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Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
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die viergespaltene
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Amtsverkündigungsölatt für den Aezirk Schwetzingen.
P ad i lch c H o pscn^ eiLnng.
Allgemeiner Anzeister für dieMdische ^md bayerische Rheinpfalz.
M. 6.
Dieusiag, 13. Januar 1874.
VIII. Jahrgang.
--Inserate von Auswärts nehmen sur uns auch entgegen die Annoncen-Bnrcanx von Haasenstcin L ^agker, Iludoks Masse und K. L. Jauöe L Go., die Süddeutsche Annanceu-Krpedition
^ ' von H. Slöckhard7in.Frantsnrt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Base! und Straßburg, sowie das KSgrr'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.
Badischer Larrdtag.
Karlsruhe, 13. Dezember.
II. öffentliche Sitzung der 2. Kammer
(Lchlnß.).
Es folgt die zweite Berathnng des Oiesetz nitwurfs,
das Polizeistrnfgesetzduch deir.
Der Abg. Hansjakob ist der Ansicht, gegen das Gesetz
zu stimmen, da dasselbe zu allgemein und unbeschränkt sei;
Experimente der Mediciner und Beschränkungen der per-
sönlichen Freiheit könnten herbeigesührt werden; mit Impf-
zwang u. dgl. könne ans Grund dieses Gesetzes das Volk
noch mehr malträtirt werden.
Slaalsminister Dr, Jolly : Er fühle sich im klebrigen
nicht veranlaßt, auf das vom Vorredner Gesagte einzugehen,
nur dagegen protestier er, daß das Volk durch irgend welche
Verfügungen der Regierung „malträtirt" werde.
Der Abg. Franck stnnnil dem Gesetzentwurf freudig
zu, der von dem Grundsatz ausgeht: E- ist leichter Krank-
heiten zu verhindern, als sie zu heilen.
Abg. Hansjakob: Er habe das gleiche Recht, medi-
zinische Kurpfuscherei zu treiben, wie z. B. die Kammer
schon 13 Jahre hintereinander in die Theologie pfusche;
übrigens sei er nicht so dumm, vom Abg. Eschbacher oder
Franck Allotria mit sich treiben zu lassen.
Abg. Bär: Der Abg. Hansjakob bestrebe sich, Ab-
wechslung in die Verhandlungen zu bringen; sein Mar-
tyrium sei etwas abgebraucht, deshalb müsse Chlorkalk und
I mpfzwang Herbalten; was die Pfuscherei anlangt, so stehe
das Vorgebrachic schon in der Einleitung zu Hansjakob's
Beoschtnc Uber den Impfzwang; vielleicht sei es am Platze,
ihm eine Slellc in einer Sanitäts-Kommission anzuwcisen.
Nachdem die Debatte geschlossen ist, betont noch der
Korreferent, daß er in der früheren Verhandlung keines-
wegs den Acrzien habe zu nahe treten wollen, nur sei Vor-
sicht in der Handhabung des Gesetzes anzuempfehlen.
Hierauf wird das Gesetz mit allen gegen eine Stimme
(die des Abgeordneten Hansjakob) in namentlicher Abstim-
mung angenommen.
Bei der Ergänzungswahl für die Commission zur Re-
vision der Einrichtungen des Ständehanses erhielten die
Abgg. Lanter, Friederich und Lang von Karlsruhe die meisten
Stimmen, letztere beide Abgeordnete die gleiche Zahl, so
daß das Loos, und zwar für den Abgeordneten Friedrich
entscheidet.
Karlsruhe, 16. Dez.
12. öffentliche Sitzung der 2. Kammer.
Vorsitz: Präs. KirSner.
Am Ministertisch: Stnatsminister Dr. Jolly, Mini-
ster alpräsidcnt v. Freydo'f.
