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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1. 2. Dezemberheft
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Otten, Karl; Faistauer, Anton: Anton Faistauer: zu seiner Berliner Ausstellung in der Kunsthandlung Hartberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0166

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der Generationen, die der begrüßt, der an sie glaubt.
Und den erweckt, der die ahnend birgt in seiner tiefsten
Nacht.

Wir sind leider sehr arrn an Malern dieser seeli-
schen Urkräfte. Es fehlt unseren Künstlern an der An-
schaulichkeit, an der Ueberzeugungskraft, die mehr gibt
als das bloße Abbild. Die Identität zwischen Mensch
und Bild, die starke, erkennende, klärende Kraft fehlt
uns und ihnen.

Das Werk Faistauers umfaßt kraft seiner univer-
sellen Einseitigkeit und Reife alle Arten der Natur. Es

Dinge und Landschaften, aber auf dem Altar lodert es
von Schmerz, da schreit die Gebärde und Erstarrung,
befällt die gewundenen Leiber.

Flerrlich aber in ihrer schweren Pracht und Ge-
lassenheit leuchten Faistauers Farben. Diese Bilder
verzichten ja schließlich auf alles Mathematische und
Theoretische. Sie sind zum Platzen gefüllt in ihrer
leuchtenden Abstimmung, Klänge aus konzentriertestem
Blau und Goldocker überwinden alle Müdigkeit, Unlust
und Phlegma aucli des Kunstfremdesten.

Und ich glaube hier den Schlüssel zu ihrer Wir-

Anton Faistauer, Fresken für das Festspielhaus in Salzburg

gibt da Landschaften und Stilleben, Porträts und Altäre
und Fresken. In der unwandelbaren Schärfe komposi-
tioneller, man wäre versucht zu sagen psychologischer
Folgerichtigkeit erkennt der Kundige den absolut heu-
tigen Menschen, der die starken eisernen Gesetze der
Moderne, wie immer sie auch genannt werden mögen,
durchaus begriffen und in sich, in seinen Stil verarbeitet
hat. Er arbeitet mit Ueberschneidungen und einer be-
stimmten Art der Linienbannung seiner Objekte, festen
Grenzen, die Tiefe, Raum, Spiel der Kräfte, Symmetrie
und vor allem Zauber der Realität schaffen. Flier ist die
Wirklichkeit selbst in der scheinbar unkompliziertesten
Anordnung, die in Wahrheit raffiniert vereinfacht auf-
tritt als Resultat nach zahllosen Experimenten, das reine
Erlebnis. Und dieses Erlebnis ist keineswegs gebrech-
lich. Es lärmt nicht, eine schwere Süße weht um alle

kung gefunden zu haben. Faistauers Bilder leuchten ein,
leuchten in die Finsertnis, wo Zahlen und Preislisten
schreien. Sie beruhigen, ein Göttliches weht den
Betrachter an und er vermag zu erkennen, daß jemand
etwas zu sagen hat. Er stammelt nicht, er kommt uns
nicht spanisch oder französisch, sondern ganz einfach
europäisch. Mit der großen Verantwortung an maleri-
scher Kultur und Vergangenheit, die Namen wie
Delacroix, Cezanne, van Gogh birgt. Faistauer kennt
ilire Technik. Er hat sie studiert wie Manet die Hollän-
der. Und seine Eleganz, sein Feuer, der ideale Schwung
seiner Komposition, und zugleich das durchaus Ehrliche
und Einfache wird ihn als ersten Maler seit vielen Jahr-
zehnten auch jenseits des Rheins berühmt machen. Was
er verdient, was er erreichen wird. Denn er ist ein
Arbeiter.

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