Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerst«! ^
und Samstag.
Me Postanstalten
and Boten nehmen
Bestellungen an.
Amtsverkündigungsbl'att für den Bezirk Schwetzingen.
Badische H o p st n z e i t u n g.
uM bayerische
Viertels. Abonnement:
Für'Z Wochenblatt 51 kr.
Unt-rh-ltungsblatt 12 kr.
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondteile 5 kr.
kio. 1VS.
Samstag, 29. August 1874.
VIII. Jahrgang.
Inserate vr» Auswürl, mhm-n sür uns auch enigeg-n die Snaan-cn.Bunaur von eeaasenkeiu L ssogker, Nrdosf Messe und K. I. Jause L 8«., Küddeutsch« Inueuttu.KeredMeu
von G. StScktzardl in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie da» Aäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.
für den Monat s
September
auf das „Schwetzinger Wochenblatt und die
Bad. Hopfenzeitung" nehmen alle Postanstalten,
sowie unsere Boten und Zeitungsträger entgegen.
' Wochenschau.
Schwetzingen, 27. August.
Die spanische Anerkennungsfrage ist nachgerade der Art,
daß sie zum Gähnen reizt. Was man heute als gewiß aus-
gegeben, ist morgen wieder in Frage gestellt, wenn nicht gar
in das Gegentheil verkehrt. Oesterreich, das wird bestätigt,
hat die Anerkennung vollzogen. Von Deutschland wird eS
ebenfalls wiederholt gemeldet, aber immer noch auf Umwegen,
über Wien und Paris, nicht direkt von Berlin. Und doch
kann, wemr nicht Alles trügt, darüber kein Zweifel sein,
daß da» Deutsche Reich die angeregte Frage nicht fallen läßt.
Einige Blätter versichern sogar, der Kaiser selbst habe in
Petersburg und Wien zusprechendc Anregung geben lasten.
WaS Rußland betrifft, so sei ein Rundschreiben an die euro-
päische» Mächte auf dem Wege, in welchem es sein Bedauern
ansspreche, sich in dieser Frage von den übrigen Mächten
trennen zu müssen, in welchem aber auch ausgesprochen sei,
daß es die bki der Dreikaiserzusammenkunft getroffenen Verein-
barungen unerschütterlich aufrecht halte» werde. Rußland
würde sich zu der Anerkennung verstehen, wenn die KorteS
sich versammelt u«d die Regierung Serrano's anerkannt haben
würden. Inzwischen sind die deutschen Kanonenboote „Alba-
tros" und „Nautilus" in Santander cingetroffen.
Der preußische evangelische Oberkirchenrath hat ein Rund-
schreiben an den evangelischen Klerus versendet, in welchem
in Bezug auf das Zivilehegesetz zu unbedingtem Gehorsam
anfgkfordert wird, da dasselbe die Religion in keiner Weise
beeinträchtige und deren Ansehen in nichts schädige.
Der serbische Kirchenkongreß in Karlowiz ist von dem
königlichen Kommissär auf unbestimime Zeit vertagt worden,
nachdem er seiue Hauptaufgabe, die Wahl eines Patriarchen,
erledigt hat.
Wie «ix schon in letzter Nummer gemeldet, läßt die
französische Regierung heute zu Ehren dcS Königs von Bayern
die großen Wasser von Versailles spielen. Es wurden für
diese- Schauspiel ungewöhnlicher Weise die Stunden von
11 bis 1 Uhr gewählt, ohne Zweifel, damit der König das-
selbe recht ungestört genießen könne und nicht von neugierigen
oder vielleicht noch schlimmeren Augenzeugen belästigt werde.
