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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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August (No. 90 - 102)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0371

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K a di sche Hopf c n) eitun g.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Ao. 93

Samstag, 8. August 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserat« von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasenfleiu L Mogler, Rudolf Waffe und H. A. Mauve L Ho-, Süddeutsche Aunonceu-Kopedition
von K. StöLhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wsen, Zürich, Basel Und Htraßburg, sowie das ISger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

Wochenschau.

», 6. August.
Wie eine M ord b r enn e r ba n de! — Anders
lassen sich leider die ultramontanen Blättern in. ihrem Be-
nehmen gelegentlich des Kissinger Attentats nicht charakterj-
siren. Wenn sie nicht wie das „Bayer. Vaterlands! geradezu
sagen, das Attentat sei eine Komödie, so behandeln sie es
doch als solche, reißen schlechte Witze und suchen die Bedeu-
tung des „Pfropfenschusses" in's. Lächerliche zu ziehen. Die
Sache ist aber gar nicht lächerlich, denn nicht viel hätte ge-
fehlt, so hätte der „Pfropfen" die Pulsader abgerissen und
ohne die Bewegung des Glühens wäre vielleicht nicht der
Arm, sondern der Kopf des Reichskanzlers getroffen worden.
Wie tief muß derjenige moralisch gesunken sein, der Ange-
sichts solcher Vorkommnisse nicht etwa Abscheu gegen den
Tyäter, sondern Lust zum Späßlemachen empfindet!
Und diejenigen, welche eine solche erschreckende Verwilderung
zeigen, sind die kirchlichen Leh r e x des Volkes die Muster
und V o r b i l d e r desselben, ohne sie soll es angeblich
keine wahre Religion und Sittlichkeit geben können! Ueber
die Darstellung, als sei das Attentat nur zum Schein „v e r-
anstattet", ist kein Wort zu verlieren; sie zeigt nur,
was man dummgläubigen Lesern bieten darf, denn welcher
Veranstalter würde die Ausführung auf bayerischen
Boden verlegt haben, wo die Thal durch bayerische
Gerichte untersucht und durch b a y er ische Geschworene aus
einer ganz katholischen Bevölkerung abgeurtheilt wird! ?
Abgesehen davon, daß „gemachte" Attentate wie in Frank-
reich bei uns nicht Sitte sind, würde ein solches gewiß ganz
andre Verumständungen zeigen als das Kullmann'sche. Es
giebt kaum einen Zweifel: Wir haben hier einen fanatisir-
ten Mörder vor uns und die ultramontane Presse, welche
selbst einen großen Theil der Schuld trägt,
w i tz e l t die Sache weg. So Wag es bei Mordbrennern
Brauch sein, wenn die Kühnsten im Kreise der Spießgesellen
ihre Streiche zum Besten geben und der Chorus unter rohem
Gelächter seinem Galgenhumor Luft macht. Noch ein Mittel,
um die öffentliche Meinung abzulenken, darf nicht unerwähnt
bleiben. Die ultramontanen Blätter sprechen fast nur noch
von dem Pfarrer Hauthaler: daß dessen Verhaftung unge-
rechtfertigt gewesen sei und ob er wohl eine Entschädigung
bekommen werde? Diese Erörterungen füllen ganze Spalten.
Von dem Uebel, das dem Reichskanzler drohte und von
Aullmann ist kaum mehr die Rede.
Religio n,S krieg — wer dieses.,Wort in die Oef-
fentlichkeit wirft, dein möchten wir die Schultern schütteln
und sehr ernst fragen, weißt Du, was dieses Wort für unD
Deutsche zu bedeuten hat? Diesen Teufel, der schon einmal
durch unsere blühenden und reichen Gauen von einem Ende
bis zum anderen seinen verwüstenden Umzug gehalten, herauf

