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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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Juni (No. 65 - 76)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0279

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Amlsverkündigmigsölalt für den Bezirk Schwetzingen.
Vsdllche H o p s c n ^ e l 1 u n g.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpsalz.

Fo. 7O.

Dienstag, 16. Juni 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen sür uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von KaasenstcinL Mogler, Rudolf Masse und K. T. Jauöe L Ko., die Süddeutsche Knnoncen-ßrpedition
von K. StöLhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Aäger'sche Central-Bureaüx für Inserate in Frankfurt a./M.

Badischer Landtag.
Karlsruhe, 10. Juni. (56. öffentliche Sitzung der
2. Kammer unter dem Vorsitze des Vizepräsidenten Bluut-
schli.)
Am Ministertische: Staatsmiuister Dr. Jolly, Staats-
rath Ellstätter, Geh. Res. Nicolai und Steuerdirektor Re-
geuauer.
Es sind folgende Bittschriften eingekommen:
1) übergeben von dem Abgeordneten Müller v. R.;
Bitte der Gemeinde Iznang um Uebernahme der künftigen
Unterhaltung des Anlandestegs zur Dampfschifffahrt auf dem
Unterste bei der Station Iznang auf Kosten des Staates
betreffend;
2) übergeben von dem Abg. Frey : Bitte des Gemein-
deraths und evang. Ortsschulraths zu Eberbach, die allge-
meine gesetzliche Einführung der confeffionell gemischten Volks-
schule betreffend.
Hierauf kommt zur Berathung der mündliche Bericht
des Abg. Stösser, betreffend Nachtrag zu dem Gesetzesentwurf
über die Einführung einer allgemeinen Einkommenssteuer.
Die Commission schließt sich (eine kleine redactionelle
Abänderung abgerechnet) der Regierungsvorlage an.
Nach einer kurzen Debatte, a» welcher sich die Abg.
Kiefer, Bär, Lenz, Junghanns, v. Feder und Staatsrath
Ellstätter betheiligen, wird das Gesetz mit 43 gegen 13 Stim-
men angenommen.
Dagegen stimmen die Abgeordneten Bender, Bickel Eichels-
dörfer, v. Feder, Fischer, Fieser, Heilig, Kiefer, Krebs, Lenz,
MayS, Mörstadt und Stigler.
Es folgt nun der Bericht über die in der Sache der
Einkommensteuer erwachsenen Bittschriften.
Hierüber berichtet der Abg. Nestler. Antrag: 1) be-
züglich der Bittschriften: Uebergaug zur einfachen, bez. zur
motivirten Tagesordnung. 2) Bitte an die Regierung, dem
nächsten Landtage eine übersichliche Darstellung des Ergeb-
nisses der Einschätzung vorzulegeu. Wird angenommen.
Alsdann folgt die Berathung des Berichts des Abg.
Sachs von Konstanz, betreffend die Pensionen der Militär-
personen und ihrer Hinterbliebenen.
Der Gesetzentwurf wird nach den Anträgen der Com-
mission angenommen.
Es kommen nun zu Berathung Pctitionsberichte:
1) Bitte verschiedener Gemeinden der Aemter Ettlingen,
Pforzheim und Durlach, Vertilgung von Wildschweinen betr.
Berichterstatter Abg. Mays. Antrag: Ueberweisung
der Petition an die großh. Staatsbehörde zur Kenntnißnahme
und thunlichsten Berücksichtigung. Wird angenommen.
2) Bitte vieler Gemeinden der Amtsbezirke St. Blasien
und Waldshut, theilweise Verlegung, bezw. Neuanlage einer
Vinzinalstraße von Bauholz über Ay, Aispel, Jntlekofen und
Bürgten zu der neu erbauten Schlüchtthalstraße bei Gurtweil.