Der König hat sich durch die außerordentliche Aufmerksamkeit,
welche die französischen Behörden für ihn entwickeln, bestimmt
gesehen, trotz des Inkognitos den französischen Minister des
Aeußern, Herzog DecazeS, zu sich zu entbiete», um. ihm seinen
besondern Dank auszusprechen. Diese Unterredung hat heute
früh im Beisein des Fürsten Hohenlohe in Versailles statt-
gesunden. Des Nachmittags sollte der König noch das große
und kleine Trianon besichtigen, dann nach Saint-Germain
fahren, und, nachdem er dort das Diner genommen, nach
Paris zurückkehren. Der König ist auf dieser ganzen Excursion
von dem Fürsten Hohenlohe, seinem Oberstallmeister Grafen
Holnstein und dem Botschaftssekretär Hrn. Rudolf Lindau
begleitet. Die Sonntags-Vorstellung im DllsLtr« kron^ois
hat den König in hohem Grade angesprochen; — Sonst
machen es die Pariser ultramontanen Blätter dein König
von Bayern nicht gerade schön. Sie lasse» an ihm ihre
Galle aus. weil König Ludwig bei Gründung des deutschen
Kaiserreichs eine hervorragende Rolle gespielt hatte. Der
„Umbers" sagt : „Es muß erlaubt sein, daran zu erinnern,
daß gegen Ende des Jahres 1870 es der König Ludwig von
Bayern war, welcher die Initiative zu dem Schritte ergriff,
durch welchen der König von Preußen gebeten wurde, sich
in Versailles als Kaiser von Deutschland krönen zu lassen.
ES gibt Dinge, welche die Franzosen nicht vergessen können."
König Ludwig mag aus dieser Sprache sehen, wie er bei
den Ultramonen angesehen ist und wie rücksichtslos sie sind,
wenn man nicht mehr in Gnaden bei ihnen steht.
Marschakl Mac M a h o n, welcher noch' auf der
Reise in der Bretagne begriffen ist, hält keine Reden mehr,
um nicht über die Schnur zu hauen. Auf dem Wege nach
Lamballe hatte der Zug einen Augenblick gehalten und der
Maire dieses Ortes war mit einer geschriebenen Rede vor
den Marschall getreten, um sie abzuleffen. Mac Mahou
aber rief dem Maire entgegen: „Ich bin überzeugt, daß Sie
in dieser Rede den besten Gesinnungen Ausdruck geben; ab»
ich habe keine Zeit: Geben Sie mir die Rede mit und ich
werde sie im Waggon lesen."
Mit der Reise Mac Mahon'S soll die vor den übrigen
Wahlen schon auf den 13. September ausgeschriebene Er-
satzwahl für das Departement Maine und Loire im Zusam-
menhang stehen; dieser Ersatzwahl soll die bevorstehende
Anwesenheit des Marschalls in Angers, den Hauptort des
Departement, zu Gute kommen, sofern dort der Regierungs-
kanditat Buras, von ihm empfohlen werden soll. Dieser
Vizepräsident des Generalraths, hat auch bereits sein Rund-
schreiben veröffentlicht, in welchem er sich mit Haut und
Haär dem Geptennium des Marschalls verschreibt.
Im Süden sind die Franzosen wie es scheint, durch
den neuen deutschen Konsul in Bayonne, Richard Lindau,
in ihrem Schmuggelgeschäft sür die Karlistm gestört wor-
den, sie sind wenigstens sehr aufgebracht über den „Spionen-'
dienst des preußischen Konsuls", den dieser längs der Grenze
hergestellt hat, so daß „die armen französischen Fischer der
Bidassoa auf ganz ungewöhnliche Weise überwacht" sind und
„ihre Kähne des Nachts nicht mehr in dem Fluße verblei-
Aer Armenarzt.
Fortsetzung.
„Und Sie wissen nicht," fuhr AlphonS fort, „wem das
HauS gehört? Es gehört einem bekannten und berüchtigten
Spieler," und ehe Feldmann es verhindern konnte, hatte er
den Namen von Emiliens Vater genannt.
Die Wirkung dieser Entdeckung war ein« zu gewaltige.
Feldman» erbleichte und saß sprachlos da. «r konnte nicht
hindern, daß AlphonS fortfuhr:
„Zu spät habe ich meine guten Freunde und diese Leute
erkannt, denn als ich «ach Hamburg kam, hatte ich keine
Ahnung von derartigen Verhältnissen. Sie müssen wissen,"
erzählte er. „daß ich drüben in BllenoS-ÄyreS geboren bin.
Mein Vater wachte mit Sorgfalt über mich, wenn ich eS kurz
sagen soll- so suchte er in mir die deutschen Elemente, welche
ich von ihm geerbt hatte, auf das Eifrigste zu pflegen und
zu entwickeln. Als ich in das Jünglingsalter trat, starb !
