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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Januarheft
DOI article:
Vogt, Gustav: Die graphische Kunst und das Bild im Dienst der Presse
DOI article:
Reichel, Anton: Der junge Dürer
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0224

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Erzeugung der auisländischen gleichwertig, ja sogar
überlegen ist, kann dieses Ziel erreicht werden.

Das Publ'ikum, insbesondere die Darnenwelt, kauft
das, was dem Auge gefä'llig ist. Daher ist zur Wirkung
einer Propaganda das Bild unerläßiich. Dic Rekiame
muß apart gehalten sein, frei von dem aiitägiichen Kitsch,
und dahin zli wirken, soll mit eine der vornehmisten Auf-
gaben der Zeitschriften sein, in doppeisöitigem Interesse.

Bei der Reklame ist zu beachten, daß vor allen Din-
gen ein Plan festgelegt wird, was und wo man zu
inserieren hat. Die großen Auflagen mancher Tages-
ze-itungen verbürgen nicht imrner den Erfolg einer
Anzeige. Es wäre z. B. verfeblt, ein modernes Parfüm,
das naturgemäß vom besseren Publikum gekauft werden
soil, in Blättern mit noch so großer Auflage zu inserieren,
wenn die betreffemden Zeitungen von kleinen Leuten
gelesen werden, oder irgend eine Maschine, welche etwa
fiir Wäschereien bestimmt ist, iti Parteiblättern. Es
erübrigt sich zu erwähnen, daß die Benutzung der Fach-
presse zur Einführung neuer Spezialmarken von großer
Bedeutung ist.

Bei der Inseratpropaganda muß aber darauf geachtet
werden, mit wenigen Worten alles zu sagen und im
übrigen das Bild wirken zu lassen. Mehrfach ist man
auch schon dazu übergegangen, die Anzeigen in zwei-
farbigem Druck erscheinen zu lassen, und ungeachtet
der entsprechenden Preiiserhöhung mit gutem Erfolge.
Die Inseratvorlagen soliten daher möglichst von
Reklamekünstlern entworfen werden; die verhältnis-
mäßig geringen Unkosten für Zeichnung und Galvano
werden durch die von Fachleuten erzielte Reklame-
wirkung der Anzeigen bald hereingebracht.

Immer aber wird es das Bild sein, das sich zur
Unentbehrllichkeit aufgezwungen hat, und dessen sicli
am alierweuigsten die Fachpreisse entziehen kann. Peter
Rosegger sagt treffend in seinen Bergpredigten: „Wer
gute Geschäfte machen will, inseriere fleißig und halte
auf gute Ware“.

Die moderue Reklame, in der die Graphik zu ihrern
Rechte kommt, und in der man dem Bilde einen mehr
oder weniger bescheidenen Platz einräumt, wird in
Zukunft ein unentbehrlicher F’aktor sein zur Förderung
von Handel, Gewerbe und Industrie.

Der jange DCiüet?

Oon Anton Reicbct = LÜicn

Han s T i e t z e und E. T i e t z e - Co n r a t, „Der j un g e
D ii r e r“. Verzeichnis der Werke bis zur venezianischen
Reise im Jahre 1505. Benno Filse r-Verlag, Augs-
burg, 1928. 447 Seiten Text, 587 Abbildungen.