Berichtcrst. Abg. Kimmig. Antrag : empfehlende Ueber-
weisung der Petitionen an die Regierung. Wird angenommen.
3) Bitte der Gemeinderäthe des Amtsbezirks Weinheim,
des Gemeinderaths Diersburg, Offenburg, Randegg und Eber-
bach, die Einführung obligatorisch gemischter Volksschulen
betr.
Berichterstatter Abg. Blum. Kommissionsantrag: Das
Haus wolle die vorliegenden Petition als Motion behandeln
und der Geschäftsordnung gemäß an eine besondere Kom-
mission verweisen.
Die Abgg. Förderer, Hennig und Lender stellen den
Antrag auf Uebergaug zur Tagesordnung.
Dieser Antrag wird jedoch abgelehnt, derjenige der Com-
mission dagegen angenommen. _
Deutsches Reich.
Kurs, 14. Juni. Der König der Niederlande wird
am 18. d. M. zum Besuche des Kaisers von Rußland hier
eintreffen und im „Darmstädter Hcff" Absteigequartier
nehmen.
Wremen, 13. Juni. Die internationale landwirth-
schaftliche Ausstellung wurde heute ohne besondere Feierlich-
keit dem Programm gemäß eröffnet. Die Preisrichter be-
endigen erst heute Abend ihre Arbeiten. Die Ausstellung
war beute sehr lebhaft besucht. _
Der Hopfe»» «ruf der Wiener Weltausstellung
im Jahre 1873.
(Von Herrn Dr. G. Wilhelm, Professor an der technischen Hochschule
in Graz.)
Obgleich schon in mehreren Referaten über einige an
der Wiener Weltausstellung ausgestellte Hopfen ausführlich
berichtet wurde, so dürfen wir unfern Lesern den Bericht
des Herrn Dr. Wilhelm aus dem Grunde nicht vorenthalteu,
weil derselbe die ausgestellten Hopfen aller Länder
sehr genau bespricht.
Wenn auch seit jener Arbeit die Zeit Vieles überholt,
namentlich manche Zahlen über Produktion und Konsum-
tion des Hopfens vergrößert hat, so hat doch die Stati-
stik über Hopfenbau, Hopfenkonsumtion, Hopfenein- und Aus-
fuhr rc., welche der Arbeit zu Grunde gelegt ist, großen
Werth.
Der betreffende Artikel lautet:
Die Bierproduktion hat in den letzten Jahren einen
außerordentlichen Aufschwung genommen und ist noch immer
in sehr lebhafter Zunahme begriffen, und mit diesem stieg
auch der Bedarf an jenem Rohstoffe, dem das Bier seinen
würzigen Geschmack und seine Haltbarkeit wesentlich zu ver-
danken hat, dem Hopfen, und folgerichtig auch der Anbau
desselben. Die Wiener Weltausstellung hat die Gelegenheit
geboten, die Hopfensortcn verschiedener Länder mit einander
zu vergleichen und manche interessante Daten über den

Hopfenbau derselben zu sammeln. Ich will aus den No-
tizen, welche ich mir als Mitglied jener Jurysektion, die
Hopfen zu beurtheilen hatte, ausgezeichnet habe, ein über-
sichtliches Bild von der Vertretung des Hopfens auf dieser
Weltschau zu entwerfen versuchen. Ich folge dabei der An-
ordnung des Ausstellungskataloges, in dem die ausstellenden
Länder gleichwie im Ausstellungspalaste nach ihrer geogra-
phischen Lage von Westen nach Osten aufeinander folgten,
und beginne mit Amerika, welcher Welttheil den Reigen
eröffnete. Eine einzige direkt eingesaudte kleine aber gute
Probe, welche die Handelskammer inMilwaukee (Wis-
consin) ausgestellt hatte, repräsentirte den Hopfenbau der
Vereinigten Staaten, dessen Ausdehnung sich im vorigen
Jahrzehnt so sehr gesteigert hatte, daß in den Jahren 1864
bis 1869 durchschnittlich gegen 100,000 Ctr. Hopfen nach
Europa, meistens nach England, kamen und eine Ueberpro-
duktion eintrat, welcher die amerikanischen Pflanzer selbst
durch Verminderung der Hopfenpflanzungen Schranken setz-
ten. Im Jahre 1860 wurden 11,009,989 Pfd., 1870
aber 25,456,648 Pfd. Hopfen geerntet. Die Bierproduk-
tion hat aber ebenfalls einen bedeutenden Aufschwung ge-
nommen, die Zahl der Brauereien stieg von 1269 im Jahre
1860 auf 2785 im Jahre 1871 (hiervon,418 im Staate
New-Jork, 348 in Pennsylvanim, 268 in Ohio und 227
in Wisconsin) und die erzeugte Biermenge, welche 1863
mit 1,558,083 Barrels angegeben wurde, belief sich 1871
auf 7,087,826 Barrels (9,981,998 Hektoliter,) zu deren
Bereitung ungefähr 230,000 Ctr. Hopfen erforderlich waren.
In Folge der eingetretenen Verminderung der Hopfengärten
reichte die eigene Produktion in dem ungünstigen Jahre
1871 auch nicht aus, diesen Bedarf zu decken, so daß
50,000 bis 60,000 Ctr. aus Europa eiugeführt werden
mußten. In einer größeren Kollektion von Hopfenmustern,
welche die Prager Hopfenhandlung von M. H. Ruß u.
Co. ausgestellt hatte, waren auch amerikanische Hopfen aus
New-Iork, Kalifornien und Wisconsin zu sehen. (F. f.)
Aus Stadt und Land.
r Schwetzingen, 14. Juni. In gestriger Sitzung
des Verwaltungsrathes der höheren Töchterschule
wurde der derzeitige Vorstand der höheren Bürgerschule mit
der Direktion der neuen Anstalt betraut. Das Lehrerpersonal
besteht aus den Herren Lehrern der höheren Bürgerschule
sowie aus dem Lehrerpersonal der Herren Marx, Schaaf
und Weitzel. Die noch zu besetzende Stelle einer Lehrerin
für Französisch (einschlieißlich franz. Conversation), Geschichte,
Geographie und weibliche Handarbeiten wird demnächst zur
Bewerbung ausgeschrieben werden. Als Schullokal wurde
eine zweckentsprechende Wohnung mit luftigem und geräum-
igem Hofe in geräuschloser Straße nächst dem Schloßgarten

