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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Septemberheft
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Falke, Otto von: Die Porzellansammlung Ostermann
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0041

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Landsohaifteri mit Figuren, Jagdbild'er und Reitergefechte nach
Rugendas oder Wouwermann, gesellige Gruippen im Freien mit
den ersten Entlehnungen aus den Stichen nach Watteau. Alle diese
in ganz virtuoser Miniaturmalerei, polychrom oder einfarbig aus-
geführten Bildchen sind zumeist gerahmt und umzogen von „Gold-
spitzenrändern“, einer dem Meißener Porzellan eigentümlichen und
dem kleinen Format angepaßten Variation des spätbarocken Laub-
und Bandelwerkes. Erst um 1745 treten Muscheln und andere
Rokokomotive an die Stelle der baroeken Rahmungen. Mit diesen
wahrhaft kostbaren Geschirren hat nicht nur die Meißener Deko-
rationskunst, sondern die europäische Porzellanmalerei überhaupt
ihren Höhepunkt erreicht. In der Sammlung v. Ostermann bilden
die Tassen, Kännchen, Kummen dieser Gattung mit nahezu hundert
Stücken, von denen die Hälfte „Fondporzellane“ mit ausgesparten
Bildfeldern auf farbigem Grund sind, eine an Schönheit und Mannig-
faltigkeit kaum zu überbietende Gruppe, dazu die Flakons. Die
Lockerung und Auflösung der Bildeinfassungen im fortschreitenden
Rokoko wird durch zwei zart gemalte Tassen veranschaulicht.

Die Sammlung v. Ostermann hat auch das außerdeutsche euro-
päische Porzellan des 18. Jahrhunderts in ihr Bereich gezogen.
Neben der Masse deutscher Erzeugnisse bilden allerdings die Porzel-
lane aus Frankreich, Italien, England, Belgien, Holland, der Schweiz
nur eine kleine Abteilung; aber diese umfaßt auch das Weich-
porzeüan von Sevres, das als Höchstleistung der Gefäßdekoration
aus der zweiten Häifte des 17. Jahrhundierts den älteren Meißener
Geschirren an die Seite gestellt werden darf. Es sind über 100 Stück
Sevres, die den der päte tendre eigentümlichen Vorzug einer durch
aparte Farben ausgezeichneten Palette, einer glanzvollen Glasur,
die Kunst der ziselierten Vergoldung und den raffinierten Geschmack
der französischen Staatsfabrik im besten Licht zeigen.

Da P. v. Ostermann seiner Sammeltätigkeit sehr viel Zeit wid-
men konnte, ist er gern und mit Erfolg den Seltenheiten und Merk-
würdigkeiten, namentlich des süddeutschen Porzelians, nachgegan-
gen. Die Früchte zeigen sich ;in der bemerkenswerten Abteilung
der Hausmalerarbeiten, von denen eine Auswahl zu sehen ist, und
daran anschließend die zuweilen auch als Hausmalerei angesehenen
Frühwerke der Wiener Fabrik von Du Paquier, darunter als Uni-
kum die Figur einer Chimäre. Die „seltenen“ Fabriken Kassel,
Baden, Ottweiler, Pfalz-Zweib.rücken sind mit einigen signierten
Stücken. die hessische Fabrik von Kelsterbach mit einer ansehn-
lichen Reihe von Figuren vertreten. Die Fabrik von Fulda, die
wegen ihres kurzen Bestehens auch zu den seltenen zählt, hat eine
sehr stattliche Zahl von Tassen und Figuren beigetragen und als
ein Hauptstück seiner Plastik die beiden wundervoll modellierten
Sphinxen, die als Unica gelten. Die figürliche Plastik, die irn Kata-
log bei jede.r Manufaktur den Geschirren vorangestellt ist, hat trotz
der bescheidenen Zahl doch manche hervorragende Stücke aufzu-
weisen: den auf einem Barockfauteuil thronenden König von Kaend-
ler, der nach dem mit Fleurs di Lis geschmückten Mantel wohl nur
einen französischen Monarchen d'arstellen kann; die sitzende Wiener
Dame, die zu den sockellos modellierten Figuren aus den ersten
Jahren der kaiiserlichen Fabrik gehört; das üppig bemalte Chinesen-
paar von Ludwigsburg; die Serie von zwölf Putten Franz Bustellis.
Johann Peter Melchior steht mit etwa sechzig Höchster Figuren,
damnter manche Stücke bester Klasse, an erster Stelle; dazu
kommen noch seine Porträtmedaillons aus Biskuitporzellan von
Höchst, Frankenthai und Nymphenburg und die schönen relief-
geschmückten Vasen.

Da die Stückzahl der Porzellansammlung v. Ostermann in das
dritte Tausend hineinreicht, erschien es zweckmäßig, sie in zwei
Auktionsbestände zu zerlegen, von denen der zweite in München
zur Versteigerung kommen wird. Entsprechend der Entstehung der
Sammlung in Darmstadt und München sind die Geschirre aus den
süddeutschen Fabriken Höchst, Nymphenburg, Frankenthal beson-
ders. zahlreich; und da sich darunter viele Serien gleichartiger oder
ähnlicher Stücke befinden, konnte das Material für die Miinchner
Auktion vorwiegend aus diesen ifür den süddemtschen Markt wich-
tigen Abteilungen gewählt werden.

Für die Mitarbeit an der Katalogisierung bin ich Fräulein Lene
'■'trauß in München zu aufrichtigem Dank verpflichtet.

0 11 o v. F a 1 k e.

FRITZSCHE

CHINA

Keramiken / Porzel/ane / Teppiche
Kleinkunst etc.

BERLIN W 8, WILHELMSTRASSE 49
TELEFON: ZENTRUM JJ89

fKunst* und OMntiguitäienßandiung

<IR. ofafomon

Qegründet 1834

Onftaber: GugenSafomon

beeidigter Sachverständiger bei dem jVmtsgericht T)resden

Ce/ephon: 14222 DresdeTl, cfcßfößstr. 26 Ce/ephon: 14 222

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