Der Nbi'/owne e v. Feder begründet die bereits er-
wähnte Interpellation in Betriff der Eigenlhnmsverhältnisse
an den Miliiür-Genndstücken. Redner berührt zunächst die
lokale in den Verhältnissen des ZeiighauSplatzes zu Mann-
heim liegende Veranlassung des Antrags, der aber auch ein
allgemeines Interesse habe. Es kommt darauf an, ans dem
Munde der Regierung zu hören, ob der Art. 9 der Mili-
tärkonvenlion für die vorliegende Frage noch maßgebend ist
oder das Reichsgesetz vom 25. Mai 1873 über die Rechis-
mrhältnisse dir znm dienstlichen Gebrauche einer Reichsver-
waltung bestimmten Gegenstände. Auch in Betreff der
zweiten und dritten Frage und deren Begründung lehnt
Redner sich hauptsächlich an die lokalen Mannheimer Ver-
hältnisse an, betont aber das allgemeine Bedürfnis; einer kla-
ren Auskunftsertheilung Seitens der Regierung.
Staatsminister Dp, Jolly beantwortet die Interpella-
tion in folgender Weise:
Der Herr Interpellant hat drei Fragen an mich ge-
stellt, die ganz generell abgcfaßt sind, begründet hat er sie
aber durch .Hinweis auf einen speziellen concrelen Fall.
Ich denke, der Herr Interpellant wird mit mir einverstan-
den sein, wen» ich mich an die mir schriftlich übergebenen
Fragen halte, denn ans die conc-'eten Fragen.bin ich, da
ich vorher nichts davon wußte, nicht im Stande, eine be-
stimmte Antwort zu geben. Ich kenne die Verhältnisse
nicht, die er uns ans der Stadt Mannheim mitgetheilt hat,
es ist mir davon nichts zur amtlichen Kenntniß gekommen,
ich kann also auch darüber nicht urtheilen.
Die erste generelle Frage, die an mich gerichtet wird,
lanlet:
„Sind nach den Anschauungen der Großh. Staats-
regicriing in Betreff der Eigenthumsverhältnisse an den
früher im Besitze der Großh. Militärverwaltung gewese-
nen Gebäuden und Grundstücken die Bestimmung der
Miliiärconvention zwischen Preußen und Baden vom 25.
Nov. 1870 oder die Bestimmungen des Reichsgesetzes vom
25. Mai 1873 über die Rechtsverhältnisse der zum dienst-
lichen Gebrauche einer Reichsverwaltung bestimmten Gegen-
stände maßgebend?
Meine Antwort darauf lautet, daß nach der Anschau-
ung der Großh. Staatsregicrnng die Bestimmungen des
Reichsgesetz's vom 25. Mai 1873 in der fraglichen Be-
ziehung maßgebend sind. Das Bedenken des Herrn Inter-
pellanten , das sich auf den Inhalt des Reichsgesetzes, und
zwar speziell auf den A 9 Abs. I desselben bezieht, ist nicht
begründet. Dieser Abs. 1 des Z 9 lautet:
„Durch den Ucbergang des Eigenthums an den im
H 1 bezeichmten unbeweglichen Gegenständen an das Reich
werden nicht berührt:
l) Verfügungen, welche in Betreff dieser Gegenstände
vor dem 1 Januar 1873 getroffen sind."
Die zweite Frage, die eventuell gestellt ist und die ich
ans Grund meiner Ausführung zu der ersten Frage jetzt
auch zu beantworten habe, taute! :
„Erstreckt sich nach den Anschauungen der Großh.
Staatsregiernng das Eigenthumsrecht der Militärverwaltung
nach dem Reichsgesetze vom 25. Mai 1873 auch ans solche
stadiplanmüßig festgestellle öffentliche Plätze, welche als solche
sich in der Mitbenützung der Gemeinde befanden?"
Es wird zu den Erläuterungen auf den Z 2 Absatz
5 des mehrgenannten Reichsgesctzes verwiesen. Dieser wird
aber, glaube ich, kaum hierher gezogen werden können. Es
heißt nämlich dort: (Ausgenommen von den Bestimmungen
in Z 1 bleiben).
