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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

DOI Heft:
1./2. Novemberheft
DOI Artikel:
Grautoff, Otto: Neu aufgefundene Werke von Nicolas Poussin
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0112

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und die Preise dafür — zusammen 521 Scudi — worun-
ter an sechster Stelle u. a. genannt wird: „II David di
Monsignore C a s a n a 11 a“, der offenbar der Vor-
besitzer des Bildes war.

Wahrscheinlich hat F. Voet, der seineti Qönner
porträtiert hat, Bilder für den Flirsten gekauft oder
kopiert; jedenfalls spricht diese Notiz nicht ohne wei-
teres für eine eigenhändige Arbeit Poussins. Aber es
ist hoch interessant durch dieses Dokument zu erfahren,
daß selbst Jugendwerke Poussins schon damals begehrt
und kopiert wurden. Daß Poussin selbst in späterer

Exemplar sah ich vor Jahren unter Poussins Namen bei
einem Antiquar in Lyon. Daß Poussin Sacchis Motiv
ohne jede Aenderung wiederholt hat, ist ausgeschlossen.
Daß er Sacchis Bild kopiert hat, wäre im Hinblick auf
seine Verehrung für den Italiener denkbar, wenn aucli
nicht gerade wahrscheinlich. Jedenfalls kommt das Bild
in Herdringen nicht als Origina! von Poussin in
Betracht.

Unsere Kenntnis vom Lebenswerk Poussins weist
noch große Lücken auf. Es fehlen noch eine ganze Reihe
von BiWern, von denen die Quellen zeugen, die aber

Zeit seine eigenen Jugendarbeiten ohne jede Aenderung
kopiert haben soll, ist nicht anzunehmen.

Ganz anders liegt das Problem bei den Bacchanalen.
Damals stand Poussin auf der Höhe seines Schaffens und
war ein sehr umworbener Künstler. Daß er die Baccha-
nale zweimal gema'lt hat, ist begreiflich, zumal die
Ouellen in diesem Punkt etwas undurchsichtig sind.

In der gleichen Sammlung findet sich ein Bild
„Hagar in der Wüste“ (66V2 X 86), das mit dem Bilde
von Sacchi in der Galerie Barberini Nr. 133 überein-
stimrnt (abgebildet in Posses Sacchi-Biographie). Eine
Wiederholung hängt in der Eremitage. Ein drittes

immer noch als verschollen gelten müssen. Infolge-
dessen horcht man jedesmal gespannt auf, wenn man
von einein neu entdeckten Werk hört. Meistens folgt
der ersten Freude bald die Enttäuschung. Der Galerie
Ehrhardt in Berlin ist es jedenfalls gelungen, zwei be-
deutende Werke von Rang aus englischem Besitz an die
Oeffentlichkeit zu ziehen, wie es vor Jahren Goldschmidt
und Wallerstcin gelang, „,die schlafende Venus“ — eberi-
falls ein Hauptwerk des Meisters — das auch hier be-
sprochen wurde, aus England zu erwerben.

Jenes Bacchanal ist inzwischen nach Amerika ver-
kauft worden.

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