zu beschwören, dünkt uns unverantwortlich. Unsere Generation
weiß es gar nicht, welch' immense Schädigung unser Vater-
land erlitten hat durch den dreißigjährigen Krieg in Hinsicht
auf politische Machtstellung, auf kirchliche Entwicklung, auf
geistige Freiheit und vor Allein auf wirthschaftliche Existenz.
Und der dreißigjährige Krieg war ein Religionskrieg, dessen
Wiederholung abzuwenden für alle Zeiten keine Konfession
genug beten und arbeiten kann. Schon das Wort nur aus-
zusprechen, sollte Jedermann heilige Scheu haben. Um so
mehr ist cs zu beklagen, daß die ullramoiltanen Blätter mit
demselben so unvorsichtig umspringen. Thalsache ist es, daß
sie zuerst und gleichzeitig den Gedanken eines allgemeinen
Religionskrieges ventilirt haben. Wir trösten uns nur mit
dem Gedanken, daß die Welt doch nicht so heiß zu essen be-
kommt, als die Klerikalen kochen möchten.
Aus Fulda wird der Wiener „Presse" vom 30. Juli
telegraphirt, daß bestem Vernehmen nach unter den preußi-
schen Bischöfen Vorschläge über eventuelle Anordnungen an
den Diöeesanklerus anläßlich des Kissinger Attentats in Zir-
kulation gesetzt worden seien. Sollte Domherr DulinSki Gehör
gefunden haben? Dünkt uns nicht wahrscheinlich.
Der Kriegshumaiiisirungs-Congreß war schon nahe daran
„sich Vertagen" zu wollen. Es herrschen nämlich zwei Strö-
mungen unter den Delegirten, welche sich anfangs schwer
einigen ließ, jetzt aber soll die Differenz soweit beigelegt sein,
daß die Berathungen ihren rascheren Fortgang nehmen werden.
Es sind eben viele Köpfe, und darum auch viel Sinn.
Die Absichten der ö st e re r i ch i s ch e n - u n g a r i»
scheu Kriegsverwaltung, auf Grundlage der bis-
her gewonnenen Erfahrungen bei verschiedenen Institutionen
der Armee, vorzüglich aber bei jener betreffend die Einjäh-
rig-Freiwilligen, Reformen vorzunehmen, finden in der un-
garischen Presse eine sehr mißtrauische Aufnahme. „Wir",
sagt „Pesti Naplo", „wollen ein nationales Heer, Koller
aber plant, wie es scheint, eine militärische Kaste, eine Art
Soldateska. Die ungarische Delegation wird zu diesem Zwecke
nicht einen Heller bewilligen, und wenn. Kriegsminister Kol-
ler nicht einen großen Verfassungskonflikt herbeiführen will,
so wird er am besten thun, wenn er seinen unglücklichen
Plan in die Rumpelkammer wirft."
In Carlowitz hat der serbische Kirchenkon-
greß in der Neuwahl den rumänischen Metropoliten JvacS-
kowitsch mit 56 von 63 Stimmen zum Patriarchen gewählt.
Jvascskowitsch ist Serbe von Geburt, war Bischof von Arad
und hat seit vorigem Jahr den Metropolitgnstuhl von Ru-
mänien inne. Er ist ein Freund des nicht bestätigten Stoi-
kowitsch, theilt mit ihm die Ansichten über selbstständige
Kirchenverwaltung und die Sympathie,, dev? Serben. Die
ungarische Regierung wird seine Wahl wohl bestätigen müsse».
In der Schweiz zieht die am 19. April, d. I. durch
das Volk sanktioniere Aenderung des Verfaffungsfuudaments

auch die Revision der Cantonalverfassungen nach sich. In
den meisten EantoNen haben bereits Regierung und Vertretung
Commissionen eingesetzt, welche die bezüglichen Vorschläge zu
erstatten haben. Aber auch die Bevölkerung wird vielseitig
zü diesen Vorarbeiten herangezogen. In Glarus hat der
Verfassungsräth die ausdrückliche Aufforderung an die Cänton-
bürger gerichtet, ihre Wünsche bekannt zu geben. Desgleichen
wurden in letzter Zeit in Basel und Neuenburg Vorschläge
von Vereinen und Korporationen durch die Verfajsungscom-
missionen entgegengenommen. Gedenkt man noch derThätig-
keit der Presse, so hat man das Bild eines lebendigen Ge-
setzeswuchses, bei dem alle öffentlichen Faktoren betheiligt sind
und der deshalb gesunde Früchte verspricht. Geht es mit
demselben Eifer vorwärts, so dürfte innerhalb ein oder zwei
Jahren die Revisionsdurchführüiiß vollendet sein Und zwar
sowohl betreffs der Bundesverfassung, als auch betreffs der
cantonalen Verfassungen,
Die römische Kurie hat beschlossen die Diözesen Slraß-
burg und Metz der Jurisdiktion des Metropoliten von Besanxon
zu entziehen Und hat sie nicht unter Köln gestellt, wie man
erwartete, sondern unter unmittelbare apostolische Aufsicht.
Die „Gazzetta d'Jtalia" enthält nachstehendes Te-
legramm von Rom unterm 29. Juli: Mit dem heutigen
Nachtzug geht ein Iesuitenagent ab, der nicht we-
niger als fünf Millionen italienische Rente mit sich führt.
Um sie in Paris zu verkaufen und damit das Kriegsma-
terial zu bezahlen, das die Jesuiten den Karlisten haben
zukommen lassen.
Die französische Nationalversammlung ist beim Dessert
angelangt, nachdem sie die einzelnen Gänge der constituiren-
den Vorlagen unerledigt hat vorüberziehen lassen müssen. Es
fehlte nämlich der Majoritätslöffcl sowie eine brauchbare Re-
gicrungsgabel und die einzelnen Gerichte, ob sie nun in der
Küche der Dreißigerkommission oder im Kabinet der morali-
schen Ordner gekocht waren, erwiesen sich außerdem als un-
genießbar. Zu dem Dessert gehören das Budget und die
damit verknüpften financiellen Fragen, welche ebenfalls nicht
leicht verdaulich sind und die eine ehrenwerthe Nationalver-
sammlung nur deßhalb zu sich nimmt, weil sie eben aufge-
gessen werden müssen. Von den noch restirenden Titeln des
Budgets fanden gestern jene des Communications- und des
Ackerbanministerinms ihre Erledigung. Der Finanzminister
machte ferner Mittheiluug von dem gegenwärtigen Stande
der Verhandlungen mit der Bank von Frankreich, der man
die vertragsmäßige Amortisationsguote herabhandeln will, um
das Deficitloch zu stopfen, welches trotz aller kunstreichen
Steuermaschen noch übrig geblieben. Der erst zehntägige
Portefeuillebesitzer sah Alles im rosigen Lichte und versprach
auch einen baldigen und günstigen Abschluß dieser Verhand-
lungen. Noch wenige Tage und die einstweilen von der
Souveiänetätstafel abberufene Nationalversammlung kann ihr

