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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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Januar (No. 1 - 14)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0043

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Mwchinger Wochenblatt

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AmtsverkündiglMgM'alt für den Aezirk Schwetzingen.
Badische Hopsen § eitu n g.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Ao. 11.

Samsiag, 24. Januar 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehme» siir uns auch entgegen
von H. Stöäryardt IN Franksurt, Stuttgart, Berlin,

die Annonceii-Burcaux von /»aaseustei» L Z'oglcr, Zludokf Masse und K. Sauöe L Ko., die Süddeutsche Annoncen-Krpedition
Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Zäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

Badischer Landtag.
Karksrntze, 17. Jcm.
19. öffentliche Sitzung der 2. Kumme r.
Vorsitz: Präsident Kirsncr.
In der Position, da» Turnen in Jllenau belr., be-
findet sich eine Forderung von 800 fl.
Tstr hierüber vorliegende Bericht sag!:
„Seit das Frauenturnen in Jllenau durch die An-
leitung des Turnlehrers Jnuny bekannt geworden ist, Huben
die Aerzte die Ueberzeugung von einem günstigen Erfolge
des Turnens gewonnen, nicht allem und nicht einmal vor-
zugsweise wegen der damit verbundenen körperlichen Be-
wegung, sondern vielmehr wegen der geistigen Gymnastik,
durch weiche jede mechanische Bewegung ausgeschlossen ist. —
Wenn aber dieses Turnen den rechten Werth haben soll,
so mutz die Anleitung dazn durch einen Sachverständigen
geschehen. Sie kann nicht nebenbei von einem andern An-
gestellten übernommen werden. Es können sich auch nicht
Mehrere darein theilen. Nur durch einen kundigen zum
Umgang mit unseren Kranken befähigte» Lehrer kann die
Lust dazu wachgchalten werden. Ein solcher würde auch
das Männertnrncn in Gang bringen, was seither aus
Mangel an einer methodischen Anleitung nie recht gelingen
wollte, er würde ferner Unierricht in Eiementargegenstäiidcn
erkheilen können und dadurch ebenfalls eine wichtige Lücke
ausfüllen. Es ist wohl keine blos sanguinische Hoffnung,
daß durch diese Erweiterung des Heilapparates die Kosten
für Arzneien sich mindern werden."
Ter Abg. Kimmig erklärt, die mechanischen Bewegungen,
welche Geisteskranke mache», z. B. beim Veitstanz, könnten
sich nur durch systematische Körperbewegungen, z. B. durch
daS Turnen, vertieren.
Der Commissionsantrag wird angenommen.
Polizeiliches Arbeitshaus. Verlangt werden jährlich
15,055 fl- (mehr als bisher jährlich 1289 fl.)
Commissionsantrag: Genehmigung. Angenommen.
Es soigt die zweite Bcrathung des Gesetzentwurfes
über den Betrieb der Dampfkessel.
Berichterstatter Dietz erklärt, seine Bedenken wegen der
200-Tholer-Geldstrafe, die er in der ersten Verhandlung
geäußert habe, seien geschwunden, aber nicht vor den Rechts«
ausführungen seiner College» Schmidt v. K. und Bür,
sondern vor den Gründen, welche Präsident Turban vor-
gebracht habe, daß nämlich eine Einigung mit dem größten
Theile von Deutschland in diesem Punkte erzielt werde.
Nicht minder habe es ihn gesrcnr, daß das Gesetz nicht auf
Mißwollcn gestoßen sei, weil eS aus Preußen komme.
Der Abg. Neßler gibt eine Statistik über die Häufig-
keit der Dampfkessel-Explosionen in England. Den gleichen
Maßstab angewcndct, soll in Baden alle 8 Jahre eine

Explosion vorlomme» , nun aber seien in den letzten 12
Jahren 9 Explosionen mit 9 Todesfällen und 7 Verwund-
ungen vorgekommen. Dieses ungünstige Verhäliniß spreche
doch ganz gewiß dafür, daß eine strenge Controle gehand-
habt werden müsse.
Der Abg. Bürklin bemerk! gegen eine Aeußerung des
Abg. Seefels in der ersten Verhandlung, daß eine öftere
Vornahme von Druckproben, als alle 2 Jahre, nicht nur
nnnöthig, sondern sogar gefährlich sei. Jede Druckprobe
sei nämlich ein Angriff auf die Sicherheit des Kessels.
Präsident Turban: In der bereits angekündiglen Voll-
zngsverordnung sei wegen strenger Beaufsichtigung des Per-
sonals schon das Nöthige vorgesehen. Die amtliche Ver«
pflichlung des Personals gehe nicht an. Wirksamer sei
vielleicht, daß diejenigen, welche bei der Prüfung gut be-
standen, mit Prämien bedacht werden.
Hierauf wird der Gesetzentwurf in namentlicher Ab-
stimmung einstimmig angenommen.
Den letzten Gegenstand der Tagesordnung bildet die
Berathung des Gesetzentwurfs wegen der Zuständigkeit der
Amtsgerichte als Vormundschaftsbehörde.
In der kurzen Verhandlung weist
der Abg. Bür den Vorwurf der Jncouseqnenz zurück,
den ihm der Abg. Mays in der ersten Verhandlung über
diesen Gegenstand gemacht hatte, weil er in der Entschei-
dung des Justizministeriums einen Angriff auf die Unnb-
hängigkeit der Gerichte erblickt habe.
Sodann erklärt der Berichterstatter Mays, in dem
Zusatze der ersten Kammer zwar eine Vergrößerung, aber
keine Vei'btssirniig. sondern nur die Quelle von Zweifeln
und Streitigkeiten erblicken zu können Dennoch empfehle
er dem Hanse die Annahme des Gesetzentwurfs in der nun
vorliegenden Fassung.
Hierauf wird der Gesetzentwurf mit allen gegen eine
Stimme, die des Abg. Mays, angenommen.

