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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Märzheft
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Glenk, Ludwig: Fürst Johann II. von Liechtenstein
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Bogeng, Gustav A. E.: Betrachtungen aus der Bibliophilen-Perspektive
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Künstlerische Lichtreklame / Neue Kunstbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0338

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werden — so könnte man sagen: sie sind Erzeugnisise eines retro-
spektiven Journalismus. Die Klassiker des Journaiismus bezeugen,
daß er eine eigenwertige Literaturgattung ist. Kan mann iihre
Methode, ihren Stil, den der Tageschriftstellerei, jedoch auch histo-
risch universal verwenden, kann die Redaktion den Reporter auch
in die Vergangenheit schicken, kann man einen gesohichtlichen
Schauplatz ebenso berichtigen wie irgend eine aktuelle Lokalität?
Das ist nicht zu diskutieren, das ist zu erweisen. Die große Bio-
graphie im Reporterstil ist noch nicht geschrieben. Sie wird wohl
immer in den Richtungen deis Romans oder der historischen Szenen
verlaufen, die geschichtiichen Persönlichkeiten nur im Hintergrunde
zeigen. Oder den Begriff einer Persönlichkeit realisieren, etwa so,
wie es. G. S. V i e r e c k und P. E 1 d r i d g e iin ihrer A u t o b i o -
g r a p hi e d e s ewijen Juden (Deutsch von G u s t a v
Meyrink, Paul List, Leipzig, 1928) tun. Die Konzep-
tion dieses amerikanischen Romans, der Gedanke, den ewigen Juden
nicht als eine unsterbliche Ruine durch die Jahrtausende wandern
zu lassen, sondern ihn körperlich immer von neuem zu verjüngen,
ihn den Lebenswilien einer Generation nach der .anderen teilen
zu lassen, ist gigantischer als die Ausführung geworden ist. Nur
ein neuer Weltdichter könnte diesen Stoff bewältigen. Der Fluch
des ewigen Juden ist e.s nieht, daß er körperhaft bis ans Ende der
Tage keine Ruhe findet, sein Fluch ist es, daß in diesem Körper
eine erstorbene Seele ruht. Die Lösung des poetischen Ahasver-
Problems hängt nicht davon ab, daß sich der ewige Jude Zeit-
masken vor sein Antlitz bindet, sie soli zur Gleichung werden zwi-
schen dem Denken und Fiihlen des Mannes, der seinen Geist seit
Jesu Zeiten nicht mehr veränderte und dem Denken und Fühlen
der von dcm Verfluchten körperlich weiter gelebten Zeiten. Könnte
Ahasver die Last seines seelischen Todes oder doch die des Grei-
sen, der die Jugend nicht mehr hört und sieht und versteht, von
sich werfen, dann würde der Ewige ein brauchbarstes Beispiel
sein, um die biographischen Muster der Lebenstechnik an ihm zu
demonstrieren. Der literarische Biograph brauoht ein reichhaltiges
Leben, Wirken und Wirkungen, um einen Stoff zu gestalten. Die
glänzende Arbeit von Valeriu Marcu, Das großc
Kommando Scharnhorsts. Die Geburt einer
Militärmacht in Europa. Leipzig, List, 1928,
l.iefert vortrcffliehe Rahmungen einer Scharnhorst-Biographie. Sie
sollte wohi lursprünglich eiine Lebensbeschreibung von Ciausewitz
werden, die nicht nur ihrer Stoffarmut wegen, sondern weil ihr das
Moment der Aktivität fehlt, aufgegeben wurde. Das Bestreben,
eine reine Biographiie zu ciner allgemeingiiltigen Geistesgeschichte
auszugestalten, wird letzten Endes immer daran scheitern, daß der
Einzelne sich iiberlebt. Der alte Goethe hat den jungen Goethe
beschrieben, er hätte die Geschichte seines Lebens gewiß nicht mit
einer Darstellung der Uebergänge von der Klassik zur Romantik
beendet. Merkwürdig gering bleibt, trotz aller Nichtachtung der
historiischen Rumpelkammern, das Interesse an dem Leben der Zeit-
genossen, es seien denn gerade die Erfinder und Kaufherren, die
sich als „Schwerverdiener“ erwiesen haben. Auf eine für die
Geistesgeschichte unseres Zeitalters höchst aufschlußreiche, aus-
gezeichnet von Martin Biiler bearbeitete Urkundensammlung
sei kurz verwie.sen. (Gustav Landauer, Sein Leben
in Briefen. Rühen & Coening, Fra-nkfurt a. M.,
1929.) Der Name des Briefschreibers ist vielen lediglich durch
seinen schlimmen Tod bekannt geworden, er verdiente besser ge-
kannt zu sein. Das Ringen mit den geistigen Lebensnöten unruhe-

Die Neue Hatnburger Zeitung schreibt: „Der Kunst-
wanclercr“ hat sich zur führenden Sammler-
zeitschrift gemacht . . .

