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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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September (No. 103 - 115)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0451

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag!
und Samstag.
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W'VMIMM
Amtsverkündigungsölalt für den Mezirk Schmeßingen
Badische Hopsen Leitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische

Viertels. Adonnement:
Für'- Wochenblatt 51 kr,
Unterhaltungsblatt 12 kr,
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Aarmondzeile 5 kr.


No. 113.

Donnerstag, 24. September 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserat« van Auswärts nehmen sür uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasensteln L Mogler, Nudolf Waffe und K. cL- Aauöe L Ko.» Süddeutsche Snnoucerl-chLprdUio«
von K. Stöckßardt in Franlsurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das ZLger'sche Eentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

Einladung jum Abonnement.
Mit dem 1. Oktober beginnt wieder ein neues
Abonnement auf das
Amtsverkündignngsülatt für den Amts- L Amts
gerichtsvezirk Schwetzingen,
zugleich
Badische Hopfenzeitrrrrg
und laden wir hiermit zu recht zahlreichen Bestel-
lungen ergebenst ein.
Die Redaktion ist unausgesetzt bemüht, die An-
sprüche, welche die Leser an ein wöchentlich dreimal
erscheindes Blatt stellen dürfen, zu befriedigen. Der
seit dem 1. Juli beinahe um das Doppelte zuge-
nommene Leserkreis in den Bezirken Schwetzingen,
Mannheim, Heidelberg, Wiesloch und Bruchsal, so-
wie unter der hopfenbautreibenden Bevölkerung Ba-
dens, Württembergs, Baierns, Böhmens und im
Elsaß, ferner die fast ausschließliche Benützung un-
seres Blattes für Anzeigen jeder Art, liefert den
beste»« Beweis der Popularität unseres Blattes.
In das bevorstehende Quartal fallen die Ver-
handlungen des Reichtages und werden wir unfern
Lesern von denselben in gedrängter Weise Bericht
erstatten. Ferner bringen wir: Leitartikel, eine Po-
litische Wochenschau, Nachrichten aus Stadt und
Land, die neusten Hopfenberichte (Original-
berichte) aus allen bedeutenden Hopfendistrikten des
Continents und Englands. Dem Feuilleton wird
die Redaktion nach Beendigung der jetzigen sehr aus-
gedehnten Erzählung mehr Augenmerk zuwenden.
Inserate sind bei der großen Verbreitung des
Blattes von bestem Erfolg.
Neuhinzutretende Abonnenten erhalten die bis
Ende September erscheinenden Nummern gratis.
Wir ersuchen diejenigen Abonnenten, welche unser
Blatt durch die Post beziehen, ihr Abonnement bal-
digst erneuern zu wollen, daß die regelmäßige Zu-
sendung keine Unterbrechung erleidet.
Der Abonnementspreis beträgt vierteljährlich
51 kr. ohne Zustellungsgebühren.
Der Verlag des „Schwetz. Wochenbl."
Feuilleton.
Der Armenarzt.
Fortsetzung.
„Eins nur liegt mir auf dem Herzen, aber, Herr Doktor,"
fuhr Sie fort, „ich glaube, ich habe nicht recht gehandelt,
sehen Sie, es kam Jemand, der wollte mein Kind glücklich
machen, wie er sagte. Das sagte mir auch Jemand einmal,
und ich wurde so unglücklich wie Niemand auf der Erde.
Dasselbe Schicksal wollte ich meinem Kinde ersparen, und
ich sagte Nein; wenn ich Ja gesagt hätte, denn es giebt
doch auch Menschen auf Erden, für die das Glück da ist,
und wäre eS nicht möglich gewesen, daß mein Kind glücklich
geworden wäre, wenn ich meine Einwilligung gegeben hätte?"
Feldmann dachte in demselben Augenblick daran, wie
er selber jetzt nach vielem Leiden glücklich geworden war.
Er dachte an das neue Leben, welches Emilie an seiner
Seite beginnen würde, und an die Zukunft, die ihm rosig
entgegen lächelte, und sagte daher mit erhobener Stimme:
„Gewiß hätten Sie Ihr Kind glücklich gemacht, denn ich
kenne den Mann, der ihr gegenüber die Verpflichtung über-
nommen hat, sie treu durch das Leben zu geleiten. Sie

