst an den Abendkursen der
Akademie teilnahm. Später arbeitete er als regelrech-
ter Akademieschülcr besonders bei Hanak. 1915 wurde
Thorak durch den Wiener Kunsthistoriker Julius von
Schlosser nach Berlin an Wilhelm von Bode empfoh-
len, der sich stark für den jungen Künstler einsetzte.
Eine zeitlang war Thorak Meisterschüler Ludwig
Manzels. In den schweren Kriegs- und Inflationsjahren

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