Deutsches Reich.
Werkin, 21. Jan. Die Nachrichten über das Be-
finden des Kaisers lauten andauernd günstig. Wie die
„Kr. Z>g " hört, macht die Wiedergenesung regelmäßige
Fonschritic. Seit mehreren Tagen hat d°r Kaiser wieder
Uniform angelegt. Mittags finden in der Regel Spazier-
fahrten statl. Doch werden, zumai bei dem ungünstigen Weiter
noch fortdauernd Schonungsrücksichten empfohlen.
Werkt«, 21. Jan. Die Rcclamationen der deutschen
Regierung in Paris wegen des beleidigenden Verhaltens
der französischen Bischöfe und der französischen Presse haben
endlich einen durchschlagenden Erfolg erzielt. Mit Befrie-
digung wurde heule i» den leitenden Kreisen das Pariser
Telegramm aufgenommcn, welches die Suspendirung des

„Univers" und die eventuelle Cilatioii des Bischofs von
Perigueur vor den Staatsralh meldet.
Werkt«, 21. Jan. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht
eine kaiserl. Verordnung vom 20. Januar, weiche den deut-
schen Reichstag für den 5. Februar nach Berlin ein-
beruft.
— Wie es heißt, liegt es im Plane, für die altern
Mililärpensionäre bei Vorlage des Reichsbudgets in der
Herbstsesion des Reichstages eine Mehrsorderung zu stellen,
um diesen auch die Vortheile des neuen PensionsgesetzeS vom
27. Juni 1871 theilhaflig werden zu lassen.
A«S der WHeinpfakz, 22. Jan. Das protestantische
Presbiterium ha! den A l t k a t h o l i k e n zu Nußdorf
gestattet, in der dorligen protestantischen Kirche ihren Gottes-
dienst zu halten und während desselben den Altar dem katho-
lischen Ritus entsprechend Herrichten und benutzen zu dürfen.
Das Consistorium hat diese Erlaubniß des Presbiteriums
genehmigt.
Aarmfladt, 21. Jan. Den Ständen ist von der
Regierung ein zwischen Hessen und Preußen abgeschlossener
Slaatsvertrag, die Correction des Rheins zwischen
Niederwalluf und Geisenheim betreffend, vorgelegt. Die
hessische Regierung ersucht um die Ermächtigung, 59,000 fl.
die bereits für diesen Zweck bewilligt, aber nicht verwendet
wurden und außerdem noch 65,000 fl. für die Correction
verausgaben zu dürfen.
Kkberfekd, 21. Jan. Hoffman» von Fallersleben ist
in Corvey gestorben.
D«isö«rg, 21. Jan. Es gib! im ganzen dcutshen
Vatcriande vielleicht keinen einzigen Wahlkreis, in welchem
die Wahlagitation mit einem solchen Eifer betrieben worden
ist, wie gerade im Wahlkreise D.iisburg. Doch mögen statt
aller Worte hier Zahlen sprechen. Es sind nach der heule
erfolgten amtlichen Zusammenstellung am 19. d. M. nicht
weniger a!s 24,060 gütige Stimmen abgegeben worden,
eine Ziffer, von der wir uns nicht entsinnen, daß sie in
irgend einem deutschen Wahlkreise erreicht worden ist. Der
(landidat der vereinigten nationalen Parteien, der Geh.
Jiistizrach Professor Dr. v. Schulte in Bonn, erhielt nach
derselben amtlichen Ermittlung 14,967, der klerikale Kan-
didat, Kreisrichter Grütering in Dinslaken, 7873, der so-
zialistische Kandidat, Hasenclever in Berlin, 1217 Stimmen;
nur 3 Summen hatten sich auf verschiedene andere Namen
zersplittert. Professor von Schutte hat sonach 2936 Sttm-
men über die absolute Majorität 5877 Stimmen mehr
als seine beiden Gegenkandidaten zusammengenommen er-
halten.
Wose«, 20. Jan. Das Material zu dem Prozesse
vor dem k. Gerichtshöfe für kirchliche Angelegenheiten gegen
den Erzbischof Ledochowski wird auf gerichtlichem Wege hier
gesammelt. Gestern wurde der Kanonikus Grandke ver-

