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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

DOI Heft:
1./2. Novemberheft
DOI Artikel:
Grautoff, Otto: Neu aufgefundene Werke von Nicolas Poussin
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0111

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,,i'l y a quelque desordre dans le recit de Chantelou“,
Poussims Freund und Gönner, vornehmlich in der Auf-
zählung und Beschreibung der vier Bacchanale, die
Pouss'in für Richelieu gemalt hat, zu denen der Triumpli
der Galathea, gehören muß. Jamot selbst besitzt eines
dieser Bacchanale, das auch in zwei Exemplaren bekannt
ist. Wenn aber vom Triumph des Pan zwei eigenhän-
dige, heute nicht mehr bestrittene Exemplare anerkannt
werden, warum solltte Pous'sin niclit auch den Triumph
der Galathea zweimal gemalt haben? Die Provenienz
des Leningrader Exemplars ist bekannt, das Ehrhardt-
sche stammt aus altem Besitz des englischen Uradels.
An Kllärheit und Tonschönheit ist die Berliner Replik

zweifelhaft poussinesk. Die Zeichnung der Gesicliter,
die Bewegungen der Körper, ihre Gesten, die Spreizung
der Hände, die Zeichnung der Ohren und Nasen — alles
das ist typisch für die Zeit des Meisters nach seiner
Rückkehr aus Paris. Auch dieses Bild ist ein Fund von
Bedeutung.

Vom „Triumph des David“ in Madrid, dessen
Authent'izität von allen Seiten anerkannt ist (Grautoffs
Katalog Nr. 9) sind inzwischen zwei neue Exemplare
bekannt geworden, die inhaltlich mit dem bekannten
Origiinal übereinstimmen. Die eine befindet sich im
Pariser Kunsthandel und ist ein ganz klein wenig k'lei-
ner als das Bild in Madrid (96!4 X 1,27). Sie wider-

dem russischen Original überlegen. Infolgedessen kann
an der Autorschaft Poussins nicht gezweifelt werden.

Anders liegt es bei der Variation der Ehebrecherin,
die Ehrhardt ebenfalls aus altenglischem Besitz erwarb.
Dieses Bild ist keine Wiederholung des Louvrebiides,
sondern eine neue Behandlung des gleichen Themas.
Diese zwei Fassungen stammen nicht aus der gleichen
glücklichen Zeit der Bacchanale, sondern aus dem Be-
ginn der fünfziger Jahre, als Poussin selbst zeichne-
risclier arbeitete. Das Louvrebild mißt 1,22 X 1,95, das
Ehrhardtsche 1,24 X 1,72. Das Pariser Gemäldc ist
nüchtern, kalt und hart und entstammt jener unerfreu-
lichen Periode, die Poussin in den Ruf eines Akade-
mikers gebracht hat. Die Fassung bei Ehrhardt ist
lockerer komponiert, nicht so starr im Ausdruck der Ge-
sichter, weicher und wärmer in den Farben. Der
Gesamtton spricht für Poussin. Der Farbenklang ist un-

spricht vor allem im Gesichtsschnitt, in der Art wie
Lippen und Nasen gegeben sind, der Art Poussins. Es
wird sich hier um eine alte Kopie handeln. Das andere
Exemplar befindet sich im Besitz der Gräfin Pia
Fürstenberg Herdringen und mißt 92 X 1,28. Wilhelm
von Bode hält dieses Bild für eine Kopie, während ein
Restaurator, der Poussinsche Bilder restauriert hat, sich
für Poussin ausgesprochen hat. Das Bild hat eine selten
lückenlose Geschichte. Es stammt aus dem Nachlaß
des Freiherrn von Fürstenberg, welcher als Domprobst
zu Ende des 17. Jahrhunderts starb. Er lebte größten-
teils in Rom und sammelte dort Bilder und andere Kunst-
gegenstände, die er seinem Neffen und Stammhalter in
Herdringen vermachte. Im dortigen Archiv findet sich
eine Notiz von seiner Hand: „Nota per de Signore Ferdi-
nando Voot pittore. Roma 23. Aug. 1666.“ Es folgt
dann von anderer Hand (!) eine Liste von 11 Gemälden

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