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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Oktoberheft
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Corwegh, Robert: Das Rätsel der Niccolo da Uzzano-Büste von Donatello
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0074

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das Register der Lucasgilde eingetragen wurde und 1412
einen St. Nicolaus über der Tür des Hosp'itals von
S. Matteo malte) in der Via de Bardi, auf Grundstücken
aus der Erbschaft sedner Mutter, hatte erbauen lassen, in
den Besitz der Familie Capponi iiber. Bei den Erben
des Jacopo Capponi sah noch Vasari eine Tafel aus

Marmor mit der Madonna in Halbrelief von Donatello,
erwähnt aber die Büste des Niccolo nicht. Auch diiese
'i'afel könnte durch Erbschaft an die Familie Capponi
gelangt sein, denn die Beziehungen zwischen Donatello
und Uzzano müssen spätestens in den zwanziger Jahren
des 15. Jahrhunderts begonnen haben. Am 25. Dezem-
ber 1419 starb der ehemalige Papst Johann XXIll.,
Baldassare Cossa, den das Konstanzer Conzil abgesetzt,
und den nach einem Fußfall der Papst Martin V. als Kar-
dinal wieder rehabilitiert hatte. Zum Testamentsvoll-
strecker wurde neben Giovanni di Bicci de’Medidi, Vieri
Guadagni, Bartolommeo Valori auch Uzzano ernannt.
So hat auch er die Bestellung des Grabmals für den che-
maligen Papst an Donatello übergeben. Donatello hat
dieses Grabmal für das Baptisterium zu Florenz erst um
1426 gemeinsam mit Michelozzo und Pagno di Lapo
Portigiani ausgeführt, erhielt aber den Auftrag späte-
stens 1420. Es ist daher der Schluß nicht zu kühn, daß
Niccolo de Uzzano, der zu den bekanntesten und bedeu-
tendsten Staatsmännern gehörte und ein geachteter Geg-
ner der Medici war, schon früher den Donatdlo gekannt
hat und vielleicht kurz vor dem Tode des Baldassare
Cossa dem Künstler Modell gesessen hat. Damals war
Uzzano gegen 60 Jahre alt, was mit dem Alter des in der
Büste Dargestellten stimmen dürfte. In dieser Ansicht
werde ich bestärkt durch eine farbige Tonbüste mit gut-
erhaltener Bemalung in Privatbesitz. Ilieses Werk zeigt
die gleichen Züge wie die Bargello-Büste, nur unverletzt
durch neue Übermalung. Vor ihr wird die Vermutung an
ein Werk nach einer Totenmaske ganz hinfällig. Dieses
Meisterwerk, das von keiner anderen Hand als der

Donatellos und aus keiner anderen Zeit als dem Anfang
des 15. Jahrhunderts stammen kann, wurde vor über
25 Jahren in Florenz erworben. Es ist im Keller eines
alten Hauses in der Nähe des Pal. Capponi gefunden
worden. Die Kiste, die den Kopf enthielt, war in dem
tiefen Sandboden des Kellers vergraben und wurde
durch einen Zufall entdeckt. Diesen Kopf, dessen tief
ergreifende Wirkung auch Wilhelm Bode rühmt, kann
nur nach dem Leben modelliert sein. Hier fehlt jede
Spur der Berechtigung an eine Totenmaske zu denken.
Aber auch dieser Kopf besitzt die schweren Augenlider
(begreiflich, da Uzzano einmal gefoltert worden war)
und die Spannung der Ztige und den beobachtenden
Blick, als lauschte er der Rede eines Gegners. Die
schweren Augenlider bedecken auch hier einen Teil des
Augapfels, wenn zvvar die Augen mit weniger „Müdig-
keit der Seele“ als mit streng prüfendem und wägendem
Blick uns anschauen. Vor diesem Kopf fällt jede Ver-
mutung an Cicero oder an einen Heiligen, die Schubring
bei der Bargello-Büste wegen des Bohrlochs am Hinter-
kopf annahm. Dieser Kopf, ein Meisterwerk der
Menschenschilderung, muß nach einem lebenden und be-
deutenden Zeitgenossen des Künstlers geschaffen sein.
Wenn sich durch Jahrhunderte die Ueberlieferung als
Niccolo da Uzzano für die Bargello-Büste gehalten hat.

und die Zweifel an dieser Zuschreibung ihre Berechti-
gung nur dar'in zu finden glaubten, weil man die Büste
nicht richtig datieren konnte, der Tonkopf tilgt die
Zweifel; denn dieses Werk ist nach dem Leben model-
liert und stimmt an Lebensalter gut mit der Zeit, da
Donatello und Uzzano zusammengetroffen sein müssen.

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