„Grundstücke, welche zu einem Theil von einer Reichs-
verwaltung, zu einem andern Theil von einer Landesver-
wallung benutzt werden, sofern der letzteren die Mitbenützung
nicht lediglich auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf
oder miethweise eingerüumt ist. An solchen Grundstücken
steht dem Reiche auch ein Mitcigenlhum nicht zu, die Reichs-
verwaltung behält aber, bis sie mit der Landesverwaltung
enie Theilung oder sonstige Auseinandersetzung vereinbart,
das Benutzungsrecht im bisherigen Umfange."
Man könnte nun die Frage aufwerfen, ob, wenn diese
Mitbenützung nicht durch den Partikularstaat, sondern durch
eine einzelne Gemeinde innerhalb des Partikularstaates er-
folgt, diese Bestimmung auch hier analoge Anwendung
finde.
Reichstagswahlergebnifse:
Schwetzingen, 12. Jan. (Ergebnis; der
tags wähl aus dem Amtsbezirke Schwetzingen.)
Reichs-
Ecipia.
Oberndorfs. Feder. Bebel. Schäfer.
Altlußheim
240
- - - -
Brühl
32
124 — _ —
Edingen
124
72 _____
Friedrichsfeld
72
43 - — —
Hockenheim.
1. Distrikt.
136
157 _ - -
2. Distrikt
203
80 _ _ _
Kelsch
13
192 — — —
Neckarau
288
54 6 3 10
Nenlußheim
>97
- - - -
Oftersheim
205
43 4 — —
Plankstadi
!79
133 —
Reilingen
>75
116 1 - -
Schwetzingen.
1. Mstrikt
229
80 _ __ _
2. Distrikt
>95 -
25 2 - -
Seckenheim
235
118 10 — 1
Summa
::523
1237 23 3 11
I e u i t t e L o n.
*Der Trau-Ring.
Novelle von
Ewald A it g u st K ö n i g.
(Fortsetzung.)
4. Kapitel.
„Durchaus nicht, was ist's mit ihm?"
„Und das wissen Sie nicht ?" rief der Wirth mit wachsen-
dem Erstaunen. „Nehmen Sie mir's nicht übel, das ist
stark, vorausgesetzt, daß Sie sich keinen schlechten Scherz
mit mir erlauben."
„Keineswegs," erwiderte der Jnspector, dessen Erstaunen
nun auch den höchsten Gipfel erreich! hatte, „welche Gründe
sollten mich dazu bewegen?"
„Aber Sie waren doch heule Nachmittag in dem
Hause des Bankiers?"
„Allerdings."
„Und da ist Ihnen nichts ausgefallen?"
„Nein, nein, — doch ein etwas sonderbares Benehmen
der Kassirer."
Der Wirth nickte. „Gtaub's gern," sagte er, „die
beiden haben heute einen schweren Stand gehabt."
„Aber was soll das heißen?"
„Na, sehen Sie, wenn Sie's denn noch nicht wissen,
will ich's Ihnen mitthcilen, damit Sic ihre Maßregeln
! treffen können. Die Firma Werner Bertelsmann
ist fallit" -
„Fallit?" fragte Mayer entsetzt.
„Ja, und ihr Chef hat sich gestern Übend ans dem
Staube gemacht."
„Unmöglich! Es war ja eins der ersten Baiikge-
^ schäfte, "
„So glaubte man."
„Bertel s in a n n Halle eine sehr reiche Frau" —
„Freilich — die hat sich zuerst ans dem Staube ge-
macht."
Der Inspektor schüttelte den Kopf, er.konnte das nicht
fassen.
