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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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April (No. 39 - 51)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0187

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Amtsverkündignngsölatt für de» Wezirk Schwetzingen.
PAdLscht Hgpsettztilung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

K«. 47.

Dienstag, 21. April 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserate von Answärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Dogkcr, Audokf Waffe und H. L. Janöc L Ko., die Süddeutsche Annonccii-Arpeditio»
von K. Stöckhardt in.Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Zager'sche Eentral-Vureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

Neueste Post.
Merkin, 78. April. Der Reichslag nahm in dritter
Lesung den Gesetzentwurf über Abänderung des Artikels 15 ^
des Münzgesctzes, betreffs Fortdauer der Giltigkeit der öster-
reichischen Thalcr an und genehmigte in zweiter Lesung den !
Vorgelegten Nachtragsetat, wobei die Abgeordneten Mofle ^
und Kapp den Knlihandel zur Sprache brachten. Präsident
Delbrück erklärte, ein Handelshaus in Hongkong habe den ^
Kulihandel betrieben, der Fall unterliege aber der englischen ^
Jurisdiction und stehe der Gemalt der deutschen Regierung ^
durchaus fern, den deutschen Cousnlatcn sei die strengste '
Ueberwachung des Transportes von Kulis aufgegeben. — ^
Hierauf folgt die zweite Lesung des Gesetzentwurfs über
die Ausgabe von Reichscassenscheinen. Im Laufe der Debatte ^
tritt Finanzminister Camphansen für die Vorlage der Re- ^
gierung eim Derselbe führt aus: Das Vcrhältniß des ^
Notenumlaufs zu dem Mctallvorrath sei in allen deutschen ^
Staaten wesentlich gleich. Die Bundesregierungen wollten
eine unverzinsliche Staatsschuld creiren, die nach gleich- '
mäßigen Grundsätzen gleichmäßig vertheilt werde,. Das Ge- ^
sammtreich sei nicht verpflichtet, die ungedeckte Notenschuld
der Einzclstaaien zu tragen. Die angebliche Bevorzugung
einzelner Staaten gegenüber anderen sei eine irrige und
durch die Verhältnisse widerlegte Behauptung. Die Reichs-
regiernng mußte den Einzelstanten entgegenlommen, dieses
War die Absicht des Gesetzes. Ueber die Bewilligung der
Quote des Notenübcrschusses lasse sich rechten, aber keines-
falls sollten Staaten, die weniger Papiergeld ansgegeben
haben, stärker bcnachtheiligt werden als die Vorlage aus-
spreche. Der Minister widerlegt sodann die Annahme, daß
die Vorlage einen Ueberflnß an Papiergeld schaffe und legt
das Verhältniß zu dem Silbervorrath in Preußen dar. Zur
Einführung der Markrechnung in Süddeutschland könne
Preußen „Achtgroschenstücke", deren es über 50 Millionen
besitze, als Markstücke und „Viergroschenstückc", deren es
über 8 Millionen besitze, als Halbmarkstücke ausführen.
Deutschland habe nicht nölhig, große Silbermaffen auf den
Weltmarkt zu werfen, das Ausland müss> dafür wenigstens
einen ansehnlichen Preis zahlen. Der Reichstag möge die
Vorlage annehmen. Nach längerer Debatte wurde ZI mit
der Bestimmung angenommen, daß, dem Anträge Bam-
berger's entsprechend, nur Appoints zu 5, 20 und 50 Mark
ausgegeben werden.
Merlin, 18 April. Der „Reichsanzeiger" publieirt
die Adelsernennung für die-Glieder der Familie Mumm
unter dem Namen Mumm.von Schwarzenstein.
London, 18. April. Ein Telegramm der „Times"
aus Santander vom 17. d. M. meldet: Die Regierung
ist zur Fortsetzung des Kampfes gegen die Carliste.r fest ent-
schlossen und läßt jeden Gedanken an eine Unterhandlung
dementircn. Die Gouverneure der Provinzen sind angewie-

