Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

DOI Heft:
1./2. Januarheft
DOI Artikel:
Martin, Wilhelm: Die holländische Ausstellung in London, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0206

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Familienbildnis bei Lord Boyne), 28 von .Jan Steen,
13 von Pieter de Hooch, 12 von Van Goyen, 10 je von
Vermeer van Delft, Jan van de Capelle, Maes und de
Witte, 9 je von A. Cuyp und Hobbema, 8 von Metsu,
5 von A. v. Ostade, von dem ferner eine große Anzahl
herrlicher Zeichnungen zu sehen ist. Ferner ist Her-
cules Seghers mit dem Hauptbild aus den Uffizien und
dem Bildchen der Sammlung v. Kühlmann-Berlin ver-
treten. Von den großen, aber nicht allergrößten Mei-
stern sind nur verhältnismäßig wenige Bilder ausge-
stellt (von W. v. d. Velde drei, Wouwerman eins usw.).
Auch sind ziemlich wenige Stilleben anwesend.

Die Bilder kommen tatsächlich aus aller Welt: viele
aus hoiländischen Museen, sehr viele aus engiischem
Privatbesitz (5 vom König von England, nämlich Bilder
von Vermeer, de Hooch, Steen, Rembrandt, Terborch),
aus Irland, Däncmark, Schweden, Finnland, Deutsch-
land, der Schweiz Belgien, Paris (Louvre und Samm-
lung Schneider), Italien (Uffizien, Galerie Doria, Staatl.
Galerie Rom), und sogar Rumänien (der Rembrandt des
Königs von Rumänien). Aus Amerika ist eine Reihe
von Bildern eingetroffen aus verschiedenen großen
Privatsammlungen, durch die Freundlichkeit des Sir
joseph Duveen, welcher alle Kosten selbst zahlte!
Auch durch liebenswürdige Vermittlung der Firma Böh-
ler in München wurde aus amerikanischem Besitz ge-
schickt.

Ein Jahr lang haben ein englischer und ein liollän-
discher Ausschuß an der Vorbereitung gearbeitet. Ein
von Dr. H. Schneider vom Mauritshuis, Haag, bearbci-
teter Katalog mit Vorwort von Sir Robert Witt liegt
vor, sowie ein illustriertes Album.

Im Ganzen sind etwa 400 Bilder, 100 Handzeich-
nungen, 100 Radierungen, 50 Stück Silber (u. a. das
Silber der Stadt Amsterdam), 50 Stück Delftcr Aarde-
werk ausgestellt.

Die Ausstellung macht einen wahrhaft fabelhaften
Eindruck. Nicmals waren so viele Bilder des Delfter
Vermeer und Pieter de Hooch, und so viele von Frans
Hals zusammen ausgestcllt, und auch Meister wie z. B.
Philips Koninck (der mit 3 Bildern, unter diesen die
prächtigen Panoramen der Sammlungen Mensing und
des Earl of Crawford, vertreten ist) und Jan van Scorel
(von diesem nicht weniger als 11 Bilder, unter ihnen die
herrliche Agatha van Schvonhoven aus Rom) kanti man
hier in ihrer wahren Bedeutung genießen wie niemals
zuvor.

Man kann wahrlich ohne jegliche Uebertreibung
sagen, daß diese Ausstellung etwas noch nie Dagewese-
nes ist. Im Folgenden soll sie kurz charakterisiert
werden, während ein zweiter Aufsatz kritische Bemer-
kungen bringen wird.

Der erste der Räume, deren Anordnung von
Schmidt, Degner und Martin mit Hilfe von Hannema
und Jonkher D. C. Roell getroffen wurde, umfaßt das
15. und 16. Jahrhundert mit Werken von Geertgen. dem
Virgo-Meister, Engelbrechtsen, Lucas v. Leyden, Jacob
Cornelisz, van Oortsanen, H. Bosch, Jan van Scorel

usw. Das gartze macht einen freudigen, koloristisch
raffinierten Eindruck. Namentlich den Virgo-Meister
und Scorel kann man treff'.ich studieren. Der zweite
Raum ist dem Frans Hals und dem Anfange des 17.
Jahrhunderts gewidmet: das Bild von Buytewech aus
Budapest, Bildnisse von Cornelis Ketel, Elias usw.,
schöne frühe Hals-Bilder aus dem Reichsmuseum, dem
Museum in G asgow (2 Kinderköpfe) und englischem
und amerikanischem Privatbesitz, Bilder von Seghers
(Uffizien und Sammlung v. Kühlmann), Saenredam, Jan
van Goyen usw.

Links davon ist der sogenannte Siid-Raum den
Zeichnungen von Holländern des 15. bis 17. Jahrhun-
derts gewidmet, wobei namentlich Hendrik Avercamp
(Zeichnungen aus Wiudsor), Rembrandt und dessen
Schule, sowie Adriaen van Ostade betont sind. Kaum
jemals bot sich eine Gelegenheit, sich besser über die
Zeichnungen Rembrandts und seiner Schule klar zu
werden. Auch das gesamte radierte Oeuvre des Her-
cules Seghers ist hier ausgestellt. Ein kleiner Neben-
raum zeigt eine herrliche Auswahl von Rembrandt-
Radierungen. Diese beiden Räume sind von Campbell
Dodgson, Hind, Hannema (Direktor des Boymans-
Museums) und dem bekannten Sammler von Rem-
brandt-Radierungen J. de Bruger, eingerichtet. Die
Aufstellung ist zugleich lehrreich wie außergewöhnlich
geschmackvoll wegen der wundervollen Umrahmung
mancher Zeichnungen. Man findet hier das Beste aus
zahlreichen europäischen öffentlichen Kupferstichsamm-
lungen (auch Berlin) und Privat-Sammlungen. Zurück-
gehend durch den Hals-Raum betritt man jetzt den
größten Ausstellungsraum der Royal Academy, an
desseirHauptwand in der Mitte Rembrandts Judenbraut
aus dem Amsterdamer Reichsmuseum die Glanzzeit des
Meisters repräsentiert, zusammen mit herrlichen Bild-
nissen (Hendrickje, Titus, Rembrandts Bruder usw.),
während zwei große Bildnisse aus der ersten Amster-
damer Zeit, das Ehepaar Alenson aus der Sammlung
Schneider in Paris, den Abschluß dieser Wand bilden.
Diesem schließen sich die Anbetung der Könige aus
dem Buckingham-Palast und der Rabbiner aus der
Sammlung des Herzogs von Devonshire an. Es folgen
lange Wände mit den herrlichsten Rembrandtbüdern
aus der mittleren und späteren Zeit (Lord Peurhynen,
Duke of Westminster, Earl of Crawford, Earl of Kin-
naird, König von Rumänien, von Nemes usw.), und fer-
ner sind einige großartige Bilder von Jacob Ruisdael
(Slg. Otto Beil) und Hals ausgestellt, während man am
Ende des Saa’es bewundernd vor der Minerva aus Glas-
gow und der berühmten ,,Hendrickje im Bett“
(Edinburgh) stehen bleibt.

Der nächste Saal umfaßt weitere Rembrandt-
Bilder, meist aus der Frühzeit, mit der Flora des Her-
zogs von Buccleugh als Mittelpunkt und ferner dem
Maarten Looten der Slg. Holford (jetzt F. Muller & Cie.,
Amsterdam), und Werken aus Dublin, Amsterdam,
Haag, Glasgow, Downton Castle usw. Diesen reihen
sich schöne Hobbemas an, sowie die herrliche Fern-

200
 
Annotationen