„Eine glückliche Ehe war's nicht," fuhr der Wirth
fort, „die ganze Stadt wußte es. Es war eine Gcldhei-
rath und dafür, daß Madame ein großes Vermögen besaß,
machte sie auch große Ansprüche. Man munkelt außerdem
viel von Hausfreunden und dergleichen, aber ans das Ge-
schwätz habe ich nie etwas gegeben. Eine Villa vor dem
Thore, eine Loge im Theater, ein halbes Dutzend Equi-
pagen und ein Dutzend Reitpferde, nicht zu gedenken der
vielen, werthvollen Wagenpferde, großartige Soireen, Diners
und andere Festlichkeiten — Du lieber Gott, irgend woher
muß cs kommen, vom Himmel herunter reglnt das Gold
^ nicht. Ein großes Vermögen und ein gutes Geschäft kann
! man auch rninircn, wenn maus darauf aulegt, —DieHerr-
! lichkeit hat denn zehn Jahre gewährt, der Bankier genoß
das Vertrauen Aller, Jeder drängte sich zu ihm, um ihm
l seine Ersparnisse anzuverlrancn. Man sagt, er habe enorm
specnlirt, ich glaube es gern, er mag auch sehr viel bei
^ seinen Speculatioue» Per oreu haben, aber das Meiste hat
- doch die Verschwendung verschlungen. Na, — vor vierzehn
l Tagen hieß es schon, es stehe schlecht mit ihm und da ich
! einen Neffen in dem Hause halte, so verschaffte ich mir Ge-
wißheit über das Gerücht. Der Neffe war Kammerdiener,
er erfuhr alles, was sich oben oder nute» ereignete. Also
das Gerücht war wahr, die Gläubiger kamen schon schaaren-
weise, um ihre Summen zurückzuforderu. Und wissen Sie,
was der Bankier that? Er eninahm seiner Kasse mehrere
^ Werthpapiere im Gesammtbetrage von fünfzigiauscnü Thalern
und gab sie einem guten Freunde, der bei ihm aus- und
entging, mit dem Aufträge, sie zurückzulcgen und später sie
ihm auSzuhändigeu. Der gute Freund war ein ehrlicher
! Mann, er nahm die Papiere und ging zum Friedensrichter,
um sic ihm für die Falliimasse anzuvertraueu. Inzwischen
hatte auch Madame das Gerücht vernommen, sie stellte ihren
Gatten zur Rede. Mein Neffe hat die ganze Unterredung
belauscht, es soll ein entsetzlicher Auftritt gewesen sein. Jedes
warf dem Andern seine Verschwendung vor, Madame forderte
ihr Vermögen zurück, Bertelsmann erklärte, daß er über
s keinen Thaler mehr verfügen könne. Was that Madame?
^ Sie ließ ihre Koffer packen und reißie ab. Am andern Tage,
gestern Morgen besuchte der Friedensrichter den Bankier;
' sie hatten eine sehr lange Unterredung im Kabinet, Bertels-
mann erfuhr, daß nicht nur seine Frau, sondern auch der
> Freund ihn verlassen halte. (Fortsetzung folgt.)
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Karlsruhe, 13. Dezember.
II. öffentliche Sitzung der 2. Kammer
(Lchlnß.).
Es folgt die zweite Berathnng des Oiesetz nitwurfs,
das Polizeistrnfgesetzduch deir.
Der Abg. Hansjakob ist der Ansicht, gegen das Gesetz
zu stimmen, da dasselbe zu allgemein und unbeschränkt sei;
Experimente der Mediciner und Beschränkungen der per-
sönlichen Freiheit könnten herbeigesührt werden; mit Impf-
zwang u. dgl. könne ans Grund dieses Gesetzes das Volk
noch mehr malträtirt werden.
Slaalsminister Dr, Jolly : Er fühle sich im klebrigen
nicht veranlaßt, auf das vom Vorredner Gesagte einzugehen,
nur dagegen protestier er, daß das Volk durch irgend welche
Verfügungen der Regierung „malträtirt" werde.
Der Abg. Franck stnnnil dem Gesetzentwurf freudig
zu, der von dem Grundsatz ausgeht: E- ist leichter Krank-
heiten zu verhindern, als sie zu heilen.
Abg. Hansjakob: Er habe das gleiche Recht, medi-
zinische Kurpfuscherei zu treiben, wie z. B. die Kammer
schon 13 Jahre hintereinander in die Theologie pfusche;
übrigens sei er nicht so dumm, vom Abg. Eschbacher oder
Franck Allotria mit sich treiben zu lassen.