sen, jede alphonsistische Propaganda ganz energisch zu mtter-
drücken. Admiral Topete ist nach Erledigung des Ausgleichs-
Versuchs mit den Madrider Ministern in Somorrostro ein-
getroffen. Die Differenzen sind beigelegt. Zuerst soll Bil-
bao entsetzt werden und sind deshalb 12,000 Mann unter
Befehl des Generals Concha von Santander abgegangcn.
Von andern Theilen Spaniens marschiren 12,000 Mann
um sieh mit der Abtheilnng Concha's zu vereinigen. Die
Carlisten befestigen die Stellungen zwischen Balmaseda und
Ranalcs. B'lbao ist bis zum 5. Mai verproviantirt.
Madrid, 17. April. Die „Gaceta" bringt die Mel-
dung über ein bei Prednabena staltgehabtes Gefecht, wobei
die Carlisten 53 Tobte und 22 Verwundete halten. Ferner
meldet das Blatt, eine andere Abiheilung Carlisten sei auf
portugiesisches Gebiet ttbergetreten und dori interniri wor-
den. — Ein viertes Verstärknngscorps für die Nordarmee
ist in der Formation begriffen.
Madrid, 18. April. Ein Brief aus Bilbao meldet,
es sei noch Proviant für einige Zeit vorräthig.
General Concha, welcher im Lager Sainl-Martin Be-
sprechungen mii dem Marschall Serrano halte, ist znm Ober-
befehlshaber des dritten Corps ernannt worden. Das Wet-
ter hat sich in den letzten Tagen gebessert, doch dürfte der
Wiederbeginn der Operationen den aus Santander einge-
gangenen Nachrichten zufolge nicht vor Mittwoch oder Donners-
tag erfolgen.
Wervyork, 17. April. Der republikanische Gouverneur
von Arkansas hat den Belagerungszustand proclamirt und
hält den Regierungssitz Litlle-Rock cernirt. Präsident Grant
hat die von ihm erbetene Intervention abgelehnt.
— An Stelle Snmners ist Washburne zum Senator
für Massachusels erwählt worden.

Aie Armeen Europas.
Die „Liberia rd associazione" von Mailand enthält
in ihrer letzten Wochennummer eine militärische Statistik
von Europa. Die gegenwärtige Stärke der Heere der
europäischen Großmüchie ist nach diesem Blotie folgende:
„Deutschland verfügt in Acüvität über 559,540 Mann mit
1776 Kanonen und eine Reserve von 450,830 Mann und
306 Kanonen, zusammen 1,010,360 Mann mit 2082 Ka-
nonen; Rußland über 436,000 Mann mit 1312 Kanonen
und eine Reserve von 143,000 Mann mit 225 Kanonen,
zusammen: 656,520 Mann mit 1508 Kanonen; Frank-
reich über 427,300 Mann mit 1728 Kanonen und eine
Reserve von 106,250 Mann mit 438 Kanonen, zusammen:
533,550 Mann mit 2265 Kanonen; Oesterreich verfügt
in Activität über 327,100 Mann mii 1268 Kanonen und
eine Reserve von 126,350 Mann mit 338 Kanonen, zu-
sammen : 452,450 Mann mit 1690 Kanonen; Italien
über 228,800 Mann mit 800 Kanonen und eine Reserve

von 267,100 Mann mit 240 Kanonen, zusammen: 495,900
Mann und 1040 Kanonen; England über 71,800 Mann
mit 240 Kanonen, ohne Reserve. Die Ziffern bezeichnen
nur die zum Beginn des Feldzllges verfügbaren Truppen.
Was die znm Platz-und Festnngsdienst erforderlichen Mann-
schaften betrifft, so besitzt Deutschland deren noch 551,4'40
Mann mtt 570 Kanonen und Frankreich 472,000 Mann
mit 360 Kanonen. Auch wären die Streitkräfie Deutsch-
lands denen Frankreichs um 176,820 Mann überlegen,
und ständen hinter denen Rußlands um 59,856 Mann
zurück. Erwägt man indessen die große Ausdehnung des
russischen Reichs und die geringe Entwickelung seiner stra-
tegischen Eisenbahnen, so können wir behaupten, daß zur
gegenwärtigen Zeit das deutsche Reich die erste Kriegsmacht
der Welt ist.
Locales.
V.6.2. Schwetzingen, 15. April. Sie bringen in
Nr. 44 Ihres Blattes einen kleinen Artikel von Schwetzin-
gen vom 9. April, worin cs u. A. heißt, daß die Ausräuch-
erung der Keller »nd Abzugsgräben im Stadt- und Schloß-
bezirk, welche eine gänzliche Vertilgung der
Schnackenbrnt zum Entzweck hatte, nicht zu dem ge-
wünschten Resultate geführt zu haben scheint rc. Wir wollen
uns nur dagegen verwahren, daß eine gänzliche Vertil-
gung der Schnacken nicht in Aussicht gestellt war. Im Gegen-
theil wurde bo» unserer Seile ans, besonders aber von
Seiten des Hrn. Professors Dr. A. Pagenstecher, von Vorn-
herein gesagt, daß die Räucherkerzen eigentlich nur im
Sommer in den Schlafzimmern anzuwenoen seien. Hr.
Prof. Pagenstecher fand durch seine Untersuchungen u. a.
mir, daß die in den Kellern überwinternden Schnacke» sämmt-
lich befruchtete Weibchen sind, und meinte, daß man dem-
nach also durch deren Vertilgung der Fortpflanzung der
Brut jedenfalls steuern könne. Nun aber zeigten sich in
Schwetzingen leider einige Bewohner, welche pcincipiell g e-
g e n die Räucherung waren. Ferner haben sich trotz der
anerkcnnenswerthen Empfehlung des Herrn Oberamimanns
Richard leider nur zwei Gemeinden des Bezirks mit der
Räucherung befaßt. In diesen beiden letzten Thatsachen
wird wohl allein nur der jedenfalls, für dieses Jahr noch
unvollkommene Erfolg der Räucherung liegen. Wir sind
überzeugt, daß wenn jedes Jahr, nicht nur in Schwetzingen,
sondern im ganzen Bezirk und darüber hinaus, gründlich
geräuchert wird, die Schnacken jedenfalls vermindert,
nicht aber vollständig Vertilgt werden.

