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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Aprilheft
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Pazaurek, Gustav Edmund: ABC-Fayencen
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Landau, Dora: Wiener Kunst um Schubert
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0354

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führen, daß wir nun etwa eine Umwertung iniierhalb der
deutschen Fayencen vornehnien wollten. Wir wollen
dabei bleiben, daß z. B. Höchst haushoch über Ansbach
steht, desgleichen Schrezheim iiber Crailsheim. Ueber-
haupt darf die Ausstellung nicht zu einer einseitigen
U e b e r s c h ä t z u n g der Fayencekunst füh-

ren, die sich so gerne auf Kosten des ungleich höher
stehenden Porzellans breit machen will. Vergessen
wir nicht das eine einzige italienische Komödianten-
figur von Bustelli einc viel höliere kiinstlerische
Qualität repräsentiert, als alle grünen, gelben und
sonstigen Fayencefamilien zusammengenommen.

Utagawa Kunisada
1786—'1865

Tiger. Hayashi-Siempel

Sammlung

von Etzel-Wiesbaden
Auktion bei Hugo Helbing,
Frankfurt a. M.
am 17. April

IDienev Kunff um Scbubct?t

oon

Doüa landau

Rückblicke sind Revisionen bestehender Urteile; sie
zwingen zu erneuter Betrachtung und Stellung-
nahme und befreien so von Ansichten, die aus der
Befangenheit des Sehens in einer bestimmten Kunst-
richtung entstanden sind. Das eben abgeschlossene
Schubertjahr hat die Aufmerksamkeit wieder der
Wierier Kunst im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts
zugewandt, die zwar kcinen Schubert aufzuweisen hat,
aber ein Ringen um Freiheit, wie wir selbst es 100 Jahre
später miterlcbt haben. „Schubert ist tot und mit ihm
das Heiterste und Schönste, das wir hatten . . .“,
klagt Schwind in einem Brief an Schober. Heiter
und schön — das ist auch das künstlerische Bild der
kurzen Zeitspanne von Schuberts Leben, die im neu
gegründeten Kaiserstaat Oesterreich eine Blütepcriodc
bürgerlicher Kultur umfaßt.

Als Schuberts erste Kompositionen entstanden,
ging in Wien der Kampf zwischen Klassizismus und
Romantik, zwischen der in der Antike verzopften Aka-
demie und den zu freiem Schaffen drängenden Künst-
lern zu Gunsten der letzteren seinem Ende zu. Die
innere Wandlung fand in dem Skandal an der Akademie

ihren Ausdruck, bei dem der Romantiker aus dem Reich,
der Lübecker Overbeck, relegiert wurde, weil er mit
gleichgesinnten und gleichgestimmten Genossen allzu
lebhaft gegen die Gipse der Kunstschule revoltiert hatte.
Sie zogen nach Rom und suchten als „Nazarener“ Er-
füllung ihrer Ideale. Aber der Geist dcr Revolte blieb
und wuchs.

In das erste und zweite Jahrzehnt des 19. Jalrr-
hunderts fäiit das Lebensende einer im 18. Jahrhundert
verwurzelten und groß gewordenen Künstlergeneration
und zugleich die Jugend einer andern, die, wie
Schubert, unr 1800 geboren, bis ins letzte Viertel des
Jahrhunderts fortwirkt. Die ältere Generation kommt
aus dem Rokoko und endet irn Klassizismus; die jüngere
geht kurze Zeit durch die Schule der Akademie und
schwärmt nach der Losiösung auf verschiedenen
Wegen auseinander. Am Endpunkt dieser Wege stehen
die vielen Programme der vormärzlichen Malerei, die,
mit Ausnahme des Kunstgewerbes, alle anderen Kunst-
übungen an Bedeutung iiberragt. Niemals vorher ist
das rein Gegenständliche so vielfältig, niemals hat es
so erheblichen Einfluß auf das Formale genommen.

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