Abg. Bär: Der Abg. Hansjakob bestrebe sich, Ab-
wechslung in die Verhandlungen zu bringen; sein Mar-
tyrium sei etwas abgebraucht, deshalb müsse Chlorkalk und
I mpfzwang Herbalten; was die Pfuscherei anlangt, so stehe
das Vorgebrachic schon in der Einleitung zu Hansjakob's
Beoschtnc Uber den Impfzwang; vielleicht sei es am Platze,
ihm eine Slellc in einer Sanitäts-Kommission anzuwcisen.
Nachdem die Debatte geschlossen ist, betont noch der
Korreferent, daß er in der früheren Verhandlung keines-
wegs den Acrzien habe zu nahe treten wollen, nur sei Vor-
sicht in der Handhabung des Gesetzes anzuempfehlen.
Hierauf wird das Gesetz mit allen gegen eine Stimme
(die des Abgeordneten Hansjakob) in namentlicher Abstim-
mung angenommen.
Bei der Ergänzungswahl für die Commission zur Re-
vision der Einrichtungen des Ständehanses erhielten die
Abgg. Lanter, Friederich und Lang von Karlsruhe die meisten
Stimmen, letztere beide Abgeordnete die gleiche Zahl, so
daß das Loos, und zwar für den Abgeordneten Friedrich
entscheidet.
Karlsruhe, 16. Dez.
12. öffentliche Sitzung der 2. Kammer.
Vorsitz: Präs. KirSner.
Am Ministertisch: Stnatsminister Dr. Jolly, Mini-
ster alpräsidcnt v. Freydo'f.
Der Nbi'/owne e v. Feder begründet die bereits er-
wähnte Interpellation in Betriff der Eigenlhnmsverhältnisse
an den Miliiür-Genndstücken. Redner berührt zunächst die
lokale in den Verhältnissen des ZeiighauSplatzes zu Mann-
heim liegende Veranlassung des Antrags, der aber auch ein
allgemeines Interesse habe. Es kommt darauf an, ans dem
Munde der Regierung zu hören, ob der Art. 9 der Mili-
tärkonvenlion für die vorliegende Frage noch maßgebend ist
oder das Reichsgesetz vom 25. Mai 1873 über die Rechis-
mrhältnisse dir znm dienstlichen Gebrauche einer Reichsver-
waltung bestimmten Gegenstände. Auch in Betreff der
zweiten und dritten Frage und deren Begründung lehnt
Redner sich hauptsächlich an die lokalen Mannheimer Ver-
hältnisse an, betont aber das allgemeine Bedürfnis; einer kla-
ren Auskunftsertheilung Seitens der Regierung.
Staatsminister Dp, Jolly beantwortet die Interpella-
tion in folgender Weise:
Der Herr Interpellant hat drei Fragen an mich ge-
stellt, die ganz generell abgcfaßt sind, begründet hat er sie
aber durch .Hinweis auf einen speziellen concrelen Fall.
Ich denke, der Herr Interpellant wird mit mir einverstan-
den sein, wen» ich mich an die mir schriftlich übergebenen
Fragen halte, denn ans die conc-'eten Fragen.bin ich, da
ich vorher nichts davon wußte, nicht im Stande, eine be-
stimmte Antwort zu geben. Ich kenne die Verhältnisse
nicht, die er uns ans der Stadt Mannheim mitgetheilt hat,
es ist mir davon nichts zur amtlichen Kenntniß gekommen,
ich kann also auch darüber nicht urtheilen.
Die erste generelle Frage, die an mich gerichtet wird,
lanlet:
„Sind nach den Anschauungen der Großh. Staats-
regicriing in Betreff der Eigenthumsverhältnisse an den
früher im Besitze der Großh. Militärverwaltung gewese-
nen Gebäuden und Grundstücken die Bestimmung der
Miliiärconvention zwischen Preußen und Baden vom 25.
Nov. 1870 oder die Bestimmungen des Reichsgesetzes vom
25. Mai 1873 über die Rechtsverhältnisse der zum dienst-
lichen Gebrauche einer Reichsverwaltung bestimmten Gegen-
stände maßgebend?