Seit M. Thansins; (1884) erstmalis; Dürers Gesohichte seines
Lebens und seiner Kunst zusammentassend darstellte, s;ewann die
Dürerforschung eine ständig sich vertiefende Bedeutung, die wohl
nicht allein aus dem wissenschaftlichen Drange nach Erkenntnis
allein zu erklären ist, sondern ein Spiegelbiid der Wandlung dar-
stellt, die das Geistesleben der Gegenwart kennzeichnet. Der weit-
gesteckte Horizont Dürerscher Kunst gibt Raum, den großen Nürn-
berger Meister für klassische wie romantische Strömiungen als gei-
stigen Ahnherrn zu reklamieren, und selbst die betonte Sac'hlich-
keit neuester Prägung findet wohl kaum bei einem anderen deut-
schen Künstler der Vergangenheit eine so gefestigte Bestätigung.
So entstand eine Dürer-Literatur von einem Umfange, die in der
neueren Kunst vielleicht nur in dem Schrifttum, das durch Goethe
oder Richard Wagner angeregt wurde, eine Parallele hat. Schal-
ten wir die Flut von volktümlichen Arbeiten, die — vielfach zum
Gedächtnis des vor 400 Jahren erfolgten Todes des Meisters —
erschienen sind, aus, so lassen die wissenschaftlichen
Arbeiten deutlich zwei Typen erkennen. Die eine sucht ein Bild
von Dürer als Künstler und Mensch zu geben, ohne erschöpfend auf
alle Details seines übergroßen Lebenswerkes einzugehen. H. Wölff-
lins Kunst A. Dürers gehört hierher, der darin bis heute unüber-
troffen die geistige Gestalt des Künstlers umrissen hat. Der zwei-
ten Gruppe kann man jene Arbeiten zuweisen, die in zielbewußter
Kleinarbeit das Oeuvre Dürers festzulegen verisuchen. Die Klar-
stellung des „jungen Dürer“ nimmt innerhalb dieser Gruppe einen
besonderen, heiß umstrittenen Raum ein. Wie hart die Meinungen
ernster Forscher über die Echtheit einzelner Blätter aufeinander-
platzten, möge aus einem Beispiel erheMen: Thansing sagt z. B.
von Zeichnungen Dürers sie seien „das Papier nicht wert, auf
welches ihre Faksimile gedruckt wurden“, während Juste von den-

selben meint, „sie geliören zu dem Genialsten, was Dürer gemacht
hat“!

Eine polare Einstellung — der deutschen Mentalität besonders
eigentümlich —, die fast verzweifeln läßt, daß man sich, obwohl
aMe Haüptfragen über Dürers Persönlichkeit im Großen festgelegt
sind, über Details je wird einigen ivermögen,

Aucli das vorMegende Buch scheint dem Ref. die oben an-
gedeutete polare Einstellung in ihrer betonten GegenübersteHung
zu Winkler und W. K u r t h , die im Schatten der Autorität
Friedländers das Werk Dürers mögMchst weit zu fassen
suchen, im Bereiche der modernsten Dürerforschung zu verewigen,
wenn auch die Verfasser in ihrern Vorwort sich der Hoffnung hin-
gcben, daß aus dem Ineinanderwalten verschieden gerichte-
ter Kräfte allein die Annäherung an die Wahrheit erfolgen könne,
die das Ziel aller Wissenschaft sei.

Der Umfang der weitverzweigten, oft an schwer zugänglicher
Stelle verstreuten Diirer-Literatur brachte es mit sich, daß der
Forscher, Kunstfreund und Sammler, der über diese Materie arbei-
tete, kaum mehr in der Lage war sich so ohne weiteres ein Bild
über die Forschungsergebnisse zu maclien. Die Beherrschung der
Dürer-Liiteratur wurde geradezu eine Wissenschaft für sich. Die
Zusammenfassung des Oeuvres Dürers — mit Ausschluß der Hand-
zeichnungen — durch Välentin Scherer (Klassiker der Kunst) gab
einen vorläufigen Ueberblick über das einigermaßen Gesicherte.
Das Buch wurde zum unentbehrlichen Behelf von Forschern und
Sammlern. So sehr diese Arbeit im weitesten Sitine einem Bedürf-
nis entsprang, ließ es doeh erst recht fühlbar werden, was noch
fehlte. So mag der Plan, ein Kompendium der Handzeichnungen
Diirers in chronologischer Folge mit Heranziehung der gesamten
zugehörigen Literatur zu verfassen, auch anderweitig schon auf-
getaucht sein.

Das unbestrittene Verdienst der beiden beiden Autoren vor-
liegenden Buches ist es, diese Idee aufgegriffen und gleichzeitig
auf eine neue Basis gehoben zu haben: Ein Kompendium, das in

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