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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

DOI issue:
1. 2. Dezemberheft
DOI article:
Fuchs, Ludwig F.: Johann Kunckels Erfindung des Goldrubins
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0163

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Die Vorstellung ist die, daß die Principia des Gol-
des in aufgeschlossener Form im Glase enthalten sind
und dem Getränke, das daraus genossen wird, ihre wun-
dertätige Wirkung mitteilen.

Eine ganze Reihe von Umständen erklären sich aus
dieser Vorsteliung und bestätigen unsere Beweis-
führung.

Zunächst das sichtbare Bestreben, den Gefäßen
aus Goldrubin eine besondere, köstliche Form und Zier
zu geben. In der Tat weichen die Formen z. Zt.
Kunckels, aber aucli bis in das 18. Jahrhundert hinein
von allen anderen Gläserformen ab. Besonders inter-

Vermutung nahc, daß möglichst vielerlei Getränken,
Essencen etc. die wunderbare Wirkung verliehen wer-
den sollte?

Auch das Ansinnen der Königin Christine von
Schweden an den Kurfürsten Friedrich Wilhelm, ihr
Kunckel auf einige Monate nach Rom zu senden, kann
in dieser Richtung aufgefaßt werden. Es ist niclit an-
zunehmen, daß die gelehrte Fürstin nur wegen der Fier-
stellung eines neuen roten Glases sich für Kunckel
interessiert hätte.

Zum Dritten haben nur die besten Glasschneider
Berlins sich mit dem Rubinglase befaßt. Und es ist mit

Die Rubingläser der Kunst- und Altertümer-Sammlung der Veste Coburg

Von Herzog Alfred meist in'England zusammengebracht und 1901 der Sammlung iiberwiesen. Bis auf ei-n-
zelne Ausnahmen dem 17. Jahrhundert angehörig. Höhe der großen Flaschen annähernd 40 cm.
Sämtliche Gläser dieser Kollektion, vielleicht mit Ausnahme einiger kleinerer Stücke, sind süddeutsch.

essant sind in diesem Zusammenhang die schönen zylin-
drischen Flaschen mit Silberverschluß, die jedenfalls
zur Aufbewahrung des Weins oder des destillierten
Kräuterwassers gedient haben und diesen mit der Zeit
eine immer kräftiger werdende Wirkung verleihen
sollten.

Robert Schmidt (a. a. O.) weist aucli schon auf die
mannigfaltigen und von denen des farblosen Glases ab-
weichenden Formen der Rubingläser hin und erwähnt
die Pokale (der Kurfürst von Köln ließ sich als erster
einen ganz wunderlichen von 24 Pfund Gewicht
machen), Becher, Tassen, Kannen, Flenkelkrüge,
Flacons, Flaschen, Zuckerdosen und Schalen die aus
diesem Materiale gefertigt wurden. Liegt da nicht die

Bestimmtheit anzunehmen, daß die schlecht geschnitte-
nen Stücke, die auch meist in der Farbe nicht gut sind,
andere Herkunft haben. Wahrscheinlich stammen sie
aus Schlackewert, wo der Fürst von Sachsen-Lauen-
burg einen Ueberläufer Kunckels beschäftigte, oder aus
Bayreuth, wo man ebenfalls einen abtrünnigen Gehilfen
Kunckels aufgenommen hatte. „Er liabe den Rubin-
fluss“, sagt Kunckel, „so liederlich verkrämert, dass es
eine Schande.“

An der Spitze der Rubinglasschneider steht Gott-
fried Spiller, wohl einer der besten Glasschneider über-
haupt. Robert Schmidt (a. a. O.) sagt: „Die Rubin-
gläser der frülien Zeit sind mit Ausnahme der schon
besprochenen, von Spiller geschnittenen Stücke, fast

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