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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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November (No. 130 - 141)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0531

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Dienstag, Donnerstag!
uni» Samstag.
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Amtsverkündigungsölatt für den Mezirk Schwetzingen.
Badische Hoj fenzeitung.
Allgemeiner Anzeiger für die bat Ij che und bayerische Rheinpfalz.

«o. 133.

Dienstag 10. N t" aber 1874.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenfiet
v»n K. Stöckhardl in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wien, Zürich, Basel

VIII. Jahrgang.

gker, Rudolf Waffe und K. L. Saude L Ko., Süddeutsche Auuouceu-Krpedition
traßburg, sowie das ISger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

^Dtsieiinngen Ä«« ^«7».
Badische Hopfenzeitung, für die Monate Novem-
ber L Dezember nehmen noch alle Postanstaften, sowie
Taschenbolen und Zeitnngsträger entgegen.
Deutsches Reich.
Berlin, 4. Nov. (Deutscher Reichstag.)
Nr. I der^ Tagesordnung Postvertrag zwischen Deutschland
und Chili, wird ohne Debatte erledigt; ebenso II.: dritte
Berathung des Postvertragcs zwischen Deutschland und Peru.
Es folgen ferner: III. die dritte Berathung des Ge-
setzentwurfes betr. die Abänderung des Gesetzes über das
Posttaxwesen auf Grund der in zweiter Berathung unver-
ändert angenommenen Vorlage; IV. die dritte Berathung
des Gesetzentwurfes betr. die Disziplinartammer für die
Beamten der Reichseisenbahnverwaltung, welche im Auslande
ihren dienstlichen Wohnsitz haben, auf Grund der in zwei-
ter Berathung unverändert angenommenen Vorlage
V. die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betr. die
Aufhebung der Artikel 11 und 12 Buch III. Titel 12
des revidirten Lübischen Rechts, sowie den Artikel 14 und
16 Theil III. Titel 12 des Rostocker Rechts, auf Grund
der in zweiter Berathung unverändert^angenommenen Vor-
lage.
Die Nr. 111., IV und V. der Tagesordnung werden
ohne Debatte angenommen.
Bei Nr. VI. der Tagesordnung; die erste und zweite
Berathung des Gesetzentwurfes wegen Einführung der Reichs-
müuzgcsetze in Elsaß-Lothringen, entspinnt sich eine lebhafte
Debatte. Bundeskommissär Michaelis weist nach, daß die
vom Abgeordneten v. Minnigerode aufgestellte Behauptung
eines großen Mangels an Goldmünzen unbegründet sei. Die
Gesammtausfuhr nach England habe einschließlich des rus-
sischen nnd holländischen Geldes in den ersten 8 Monaten
des Jahres 55,000 Lstr. betragen. In den Reichslanden
sei das französische Geld verschwunden und durch Silber er-
setzt worden ohne daß deutsches Gold nachgeflossen sei. Da-
her sei dort ein Goldmangel erstanden, welcher jetzt aber be-
seitigt sei. Finanzminister Camphausen erklärt, die Reichs-
regierung habe in richtiger Münzpolitik wenig Gold ausge-
geben. Das Gleichgewicht zwischen Goldausgabc und Sil-
bereinziehung müsse erhalten werden. Der Zeitpunkt der
vollständigen Regulirung des Reichs-MUnzwesens sei noch
nicht gekommen. An Silber, nicht an Gold sei Mangel.
Das zirkulirendc Silbergeld betrage kaum 300 Mill, eine
weitere Einziehung des Silbers sei daher. unthunlich. Der
Minister bezeichnet d e Meldung englischer Blätter von einem
großen Geschäft der Reichsregiernng durch eine Neujahr