Meine Antwort darauf lautet, daß nach der Anschau-
ung der Großh. Staatsregicrnng die Bestimmungen des
Reichsgesetz's vom 25. Mai 1873 in der fraglichen Be-
ziehung maßgebend sind. Das Bedenken des Herrn Inter-
pellanten , das sich auf den Inhalt des Reichsgesetzes, und
zwar speziell auf den A 9 Abs. I desselben bezieht, ist nicht
begründet. Dieser Abs. 1 des Z 9 lautet:
„Durch den Ucbergang des Eigenthums an den im
H 1 bezeichmten unbeweglichen Gegenständen an das Reich
werden nicht berührt:
l) Verfügungen, welche in Betreff dieser Gegenstände
vor dem 1 Januar 1873 getroffen sind."
Die zweite Frage, die eventuell gestellt ist und die ich
ans Grund meiner Ausführung zu der ersten Frage jetzt
auch zu beantworten habe, taute! :
„Erstreckt sich nach den Anschauungen der Großh.
Staatsregiernng das Eigenthumsrecht der Militärverwaltung
nach dem Reichsgesetze vom 25. Mai 1873 auch ans solche
stadiplanmüßig festgestellle öffentliche Plätze, welche als solche
sich in der Mitbenützung der Gemeinde befanden?"
Es wird zu den Erläuterungen auf den Z 2 Absatz
5 des mehrgenannten Reichsgesctzes verwiesen. Dieser wird
aber, glaube ich, kaum hierher gezogen werden können. Es
heißt nämlich dort: (Ausgenommen von den Bestimmungen
in Z 1 bleiben).
„Grundstücke, welche zu einem Theil von einer Reichs-
verwaltung, zu einem andern Theil von einer Landesver-
wallung benutzt werden, sofern der letzteren die Mitbenützung
nicht lediglich auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf
oder miethweise eingerüumt ist. An solchen Grundstücken
steht dem Reiche auch ein Mitcigenlhum nicht zu, die Reichs-
verwaltung behält aber, bis sie mit der Landesverwaltung
enie Theilung oder sonstige Auseinandersetzung vereinbart,
das Benutzungsrecht im bisherigen Umfange."
Man könnte nun die Frage aufwerfen, ob, wenn diese
Mitbenützung nicht durch den Partikularstaat, sondern durch
eine einzelne Gemeinde innerhalb des Partikularstaates er-
folgt, diese Bestimmung auch hier analoge Anwendung
finde.
Reichstagswahlergebnifse:
Schwetzingen, 12. Jan. (Ergebnis; der
tags wähl aus dem Amtsbezirke Schwetzingen.)
Reichs-
Ecipia.
Oberndorfs. Feder. Bebel. Schäfer.
Altlußheim
240
- - - -
Brühl
32
124 — _ —
Edingen
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13
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>97
- - - -
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205
43 4 — —
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!79
133 —
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Schwetzingen.
1. Mstrikt
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2. Distrikt
>95 -
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235
118 10 — 1
Summa
::523
1237 23 3 11
I e u i t t e L o n.
*Der Trau-Ring.
Novelle von
Ewald A it g u st K ö n i g.
(Fortsetzung.)
4. Kapitel.
„Durchaus nicht, was ist's mit ihm?"
„Und das wissen Sie nicht ?" rief der Wirth mit wachsen-
dem Erstaunen. „Nehmen Sie mir's nicht übel, das ist
stark, vorausgesetzt, daß Sie sich keinen schlechten Scherz
mit mir erlauben."
„Keineswegs," erwiderte der Jnspector, dessen Erstaunen
nun auch den höchsten Gipfel erreich! hatte, „welche Gründe
sollten mich dazu bewegen?"
„Aber Sie waren doch heule Nachmittag in dem
Hause des Bankiers?"
„Allerdings."
„Und da ist Ihnen nichts ausgefallen?"
„Nein, nein, — doch ein etwas sonderbares Benehmen
der Kassirer."
