Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

DOI chapter:
Oktober (No. 116 - 129)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0511

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

Erschein!
wöchentlich »rei Mal:
Dienstag, Donnerstagl
unö Zamstag.
Me P-stanfialten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

Amtsverkündigungsbtatt für den Mezirk Schwetzingen

Badische Hopsenxeilung.

Viertels. Al'vnnemcnt.
Für's Wochenblatt 51 kr
Unterhaltungsblatt 12 kr.
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.
Ho. 128. " Donnerstag, ^9. Oktober 1874. VIII. Jahrgang.
2«ser«te V»« Auswärts nehmen für unt auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstet» L Fogker, N«dotf Masse und H. L. DauSe L tzo., Süddeutsche Annoncen-Hrpedition
van G. Sttcktzardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Jäger'sche Tentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

EeiieNungen
Badische Hopfenzeitung, für die Monate Novem-
ber L Dezember nehmen noch alle Postanstalten, sowie
Taschenbolen und Zeitungsträger entgegen.
^ * Zur Sache Arnim s.
Berliner Blätter nicht politischer Richtung geben eine,
wie man auS der Darstellung selbst schließen muß, wahr-
scheinlich ganz zuverlässige Vorgeschichte zu dem Prozeße Ar-
nim, so daß wir. um die Leser in der ouuss ovlebiv voll-
ständig zu orientiren, die bezügliche Darstellung unverkürzt
wiedergrben.
Nachdem Fürst Hohenlohe im Mai d. I. seinen
Posten in Paris angetreten und die Geschäfte der Botschaft
nebst dem Archive derselben von seinem Vorgänger übernom-
men hatte, wurde er bald von dem ersten Botschaftssekretär
darauf aufmerksam gemacht, daß in dem amtlichen Geschäfts-
journale eine Anzahl von Schriftstücken eingetragen sei, die
ihm, dem Sekretär, niemals zu Gesicht gekommen seien.
Fürst Hohenlohe verlangte das Journal zu sehen, und eS
ergab sich, daß die bezeichnet?» Nummern sämmtlich von der
Hand des Grafen Arnim selbst eingetragen waren, während
die übrigen Eintragungen nur zum Theil von ihm, zum
Theil von anderen Beamten der Botschaft ausgeführt waren.
Niemand wvß'e über den Inhalt der fehlenden Schriftstücke
nähere Auskunft zu geben, woraus zu schließen war, daß
dieselben nicht ans dem gewöhnlichen Postwege, auf dem sie
auch den übrigen Mitgliedern der Botschaft zu Gesicht kom-
me:' konnten, befördert waren, sondern daß sie nur durch
Kabinets-Kurriere nach Paris gelangt sein konnten, welche
letztere die Instruktion haben, die ihnen übergebenen Noten
und Dokumente dem Chef der Legalion stets persönlich zu
überreichen. Fürst Hohenlohe bedauerte die Unvollständigkeit
des Archivs hauptsächlich deswegen, weil dieselbe eS ihm
unmöglich machte, sich über gewisse Fragen ausreichend zu
informiren. Er richtete deßhalb ein Schreiben an den Staats-
sekretär v. Bülow nach Berlin, in welchem er unter kur-
zer Mittheilpng des Verhaltes daS Ersuchen ausdrückte, ihm
die Konzepte jener Schriftstücke (im diplomatischen Sprachge-
brauch „mümtss" genannt) behufs seiner Information zu
übersenden. Dies ist der einzige Schritt, den Fürst Hohen-
lohe in der Angelegenheit gethan; die weitere Entwickelung
derselben geht gänzlich ohne seine Mitwirkung vor sich.
Im Auswärtigen Amte gab das Schreiben des neuen
Botschafters zu anderen Erwägungen Anlaß Man sah von
einer Uebersendung der verlangten Konzepte ab in der Mei-
nung, daß Graf Arnim gehalten sei, die Originale selbst
herauszugeben. Bülow konfrrirte in dieser Beziehung mit