Der Armenarzt.
Fortsetzung.
Dann verließ sie das Zimmer, obne mit einem Zug
ihres Gesichts zu verrgthen, was sie dachte und was sie
Wollte, ihr Vater dagegen sagte zu sich selber:
„Es ist doch ein kluges Mädchen und gut erzogen."

Eva war glückselig voU der Hochzeit Nach Hause zurück-
gekehrt, jetzt sollte für sie der Tag des vollin Sonnenscheins
anbrechen, denn heute wollte er zu ihr kommen, wollte werben
um ihre Hand und sie sollte als seine Braut jenes Glück
kosten, welches ihr als das höchste erscheinen mußte. Sie
hatte am Abend vorher der Madame Behrens gesagt, daß
sie am Morgen nicht kommen würde und sie deshalb im
Voraus um Entschuldigung gebeten. Als.sie nun nicht wie
gewöhnlich zum Ausgange rüstete, fragte die alte Hellberg:
„Eva, mejn Kind, es ist Zeit, Du mußt gehen, und
ich sehe noch nicht, daß Du Dich fertig machst, wie kommt
uin ii'. ch-NlüichiK'uiü <- : ^
„Ich bleibe heute ,bei Dir," war die Antwort.

„Bei mir?" fragte die Alte, „Du weißt doch, daß ich
Dich entbehren kann, weil es sein muß, Du weißt, daß Lea
bet mir vorspricht; warum willst Du den Arbeitstag ver->
säumen?" >
Eva trat näher und sagte:
„Mutter, ich wollte cs Dir längst sagen, aber bis'fitzt
mußt? ich iiffmer schweigen, nun aber darf ich Dir Alles,
gestehen. Es ist Jemand da auf der Erde , der mich liebt,
den ich so unendlich lieb habe, daß ich Dir's gar nicht sagen
kann, und der will hellte kommen und Dich fragen, ob ich
die Seine MideN soll, ob Du uns Deinen Segen geben
willst, und, nicht wahr, wenn er kommt, Du giebst unS
Deinen Segen und bist so gut, wie Du bisher immer gegen
mich warst?"
Die Alte sah das blühende, junge Mädchen, deren
Augen in wunderbarer Schöne erglänzten, eine Zeitläng still
an. Ihre Augen füllten sich mit Thräneu.
„So ging es mir auch einst," sagte sie, „als ich so
war wie Du. So stand ich auch vor dem Glück wie Du,
aber dasselbe HM mich verlassen, es ging anders, als wie ich
dachte; cs kamen Menschen, die stellten sich zwischen Mich
und mein Glück und schlugen es m Trümmer. Ich will
thun, wie Du bittest, ich will Dir und ihm meinen Segen


geben, wenn er gut, wenn er Deiner Werth ist."
„Du-wirst ihn kennen lernen," sagte Eva, „Du wirst
sehen, wie gut er ist," und Nun begann sie zu plaudern und
erzählte, wie sie ihn hatte kennen lernen, wie sie mit ihm
jusanflnsttgekoiiimen war und wie sie ihn von Tag zu Tag
hätte lieber gehabt, wie sie gar nicht von ihm lassen könnte
und wie er gestern gesagt hätte, daß sie ganz die Seine
werden sollte.
Das heitere Geplauder wirkte eigcnthümlich auf die
alte Frau ein, sie richtete die Augen auf das Bild, welches
ihr gegenüber hing, sie pickte hin und wieder mit dem Kopfe,
als wenn sie sagen wollt?: ja, ja, so ist es, und dann fragte
Mfi;M8te»wiiI et kommen?"
. „Heufi kommt er," sagte Eva, „denn er hält, was er
Gva machte sich zu thun, sie ordnete, sie stellte Alles
zurecht; dann änderte sie'wieder, als wäre Alles nicht gut
genug, den Geliebten zu empfangen. Bald machte sie sich
bei den Blumen vor dem Fenster zu schaffen, bald wischte
sie. an den armseligen Möbeln, als wenn Stäub darauf
! läge, aber trotz der Kleinheit der Wohnung, trotz der Atmuth
^ war Staub nicht zu finden, das hielt Lea in Ordnung, wenn
' sie da war und mit der Kranken sprach. (Forts, folgt.)
 
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