Der Wirth nickte. „Gtaub's gern," sagte er, „die
beiden haben heute einen schweren Stand gehabt."
„Aber was soll das heißen?"
„Na, sehen Sie, wenn Sie's denn noch nicht wissen,
will ich's Ihnen mitthcilen, damit Sic ihre Maßregeln
! treffen können. Die Firma Werner Bertelsmann
ist fallit" -
„Fallit?" fragte Mayer entsetzt.
„Ja, und ihr Chef hat sich gestern Übend ans dem
Staube gemacht."
„Unmöglich! Es war ja eins der ersten Baiikge-
^ schäfte, "
„So glaubte man."
„Bertel s in a n n Halle eine sehr reiche Frau" —
„Freilich — die hat sich zuerst ans dem Staube ge-
macht."
Der Inspektor schüttelte den Kopf, er.konnte das nicht
fassen.
„Eine glückliche Ehe war's nicht," fuhr der Wirth
fort, „die ganze Stadt wußte es. Es war eine Gcldhei-
rath und dafür, daß Madame ein großes Vermögen besaß,
machte sie auch große Ansprüche. Man munkelt außerdem
viel von Hausfreunden und dergleichen, aber ans das Ge-
schwätz habe ich nie etwas gegeben. Eine Villa vor dem
Thore, eine Loge im Theater, ein halbes Dutzend Equi-
pagen und ein Dutzend Reitpferde, nicht zu gedenken der
vielen, werthvollen Wagenpferde, großartige Soireen, Diners
und andere Festlichkeiten — Du lieber Gott, irgend woher
muß cs kommen, vom Himmel herunter reglnt das Gold
^ nicht. Ein großes Vermögen und ein gutes Geschäft kann
! man auch rninircn, wenn maus darauf aulegt, —DieHerr-
! lichkeit hat denn zehn Jahre gewährt, der Bankier genoß
das Vertrauen Aller, Jeder drängte sich zu ihm, um ihm
l seine Ersparnisse anzuverlrancn. Man sagt, er habe enorm
specnlirt, ich glaube es gern, er mag auch sehr viel bei
^ seinen Speculatioue» Per oreu haben, aber das Meiste hat
- doch die Verschwendung verschlungen. Na, — vor vierzehn
l Tagen hieß es schon, es stehe schlecht mit ihm und da ich
! einen Neffen in dem Hause halte, so verschaffte ich mir Ge-
wißheit über das Gerücht. Der Neffe war Kammerdiener,
er erfuhr alles, was sich oben oder nute» ereignete. Also
das Gerücht war wahr, die Gläubiger kamen schon schaaren-
weise, um ihre Summen zurückzuforderu. Und wissen Sie,
was der Bankier that? Er eninahm seiner Kasse mehrere
^ Werthpapiere im Gesammtbetrage von fünfzigiauscnü Thalern
und gab sie einem guten Freunde, der bei ihm aus- und
entging, mit dem Aufträge, sie zurückzulcgen und später sie
ihm auSzuhändigeu. Der gute Freund war ein ehrlicher
! Mann, er nahm die Papiere und ging zum Friedensrichter,
um sic ihm für die Falliimasse anzuvertraueu. Inzwischen
hatte auch Madame das Gerücht vernommen, sie stellte ihren
Gatten zur Rede. Mein Neffe hat die ganze Unterredung
belauscht, es soll ein entsetzlicher Auftritt gewesen sein. Jedes
warf dem Andern seine Verschwendung vor, Madame forderte
ihr Vermögen zurück, Bertelsmann erklärte, daß er über
s keinen Thaler mehr verfügen könne. Was that Madame?
^ Sie ließ ihre Koffer packen und reißie ab. Am andern Tage,
gestern Morgen besuchte der Friedensrichter den Bankier;
' sie hatten eine sehr lange Unterredung im Kabinet, Bertels-
mann erfuhr, daß nicht nur seine Frau, sondern auch der
> Freund ihn verlassen halte. (Fortsetzung folgt.)