dem Fürsten Bismark, um dessen Ansicht einzuholen und
richtete darauf in Uebereinstimmung mit dem Letzteren ein
Schreiben an den Grafen Arnim nach Karlsbad, in wel-
chem er ihn um die gefällige Rückgabe der jedenfalls nur
irrthümlich mitgenommenen Schriftstücke aus dem Pariser
Botschaftsarchio ersuchte. Auf dieses Schreiben sandte der
Graf Arnim nach Ablauf von etwa 14 Tagen siebzehn der
fehlenden Schriftstücke ein und bemerkte in Bezug auf die
übrigen, daß er daS Eigenthumsrecht an ihneu für sich in
Anspruch nehme. Die Antwort des Staatssekretärs von
Bülow auf dieses Schreiben bestätigte zunächst den Emp-
fang der übersandten siebzehn Schriftstücke und bemerkte be-
züglich des Eigenthumsanspruchs auf die übrigen, daß das
Auswärtige Amt einen solchen um so weniger anzuerkennen
vermöge, als nach Ausweis der dort befindlichen Registra-
turen sämmtliche in Rede stehende Schriftstücke an de» „Bot-
schafter des Deutschen Reichs", nicht aber an den Grafen
Arnim persönlich gerichtet worden seien. Es müsse demnach
bei dem Verlangen nach Rückgabe derselben verblieben wer-
den. Graf Arnim beantwortete dies Schreiben dahin, daß
er seine Auffassung bezüglich des Eigenthumsrechts an den
Schriftstücken nicht ändern könne, im Uebrigen aber auch in
seiner jetzigen Stellung sich nicht verpflichtet glaube, mit dem
Auswärtigen Amt in weitere Verhandlungen über die Frage
einzutreten, vielmehr gesonnen sei, die Entscheidung dem Kai-
ser anheimzustellen. Bülow erwiderte, daß nach Ansichts
des Auswärtigen Amtes das Disponibilitätsverhältniß des
Botschafters eine amtliche Kommunikation mit ihm allerdings
gerechtfertigt erscheinen lasse und daß der Kaiser um so we-
niger in der Lage sei, die Sache zu entscheiden, als die
Botschafter in ihren dienstlichen Beziehungen nicht unmittel-
bar von ihm, sondern vom Ministerium des Auswärtigen
ressorlirten. Auch dies Schreiben wurde vom Grafen Ar-
nim beantwortet und zwar mit der Erklärung, daß wenn
es ihm nicht gestattet sei, die Entscheidung des Kaisers an-
zurufen, er die Sache den Gerichten unterbreiten werde.
Hiermit schließt der Briefwechsel zwischen dem Grafen und
dem Auswärtigen Amte, der ohne jede persönliche Mitwir-
kung des Fürsten Bismarck geführt worden war.
Bülow begab sich demnächst mit dem gespannten Ma-
terial abermals zum Reichskanzler, um mit ihm über die
weiteren Maßnahmen zu tonferiren. Fürst Bismarck hielt
die weitere Verfolgung der Angelegenheit für erforderlich und
beauftragte den Staatssekretär, einen ausführlichen Bericht
über dieselbe an den Kaiser- zu erstatten. Dieser Bericht
wurde entworfen und der Bestimmung des Kaisers unter-
breitet. Als die Sache nach einiger Zeit aus dem Kabinet
an das Auswärtige Amt zurückgelangte, zeigte es sich, daß
der Kaiser den Gedanken an eine disziplinäre Behandlung
deS Vorfalls vor anderen Erwägungen hatte zurücktreten lasse.