stattfindende zwangsweise Einführung des Goldes für gegen-
standslos, bestreitet, daß das Münzgesetz auf die allgemeine
Preissteigerung influrire und stimmt dem Vorschläge Bam-
berger's zu, die Frage wegen Ausfuhr des Goldes bei der
Berathung des Bankgesetzss zum Austrage zu bringen. Das
Gesetz wird hierauf nach längerere Debatte angenommen
und zur dritten Berathung im Plenum gestellt.
VII. Erste Berathung der allgemeinen Rechnungen
über den Haushalt des Norddeutschen Bundes für das II.
Semester 1867 und die Jahre 1868, 1869 und 1870, so-
wie der allgemeinen Rechnung über den Haushalt des Deut-
schen Reiches für das Jahr. 1871. Die Vorlage wird an
eine Kommission verwiesen.
Ebenso wird Nr. VIII. an eine Kommission verwiesen:
Erste Berathung: a. Der Uebersicht des ordentlichen Aus-
gaben und Einnahmen des Deutschen Reiches für das Jahr
1873. 5. Der Uebersicht der außeretatsmäßigen außer-
ordentlichen Ausgaben, welche durch den Krieg gegen Frank-
reich veranlaßt sind oder mit demselben im Zusammenhänge
stehen, für das Jahr 1873.
— Das Gesetzes- und Verordnungsblatt Nr. 44 ent-
hält folgende Verordnungen: 1) Großh. Ministeriums des
Gr. Hauses, der Justiz und des Auswärtigen vom 22. v.
M. den Vollzug der Gerichtssportesgesetze betr.: 2) Gr. Mi-
nisterium des Innern vom 22. v. M, den Vollzug der Ge-
setze über die Stempel, Sporteln und Taxen in Zivilstaats-
verwaltungs und Polizeisachen betr.; 3) Gr. Finanzmini-
steriums vom 28. v. M. die Verwendung der Stempel-
marken, sowie das Format des bei stempelpflichtigen Ein-
gaben zur Verwendung kommenden Papieres betr.; 4) Fest-
setzung des Preises des Gesetzes- und Verordnungsblattes
für 1875 auf 2 Mark 75 Pfg. betr.
* Schwetzingen, 7. Nov. Zu den feurigsten Ver-
fechtern des Grafen Arnim und den dreistesten Verlämndern
des Rei hskanzlers und der preußischen Gerichte gehört ein
Theil der Wiener Presse, welche das wahre Ocsterreicher-
und das feine Hofschranzenthum in eben so seltener Weise
in glühender Freihcitsliebe und republikanischen Sympathicen
zu vereinigen wissen, wie unsere demokratischen Catone in
Deutschland den radikalsten Grundsätzen das Liebäugeln mit
Wiudthorst, Jörg und der „Germania" mundgerecht zu
machen verstehen. Besonders ausgezeichnet hat sich in der
Arnimaff,üre die „Neue freie Presse", welche in der ganzen
Aullage gegen Arnim nichts als eine Palast-Jntrigue sah.
Die „Nordd. Allg. Ztg." nimmt davon Veranlassung zu
folgender, freilich wie vorauszusehen, nutzloser Ermahnung:
„Es ist wieder ein Wirner Blatt, Vas im Chor der Schmä-
henden voransteht, und da müssen wir doch daran erinnern,
daß die schweigende Aufnahme solcher Thorheiten oder Bos-

heiten ihre Grenze hat. Es handelt sich dabei für ein in
Oesterreich erscheinendes Blatt nicht blos um eine Sache
des Tactes oder des gesunden Urtheilens oder der Gerech-
tigkeit, sondern schließlich um eine internationale Pflicht, zu
deren Wahrnehmung und Erfüllung auch die Presse, die es
ernst mit ihrer Aufgabe meint, berufen ist." Die „N. Fr.
Presse" wird sich dadurch nicht abhalten lassen, die alte
Wunde von Sadowa immer von Neuem mit Höllenstein zu
bestreichen, damit sie nicht zu schnell verharsche. Sic weiß
zu gut, wo sie den Dank dafür zu erwarten und zn
holen hat.
* Schwetzingen, 7. Nov. Die Centrums-Fraktion
beabsichtigt ein großes parlamentarisches Spektakelstück im
Reichstage zur Aufführung zu bringen, namentlich einen An-
trag auf Trennung der Kirche vom Staat nach amerika-
nischem Muster einzubringen. Daß es noch genug Vögel
gibt, welche sich mit dieser Leimruthe fangen lassen, läßt
sich wohl nicht bezweifeln, und an Sccundanten wird es
den Ultramontanen außen nicht fehlen. Gibt es doch noch
genug radikale Doktrinäre, welche sich von dieser Phrase be-
stechen lassen und bereit sind, dem Staate Überall die Hände
zu binden, wo die römische Hierarchie sagt: Hier bin ich
Herr. Im Reichstage aber sind doch der übergroßen Mehr-
heit der Abgeordneten die Augen geöffnet worden. Gerade
das Beispiel der amerikanischen Union zeigt, wohin die
Staaten und die Gesellschaft kommen, welche einer macht-
gierigen, keine Schranken achtenden Körperschaft volle Frei-
heit lasten, ihre Ziele zu verfolgen.
* Schwetzingen, 8. Nov. Der Vorwurf, den ge-
sperrte Neupriester und mit ihnen die ultramoütane Presse
erheben, daß fremde Geistliche alle Funktionen eines Prie-
sters verrichten, ohne die gesetzlichen Vorbedingungen erfüllt
zu haben, während ihnen, den „Landeskindern", die Vor-
nahme kirchlicher Funktionen und die Ertheilung des Reli-
gionsunterrichts untersagt sei, ist vollständig unbegründet.
Jeder altkatholische Geistliche im Lande hat die gesetzlichen
Bedingungen erfüllt. Alle sind von dem staatlich anerkann-
ten Bischof vorschriftsmäßig autorisirt und haben Dispens
von der Staatsprüfung erlangt, weil die gesetzlichen Vor-
aussetzungen Vorlagen. Auch sollen sich alle eventuell er-
boten haben, die Staatsprüfung abzulegen. Die klagenden
„Landeskindcr" vergessen, daß sie nicht nur diese Prüfung
abzulegen sich hartnäckig weigern, sondern gar nicht um
Dispens nachsuchen, eben weil die Freiburger Kurie es ver-
bietet. Dort also ist die Achtung des Gesetzes, hier Miß-
achtung. Umgehung des Gesetzes, zum Theil Verhöhnung
desselben — ein sehr wesentlicher Unterschied!
* Schwetzingen, 8. Nov Auswanderungslustige
nach Amerika sei die Warnung an'S Herz gelegt, welche
die „New-Aork Times" in einer ihrer letzten Nummern

Feuilleton.
Pie Htabe».
(Fortsetzung.)
Im Tribunal war Gabissol wie zu Hause. Der Ge-
richtshof schien nicht vollständig zu sein, wenn auf der Ad-
vokatenbank diese populäre Figur einmal fehlte. Er behandelte
seine Kollegen, sein Publikum, die Richter, die Geschworenen
mit einer Leichtigkeit und einer Vertraulichkeit, welche eine
gewisse Ueberlegenheit seiner Kraft verriethen. Das Publikum
amüsirte sich Uber ihn und manche seiner Aussprüche wurden
landläufig. Von Zeit zu Zeit schob er seine Brille in die
Höhe und drehte die Schnupftabaksdose in seinen Fingern;
in seinen pantomimischen Effekten konnte er es sogar bis
zum Thränenvergießen bringen. Durch diese kleinen Schwä-
chen büßte er aber nicht das Geringste von seiner Re-
nomme ein.
Gabissol war unverheirathet. Niemand wußte von ihm
ei» galantes Abenteuer zu erzählen. Alles, was man wußte,
war, v ß er einst versucht hatte, zu heirathen. Sein erster
Liebesbrief war jedoch in einem so streng juristischen Styl

gehalten, daß er auf das Herz der Angebeteten keine Wirkung
hervorbrachtc.
Dies war der Mann, welcher die Verthcidigung Jakob
Boucards übernommen hatte. Aber oft vermögen die besten
Waffen nichts und fast alle Generäle haben, wenn auch noch
so geschickt, ihr Waterloo gehabt.
Zunächst lag der vorliegende Fall ganz außerhalb der
alten Erfahrung Gabissols. