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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Juliheft
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Tietze, Hans: Das Museum in Grenoble
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0497

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zösischen Werke aller Zeiten, bis ins 19. Jahrhundert,
in der die lokale Scliule besonders gepflegt worden ist.
Aus der Dauphine stammende Künstler, w'ie Fantin-
Latour oder Hebert, häben hier eine besonders ausge-
zeichnete Vertretung gefunden. Auch die S'kulpturen-
abteilung erhebt sich weit über dem Durchschnitt
solcher Sammlungen.

Diese Bemühung um einen wohlüberlegten Aufbau
unterscheidet das Museum von Grenoble von den
meisten sonstigen Mnseen der französischen Provinz,
deren Entwicklung fast ausschließlich vom Zufall der
Widmungen und Vermächtuisse bestimmt zu sein pflegt.
Wie hier versucht wird, der Sammlung die persönliche
Physiognomie zu erhalten und zu verschärfen, erinnert

Romantikers — namentlich sein graphisches Oeuvre ist
hier selten schön vorhanden —, die umfangreiche und
bedeutende Handzeichnungensammlung des Museums,
die eigentlich erst hier völlig zugänglüch geworden ist;
zwei Säle bleiben für wechselnde Ausstellungen be-
stimmt, die die ständige Aufstellung ergänzen sollen.
Auf den dauernden Zusammenhang des Museums mit
der modernen Produktion legt Herr Andry-Färcy das
größte Gewicht.

Infolgedessen hat er den Mnt gefunden, als erster,
ich glaube als einziger in Frankreich, das schwierige
und undankbare Problem des Museums moderner Kunst
aufzugreifen; während es sonst nirgends — auch in
Paris nicht — möglich ist, sich in öffentlichen Sammlnn-

Art des H. Hnlbein d. Ä., Die Apostel Simon, Judas, Mathias

an die Arbeit, die deutsche Museumsleiter den ihnen an-
vertrauten Anstalten zu widmen haben; dem jetzigen
Konservator, Herrn Andry-Farcy, ist es gelungen, die
vorgefundene Tradition nocli zu kräftigen und seinem
Museum eine einzigartige Stellung zu verschaffen.

Seine Anstrengungen galten in gleicher Weise der
Aufstellung wie der Vermehrung der Sammlung, die
seit 1870 ein stattliches Gebäude mit der städtischen
Bibliothek teilt. Der Raummangel, das treibende Fer-
ment aller derartiger Einrichtungen, hat aucli liier zu
durchgreifenden Veränderungen geführt; die oberen
Säle sind jetzt der schönen Nachimpressionistensamm-
lung Sembat-Aguette eingeräumt, ein Teil der Bestände
ist dagegen in ein benachbartes Gebäude übersiedelt,
das vor kurzem als Fantin-Latour-Museum eröffnet wor-
den ist. Hier sammelt sich um das Werk des tenebrosen

gen auch nur einigermaßcn ein Bild von den Strömun-
gen der Malerei und Plastik der Gegenwart zu machen,
ist hier mit Mut und Entschlossenheit versucht, aus der
flutenden Tagesproduktion charakteristische und blei-
bende Werte festzuhalten. Eine Aufzählung der liier
vertretenen Kiinstler wäre gleichzeitig ein Verzeichnis
aller jener, die in der „Schule von Paris“ vom Ausklang
des Impressionismus bis in die Gegenwart eine mehr
oder weniger wichtige Rolle gespielt haben und spieleu.
Die beschränkten Mittel des Museums haben den Direk-
tor gehindert, sich in allen Fäl'len Hauptwerke zu
sichern; aber mehrere Kiinstler erscheinen ungewöhn-
Iich gut und reich vertreten, z. B. Bourdclle, Utrillo,
Gromaire, vor allem Henri Matisse, für dessen Studium
einst das Museum von Grenoble unentbehrlich sein wird.
Die Sammlung Schtoukin in Moskau ist heute ziemlich

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