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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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November (No. 130 - 141)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0543

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wtchentlich drei Mal:
Dienst«,, Donnerstag!
und Camstag.
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und Boten nehmen
Bestellungen an.



Amtsverkündigimgsölatt für den Aezirk Schwetzingen.
Badische H o p sc n) e i t u n g.
Anzeiger für die badische und bayerische

Viertels. Abonnement:
Für'S Wochenblatt 51 kr
Unterhaltnngsblatt 12 kr.
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile »der deren
Raum 4 kr.,
Garmond,eile 5 Ir.


^o. 136.

Dienstag 17. November 1874.

VIII.

Inserat« v»n Auswärts nehmen für UN» auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Laasenstein L Fogker, Audotf Waffe und H. PauSe L Go., Süddeutsche Auuoncen-Grpeditio»
don G. SlSLHardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Men, Zürich, Basel «nd Straßburg, sowie das ILger'sche Eentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

Da- Stuttgarter Riefen-Journal.
Ls ist rin höchst intereffanteS Kulturbild, die Ent-
wickelung der pereodischen Literatur zu verfolgen, denn in
ihr spiegelte sich zu aller Zeit am deutlichsten der Fortgang
menschlicher Bildung und regen Wissensdranges. Am rasche-
sten in steigender Progression sind in Deutschland die Wand-
lungen in der politischen Presse vor sich gegangen, während
die Unterhaltungs-Journale sich bis vor Kurzem noch immer
in verhältmäßig engen Grenzen bewegten. Diesem Herbste
endlich war es beschieden, auch sie um einen bedeutenden
Schritt weiter zu führen, indem sich die in Stuttgart er-
scheinende illustrirte „Allgemeine Familien-Zeitung" zu einem
Riesen-Journal vergrößert hat, in Folge dessen sie, getragen
durch die gediegenste Redaktion und brillanteste Ausstattung,
nunmehr den ersten Rang unter allen deutschen Unterhal-
tungs-Journalen einnimmt, so daß diese Neuerung ohne
Zweifel als Epoche machend in der Geschichte der pereo-
dischen UnterhaltungSliteratur bezeichnet werden muß.
Die leitenden Momente bei dieser neuen großartigen
Schöpfung sind kurz in vier Worte zusammenzufassen: viel,
gut, schön und billig, und es muß Staunen erregen, wie
es möglich war, diese vier anspruchsvollen Bedingungen in
so wahrhaft eminenter Weise gleichzeitig zu erfüllen. Nur
ein energischer Sprung aus dem Alltäglichen heraus und
weiter auf der Bahn des Fortschritts konnte zu solch über»
raschendem Erfolge führen, wie ihn die „Allgemeine Fa°
milien-Zeitung aufweist.
Dennoch kann der Gedanke nur in Deutschland neu
genannt werden, denn im Auslande erscheinen Unterhaltungs-
Journale in so großem Zeitungsformat schon seit längerer
Zeit und zwar unter enormem Anklang: ja auch in Deutsch-
land haben die politischen Journale, wie die „Kölnische Zei-
tung", „Hannoversche Courier", „Hamburger Nachrichten",
"Kreuzeitung", „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" u. a. be-
reits den Weg gezeigt, wie mit Raum- und Druckkosten-
ersparniß dem Abonnenten viel Lesestoff zugeführt werden
kann, und er war eigentlich nur das Ei deS ColumbuS, dieser
große Format auch auf Unterhaltungs-Journale anzuwenden.
Die technischen Schwierigkeiten, welche hierbei zu über-
winden waren, da da- deutsche Publikum gewöhnt ist, bei
illustrirten Unterhaltungs-Journalen die höchsten Anforderungen
an Eleganz der Ausstattung zu stellen, waren allerdings nicht
gering; e§ galt nicht nur allein den Druck einer so riesen-
haften Formates elegant und fein auszuführen, sondern eS
kam auch darauf an, die schönen Illustrationen so zu plaziren,
daß dieselben nicht beschädigt würden, wenn der Leser da»
Journal zusammenfaltet, um eS bequem lesen zu können.
Auch diese Schwierigkeit wurde praktisch überwunden und
die „Allgemeine Familien-Zeitung" kann in der Mitte ge-
brochen werden, ohne selbst sehr große Illustrationen auch