* Der Kaiser von Rußland und
Don Karlos.
Die Zeitungen brachten letzte Woche eine Sensations-
nachricht, der Czar von Rußland habe an den spanischen
Thronpräteiident Don Karlos ein Schreiben gerichtet, worin
er ihm seine Sympathien kund thue und wünsche, daß Don
Karlos recht bald den spanischen Thron besteigen möge und
so die Ruhe und Ordnung in Spanien, das seit langen
Jahren nun der Schauplatz chronischer Revolutionen sei, und
dergleichen mehr. Diese Nachricht stammt nun aus karlisti-
scher Quelle, und sind diese immer mit größter Vorsicht auf-
zunehmen. Derjenige Theil der europäischen Presse nun,
welcher nicht ganz in den Händen der Ultramontanen ist,
war ursprünglich geneigt die Nachricht als eine dreiste Lüge
anzunehmen. Man kennt ja die Frechheit, mit welcher man
im karlistischen Lager einerseits Thatsachen zu leugnen sucht,
die aller Welt offenkundig sind, und andererseits Erfindungen
kolportirt, für die man absolut keinen Wahrheitsbeweis an-
trcten kann. Es lag daher die Annahme nahe, daß dieses
ausposaunte Sympathieschreiben nie existirt habe. Der Um-
stand jedoch, daß die Regierung von St. Petersburg bisher
kein bestimmtes Dementi ausgesprochen, sowie die Darstellung
des Brüsseler „Nord", dem man gewisse Beziehungen zur
ersteren zuschreibt, lassen det Vermuthung Raum, daß Czar
Alexander doch irgend ein Schreiben des Don Carlos beant-
wortete. Aber zwei Umstände sind zu berücksichtigen, um
diese angebliche Kundgebung zu Gunsten der karlistischen Sache,
als welche der Brief des russischen Kaisers von der ultra-
montanen Presse ausgebeutet wird, auf das richtige Maß
zurückzuführen. Gerade das, was das karlistische Amtsblatt
wohlweislich verschweigt, weist uns auf die richtige Fährte
hin. Da kein Datum des Schreibens genannt wird, während
doch der Zeitpunkt der Abfassung wesentlich für die Bedeutung
desselben ist, so darf man mit Recht schließen, daß Don Carlos
denselben jedenfalls vor her Anerkennung der Madrider Re-
gierung durch die meisten europäischen Mächte empfangen
habe, ja wahrscheinlich viel früher, als Über diese Frage
Unterhandlungen eingeleitet wurden.
Der Versuch der ultramontanen Presse, eine gegen
Deutschland gerichtete Demonstration herauszudrehen, bleibt
deshalb eitel. Ferner wird bemerkt, daß nur wenige abge-
rissene Sätze von dem Leibblatt des Don Carlos citirt wer-
den, während die Briefe des Vetters Chambord in seinem
vollen Inhalt wiedergegeben wurden, und daß dieg-brachten
Sätze ebenso allgemein als vieldeutig sind und im besten
Falle ein persönliches Wohlwollen des Selbstbeherrschcrs
aller Reußen für den Selbsterwählten der meuterischen Ban-
den in Spanien bekunden. Was den Zeitpunkt des Schrei-
bens betrifft, so vermuthet ein Correspondent der „K. Z,",
daß man es bei dem Schreiben vermuthlich mit einer Ant-
können ja noch wieder gut wachen, was Sie versäumten,
denn die Beiden lieben sich treu und ehrlich."
„Oh," sagte die Alte, „ich kenne die Treue, sehen Sie,
Herr Doctor, nur Ihnen allein, will ich es anvertrauen, mit
Niemandem habe ich darüber gesprochen in den langen, langen
Jahren, selbst mit Lea nicht, der ich doch Alles sagen konnte,
aber Ihnen muß ich es mittheilen. Es muß ein Mensch
außer mir wissen, damit ich Erleichterung finde. Und nicht
wahr, die Aerzte sind verschwiegen, sie reden nicht über das,
was ihnen gesagt wird am Krankenbette, vielleicht am Sterbe-
bette?"
„Auch wir Aerzte haben das Siegel des Beichtgeheim-
nisses," antwortete Dr. Feldmann.
„Nun denn," fuhr die Alte fort, „ich war auch einmal
jung, wie mein Kind, meine Eva, denn ich lebte in andern
Verhältnissen als jetzt; da kam ein Mann zu mir, ein schöner,
ein guter Mann, den mußte ich lieben wie ich nur Gott im
Himmel lieben konnte, und er sagte zu mir, daß er mich
glücklich machen wollte. Das hätte er auch gethan, ich weiß
es, aber er durfte nicht, damals gehörte ich einer Familie
an, die man angesehen nannte, die einen Namen in der
Stadt führte, und der, der mich liebte, hatte keinen Namen.
Er war arm, er war so arm wie er gut war, und als mein

