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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Aprilheft
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Sarre, Friedrich: Wilhelm von Bode und die Islamische Kunstabteilung
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0350

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Bei diesem für den Orient lebendigen Interesse, das
sich in zahireichen nnd verschiedenartigen Erwerbun-
gen betätigte, die meist den Sammlungen des Berliner
Kunstgewerbemuseums zugute kamen, entstand folge-
richtig bei Bodc der Gedanke, daß für die vorder-
asiatisch-islamische Kunst eine besondere Stelle inner-
halb dcr Berliner Museen geschaffen werden miißte.
Niclit olme Kämpfe und starken Widerstand der maß-
gebenden Stellen, die der islamischen Kunst nur eine
untergeordnete Rolle beimaßen und sie nur im Zusam-
menhange mit dem europäischeti Kunstgewerbe
gelten ließen, hat Bode sein Ziel erreicht. Als auf sein
Betreiben die Fassade von Mschatta, deren typisch
islamischen Charakter er im Gegensatz zu anderen
Forschern intuitiv erkannt hattc, als Geschenk des
Sultans an den Kaiser nach Berlin gekommen war,
setzte er cs durch, daß sie in s e i n e m Museum, dem
gerade im Bau begriffenen Kaiscr Friedrich-Museum,
aufgestellt wurde. Und als er dann eine Reihe von
wcrtvollen orientalischen Teppichen, die er in Italien
persönlich gesammelt hatte, bei Eröffnung des Museums
(1904) diesem als Morgengabe darbrachte, als er mit
zäher Energie erreichte, daß einzelne hervorragende
islamische Kunstwerke aus anderen Abteilungen abge-
treten wurden, und als er endlich den Schreiber dieser
Zeilen veranlaßte, scine auf Forschungsreisen im Orient
zusammengebrachte Sammlung zunächst als Leihgabe
herzugeben, da war de facto allen Widerständen zum
Trotz eine islamische Kunstabteilung vorhanden. Erst
ein paar Jahre später (1907), als Bode an der Spitze der
Museen stand, trat sie dann auch de jure ins Leben.

Einige persönliche Bemerkungen seien hier einge-
fügt. Bei der Gedächtnisfeier hat der jetzige General-
direktor der Staatlichen Museen Bode einen „Menschen-
fänger“ genannt. Seit dem Jahre 1892, wo der Unter-
zeichnete als Volontär bei der Gemäldegalerie und der
Abteilung der christlichen Skulpturen in nähcre Be-
ziehungen zu Bode getreten war, war cr ihm in Ver-
ehrung ergeben, und es ist nicht sachliches Interesse
allein gewesen, das ihn veranlaßte, sich Bode für die
Leitung und den Aufbau der entstehenden islamischen
Abteilung zur Verfügung zu stellen. Er tat dies, ohne
eine amtliche Verpflichtung zu iibernehmen und ohne
scine Selbständigkeit aufzugeben, die ihm für die Durcli-
fiihrung von weiteren Forschungsreisen im Orient und
für Ausgrabungen (Samarra) einer so autoritativen
Persönlichkeit gegenüber wesentlich erschien. Erst die
veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse der Nach-
kriegszeit liaben dann die ehrenamtliche Tätigkeit des
Unterzeichneten als des Leiters der Abteilung in eine
dienstliche verwandelt, wobei der größte Teil seiner
bisher leihweise ausgestellten Sammlung in den Besitz
des Museums überging.

Ein Vierteljahrhundert sind seit der Begründung der
Islamischen Knnstabteilung verflossen. Wenn sie sich
in dieser verhältnismäßig kurzen Zeit zu einem Institut
entwickelt hat, das den Anspruch erheben darf, die ver-
schiedenen Gebiete der islamischen und auch der im
vorderen Orient unmittelbar voraufgehenden sassani-

dischen Epoche in charakteristischen und teilweise
künstlerisch bedeutenden Beispielen und in sonst nicht
vorhandener Vollständigkeit zur Anschauung zu brin-
gen, so ist dieses glückliche und schnelle Wachstum in
erster Linie ihrem Begründer und unablässigen Förderer
zu danken. Bode veranlaßte mit Erfolg die im Orient
lebenden deutschen und ausländischen Gelehrten. Diplo-
maten, Kaufleute und Ingenieure unsere Interessen zu
fördern, auf günstige Neuerwerbungen hinzuweisen ur.d
sie zu vermitteln. Auf seinen Wunsch gingen die Lei-
ter der deutschen archäologischen Ausgrabungen iri
Kleinasien, Mesopotamien und Aegypten nicht mehr wie
frülier achtlos an den Resten der byzantinischen und
islamischen Epochen vorüber. Dem Forscher auf dem
Gebiete der italienischen Majoliken waren die
koloristisch und zeichnerisch so rcizvollen mittelalter-
lichen Scherben aus Baalbek, Milet und Pergamon nicht
nur ästhetisch schöne Sammelobjekte, an denen sich
scin Auge erfreute, sie zeigten ihm die Anregungen, die
der Westen auf diesem wie auf so vielen anderen künst-
lerischen Gebieten vom Osten empfangen hat. Die lei-
der nur bescheidenen offiziellen Mittel, die der Islami-
schen Kunstabteilung zur Vcrfügung standen, wiesen
bei unseren Erwerbungen von Anfang an auf die
Uuterstützung hilfreicher Gönner hin. Daß sich solche in
größerer Zahl fanden, daß für die Sammlung und die in
ihrcm Interesse unternommenen Reisen und Forschun-
gen opferwillige Freunde gewonnen werden konnten,
ist gleichfalls auf Bodes Bemühungen zurückzuführen.
Ohne scine Unterstützung, ohne sein Ansehen in der
internationalen Museen- und Sammlerwelt und bei den
Großen der Erde hätten wir das kostbare Material für
die muhammedanische Ausstellung in München (1910)
kaum zusammengebracht; Briefe von ihm öffneten die
Tore zu sonst unzugänglichen Schatzkammern von
Moskau bis Madrid und Constantinopel und aucli jen-
seits des Ozeans.

Einer von Bodes Lieblingsplänen war die Konzen-
trierung allcr asiatischen Kunstsammlungen der
Berliner Museen. In dem hierfür von Bruno Paul ent-
worfenen Gebäude in Dahlem sollte auch für die Isla-
mische Kunstabteilung und für ihr hauptsächlichstes
Denkmal, für Mschatta, eine würdigere Aufstellung als
die provisorische im Kaiser Friedrich-Museum geschaf-
fen werden. Gemeinsam mit dcm Architekten und dem
Unterzeichneten arbeitete Bode hierfür die Pläne aus.
Die Beendigung des Krieges sah das Gebäude im Roh-
bau, und das Ministerium entschloß sich, es in Rücksicht
auf die veränderten Verhältnisse anderen Zwecken in
Verbindung mit den ethnographischen Sammlungen zu-
zuweisen. Mit zäher Energie hat Bode bis zuletzt an
seinem Asiatischen Museum festgehalten; auch daun
noch, als die definitive Aufstellung der ostasiatischen
Sammlungen und der Turfanfunde an anderer Stelle die
Verwirklichung seines Planes fast zur Unmöglichkeit
gemacht hatten. Aber diese mit der Platzfrage und dem
lange Jahre ungewissen Schicksal der Islamischen Ab-
teilung verbundenen Schwierigkeiten haben nie ver-
mocht, sein Interesse an der Abteilung und seine Sorge

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