Meine Mutter, und mein Vater, der unter dem Klima ge-
litten hatte, oder wie es mir schien, einen heimlich nagenden
Gram in sich trug, traf alle Vorkehrungen, welche darauf
hindeuteten, daß er sein Ende herannahen fühlte. Er hätte
mir da§ Versprechen abgenommen, nach seinem Tode Buenos-
Ayres zu verlassen und nach Hainburg zu gehen, dort den
Eisenfabrikanten Wagenberg aufzusucheu, ihm ein Schreiben
zu übergeben und so lange mich mit Ernst diesem Geschäft
zu widmen, bis Umstände eintreten würden, welche eine Aettde--
rung der Verhältnisse herbeiführten. Als ich Herrn Wagen-
berg meine Aufwartung machte und ihm den Brief gab,
wurde ich von demselben mit einer seltsamen Zuvorkommen-
heit ausgenommen. Er sagte mir, daß ich in seinem Geschäft
frei schatten uns walten könnte, ohne daß ich im Stande
gewesen bin, mir dieses Entgegenkommen zu erklären, zumal
mein Vater nicht erwähnte, in welchem Verhäktniß er jemals
zu Herrn Wagenberg gestanden hatte, Ost, wenn ich mit
dem alten Herrn allein war. begann er Erzählungen aus
seinem früheren Leben, die er wieder abbrach, sd daß ich bis
auf den heutigen Tag noch nicht klar sehe. Nun aber bin
ich in den letzten Tagen zu dem Entschluß gekommen, mein
eigenes Heim zu gründen und Eva die Meine zu nennen."
Dr- Feldman« hätte bis jetzt zugehört, es schwirrte
Alles vor seinen Blicken, dann fragte er:
„Erinnern Sie sich in jenem Hause ein junges Mädchen
hen" dürfen. In Bayonne sieht man, daß die „Union»
in dem Abgesandten des Fürsten Bismarck weniger einen
Konsul, als einen zur Überwachung aller Dinge eingesetz-
ten Kontroleur. Doch wissen die Franzosen wieder zu trö-
sten. Sie sagen, dem Konsul werde es gehen wie der preu-
ßischen Flotte, „sie kommen beide zu spät."
In Italien ist äußerlich die Ruhe wieder hergestellt;
die Unruhestifter sorgen aber, wie die „Gazzetta dell' Eint-
lia" schreibt, durch Ausstreuungen immer neuer Gerüchte
Über die bevorstehende „soziale Liquidation" dafür, daß die
Unruhe in den Gemüthern des leichtgläubigen Volkes forter-
halten wird. Die bürgerlichen und militärischen Behörden
müssen deßhalb wachsam sein und überall Augen und Obren
haben. Allnächtlich durchstreifen Kavalleriepiquets die Um-
gegend der Revolutionsheerde, wie Bologna, Florenz u. s. w.
und Jnfanteriepatrouillen suchen die Eisenbahnen ab. Auf
der Strecke, von Brindisi nach Bologna und von Aretino
nach Benevent hat jeder Zug eine Bedeckung von Carrabi-
neri und Linientruppen. Auf Anordnung der JnstruklionS-
beamten sind in der Provinz Lucca, in Maffa, Carrara und
auf der ganzen lignrischen Küste bis »ach Genua hinauf,
im Fossomliroiic, in der Provinz Pesaro, in Bologna neuer-
dings wieder zahlreiche Verhaftungen vorgenommen worden.
Vom spanischen Kriegsschauplatz« ist Größeres nichts
zu melden. Das offizielle Blatt des Don Alphonso veröf-
fentlicht einen Befehl zu Repressalien, wie er sich ausdrückt.
Weil die Republik die Güter aller derjenigen einziehe, welche
der „königlichen" Sache als Militärs oder in sonstiger Weise
Dienste leisten, so werde er das Vergeltungsrecht gebrauchen
und die Familien derjenigen, welche in gleichem Verhältnisse
zu der Republik stehen, zwingen, das von den Carlisten be-
setzte Gebiet zu verlassen, während ihre Habe eingezogen
werde und zur Entschädigung der ihres ÄesitzihumS beraub-
ten Karlisteu verwendet werden solle. In jeder Provinz soll
ein Verwaltungsausschuß eingesetzt werde«, der die Maßregeln
auszuführen hat. Aber nicht blos Repressalien werden die
Karlisten an Hab und Gut ergreifen, der karlistische „Gou-
verneur" von Biscayä yat auch einen Erlaß aüSgegeben.
worin ev anordnet, daß alle Zcitungscorrespondenten, welcher
Nation sie auch seien, er erschossen werden solle. Bei Alar
endlich hat eine karlistische Streifpartie eine Lokomotive mit
voller Dampfkraft dem mit Reisenden gefüllten Madrider
Postzuge entgegenfahren lassen; zum Glücke entgleiste die
Lokomotive vor dem Zusammentreffen.
