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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

DOI issue:
1./2. Augustheft
DOI article:
Rosenbacher, Paul: Iconographia Odonzologica
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0561

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of the City of London, M. Lauron del. Tempest exc.7) modelliert.
Der Affe war also so in den Londoner Straßen zu sehen.

Gern stellten die „dunklen Ehrenmänner“ ihr eigenes Conter-
fei zur Schau. Auf dem Bild von Dou fehlt es, aber wir finden es
auf Abb. 49: Radierung von de Wae.1. Gewöhnlich ist der Doctor
auf den Conterfeis wie auf der Brücke als der schöne Mann auf-
gemacht. Er will doch auch „die Weiber führen“.

Auf dem Bild von Dou wirkt er wie eine Theaterfigur. Und
tatsächlicli war die Verbindung zwischen Quacksalber und Theater

Quacksalber wie die großen Schwindler. Ich trage Bedenken, die
drei großen Betriiger der Aufklärungszeit Cagliostro, Casanova und
Graf St. Germain vollzählig zu den Charlatans zu rechnen. Aber
der Graf St. Germain gehört sicherlich dazu, nach seinem ganzen
Auftreten und seinem Allheilmittel, das heute noch als St. Germaiu-
Thee lebt.

Sehr amüsant wirken die drei Bilder vom dicken Thomas
(Abb. 91—93), der auf dem Pont Neuf in Paris seine Kunst aus-
iibte. Und lange vor dem dicken Thomas stand auf dem selben

Meistcr der weiblichen Halbfiguren, Schreibende Dame
Auktion der Galerie Fischer, Luzern, am 27. und 28. August

enge. Daß die Quacksalber sich oft einer lustigen Person als An-
reißer bedienten, wurde schon erwähnt.

Goethe berichtet in seiner Itaiienischen Reise, Neapel,
19. Maerz, er habe am Molo einen „Pulcinell“ mit einem Affen, da-
neben den Wunderdoctor gesehen.

Heinrich Heine erzähit im Rabbi von Bacharach von einem
Volksfest: „Zwischendrein schmetterte gellend die Trompete des
Arztes, der im roten Mantel mit seinem Hanswurst und Affen auf
einem hohen Geriist stand“.

Auf vielen Bildern bei Proskauer sehen wir die Charlatans in
Theaterkostümen. Und Schauspieler im Leben waren die großen

7) Siehe Schnorr von Carolsfeld, „Katalog Sammlung von
Klemperer“, Nr. 649.

Platz der König der Charlatane, der Tabarin.8) Er war berühmt
durch seine Geschicklichkeit im Anpreisen seiner Kunst und durcli
seinen Witz. Von ibm stammt die Anekdote, daß er dfe Frage
stellte, wie man am schnellsten fünfzig Paar Schuhe machen könne.
Er beantwortete seine eigene Frage dahin, man solle fünfzig Paar
Stiefel abschneiden.

Der Vorgänger des Tabarin war der Charlatan Hieronymo
Ferranti9), der angab, die Zusammensetzung seiner Elexire wäre in
Orvieto erfunden. Er war so populär, daß der Name „Marchant
Orvietan“ zum Gattungsname für Quacksalber ward; diese Be-
zefchnung hat sich erhalten.

8) und “): Vergl. u. a. Paul Ginistry, „Le Theätre de la Rue“,

Paris, o. J.

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