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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Augustheft
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Schapire, Rosa: Aus spanischen Museen, [3]: Barcelona
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Rohde, Alfred: Ein Königsberger Silberschild aus der Sigmaringer Sammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0544

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fixusgruppe in der Kirche von San Juan de las Abadesas
(in der Nähe von Barcelona).

Die künstlerische Bedeutung romanischer Holz-
plastik und Malerei in Katalonien erschiießt sich heute
nur in katalanischen Museen; die Landeskirchen haben
nur wenig bcdeutendes behalten. Ergänzt wird das
Städtische Museum zu Barcelona durch die großartige
Sammlung mittelalterlicher katalanischer Kunst von
Don Lluis Plandiura, die Barcelona als Vermächtnis zu-
fallen soll. Ueberaus reich, besonders an Frontalen, ist
das Bischöfliche Museum zu Vich, doch werden die
Kunstwerke dort durch die unmögliche Aufstellung —

man könnte fast Magazinierung sagen — in ihrer Wir-
kung sehr beeinträchtigt. Auch das Bischöfliche Museum
zu Lerida enthält sehr viel Schönes; das Museum zu
Solsona und däs Diözesan-Museum zu Barcelona habe
ich leider nicht gesehen.

Da von mittelalteriicher katalanischer Kunst, abge-
sehen von den Fresken in Boston, so gut wie nichts ins
Ausland gekommen ist, wird ihre Bedeutung unter-
schätzt. Ihre Parallele hat die katalanische romanische
Malerei in den russischen Fresken und Ikonen, von
denen wir erst durcli die Ausstellungen der letzten
Jahre einen Begriff in Deutschland bekommen haben.

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[ |er tatkräftigen Opferwilligkeit der Königsberger
Kaufmannschaft verdanken es die Kunstsammlun-
gen der Stadt Königsberg, daß eines der bedeutendsten
Werke Königsbergcr Goldschmiedekunst aus der Mitte
des 16. Jahrhunderts, das im 19. Jährhundert in den Be-
sitz der kürzlich von der Stadt Frankfurt a. M. erwor-
benen Sammlung des Fürsten Hohenzollern-Sigmarin-
gen übergegangen war, für Königsberg zurückerworben
werden konijje: der silberne Wappensehild des Hölken-
winkels vom Altstädtischen Junkerhof.

Der 52 cm liohe und 39 cm breite, völlig aus Silber
hergestellte Schild (Abb. 1) licgt auf zwei wohl erst
dem 1S. Jahrhuudert angehörenden gekreuzten Bös-
haken (Bootshaken), die oben durch ein wurmartig ge-
welltes Wolkenband verbunden sind, auf dessen Mitte
eine teilvergoldete gegossene auf dem Halbmoud
stehende Madonna mit Christuskind (Abb. 2) aufsitzt.
Der Hauptteil des Schildes aber besteht aus e i n e m
zusammenhängenden und ineinander verlöteten Stück;
auf hochgezogenen Hügeln steht je eine befestigte,
durch Türme und Tore charakterisierte Stadt, vor denen
tiefer gelegen je eine Vorstadt liegt; das Gelände zieht
sich dann tiefer zum Wasser hin, wo die Flußniederung
durch nackte Figuren und Gewürm wie Schnecken,
Aale u. a. verdeutlicht wird, während die Landseiten
durch Flechtzäune abgeschlossen sind. Auf dem
Wasser fährt nach iinks unter vollen Segeln eine Kogge,
deren stolz aufgeblasene Mittelsegel einen nur allzu ge-
sunden hanseatischen Kaufmannsgrundsatz vertritt:
„Will Gott, so fahr ich wohl so lange ich lebe, wer mir
das mißgönnt und mich nicht achtet, den schlage der
Tod.“

In dem unter dem Flußniederungsstreifen mit der
Kogge befindlichen Teil sitzen in zwei Zwickein zwei
Schiidchen mit den Heiligen Barbara und Nicolaus,

während der ganze Schiid dann nach unten durch eine
symmetrische Laubwerkranke, die eine Zutat des be-
ginnenden 18. Jahrhunderts ist, abschließt.

Es wird Aufgabe einer eingehenderen Untersuchung
sein, die Einzelheiten über Herkunft und Schicksale die-
ses Silberschildes näher zu begründen, hier seien diese
nur in großen Zügen aufgezeichnet. An seiner Ent-
stehung in Königsberg um die Mitte des 16. Jahrhun-
derts kann nicht ernstlich gezweifelt werden. Die bei-
den Städte sind durch ihre Heiligen Nicolaus und Bar-
bara als Altstadt und Löbenicht festgelegt, wie auch die
Stadtsilhouette, besonders (Abb. 3) der rechten Stadt
(Altstadt) annähernd mit der des Planes von 1572 von
Georgius Braun (Abb. 4) in Einklang zu bringerr ist.
Dazu kommt eine sehr starke stilistische Beziehung des
Schildes zur gerade damals im Entstehen begriffenen
Silberbibliothek des Herzogs Albrecht1), die sich sogar
dazu verdichtet, daß man jenen Königsberger Haupt-
meister, der den 1555 datierten Folioband Nr. 7 schuf,
Paul Hofmann (1538—1559) auch als Meister unseres
Schildes ansprechen könne (Abb. 5).

Wenn die Ueberlieferung in dcr wissenschaftlichen
Lokalliteratur) bchauptet, der Schild stamme aus dem
Kneiphöfischen Junkerhof, so irrt sie insofern, als er
sich wohl im 18. Jahrhundert, aber nicht ursprünglich
hier befand. Das Stück selbst deutet nur auf Altstadt
und Löbenicht und kann daher nur das Hölkenschild
des Altstädtischen Junkerhofes, mit dem auch der

*) Vergl. Schwenke-Lange „Die Silberbibliothek Herzog
Albrechts von Preußen und seiner Gemahlin Anna Maria“, Leip-
zig 1894, und Rohde „Die Silberbibliothek des Herzog Albrechts in
Königsberg“, Bilderhefte des deutschen Ostens, 4. Heft 1928.

2) Czihak, Die Edelschmiedekunst früherer Zeiten in Preußen^
Bd. 1 S. 38/39. Boetticher, Die Bau- und Kunstdenkmäler in
Königsberg 1897 S. 357.

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