DaS niederländische RegierungSkabinet, dessen Könst-
tuirung wir mitgetheilt haben, besteht aus folgenden Per-
sonen : Heemskerk Minister Präsident und Minister des In-
nern. Baron van Lynden Justiz. Baron von Goltstein Ko-
lonien, van der Heim Finanzen, van der Does de Wille-
bois auswärtige Angelegenheiten, General Weitzel Krieg
und Tallmann-Kipp Marine.
gesehen zu haben, «in schönes junges Mädchen, mlt dunklem
vollem Haar, mit glühenden herrlichen Augen —"
„Das ist Emilie," fiel AlphonS ein. „Sie war eS,
die den jungen Leuten beim Spiele den Wein reichte, sie war
eS, die als Lockvogel dient«, um die Opfer für den Spieltisch
heranzuziehen."
„Das ist unmöglich!" ries Feldmann und sprang auf,
„das ist unmöglich, nehmen Sie daS Work zurück!"
„Warum soll ich mein Wort zurücknehmen 7" fragte
AlphonS. „Mich wundert nur. daß Sie diese Dame nicht
kennen, da Sie doch in der Stadt ziemlich bekannt zu sein
scheinen."
Feldmann bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen, er
hatte sie nie vorher gesehen und auch dies Räthsel löste sich.
Hatte er nicht selbst den Umgang nur mit seinen Büchern
gepflogen, ihm war die Wissenschaft Alles gewesen, die Wissen-
schaft und seine Kranken, er hatte sich nicht um das Treiben
der Welt gekümmert, und so mußte es gekommen sein, daß
er das Mädchen erst iy jener geheimnißvollen Nacht zum
ersten Male sah, daß er nie etwas von ihr gehört hatte.
AlphonS betrachtete ihn einen Augenblick voller Mitleid.
(Fortsetzung folgt.)
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerst«! ^
und Samstag.
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Samstag, 29. August 1874.
VIII. Jahrgang.
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von G. StScktzardl in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie da» Aäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.
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September
auf das „Schwetzinger Wochenblatt und die
Bad. Hopfenzeitung" nehmen alle Postanstalten,
sowie unsere Boten und Zeitungsträger entgegen.
' Wochenschau.
Schwetzingen, 27. August.
Die spanische Anerkennungsfrage ist nachgerade der Art,
daß sie zum Gähnen reizt. Was man heute als gewiß aus-
gegeben, ist morgen wieder in Frage gestellt, wenn nicht gar
in das Gegentheil verkehrt. Oesterreich, das wird bestätigt,
hat die Anerkennung vollzogen. Von Deutschland wird eS
ebenfalls wiederholt gemeldet, aber immer noch auf Umwegen,
über Wien und Paris, nicht direkt von Berlin. Und doch
kann, wemr nicht Alles trügt, darüber kein Zweifel sein,
daß da» Deutsche Reich die angeregte Frage nicht fallen läßt.
Einige Blätter versichern sogar, der Kaiser selbst habe in
Petersburg und Wien zusprechendc Anregung geben lasten.
WaS Rußland betrifft, so sei ein Rundschreiben an die euro-
päische» Mächte auf dem Wege, in welchem es sein Bedauern
ansspreche, sich in dieser Frage von den übrigen Mächten
trennen zu müssen, in welchem aber auch ausgesprochen sei,
daß es die bki der Dreikaiserzusammenkunft getroffenen Verein-
barungen unerschütterlich aufrecht halte» werde. Rußland
würde sich zu der Anerkennung verstehen, wenn die KorteS
sich versammelt u«d die Regierung Serrano's anerkannt haben
würden. Inzwischen sind die deutschen Kanonenboote „Alba-
tros" und „Nautilus" in Santander cingetroffen.
