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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Januarheft
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Bülow, J. v.: Ein interessanter Restaurationsversuch
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Vogt, Gustav: Die graphische Kunst und das Bild im Dienst der Presse
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0223

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von Veronese geschenkt hat. Dieser Van der Weyden
war mit mehreren Schichten Farbe übcrdeckt, so daß
von dem ursprünglichen Glanze der Malerei nur wenig
zu sehen war. Auch hier hat die Photographie dem
Restaurator geholfen. Dic im Hintergrunde erschei-
nenden Arabesken waren für das bloße Auge nicht mehr
sichtbar, während das Objektiv sie hervorholte. Man
ging deshalb vorsichtig an die Restaurierung und er-
reichte eine so vollständige Wiederherstellung des Bil-
des in seiner alten Schönheit, wie cs die hier wieder-
gegebene Photographie nun zeigt. Vor allem sind die
Hände des Bildes wohl die schönsten, die man von Van
der Weyden kennt. Interessant ist die Tatsache, daß es
in Caen in der Sammlung Mancel eine Jungfrau mit dem

Kinde von Roger van der Weyden gibt, die das Pendant
zu diesem Bilde war und das genau dieselbe Ueber-
malung zeigt, wie das Brüsseler Bild. Die Herstellungs-
zeit des Bildes läßt sich ziemlich genau feststellen, sie
liegt zwischen 1455 und 1460. Ueber die Persönlich-
keit des Bildes hat man Näheres nicht ergründen
können. Hs muß ein Edelmann aus dem Gefolge des
Herzogs von Burgund gewesen sein, ein Mann von be-
sonderer Bildung, wie scine Devise auf dem Bilde zeigt:
..Raison Lensaimne“, zu deutsch: „Die Vernunft lelirt“.
Der Ausdruck des Gesichtes und der Hände, sowie die
gewählte Kleidung zeigen, daß es sich um einen Gebil-
deten aus höherem Stande handelt.

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|-<ilder reden eindringlicher als alle Gcschichte und

Dokumente. — Dieser von Lavater getane Aus-
spruch birgt eine tiefe Wahrheit, denn michts vermag die
Vorstellung von einer Sache eindringlicher zu beleben,
als eben das Bild. In der Industrie ist die graphischc
Kunst berufen, den Erfindungsgeist zu unterstützen und
ihm geschäftliche Belebung zu verleihen. Etiketten,
Plakate, Preislisten, Karten, Elugblätter, Klischees, Gal-
vanos, Autotypien usw. künstlerisch und in wirkungs-
voller Gestaltung zu liefern, nachdem ldee und Stift des
Zeichners ilires Amtes gewaltet, ist Aufgabc der graphi-
schen Technik, der man das Zeugnis ausstellen kann, daß
sie auf der Höhe der Zeit steht. Sie ist keineswegs ein-
seitig geblieben, denn sie hat zahlreiche Nebengewer'be
in ihren Dienst gestellt, als Buchdruck, Offsetdruck,
Chromolithographie, Lichtdruck, Tiefdruck, Steindruck,
Photographie, Prägedruck, Elektrodruck, Umdruck, das
Reproduktions- und Aetzverfahren und dergl.

Der in allen Gebieten rastlos grübelnde menschliche
Geist läßt seine Ergebnisse ins Praktische übersetzen,
und erfreulich ist es, daß man in den Kreisen der Kunst,
der Technik und der Industrie weder Mühe noch Kosten
scheut, durch öffentliche Vorführung derselben die Ge-
samtheit an den mannigfachen Errungenschaften teil-
nehmen zu lassen. Dafür, wie etwa eine Etikette, ein
Plakat, oder dergleichen erforderliche Hilfsmittel fiir den
wirksamen Vertrieb einer Ware, eines Gegenstandes
beschaffen sein muß, ist in erster Reihe die Individualität
maßgebend, das Bild ist es, was entsprechend zu wirken
hat. Um es aber nach deim Entwurf wirksam auszu-
gestalten, hat die eine oder andere der oben gekenn-
zeichneten Druckverfahren in Anwendung zu kommen,
die Farbe ist dem anzupassen, auch die des Papiers, und
zu erwägen, o'b Gold, Kupfer, Silber, Prägedruck oder
dergl. in Erscheinung zu treten habe, um eine befrie-
digende Gesamtwirkung zu erzielen. So ist zunächst

dem Plakat die Aufgabe zugefallen, an der kiinst-
lerischen Ausbiidung des Volkes mitzuarbeiten.

Daß die Industrie sich in aufsteigender Entwicklung
bewegt, dazu hat nicht zum wenigsten das in den weiite-
sten Schichten des Volkes wacbsende Veriangen nach
bil'dlicher Darsteliung beigetragen. Es findet dies seinen
Ausdruck in der Herausgabc iiiustrierter Zedtschrlften
und in der reicheren biidlichen Aussclnnückung von ge-
werbilichen und wissenschaftlichen Veröffentlichungen.
Auch die Zeitung hat nicht nur in der drucktechnischen
vornehmen Ausstattung einen liöheren Fiug genommen,
sondern ist auch längst zur lllustration übergegangen und
hat dadurch das Interesse am Inbalt wesentlich beiebt.

Die gefällige Drucktype und eine bildliche Vor-
führung besitzen einen wirtschaftlicheii Wert von hoher
Bedeutung und sind geeignet, das Publikum zu über-
raschen. Die moderne graphische 'l’eclmik bemüht siich
immer rnehr, das gedruckte Wort iMustrativ zu über-
setzen. Die Verwendung von Strichätzungen und Blei-
klischees ist bei besseren Druokschriften bereits ein
überwundener Standpunkt. Man ist hier längst zu Holz-
schnitten, Galvanos und Autotypien übergegangen, und
auch diese haben mit der Zeit eine wesentliche Ver-
besserung erfahren.

Jedenfalls ist das Bild geedgnet, zunächst dem text-
lichen Tei'l einer Fachzeitschrift höheren Wert zu ver-
leihen und das Interesse für denseiben wesentlich zu
steigern. Aber auch für Propaganda, soweit es deri
Anzeigenteil betrifft, ist das Bild geeignet, in erhöhtern
Maße zu dienen und sie erfolgreicher zu gestaliten. Eine
zielbewußte Propaganda erschließt den Angeboten neue
Absatzgebiete, auf denen bisher die ausländische Kon-
kurrenz vorherrschte. Nur wenn dem großen Püblikum
durch Wort und Bild in immer wiederkehrender
suggestiver Weise klargemacht wird, daß die heimi'sche

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