Feuilleton.

Der Armenarzt.
Siebentes Kapitel.
NLthselhafte Aehnttchkeit.
(Fortsetzung.)
Die Alte deutete jetzt mit dem Finger auf das Bild.
„Glich er dem Gesichte?"
Eva folgte dem deutenden Finger und rief jubelnd aus:
„Ja, das ist er!"
„Du weißt wirklich nicht, wer er war, woher er war?"
forschte die Alte eindringlich.
„Ich glaube, Niemand kannte ihn, er sah so fremd-
artig aus, er sprach das Deutsche auch anders wie wir,
fast hätte ich ihn für einen Spanier halten können, und
doch, nun Du mir das Bild zeigst, glaube ich, cs wäre
Ferando, und das ist doch kein Spanier."
Die Alte schwieg.
Eva betrachtete das Bild und während sie die Züge
der Figur sah, um so lebhafter wurden die Erinnerungen
in ihrem Innern an den verflossenen Abend.

War es denn wirklich wahr, daß er ihr Alles das
gesagt hatte? Und doch hatte er nichts von Bedeutung ge-
sagt, nur kleine Bemerkungen, Gespräche, wie sie wohl jeder
andere Mensch auch führen würde, aber sie konnte keines
dieser Worte vergessen, sie behielt sie alle, ob er auch wohl
sich ihrer erinnern würde? Dann dachte sie, der Johannes
ist ganz nett, aber Alphous ist doch etwas ganz Anderes,
woher er nur gekommen sein mag, wo er wohl ist, daß ich
ihn noch einmal Wiedersehen könnte?
»Ich hofsi, das ist Dein erster und letzer Ball ge-
wesen," sagte die Alte, „Du kannst glauben, der erste Abend,
an dem ich allein war, indem ich Dich unter fremden Men-
schen wußte, umgeben von Glanz und Pracht, war für
mich der bitterste meines Lebens."
Die alte Frau sank erschöpft in die Kissen zurück und
schloß die Augen.
Eva fiel der Mutter um den Hals und rief schmeichelnd:
„Zürne mir nicht, die Erinnerung soll mir genügen'"

Achtes Kapitel.
Eine Hamburger Domwauderung.
Madame Behrens war nicht gut gelaunt, sie konnte
Nicht überwinden, daß der schönste Tänzer, der galanteste

Kavalier au ihren beiden Töchtern vorbeigegangen war und
Eva engagirt hatte. Mathilde mit ihren Perlen, Clara
mit den versilberten Corallcn waren ihrer Meinung nach
die schönsten und elegantesten Damen des Balles gewesen;
wie konnte sich Eva unterstehen, mit dem gewaschenen
Mullkleid, das Mathilde ihr aus reiner Barmherzigkeit ge-
liehen, und mit der blauen Schärpe, die eine von ihren
Töchtern nie wieder angelegt haben würde auf Erden, auf
einen Menschen einen Eindruck zu machen und zumal auf
diesen. Sie war jedoch zu klug, ihr Inneres offenbar zu
legen, wußte sich aber auf der andern Seite dagegen zu
beherrschen, als daß Eva den Unmuth nicht gefühlt hätte.
^ Mit der zuckersüßesten Miene und den Weichesten
Tönen ihrer Stimme sagte sie zu ihren beiden Töchtern:
„Eins ist doch gewiß, liebe Kinder, ihr wäret die
Schönsten auf dem Balle, und wenn Clara sich nicht den
Fuß verstaucht hätte, wer weiß, ob wir nicht noch im Con-
ventgarten säßen, denn das ist klar, ohne Euch wäre die
ganze Sache nichts gewesen."
(Fortsetzung folgt.)
 
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