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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

DOI issue:
1./2. Juniheft
DOI article:
Gläser, Artur; Schneider-Kainer, Lene: Ostasiatische Kunst: Ausstellung Lene Schneider-Kainer in Magdeburg
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0454

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überhaupt seltsam, wie man hier trotz aller Gewandt-
heit der malenden Mittel, die in Pinselführung, in Aus-
schnitt, Zeichnung und Farbe alle Wirkungen brs zum
Raffinierten hin meistert — wie man 'dieses Technisc'he
beinahe übersieht, es als selbstverständfich hinnimmt
und vie'lmehr den ungeheuren Strapazen und Anspan-
nungen nachsinnt, unter denen diese Bilder entstanden
sind. Bernhard Kellermann, der Reisegefährte, hat mit
feinem Gefühl in seinem Geleitwort zum Katalog der
Berliner Ausstellung der Bilder gerade auf dieses
Moment der Entstehung hingewiesen und einige Einzel-
heiten erzählt.

Man mag später einmal, wenn man Arbeiten der
Frau Schneider-Kainer aus der Zeit vor, während und
nac'h ihrer Asienreise vergieichen kann, die Stellung
dieser Bilder im Gesamtwerk der Künstlerin und im
Verhältnis zum Schaffen der Gegenwart festlegen. Auf
der Magdeburger Aussteliung gaben sie in gleichem Maß
wie die Sammelstücke vor allem Zeugnis von einer Art
bewußten Reisens, die uns mehr und mehr verloren
geht. Hier sind nicht „flüchtige“ Eindrücke gehascht,
ist nicht Abwechslung gesucht im Hasten nac'h dem
stäridig Neuen, nicht das Ueberraschende heraus-

geschält aus dem Ailtäglichen — hier ist mit Innigkeit
und Eifer, mit viel W'issen und Einfühlung das Wunder
der Fremde gestaltet, das Ewigeigene begriffen im
Ewigandern, das Immeralte gefun'den irn Endlosneuen.

Es steckt eine seltsam gespannte Kraft in dieser
Frau, die den Tag über im Sattei oder am Steuer des
Autos, in all den Anstrengungen des Wegs, bei all den
Obliegenheiten des Lagerlebens mit selbstverständ-
licher Sachlichkeit „ihren Mann stellte“ im rein sport-
lichen Sinn. Und die am Abend in Gluthitze oder Eises-
kälte dennoch den Mut fand, Schönheit in sich aufzu-
nehmen, schaffend zu verarbeiten. Es ist ein klarer
Wille am Werke, der mit nahezu wissenschaftiicher
Strenge allen Einzelheiten, etwa in der Tracht bis auf
die Schuhformen, nachspürte und selbst das Kleinste
führte zu seinem Platz. Solchen Wesenszügen gegen-
über empfinden wir es als bezeichnend, wenn trotzdem
das wahrhaft Frauliche durchscheint in allen Aeußerun-
gen. Ohne nüchterne Bindung an irgendein Denk-
scherna ist hier gesammelt worden, das greifbar und
schaubar Schöne der Welt genommen mit der ailes be-
seelenden Empfänglichkeit ewig mütterlichen Bereit-
seins.

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