Der preußische evangelische Oberkirchenrath hat ein Rund-
schreiben an den evangelischen Klerus versendet, in welchem
in Bezug auf das Zivilehegesetz zu unbedingtem Gehorsam
anfgkfordert wird, da dasselbe die Religion in keiner Weise
beeinträchtige und deren Ansehen in nichts schädige.
Der serbische Kirchenkongreß in Karlowiz ist von dem
königlichen Kommissär auf unbestimime Zeit vertagt worden,
nachdem er seiue Hauptaufgabe, die Wahl eines Patriarchen,
erledigt hat.
Wie «ix schon in letzter Nummer gemeldet, läßt die
französische Regierung heute zu Ehren dcS Königs von Bayern
die großen Wasser von Versailles spielen. Es wurden für
diese- Schauspiel ungewöhnlicher Weise die Stunden von
11 bis 1 Uhr gewählt, ohne Zweifel, damit der König das-
selbe recht ungestört genießen könne und nicht von neugierigen
oder vielleicht noch schlimmeren Augenzeugen belästigt werde.
Der König hat sich durch die außerordentliche Aufmerksamkeit,
welche die französischen Behörden für ihn entwickeln, bestimmt
gesehen, trotz des Inkognitos den französischen Minister des
Aeußern, Herzog DecazeS, zu sich zu entbiete», um. ihm seinen
besondern Dank auszusprechen. Diese Unterredung hat heute
früh im Beisein des Fürsten Hohenlohe in Versailles statt-
gesunden. Des Nachmittags sollte der König noch das große
und kleine Trianon besichtigen, dann nach Saint-Germain
fahren, und, nachdem er dort das Diner genommen, nach
Paris zurückkehren. Der König ist auf dieser ganzen Excursion
von dem Fürsten Hohenlohe, seinem Oberstallmeister Grafen
Holnstein und dem Botschaftssekretär Hrn. Rudolf Lindau
begleitet. Die Sonntags-Vorstellung im DllsLtr« kron^ois
hat den König in hohem Grade angesprochen; — Sonst
machen es die Pariser ultramontanen Blätter dein König
von Bayern nicht gerade schön. Sie lasse» an ihm ihre
Galle aus. weil König Ludwig bei Gründung des deutschen
Kaiserreichs eine hervorragende Rolle gespielt hatte. Der
„Umbers" sagt : „Es muß erlaubt sein, daran zu erinnern,
daß gegen Ende des Jahres 1870 es der König Ludwig von
Bayern war, welcher die Initiative zu dem Schritte ergriff,
durch welchen der König von Preußen gebeten wurde, sich
in Versailles als Kaiser von Deutschland krönen zu lassen.
ES gibt Dinge, welche die Franzosen nicht vergessen können."
König Ludwig mag aus dieser Sprache sehen, wie er bei
den Ultramonen angesehen ist und wie rücksichtslos sie sind,
wenn man nicht mehr in Gnaden bei ihnen steht.
Marschakl Mac M a h o n, welcher noch' auf der
Reise in der Bretagne begriffen ist, hält keine Reden mehr,
um nicht über die Schnur zu hauen. Auf dem Wege nach
Lamballe hatte der Zug einen Augenblick gehalten und der
Maire dieses Ortes war mit einer geschriebenen Rede vor
den Marschall getreten, um sie abzuleffen. Mac Mahou
aber rief dem Maire entgegen: „Ich bin überzeugt, daß Sie
in dieser Rede den besten Gesinnungen Ausdruck geben; ab»
ich habe keine Zeit: Geben Sie mir die Rede mit und ich
werde sie im Waggon lesen."
Mit der Reise Mac Mahon'S soll die vor den übrigen
Wahlen schon auf den 13. September ausgeschriebene Er-
satzwahl für das Departement Maine und Loire im Zusam-
menhang stehen; dieser Ersatzwahl soll die bevorstehende
Anwesenheit des Marschalls in Angers, den Hauptort des
Departement, zu Gute kommen, sofern dort der Regierungs-
kanditat Buras, von ihm empfohlen werden soll. Dieser
Vizepräsident des Generalraths, hat auch bereits sein Rund-
schreiben veröffentlicht, in welchem er sich mit Haut und
Haär dem Geptennium des Marschalls verschreibt.