Jeuillktm«.
Im Wockskruge.
Kriminal-Novelle
von K. Klink.
(Fortsetzung.)
Der Müller aus dem Bockskcuge war gestorben und
begraben. Ein großes Gefolge hatte ihn zur letzten Ruhe-
stätte begleitet, denn er war trotz seines schroffen Wesens
allgemein als ein offener und biederer Charakter beliebt ge-
wesen und im Kruge ging aller seinen gewohnten Gang.
Man konnte der Müllerin nicht eben große Trauer überden
Verlust ibres Mannes nachsagcn, aber das war nicht zu
verwundern. Sie war eine junge, lebenslustige Frau und
er hatte ihr nur hindernd im Wege gestanden, man lobte
sogar die Frau, daß sic sich nicht so verstellen könne.
Die Wirthschaft war ungleich lebendiger geworden.
Zimmerleutc und Maurer kamen, das Innere wohnlicher und
schöner zu gestatten und selbst neue Möbel mußte Malthes,
der nach wie vor bei ihr blieb, aus der Stadt holen. Von
Außen wurde das Haus neu eingestrichen und mit einem
mächtigen Schilde versehe», so daß Viele der Ansicht waren,
die Müllerin wisse doch Alles viel bester einzurichien und
ihm einen anderen Schliff zu geben, während ältere, er-
fahrene Leute allerdings sehr bedenklich den Kopf schüiiellen.
Eine tüchtige Frau war die Müllerin dach, wenn sie

nur nicht so ernst und still nach dem Tode ihres Mannes
geworden wäre. Hatte sie früher nicht viel gelacht, jetzt
sah man ihr Gesicht sich nie mehr erhellen. Es lag ein ge-
wisser Trotz in ihren feinen Züge», sie sprach nie ein Wort
mehr als sie mußte und die Dienstboten hatten oftmals
einen harten Stand mit ihr.
Kaum ein Jahr nach dem Tode des Müllers trat das
Ereiguiß ein, welches man schon früher erwartet hatte, der
Knecht aus dem Bockskruge, der Matthes, hcirathete die
Müllerin. Es war ein hübsches Paar und die junge Frau
paßte viel besser zu ihrem zweiten Manne als zu ihrem
ersten, aber man wollte behaupten, sie habe bei ihrer ersten
Hochzeit besser ausgesehen, als bei der zweite». Große Fest-
lichkeiten fanden auch nicht statt, sondern die Trauung war
in aller Sülle abgemacht und der Bockskrug lag am Abend
des Tages so still, wie kaum an einem andern Abend.
Die beiden Mägde, Lene und Sophie, saßen allein in
der Gaststube bei einem Glase Glühwein, weiches ihnen der
neue Wirlh vom Bockskruge verehrt hatte. Es war schon
nach zehn Uhr und im Hause alles wdienstill. Die beiden
Mädchen hatten kein Licht angezündet, sondern plauderten
leise flüsternd im Dunkel.
„Ich will mir doch einen anderen Dienst suchen." sagte
Lene, nachdem eine längere Pause eingeircten war. „Seit-
dem das wahr geworden ist, wovon wir immer heimlich
munkelien, fürchie ich mich in dieser Wirthschaft, es ist mir
mit einem Warle graulich geworden."
„O, du solltest dir nicht so unnütze Gedanken machen

und dich ängstigen," meinte Sophie. „Was gehts uns an?
Wir habe» unser gutes Essen und Trinken, hohen Lohns,
viele Geschenke und die Müllerin verlangt nicht allzu viel,
wenn sie auch manchmal grämlich ist. Mich hat die Frau
mehr gedauert, als sonst was, ich glaube, der Matthes hat
sie betrogen und wenn sie ihn früher lieb gehabt, jetzt hat
sie ihn nur genommen, weil sie mußte — da sagst du ein
wahres Wort. Aber warum mußte sie denn eigentlich ? Wer
konnte denn sie zwingen, den Matthes zu heiraihen, wenn sie
nicht wollte?"
„Sic hat sich ihm wohl früher versprochen."
„Versprochen oder nicht versprochen," entgegncte Lene
unwirsch. „Es versprechen sich wohl mehr, die sich nicht hei-
rathen, und darum, wenn es die Müllerin nicht gewollt hätte,
so wäre es nicht so gekommen. Nein, nein, ich bleibe bei
meiner Ansicht, die Beiden verbindet nichts Gutes und wir
werden es in aller Kürze erleben, daß im Kruge Zank und
Hader noch mehr an der Tagesordnung sein werden, schlim-
mer als es je zuvor gewesen ist."
Es war, als wenn die Worte de-Z Mädchens sich gleich
bewahrheiten sollten, denn eben in diesem Augenblicke wurde
die Thür aufgerissen und mit todtbleichem Antlitze und auf-
gelösten fliegenden Haaren stürzte die Müllerin herein. Sie
sah entsetzlich ans. Der Mond, welcher gerade ans ihr Ge-
sicht siel, machte sie noch bleicher, als es wohl im Grunde
genommen war. Sie hatte beide Hände auf die Brust ge-
preßt und lauschte mit raschem, hörbaren Athcm angestrengt.
(Fortsetzung folgt.)
 
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