Die kaiserliche Ordre auf Grund des erstatteten Berichts
lautete ihrem Sinne nach: „Da Graf Arnim die Hilfe der
Justiz in Anspruch zu nehmen wünscht, so ist diesem Wun-
sche nachzugeben und seitens des Auswärtigen Amtes die
Angelegenheit den Gerichten zu überweisen." — In Gemäß-
heit dieser kaiserlichen Ordre wurde demnächst das gesammte
thaisächliche Material der Staatsanwaltschaft überreicht, welche
ihrerseits die Einleitung der gerichtlichen Voruntersuchung
herbeiführte. Alles weitere ist bekannt.
Aus dieser Darstellung geht hervor, 1) daß an dem
amtlichen Charakter der fehlenden Schriftstücke nicht zu zwei-
feln ist; 2) daß Fürst Hohenlohe die Veranlassung, aber die
ganz unschuldige Veranlassung war, daß über die in Verlust
gerathenen Aktenstücke Nachforschungen angestellt wurden. Die
„Nordd. Allg. Ztg." sagt knii Recht, daß Fürst Hohenlohe ein-
fach seine Pflicht gethan habe, wie ein Kassenbeamter, der eine
Kasse übernehmen soll und einen in derselben entdeckten Defekt
zur Anzeige bringt; 3) daß Fürst Bismarck nicht einmal
für das Einschlagen des gerichtlichen Verfahrens verantwort-
lich zu machen ist. Es war Graf Arnim selbst, der diesen
Vorschlag machte, und er wurde durch kaiserliche Entschei-
dung genehmigt.

Deutsches Reich.
Karlsruhe, 24. Okt. Das Gesetzes- und V erordnungs«
blatt Nr. 43 enthält: 1) Gesetz vom 21. Juni d. I., die Abände-
rung des Gerichtr-sportelgesetzes betr.; 2) Landesherrliche Verordnung
vom 1. d., wonach das Gesetz über die Aenderung des Gerichtssportel-
gesetzes am 1. Januar 1875 in Wirksamkeit tritt; 3) Bekanntmachung
Gr. Ministeriums des Kr. H -uses, der Justiz und des Auswärtigen
vom 10. d., das Gerrchtssportelgesetz betr.
* Schwetzingen, 27. Okt. Ultramontane Blätter
registriren mit großer Befriedigung den Sieg ihres Kandi-
daten, Frhrn, v. S ch o r l e m e r - A l st, in dem Wahlkreise
des verstorbenen Herrn v. Mallinckrodt. Derselbe erhielt in
dem Wahlkreise Ahaus-Tecklenburg-Steinfurt bei der Ersatz-
wahl zum Abgeordnetenhaus 13,290 Stimmen gegen 3499,
welche auf den liberalen Kandidaten, Commerzienrath Küm-
pers. fielen Bemerkenswerth ist indessen, daß bei der letzten
Wahl Herr v. Mallinckrodt 16,847 Stimmen erhielt, was
auf eine Abnahme der ultramontanen Wähler in jenem
Wahlkreise schließen läßt. — Die Ersatzwahl eines Abgeord-
neten für den Reichstag, welche kürzlich in dem Wahlkreise
Mülhansen-Langcnsatza-Weißensee stattgefunden, hat folgen-
des Resultat ergeben: Es wurden 6312 gültige Stimmen
abgegeben. Davon fielen 5901 auf den Staatsminister Dr.
Friedenthal, 313 auf den Kreisrichter Schilling (ul-
tramontan) ; die übrigen Stimmen zersplitterten sich. So-
mit ist der bisherige Abgeordnete dieses Wahlkreises wieder
gewählt worden. Bei der-vorigen Wahl hatte derselbe von
10,289 abgegebenen gültigen Stimmen 7900 erhalten, der