Im Süden sind die Franzosen wie es scheint, durch
den neuen deutschen Konsul in Bayonne, Richard Lindau,
in ihrem Schmuggelgeschäft sür die Karlistm gestört wor-
den, sie sind wenigstens sehr aufgebracht über den „Spionen-'
dienst des preußischen Konsuls", den dieser längs der Grenze
hergestellt hat, so daß „die armen französischen Fischer der
Bidassoa auf ganz ungewöhnliche Weise überwacht" sind und
„ihre Kähne des Nachts nicht mehr in dem Fluße verblei-
Aer Armenarzt.
Fortsetzung.
„Und Sie wissen nicht," fuhr AlphonS fort, „wem das
HauS gehört? Es gehört einem bekannten und berüchtigten
Spieler," und ehe Feldmann es verhindern konnte, hatte er
den Namen von Emiliens Vater genannt.
Die Wirkung dieser Entdeckung war ein« zu gewaltige.
Feldman» erbleichte und saß sprachlos da. «r konnte nicht
hindern, daß AlphonS fortfuhr:
„Zu spät habe ich meine guten Freunde und diese Leute
erkannt, denn als ich «ach Hamburg kam, hatte ich keine
Ahnung von derartigen Verhältnissen. Sie müssen wissen,"
erzählte er. „daß ich drüben in BllenoS-ÄyreS geboren bin.
Mein Vater wachte mit Sorgfalt über mich, wenn ich eS kurz
sagen soll- so suchte er in mir die deutschen Elemente, welche
ich von ihm geerbt hatte, auf das Eifrigste zu pflegen und
zu entwickeln. Als ich in das Jünglingsalter trat, starb !
Meine Mutter, und mein Vater, der unter dem Klima ge-
litten hatte, oder wie es mir schien, einen heimlich nagenden
Gram in sich trug, traf alle Vorkehrungen, welche darauf
hindeuteten, daß er sein Ende herannahen fühlte. Er hätte
mir da§ Versprechen abgenommen, nach seinem Tode Buenos-
Ayres zu verlassen und nach Hainburg zu gehen, dort den
Eisenfabrikanten Wagenberg aufzusucheu, ihm ein Schreiben
zu übergeben und so lange mich mit Ernst diesem Geschäft
zu widmen, bis Umstände eintreten würden, welche eine Aettde--
rung der Verhältnisse herbeiführten. Als ich Herrn Wagen-
berg meine Aufwartung machte und ihm den Brief gab,
wurde ich von demselben mit einer seltsamen Zuvorkommen-
heit ausgenommen. Er sagte mir, daß ich in seinem Geschäft
frei schatten uns walten könnte, ohne daß ich im Stande
gewesen bin, mir dieses Entgegenkommen zu erklären, zumal
mein Vater nicht erwähnte, in welchem Verhäktniß er jemals
zu Herrn Wagenberg gestanden hatte, Ost, wenn ich mit
dem alten Herrn allein war. begann er Erzählungen aus
seinem früheren Leben, die er wieder abbrach, sd daß ich bis
auf den heutigen Tag noch nicht klar sehe. Nun aber bin
ich in den letzten Tagen zu dem Entschluß gekommen, mein
eigenes Heim zu gründen und Eva die Meine zu nennen."
Dr- Feldman« hätte bis jetzt zugehört, es schwirrte
Alles vor seinen Blicken, dann fragte er:
„Erinnern Sie sich in jenem Hause ein junges Mädchen
hen" dürfen. In Bayonne sieht man, daß die „Union»
in dem Abgesandten des Fürsten Bismarck weniger einen
Konsul, als einen zur Überwachung aller Dinge eingesetz-
ten Kontroleur. Doch wissen die Franzosen wieder zu trö-
sten. Sie sagen, dem Konsul werde es gehen wie der preu-
ßischen Flotte, „sie kommen beide zu spät."