wort zu thun habe, welche dem Anfangs 1872 gestellten
Hilfegesuch des Don Carlos zu Theil wurde, das ein Abge-
sandter des letzteren nach Petersburg überbrachte, ohne je-
doch für sich eine persönliche Audienz erlangen zu können.
Wie denn auch sei, auf werkthätige Sympathien von Seiten
Kaiser Alexanders hat der Königscanditat in Spanien heute
so wenig wie vor Jahren zu rechnen. Die von letzterem
verübte Jndiscretion, welche außerdem noch einem Höflich-
keilsact eine demostrative Bedeutung beizulegen und den russi-
schen Monarchen dadurch zu compromittiren sucht, daß letz-
terem eine Billigung der unter carlistischer Fahne verübten
Gräuelthaten zugemuthet wird, dürfte übrigens schwerlich
verfehlen, eine ganz entgegengesetzte Wirkung hervorzurufen.
Die Ultramontanen, welche wohl nie ernsthaft geglaubt ha-
ben, daß der engerische Bändiger römischer Gelüste in sei-
nem eigenen Reiche hinter der Vorhut von den Schwarzen
so vielfach unterstützten Armee in Spanien stehe, müssen sich
nun auch darauf gefaßt machen, daß dem Czaren durch der-
artige Rücksichtslosigkeiten selbst etwaige Neigungsschrullen
für das onüwt tsrribls der Pseudo-Legitimität, für den
blutigen Don Carlos, ein für alle Mal verleidet werden.
Nur der arme Heinrich von Frohsdorf ist eben bereit, durtz
Dick und Dünn mit dem lieben Vetter zu gehen, und sich
abermals durch die Absrndung eines Vertrauensmannes an
den spanischen Prätendenten, dessen schmachvolle Rolle nun
bald ausgespielt sein dürfte, zu blamiren.
Leidet Europa wirklich an Nervenüberreiz, seitdem
Deutschland zu seiner nationalstaatlichen Gesundheit zurückge-
kehrt ist, oder sind die uns grob erscheinenden Fäden der
Ultramontanen noch immer im Stande die Fliegenpolitiker,
deren es in jedem Lande gibt, einzufangen ? wir wissen es
nicht, bemerken aber nur, daß politische Sinnestäuschungen,
in denen Deutschland die Rolle des unheilbringenden Dämons
spielt, zu einer förmlichen Modekrankheit werden. Viele wun-
derliche Märchen über unseren Annexionshunger haben wir
schon den Lesern mitgetheilt und uns mit ihnen über diese
Produkte einer kindlichen Anschauung ergötzt. Und kein Tag
vergeht, ohne daß neue hinzukämen. Eine militär-politische
Wochenschrift in England glaubt zu bemerken, daß wir auf
Helgoland Appetit verspüren, oder vielmehr, daß wir dort
nur den Anlaß suchen, um uns auch einmal mit der briti-
schen Seemacht zu messen. AuS welchem Bedlam der Sen-
sationsnarr entsprungen ist, welcher solche Dinge hinschreibt,
ist uns nicht bekannt. Fast ebenso tollem Zeug begegnen
wir jetzt in einem Theile der portugiesischen Presse. Dieselbe
quält sich mit der rein aus der Luft gegriffenen Vermuthung,
daß Deutschland die Portugiesen zu der von diesen gehaßte»
Zwangsehe einer iberischen Union zwingen wolle, und ein
Lissaboner Blatt verlangt sogar schon Rüstungen, um Ein-
griffe in das Selbstbestimmungsrecht des Landes abzuwchren.
Da bleibt faktisch nur die Frage übrig: Was kaufen wir
Bruder erfuhr, daß ich ihn liebte, da sagte er Nein, da
wußte er ihn in meinen Augen schlecht zu machen, aber ich
glaubte es nicht. Da eines TageS erhielt ich einen Brief
von dem jungen Mann, in welchem er mir schrieb, daß Alles
aus sei, daß er mir nie verzeihen könne, daß er hinaus gehe
in die weite Welt, und meiner nicht mehr gedenken wolle.
Das war aber so gekommen: als ich wie wahnsinnig über
den Brief mein elterliches Haus verlassen wollte, wurde mir
der Ausgang verwehrt. Ich war eine Gefangene, und der
mich gefangen hielt, war »nein eigener Bruder. Das Ganze
war sein Werk, er »vor hingegangen zu ihm, den ich liebte,
er hatte ihm gesagt, daß ich nichts von ihin wissen wollte,
und als Beleg zeigte er ihm in der Zeitung eine Verlobungs-
anzeigc, auf der mein Name stand mit dem eines Menschen,
den ich nicht kaniite. Das hatte mein Bruder gethan, und
damit ich nicht erfahren sollte, »vas er gethan, wurde ich
abgeschieden gehalten von der Welt. Darauf vergingen einige
Jahre, ich war ruhig geworden. Niemand ahnte, daß ich
den Urheber meiner Leiden haßte. O, ich wäre im Stande
gewesen, eine entsetzliche That zu thun, ich hätte ihn vernichten
können, wenn nicht die Erinnerung an den, welchen ich liebte,
und der so gut war, mich abgehalten hätte, denn er würde
nie im Stande gewesen sein, eine böse That zu thun."
(Fortsetzung folgt.)
 
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