Feuilleton.
Pie HlaSen.
(Förtsrtzung.)
„Was kann dann unsere Liebe sein, diese Liebe, welche
mich leben und sterben machte? Nicht einmal ein Trost, nicht
»ine Hoffnung. Ungeachtet all' Ihrer Güte könnten Sie
aus mir keinen Waldhüter mehr machen. Denken Sie doch,
welcher Scandall So bin ich denn ohne Hilfsmittel, ein
Bettler, überall Vertrieben. Ueberall, wo ich Arbeit verlangen
werde, wird man mir sagen: Geh', geh' und bebaue das
Pricsterfeld!"
Und Jakob fiel erschöpft auf seinen Strohsack. In den
Augen Esteracs glänzte eine Thräne. Jakob fuhr nach einem
Augenblick des Stillschweigens fort:
„Und Susanne! Alle Welt würde sie verachten, der alte
Andreas würde sie für immer fortjagen. Und unsere Kinder,
nnsere Kinder, die Familie KainSl Dieses Elend, diese Leiden,
könnte sie Susanne ertragen? Welche Verzweiflung für mich,
wenn sie endlich den Tag verfluchen würde, wo sie ihr
Schicksal an das meine gebunden, wo unsere Liebe sie in
nie Leben voll Schande gestürzt hat."

ES entstand wieder ein Stillschweigen. Herr von Esterac
drückte die brennenden Hände des Gefangenen.
„Und wenn sie mich verließe!" begann er wieder mit
zitternder Stimme. „Wenn daS Opfer, welches sie mir
bringt, sie niederdrückt? Sie ist jung, kaum achtzehn Jahre.
Mein Leben ist beendet, daS ihre beginnt; sie Hai Simon
Vernou nicht geliebt, weil sie mich liebte; aber wer kann
sagen, daß Susanne nicht in drei oder vier Jahren einen
Andern lieben wird? Verstehen Sie das? Diese Schönheit,
dieses Antlitz, dieses Herz für einen Andern? O, lieber das
Brot deS Gefängnisses, die Bank der Angeklagten, das B esser
der Guillotine, lieber das Wort des Procurators, welche mir
in daS Herz schneiden wie hundert stechende Nadeln, lieber
daS Alles, als solches Leiden!"
„Mein Freund," jsagte Herr von Esterac mit wachsen-
der Bewegung, „Du thust diesem edlen jungen Mädchen
Unrecht. Sie wird Dir immer gehören. Verurtheili oder
freigesprochen, glücklich oder unglücklich, abwesend oder gegen-
wärtig, lebend oder todt, wird sie niemals aufhören Dich
zu lieben, und ich glaube, ja ich weiß es sicher, selbst wärst
Du schuldig, würde sic Dich noch lieben."
Ein Freudcnstrahl erleuchtete das Gesicht Jakobs. Von
einer leidenschaftlichen Erregung hingerissen, ergriff er die

Hand Esteracs und küßte sie; aber diese Bewegung war so
schleunig, wie der Gedanke. Der Gefangene ließ die Hand
seines Proiectors los und fügte traurig hinzu:
„Es ist wahr, Sie bleiben mir Beide, Sie so gut und
so wohlwollend. daS ist genug, um mich vor Verzweiflung,
vor Selbstmord zu bewahren, aber nicht genug, um gegen
die Menschen oder gegen die Dämonen zu kämpfen, welche
mir Verderbe» geschworen haben und welche sich in der
Finsterniß verstecken — ja, die Dämonen, und ich habe meine
Gedanken darüber — mögen Sie darüber spotten, aber be-
denken Sie diese unglückliche Thatsache, wenn ein Haase oder
Rebhuhn im Walde von Mercoire geschossen wurde, so kannten
wir in wenigen Tagen den Wilddieb. Und jetzt, wo ein
Mensch geiödiet ist. sind drei Monate verflossen und der
wahre Mörder ist noch nicht entdeckt — da steckt ein Geheim-
niß. Man wird ihn niemals entdecken und ich muß statt
seiner büßen.
„Ich denke besser von der Gerechtigkeit Gottes," sprach
Herr von Esterac, indem er herzlich Jakobs Hand drückte.
„Jetzt verlasse ich Dich. Auf baldiges Wiedersehen! Du
weißt, daß die Assisen morgen eröffnet werden und daß Dein
Prozeß Freitag zur Verhandlung kommt."
„Sie werden doch zugegen sein?"
 
Annotationen