Statistisches aus dem Amtsbezirke.
r. Schwetzingen, 10. April.
(Fortsetzung.)
Die V e r k e h r s v e rh ä l t n i s s s gestalteten sich im
Jahre 1873 für den Bezirk in erfreulichster Weise, und ist

Feuilleton.
Aer ArrnenarzL°
Roman aus dem Leben einer großen Stadt,
von I. Steinmsn».
Drittes Kapitel.
Arm und Reich.
(Fortsetzung.)
„Sie sind leidend, wie Sie mir schrieben und so eben
mündlich wiederhollen," sagte Feldmann. „Darf ich Sie
bitten, mir zu sagen, in welcher Weise sich Ihr Unwohlsein
äußert?"
„Ja, ja!" stieß Herr Wagenberg hervor, „wenn ich
das nur selber wüßle. Bald ist es hier, bald ist es da.
Oder wenn Sie wollen! es ist überall und nirgends."
Wagenberg machte eine Pause und starrte vor sich hin.
„Haben Sie Appetit?" fragte Feldmann nach einer
Weile. °
„Nicht immer," war die Antwort. „Bald schmeckt das
Essen mir sehr gut. Bald gar nicht."

„Haben Sie bisweilen Fiebererscheinungen?"
„Fieber? Nein — Ja. Zuweilen, aber nicht immer."
„Leiden Sie an Kopfschmerzen!"
„Wie meinen Sie?" fuhr Wagenberg ans und nahm
einen fast drohenden Ausdruck an. Aber rasch glätiete sich
das Gesicht wieder und er fügte nach einer Weile mit sü-
ßem Lächeln hinzu : „Ja, der Kopf, der Kopf. Sehen Sie,
da liegt es. Ja, Sie haben Recht, der Kopf."
Feldman» faßte den Arm des alten Herrn, um den
Puls zu fühlen. Der Puls ging trüge, ohne große Leben-
digkeit.
Seltsam, dachte Feldmann. Sollte der Mann nicht
ganz zurechnungsfähig sein?
Nach einer Weile begann Wagenberg leise:
„Wenn Sie mir helfen könnten? Wenn Sie mir Schlaf
schaffen könnten? Wenn — —"
Dann brach er plötzlich ab.
„Herr Wagenberg," nahm der Doc!or ernst und fest
das Wort, „wenn Sie Ihrem Arzte nicht mit Vertrauen
und Offcnhei! entgegen kommen, wie können Sie sich da Hoff-
nung auf irgend welche Hülfe machen?" Dann erhob er
sich und sagte: „Sie werden wissen, daß die Zeit eines
Arztes sehr knapp gemessen ist

„Nein, nein," rief Wagenberg lauter als gewöhnlich.
„Sie dürfen mich nicht so verlassen. Sie müssen bei mir
bleiben." Dann sank die Stimme wieder zum Flüstertöne
herab: „Ich muß Schlaf habe» — festen, erquickenden
Schlaf. Alle Aerzte, die ich schon consnliirte, können mir
ihn nicht verschaffen. Ich habe ihnen Geld geboten, sie können
es nicht."
Dann blickte er den Docior bittend an und sagte:
„Sie werden mir Schlaf gebe», ich weiß es."
Seine Augen hasteten auf dem Antlitz des Dociors.
Es war ein eigener Anblick, den alten bleichen Herrn zu scheu,
wie er um Hülfe flehte bei dem jüngeren Manne, aus dessen
Gesichte die Absicht, zu helfen, wo er konnte, gemeinsam mit
der Anmuth und Kraft hervorlenchtete, die unverdorbenen
Naturen angehört.
„Seit wie lange haben Sie sich in der körperlichen
und geistigen Verstimmung gefühlt, an der Sie augenblick-
lich leiden," sagte Feldmann.
„Geistig?" wiederholte Wagenberg und blickte den Doc->
ior mißtrauisch an.

(Fortsetzung folgt.)
 
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