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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Augustheft
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Bogeng, Gustav A. E.: Betrachtungen aus der Bibliophilen-Perspektive, [7]
DOI Artikel:
Neue Kunstbücher / Der Kunstsammler Geheimrat Dr. Eduard Simon †
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0574

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glänzende Proben ihrer Leistungsfähigkeit gaben. Oskar Jolles hat
ftir den von ihm gefiihrten Betrieb der Berthold A.-G. in Berlin eine
eigenu Abteilung Privatdru.ck eingerichtet, deren letztveröffentliehte
Bäride (Friedrich Bauer, Der Schriftgießer Christian Elias Schurig
in Hamburg 1773 und sein Nachfoiger, 1928, und Ernst Crous, Die
Schriftgießereien in ßerlin von Thurneysser bis Unger, 1928) schon
die Reihennummern 20 und 21 tragen. Abgesehen von ihrem
vvissenschaftlichen Wert sind diese und die ihnen vorangehenden
Musterdrucke Erzeugnisse einer gepflegten Typographie und als
solche ftir den Buchkunstsammler jedenfalls wichtiger als manche
leere Luxusedition mit ihreni Scheinwerten. Wer Buehkunst
sammelt muß aucli zu ihren Quellen zurückkehren, zu den Erst-
auwendungen einer neuen Schrift, zu den Erstlingsdrucken eines
neuen Verfahrens, zu den Schriftproben usw., die ästhetisch-tech-
nische Ausbildung der Buchdruckerkunst weitgehender berücksich-
tigen als es damit geschieht, daß er nur berühmte bibliographisdhe
Cimelien einiger alten und neuen Pressen aneinanderreiht. In
Amerika und England werden die früher kaum beachteten Doku-
tnente zur historischen Technik der Typographie jetzt außerordent-
Üch geschätzt, äußerlich häufig unsc'heinbare Blätter und Büchlein
von meist sehr großer Seltenheit. Die Bände der Berthoid-Drucke
tnit iliren Neuveröffentlichungen und ihren illustrativen Reproduk-
tionen bieten schon teilweise einen guten Ersatz fiir manches niclit
mehr auffindbare Stück, die Beschäftigung mit ihnen wird dem
Buclikunstfreunde zu einer genußreichen Vertiefung seiner Samm-
lungsstudien verhelfen.

JHeuc Kunßbücbet?,

Hans H i 1 d e b r a nd t - Stuttgart: Die Frau als Künst-

1 e r ii n. Rudolf M o s s e - Verlag, Berlin.

Mit der allgemeinen geisitilgen Erweckung der Frau ist auch
die Künstlerin iim allgemeinen Ansehen w|ie in iihrer Selbstachitung
um ein Beträchtliches heraufgerückt, so daß heute nicht mehr die
Frage zu stellen ist: gibt es überhaupt ernst zu nehmende Frauen-
kunst (Namen wiie Paula Modersohn, Kätihe Kollwiifz, Maria Slavona
und viele andere sprechen da für siöh), sondern: gibt es eine bereits
konstatierbare spezifische Besonderheit, durch die sicli die weib-
liche Kunst von der durch Männer geschaffenen abhebt, ist über-
haupt „Frauenkunst“ bereits als gesonderter äsfihetischer Begriff
diskutiierbar? Die Gefaihr scheiint miir hier allzunahe zu liegen, den
Begriff Frauenkunst in der Richtung eines sehr allgemeinen Vor-
stellungsinhaltes festzulegen, der Weiblichkeit ausschließlich im
Sinne von Weichheit, Leiichtigkeit, schmiegsamer Eleganz, Nach-
gebiigkeiit zu fassen melint, der aber etwa dem Aspekt einer Frauen-
kunstausstellung unserer Tage durchaus nicht mehr entspricht. Be-
gegnet man doch da oft gerade bei den stärksten Potenzen beson-
derer Eigenwilligkeit, Herbigkeit, oft geradezu schmerzhafter
Askese! Als vorläufiges Zusammenfassen des Materlals zu diesem
doch zu mliindesten kulturell-psychologisch höchst ergiiebigen
Problem ist ein Buch über Frauenkunst in der Art des vortrefflich
ausgestatteten Hildebrandt’schen Werkes auf jeden Fall sehr dan-
kenswert. Ein überreiches sorgfältnig gewähltes Abbildungsmaterial
führt in das Schaffen der Frau auf den verschiiedensten Ge'bieten
künstlerischer Betätigung eih. Es zeigt die Indianerin als ge-
schickte Bildnerin arabeskengeschmückter Gefäße, zeigt die reiz-
vollen Batiik- und Flechtarbeiten von Javanerlinnen umd viele an-
dere schlechthin unter dem Beigriiffe „Volkskunst“ gehende Frauen-
arbeiten. Es zeigt späterhiin den gewjichtfigen Anteiil, den dte miittel-
alterlichen Nonnen an der Ausschmückung der Meßbücher und
EvangeHare hatten, Hier ist dite hl Hildegard von Bihgen, d,ie
begnadete Malerin, Dichtierlin, iM'Uisiiberin und Predigerin zu nennen,
de ihre Viisionen in prachtvoll dekorative Form zu bannen wußte.
In der Renaissance, der Zeiit der höchsten Persönlichkeitskultur,
finden wir auch diie Frau bereitis mit weltHchen Stoffen erfolgreich