In Italien ist äußerlich die Ruhe wieder hergestellt;
die Unruhestifter sorgen aber, wie die „Gazzetta dell' Eint-
lia" schreibt, durch Ausstreuungen immer neuer Gerüchte
Über die bevorstehende „soziale Liquidation" dafür, daß die
Unruhe in den Gemüthern des leichtgläubigen Volkes forter-
halten wird. Die bürgerlichen und militärischen Behörden
müssen deßhalb wachsam sein und überall Augen und Obren
haben. Allnächtlich durchstreifen Kavalleriepiquets die Um-
gegend der Revolutionsheerde, wie Bologna, Florenz u. s. w.
und Jnfanteriepatrouillen suchen die Eisenbahnen ab. Auf
der Strecke, von Brindisi nach Bologna und von Aretino
nach Benevent hat jeder Zug eine Bedeckung von Carrabi-
neri und Linientruppen. Auf Anordnung der JnstruklionS-
beamten sind in der Provinz Lucca, in Maffa, Carrara und
auf der ganzen lignrischen Küste bis »ach Genua hinauf,
im Fossomliroiic, in der Provinz Pesaro, in Bologna neuer-
dings wieder zahlreiche Verhaftungen vorgenommen worden.
Vom spanischen Kriegsschauplatz« ist Größeres nichts
zu melden. Das offizielle Blatt des Don Alphonso veröf-
fentlicht einen Befehl zu Repressalien, wie er sich ausdrückt.
Weil die Republik die Güter aller derjenigen einziehe, welche
der „königlichen" Sache als Militärs oder in sonstiger Weise
Dienste leisten, so werde er das Vergeltungsrecht gebrauchen
und die Familien derjenigen, welche in gleichem Verhältnisse
zu der Republik stehen, zwingen, das von den Carlisten be-
setzte Gebiet zu verlassen, während ihre Habe eingezogen
werde und zur Entschädigung der ihres ÄesitzihumS beraub-
ten Karlisteu verwendet werden solle. In jeder Provinz soll
ein Verwaltungsausschuß eingesetzt werde«, der die Maßregeln
auszuführen hat. Aber nicht blos Repressalien werden die
Karlisten an Hab und Gut ergreifen, der karlistische „Gou-
verneur" von Biscayä yat auch einen Erlaß aüSgegeben.
worin ev anordnet, daß alle Zcitungscorrespondenten, welcher
Nation sie auch seien, er erschossen werden solle. Bei Alar
endlich hat eine karlistische Streifpartie eine Lokomotive mit
voller Dampfkraft dem mit Reisenden gefüllten Madrider
Postzuge entgegenfahren lassen; zum Glücke entgleiste die
Lokomotive vor dem Zusammentreffen.
DaS niederländische RegierungSkabinet, dessen Könst-
tuirung wir mitgetheilt haben, besteht aus folgenden Per-
sonen : Heemskerk Minister Präsident und Minister des In-
nern. Baron van Lynden Justiz. Baron von Goltstein Ko-
lonien, van der Heim Finanzen, van der Does de Wille-
bois auswärtige Angelegenheiten, General Weitzel Krieg
und Tallmann-Kipp Marine.
gesehen zu haben, «in schönes junges Mädchen, mlt dunklem
vollem Haar, mit glühenden herrlichen Augen —"
„Das ist Emilie," fiel AlphonS ein. „Sie war eS,
die den jungen Leuten beim Spiele den Wein reichte, sie war
eS, die als Lockvogel dient«, um die Opfer für den Spieltisch
heranzuziehen."
„Das ist unmöglich!" ries Feldmann und sprang auf,
„das ist unmöglich, nehmen Sie daS Work zurück!"
„Warum soll ich mein Wort zurücknehmen 7" fragte
AlphonS. „Mich wundert nur. daß Sie diese Dame nicht
kennen, da Sie doch in der Stadt ziemlich bekannt zu sein
scheinen."
Feldmann bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen, er
hatte sie nie vorher gesehen und auch dies Räthsel löste sich.
Hatte er nicht selbst den Umgang nur mit seinen Büchern
gepflogen, ihm war die Wissenschaft Alles gewesen, die Wissen-
schaft und seine Kranken, er hatte sich nicht um das Treiben
der Welt gekümmert, und so mußte es gekommen sein, daß
er das Mädchen erst iy jener geheimnißvollen Nacht zum
ersten Male sah, daß er nie etwas von ihr gehört hatte.
AlphonS betrachtete ihn einen Augenblick voller Mitleid.
(Fortsetzung folgt.)