nur im Geringsten zu verletzen und es ist dieselbe alsdann
leichter und bequemer in der Hand zu halten und zu lesen
als die anderen größeren Journale, welche man nicht brechen
darf, weil sonst die Illustrationen ruinirt würden. Auch ist
bei der dreiwöchentlichen Lieferungsausgabe der „Allgemeinen
Familien-Zeitung" die Einrichtung getroffen, daß die darin
befindlichen Wochen-Nummern nicht an die Umschläge festge-
klebt werden, so daß man sie einzeln auS denselben nehmen,
in der Mitte brechen und so auf weit geschicktere Art hand-
haben und lesen kann, als dies bei einem ganzen Hefte der
bisherigen großen Journale möglich ist.
Wurde auf diese Weise für die schöne und praktische
äußere Einrichtung und Ausstattung dieses Riesen-Journals
Sorge getragen, so muß man doch vor Allein über die
Reichhaltigkeit und Mannigfaltigkeit des Gebotenen am meisten
erstaunen, denn jede einzelne der wöchentlich erscheinenden
Nummern dieses Riesen-JournalS gibt an Inhalt den Umfang
eines vollständigen mittleren Romanbandes, so daß also der
ganze aus 52 Nummern bestehende Jahrgang — 52 solcher
Bände füllen würde, und dieß Alles bei einem Subskriptions-
preis von vierteljährlich 15 Sgr. — 54 kr. rhein. oder
4 Sgr. — 14 kr. rhein. pro dreiwöchentliche Lieferung, ein
Preis, der ohne Zweifel als nahezu unglaublich in deS
Worte- vollster Bedeutung bezeichnet werden muß.
Der Inhalt einer jeden Nummer dieses Riesenjournals
zerfällt neben den prachtvollsten Illustrationen in fortlaufende
höchst spannende größere Romane aus den Federn der be-
rühmtesten und beliebtesten deutschen Schriftsteller, sowie kleinere
interessante Erzählungen, populär-wissenschaftliche und zeitge-
schichtliche gediegene Schilderungen und Aufsätze, deren jede
Nummer mehrere enthält, und am Schluß eine Serie Miscellen,
eine Chronik der Gegenwart. Anekdoten, Bilderäthsel, Charaden
rc., so daß die „Allgemeine Familien-Zeitung" an Größe
und Reichhaltigkeit des Unterhaltungsstoffes alle anderen
Journale weit übertrifft und auch an Schönheit und Ge-
diegenheit keinem derselben nachsteht. Dabei bietet aber dieser
Riesen-UnterhaltungS-Journal auch noch den großen Vortheil,
daß eine jede Nummer desselben ein viel größeres Stück der
fortlaufenden Romane auf einmal bringt, als dies naturgemäß
in den anderen kleineren Journalen der Fall , sein kann.
Man braucht hier nicht, kaum mit Lesen begonnen, wieder
abzubrechen, um sofort den kaum aufgenommenen Faden der
Erzählung wieder zu verlieren, ein Umstand, der bisher so
häufig Aversion gegen das Lesen größerer Romane in Wochen-
journalen erzeugt hat. Die Bedeutung dieses Vortbeils dürfte
umsomehr schon in den ersten Nummern erkannt worden sein,
als dieser Jahrgang mit zwei äußerst spannenden Romanen:
„Auf der Bahn deS Verbrechens" von Ewald August König,
ein Kriminal-Roman aus der modernen Gesellschaft — und
„Graf Ketlan der Rebell" von Max v. Schlägel, zu welchem

der berühmte Verfasser seinen Stoff aus ungarischen Magnaten-
kreisen geschöpft hat, beginnt. Die Hauptscenen deS erstern
Romans sind außerdem von Künstlerhand in Abbildungen
dargestellt.
Ein weitere Frage war die, wie das Einbinden eine»
so großen Journales überflüssig gemacht werden kann, denn
schon die bisher üblichen größeren Journale ergaben, wenn
eingebunden, einen höchst unbequemen schwerfälligen Koloß,
der dann nur noch als Bilderbuch zu dienen pflegte, weil
er zum Lesen zu unhandlich wurde. Die illustrirte „Allge-
meine Familien-Zeitung" soll aber in erster Linie ein Un-
terhaltungs-Journal sein, in dem man auch später noch mit
Vergnügen liest; Zu diesem Zwecke will die VerlagShand-
lung keine Einbbanddecken. sondern für jeden Jahrgang sehr
billige prachtvoll gepreßte Enveloppen in englischer Leinwand
in der Größe de» gebrochenen, also halben Formats, offeri-
ren, in welche, die Nummern alsdann in gebrochenem Zu-
stande lose hineingelegt werden. Will man später in einer
oder der andern Nummer Nachlesen, so nimmt man die
betreffende Nummer einzeln aus der Enveloppe heraus und
kann sie in jeder Stellung und Lage bequem handhaben.
Nach allem Diesem ist eS wohl unzweifelhaft, daß ein
Unternehmen, welches in so eminenter Weise allen Anforde-
rungen gerecht wird, sich auch bei un» rasch einbürgern und
sich allerorts Freunde erwerben werde, denn Dank der in
der ganzen Welt einzig dastehenden glücklichen Organisation
des deutschen Buchhandels kann sich Jedermann dieses groß-
artige Journal auf das Leichteste verschaffen; man braucht
sich nur an eine beliebige nächstgelegene Buchhandlung zu
wenden, denn bekanntlich führt jede Buchhandlung Bestel-
lungen auf alle in Deutschland erscheinenden Journale auS,
weil jede Buchhandlung wieder mit allen einzelnen Jour-
nal-Verlegern in Verbindung steht. Probe-Nummern kann
man sich ebenfalls auf gleichem Wege verschaffen; dieselben
hat jeder Buchhändler in der Regel vorräthig. So ist der
prompte Journalbezug Jedermann und überall ermöglicht,
wozu auch noch kommt, daß sämmtliche Postämter allerorts
Abonnements auf Journale annehmen. Gerade diese beiden
gemeinnützigen Organisationen sind zum großen Theil der
mächtige Hebel zur Verbreitung der Presse geworden
und haben damit die Volksbildung in die entferntesten
Gauen getragen; sie sind die kräftigen Förderer deutscher
Kultur, deren Errungenschaften sich schon jetzt so glänzend
bewährt haben und deren stetiges Fortschreiten zu unter-
stützen uns Allen am Herzen liegen muß.
Deutsches Reich.
* Tchwetztttgen, 14. Nov. In Frankreich geschehen
gegenwärtig Dinge, wie sie komischer nicht gedacht werden
können. Die Sep'enatSregierung geht nämlich mit einem