E. ADEiSBERGER

WIESBADEN / Soheffelstpaße 9

Gemälde u. AuÄiuuIÄiif«;«

voller Zeitstimmungen verdeutlicht sich iiberaus anschaulich in
diesem Briefbuch, welches an nicht wenigen Stellen ein Vorwort
zur deutschen Geschichte seit 1914 skizziert.

Kün{Heei{et)e Ücbtt?ek{ame.

Bekannntlich sind die Lichtreklameanlagen in den großen
amerikanlschen Avenues und auf den Pariser Boulevards von be-
deutend größerem Ausmaß und größerer Gedrängtheit als die in
den Straßen der großen Städte Deutschlands. Aber auch auf die-
sem Gebiet nähert sich Deutschland immer mehr den amerika-
nischen Vorbildern. Die Lichtreklame in Berlin erscheint jedoch
viel organisierter und vor allen Dingen ist die Wirkung am Tage
viel günstlger und schöner als in Paris und New York. De Propa-
ganda, die die deutsche Belcuchtungsindustrie mit den Lichtfesten
in allen größeren deutschen Städten veranstaltete, hat mit dazu
beigetragen, die nächtlichen Straßen immer lebend'iger und phan-
tastischer zu gestalten. Ein Aufsatz iiber „Gestaltung der Licht-
reklame in dem neuesten Heft der Zeitschrift „Die Form" (Verlag
Hermann Reckendorf G. m. b. H., Berlin W 35) behandelt voi aden
Dingen die künstlerischen Fragen der Lichtreklame und zeigt, daß
das Licht ein neues Gestaltungsmittel ist, dem noch ungeahnte
Mögiichkeiten offenstehen. Das Abbildungsmaterial zu diesem Auf-
satz ist besonders deshalb interessant, weil hier zum ersten Mal
in einer deutschen Zcitschrift in größerem Ausmaß ausgezeichnete
Aufnahmen von amerikanischer Lichtreklame gezeigt werden.

Jtn gleichen Verlag, in dem die Zeitschrift „Die Form“ er-
scheint (Hermann Reckendorf G. m. b. H„ Berlin W 35) ist vor
kurzem auch das grundlegende Buch für die moderne Lichtgestal-
tung „Licht und Beleuchtung“ von Dr. W. Lotz herausgekommen,
in dcm die grundsätzlichen technischen und künstlerischen Fragen
der Gestaltung der Leuchten, der Innenbeleuchtung, der Außen-
beleuchtung und der Lichtreklame behandelt werden.

Die Zeitschrift „Die Form“, die das Organ des Deutschen
Werkbundes ist, wird auch eine Wanderausstellung, die aus ver-
größerten Photographien von Lichtreklame besteht, zusammen-
stellen, die bereits im März in der von Professor Dr. von Pech-
mann geleiteten Abteilung für Gewerbekunst des Bayerischen
Nationalmuseums gezeigt wird. Diese Ausstellung in München ist
besonders deshalb wichtig, weil der Münchner Bund, der die Mit-
glieder des Deutschen Werkbundes in Münohen zusammenfaßt, einen
Wettbewerb zur Eriangung von Ideen einer künstlerisch und propa-
gandistisch wirksamen Gestaltung der Lichtreklame am Bahnhof, in
der Bayer-, Schützen-, Prielmayer- und Arnulfstraße ausgeschrie-
ben hat.

JHeuc Kunflbücbet?.

Ein vollständiger Oeuvre-Katalog Edouard M a n e t s , der
neben cinem kritischen Verzeichnis der Werke des Künstlers
Abbildungen sämtlicher Gemälde, Pastelle und Aquarelle enthalten
wird, ist seit langem in Vorbereitung. Er wird gemeinsam von den
Verlagen Bruno Cassirer in Berlin und Les Beaux Arts in
Paris herausgegeben werden. Der Verlag Bruno Cassirer ist allen
deutschen Besitzern von Werken Manets fiir näliere Angaben und
Einsendung von Photographien sehr dankbar.

Redaktionsschluß für das 1.12. Aprilheft 28. März. —■ — — Redaktionsschluß für das 1./2. Maiheft 28. April.

Herausgeber und verantwortlicher Leiter: Adolph Donath, Berlin-Schöneberg. — Verlag „Der Kunstwanderer“, G. m. b. H„ Berlin.
Redaktion: Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 107. — Druck: Pflaume & Roth, Berlin SW 68.

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