beschäftigt. Insbesondere ist es die persönliche gefühlsbetonte
Gattung des Porträts, diie schon damals die Frauen besonders an-
zog, woraus siich im 17. und 18. Jahrhundert ein fr.uchtbares
SpeziiaMstent'um entwfickelte, während die Frau den geistigen
Objektivationen, die Landschaftskunst im allgemeinen fordert, von
vornherein ferner stand; Züge, die sich auch in der Einstellumg der
heutigen Künistleriin, der prinziipieli alle Wege geöffnet sind, nach-
weisen iassen,. Als Kehrseite dieser Vorli-ebe für das Porträt (das
Seibstbildnfe spielte von jeher eine besondere Rolle im Frauen-
schaffen) sieht der Verfasser eiiin Hinneiigen der Frau zu' einem
allgemeinen Porträtismus“, d. i. einer Auffassung, dte jeden künst-
lerischen Vorwurf im Wesentlichen auf möglichste Naturtreue „als
ob edn Porträtauftrag vorläge“ zu gestalten sucht, während wie-
derum die prmzipiell naturfremide Kunst des Expressioniismus fiir
die Fra,u, der künstlerische Disziiiplin von vornhereiin schwerer wird
als dem Manne, etwas wie eiirne lockende Gefahr bedeutete.

M. R i e s s.

*

Benedetto da Majano, eiin Florentiner Bi'ldhauer des
späten Quattrooento. Von L. D u s s 1 e r. Mit 47
Abbiild'ungen auf 37 Tafeln. Hugo Schmidt-
Verlag, München,.

Eine gleiohmäßige und folgerichtige, miemals sprunghafte Ent-
wickliuing list diilesem Kün'Stter eiigen, dessen ruhig-gemessene, milde
Natur der Darstellung leiidenschaftltoher Bewegung gern ausweicht,
und der dramatischen Geschehen weniger geneigt ist, als ruhiiger,
epischer Scbilderung. Von, dem Savinusgrabe im Dome zu Faenza
bis zu der Krönungsgruppe im Florentiner Museo Nazionale, dem
Hauptwerk seiiner letzten Lebensjahre, zeigt sich dieselbe, immer
gleich bleibende Freude am malerisch-dekorativen, dte vfelleicht am
reünsten aus der Kanzel in Sa,nta Cro-ce zu' uns spriciht. Als Stein-
bildner, wohl auch gelegentlich lin Holz odler Ton, aber niiemals in
Bronze arbeitend, war Benedetto da Majona ein Schüler des anmut-
reichen Antomio Rossellino, der als Erster die Herbheit Donatellos
in das Zierliche u,nid Liebenswürdiige umbog. Stets am frischen
Born der Kunst seiner großen Florentiner Zeitgenossen neue An-
regung schöpfend, hat Benedetto es verstanden, mit seinen zarten
und seinen raich verzierten träumerischen Madonnen, Altären,
Hostiienbehältern, Türumrahmungen und anderen Arbeiten tekto-
nliisch-dekorativer Zielsetzung d.ie Gunst seiner Zeiit un,d der Nach-
welt sich zu erringen,. Als erfindungsreicher Künstler von siche-
rem Geschmack, als eimer der Mitsehöpfer der Fiorentiner Zier-
kunst der Renaiissance verdient diesier Meister durchaus d-ie Ehre
diner Sonderdarstellung, wi'e siie iihm in der vorliegenden Arbeit
zuteil geworden lilst. Dem bodenständig Kräftigen und dem erd-
haften Wirkliichkeitsdrange semes Helden ist der Verfasser ein
guter Ausdieuter. Alle entwicklung,s®eschiohtliichen und künst-
leriischen Momente werden gebührend hervorgehoben, vor allem
auch die Spätzeit Benedettos, der die großen freiplastischen Arbei-
ten, darunter die schon erwähnte Krönungsgruppe angehören, wird
i,n das rechte Licht gerückt, die Frage seiner baukünstlerischen
Tätigkeit dagegen nur gestreift.

W. B.

Det? KunftfamtnletJ
Gebeimvat Dt?. 6duaüd Simon f

Am 3. August ist in Berlin Geheimrat Dr. Eduard Simon
freiiwiljiig aus dem Leben geschteden. Sefne große, bedeutende
Kunstsammlung, bei deren Aufbau ihm Wilhelm v o n B o d e be-
h.ilflich war, ist weithin berühmt. Sie wird am 10. und 11. Oktober
bei Cassirer — Helbing versteigert werdem

Redaktionsschluß für das 1.12. Septemberheft 2. September — — Redaktionsschluß für das 1.12. Oktoberheft 28. September.

Herausgeber und verantwortlicher Leiter: Adolph Donath, Berlin-Schöneberg. — Verlag „Der Kunstwanderer“, G. m. b. H„ Berlin.
Redaktion: Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 107. — Druck: Pflaume & Roth, Berlin SW 68.

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