Feuilleton.
INeHlaöen.
(Fortsetzung.)
Plötzlich hielt sie an uud sagte zu ihm mit festem
Xone:
„Neulich, in der Verhandlung, haben Sie mich feige
gefunden, nicht wahr? Sie erwarteten, ich weiß eS, etwas
Anderes von mir."
„Aber die Lüge ist nie erlaubt, und vielleicht haben
Sie wohl daran gethan, nicht beim Leugnen zu verharren."
„Die Lüge!" erwiderte sie mit einem bitteren Lächeln.
„Sie kennen, Herr, den Artikel des Codex, welchen der Prä-
sident eigens für mich gelesen hat."
„Ja, ach, ich verstehe! Es handelte sich für Sie um
fünf Jahre Gefängniß. wenn Sie falschen Zeugnisses über-
führt worden wären."
„Und Jakob beharrte bei seiner Aussage, er wollte nicht,
daß gesagt werden könne, ich wäre in seinem Zimmer ge»
wesen zu einer Stunde, wo achtbare Mädchen nicht zu jungen
Leuten gehen."

„Sie wollten keine Gefahr dabei laufen?"
„Ich!" rief sie mit Begeisterung. „Verdammt, verfolgt,
entehrt, eingekerkert werden mit Jakob, die Hälfte seiner Strafe
erdulden, alle Schande mit ihm tragen, damit Alles unter
uns gleich sei, das wäre in dem Unglück, welches uns betroffen,
mein Stolz und meine Freude."
„Und nun?" fragte Esterac, erschreckt über diese wachsende
Begeisterung.
„Nun, wer würde hier geblieben sein?"
„Hier bleiben? und warum?"
Sie blickte ihn an, ihre großen schwarzen Augen schleu-
derten Blitze.
„Glauben Sie denn," fragte sie, „daß schon Alles zu
Ende ist?"
Er antwortete nicht. Sie fuhr fort:
„Gott, wohin führst du uns? Ja, wir verdienten be-
straft zu werden, vielleicht weniger streng; doch das Geschöpf
soll nicht mit seinem Schöpfer hadern. Ich bin meinem
Vater ungehorsam gehorsam gewesen, ich habe Jakob zu sehr
geliebt, ich opfere ihm meinen Ruf, ich hätte noch mehr ge-
opfert. Er ist ebenfalls schuldig, er hat diesen unglücklichen
Simon zu sehr gehaßt und der Haß, wenn er auf diesen
Punkt kommt, scheint den Mord herbeizurufen. Wir sind

gedcmüthigt. geschlagen, gebrochen, dar ist recht; aber Gott
ist da," sagte sie, gen Himmel zeigend, „und ich bin hier."
Sie stampte mit dem Fuße auf die Erde, als wenn
sie «inen Zeugen und «inen Rächer daraus hervorholen
wollte.
„Arme» Kind!" murmelte Esterac traurig.
Indessen bemächtigte sich seiner ein neues Gefühl.
Dieses junge Mädchen von bewundernSwerther Schönheit,
allein auf der Welt, den Glauben und die Hoffnung inmitten
der Trümer ihres Glückes bewahrend, diese bleiche schwarz-
umrahmte Figur flößte ihm einen geheimnißvollen Respekt
ein, ein Gefühl gleich dem, welches wir für «inen Kranken
empfinden, wenn wir an seinem Todtenbette von der Unsterb-
lichkeit der Seele reden.
„Kommen Sie, kommen Sie schnell!" sagte er. „Jakob
muß Sie sehen und hören. Sie werden ihm Muth ver-
leihen. Die Verzweiflung ist nicht möglich bei einem
Manne, welcher so geliebt wird von einer solchen Frau,
wie Sie."
Sic verdoppelten ihre Schritte und bald gelangten sie
an dos Gefängniß.
Esterac wollte bei diesem letzten Wiedersehen der Liebenden
nicht zugegen sein. Als jSchwager des Untersuchungsrichter»
 
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