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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Januarheft
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Strauß, Konrad: Der Basar in Stambul
DOI Artikel:
Bülow, J. v.: Ein interessanter Restaurationsversuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0219

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konzentriert, so daß in mehreren hundert Geschäften
Teppiche, Seidenwaren, Silbersachen, Bilder, Porzellane,
Messingarbeiten, persische Keramiken usw. zum Ver-
kauf angeboten werden. Der Verkäufcr fordert zunächst
einen horrenden Preis, worauf er nach einiger Zeit
etwas heruntergeht und sofort von dem Käufer cin
Gebot erwartet. Sagt dieser, er möchte es sich über-
legen, so hört man oft die Antwort: „Wenn Sie einen
Teppich oder ein Bild kaufen, brauchen Sie nicht über-
legen, man überlegt nur, wenn man heiraten will“. Ob
das Geschäft zustande kommt oder nicht, nach wenigen
Minuten bereits läßt der Besitzer durch seinen Laden-
angestellten für den Kunden türkischen Kaffee und
Zigaretten holen. Wer nicht Geld zum Wegwerfen hat,
muß sich Zeit nehmeri zu überlegen und wenn er einen
Gegenstand kaufen 'will, nicht nur stundenlang handeln,
sondern womöglich zwei-, drefmal wiederkommen. Wird
man gar nicht einig und geht weg, so entsteht oft auf der
Straße die Fortsetzung des Handelns. Nicht selten kommt
es vor, daß bei diesem Gehandel der Verkäufer einem
noch nachläuft oder in einem anderen Geschäft wieder
auftaucht. Manche versuchen, sich dadurch Käufer anzu-
locken, indem sie ihm Kundenadressen aus den betreffen-
den Städten vorlegen. Andere Händler bieten sich an,
Teppiche ohne Geld unter Selbstübernahme des Zol'ls
bis näch Hause zu senden. Daß natüriich in diesem Fall
entsprechend auf die Ware draufgeschlagen wird, ist
selbstverständlich. Die Teppichpreise sind denn in der
Tat auch oft viel teurer als man es bei uns gewöhnt
ist. Alte gute Teppiche sind z. T. wenig auf dem Markt

und werden auch mit horrenden Preisen bezahlt; dage-
gen ist orientalisches und russisches Silber verhältnis-
mäßig billig. Man sieht Dosen, sehr viel Teekannen,
Becher, Tabletts, Leuchter usw. Auch sind die
byzantinischen ikonos recht häufig, welche jedocli
meistens nicht aus romanischer Zeit stammen, wie die
Motive vcrmuten lassen. Fiir große und gut ausgeführte
Gemälde werden nicht selten auch holie Preise veriangt,
da es aucli schon in Konstantinopel Sammler dafür gibt.
Bei Ausgrabungsobjekten aus römischer und griechi-
scher Zeit sei Vorsicht geboten, da nicht selten
Fälsehungen vorhauden sind; dies gilt besonders für
Bronze- und Tanagrafiguren. Viele Geschäfte führen
orientalische Arbeiten, die aber in der Regel erst aus
Aegypten importiert sind, so z. B. Tabletts, Leuchter
usw. mit eingravierten Arabeskenmustern. Aus Persien
sind sehr viel a!te Keramikreste sowie persische Lack-
malereiien, Miniaturen, Bücher sowie Seidenwaren auf
dem Markt.

Obwohl im alten Serail eine der bedeutendsten Por-
zellansammlungen der Welt vorhanden ist, findet man
im Handel neben einzelnen blaubemaiten Tellern des
18. Jahrhunderts nur hin und wieder einige famille-rose
Teller, zumeist aber Schalen und Teller des 19. Jahrhun-
derts. Auch ist europäisches Kunstgewerbe verhältnis-
mäßi’g selten, und nur Wiener und Meißner Porzdlan ist
merkwürdigerweise öfters vertreten. Für einen deut-
schen Händler dürfte sich der Besuch des Basars
zwecks Einkaufs also kaum lohnen.

Stn intet’cffantet? Reftaut?attonsüet?fud)

oon

7- o. Bütoio

I m Brüsseler Königlichen Museum hat man einen sclir
* interessanten Restaurationsversuch gemacht. Die
Museumskommission liatte, ein wenig gegen den Rat
des Konservators Van Puyvelde, auf einer Versteige-
rung einen Daniel Seghers gekauft, der, umrahmt von
einer herrlichen Blumenguirlande, das Porträt der
1 ielene Fourmont, der Frau von Rubens, zeigte. An der
Hchtheit der Blumen war nicht zu zweifeln, wohl aber
schien das Porträt bedenklich, sowohl seiner Ausfiili-
rung nach, wie auch mit Rücksicht auf die bekannte
Tatsache, daß man in jener Zeit keine Porträts als
Mitteistück einer Blumenguirlande wählte. Das Porträt
war in so leuchtenden Farben gemalt, daß die Blumen
darunter litten. Um seiner Sache sicher zu sein, ent-
schloß sich der Konservator des Museums, das Bild
radiographieren zu lassen und tatsächlich zeigte sich auf
der radiographischen Platte, die leider für eine Wieder-
gäbe im Drucke sich nicht eignet, daß unter dem Por-
trät eine heilige Familie vorhanden war. Außerdcm
zeigten sich Brüche, die wahrscheinlich den Grund mit
zur Uebermalung gegeben hatten. Bei der darauf in

Angriff genommenen Restauration kam dann auch sehr
bald die ursprügliche Malerei hcrvor. In unserer Abbil-
dung 2 haben wir ein Stadium der Beseitigung der
Uebermalung. Man sieht darauf deutlich die Bruch-
stellen. Das schließlich als Original herausgeholte Bild
hat künstlcrisch keinen besonderen Wert, es ist von
einem Maler zwciten Ranges jener Zeit gemalt, ent-
spricht aber durch seine matte Farbgebung durchaus
dem Gesamtcharakter, da nun die Blumen, für die es nur
als Flintergrund gedacht ist, voll zur Wirkung konnnen.
Unsere Abbildung 3 zeigt das Seghersche Gemälde in
seinem heutigen Zustande mit den notwendigen
Retouchen. Das Bild wird in nächster Zeit im König-
lichen Museum in Brüssel öffentlich gezeigt werden.
Wir haben hier ein Schulbeispiel daftir, mit welchem
Erfolg die neuen technischen Erfahrungen in den Dienst
der Kunstgeschichte gestellt werden.

Im gleichen Museum wird demnächst ein Bild
Rogers van der Weyden der Oeffentlichkeit gezeigt
werden, das Porträt Laurent Froidmonts, das Italien
dem Brüsseler Museum im Austausch gegen ein Bild

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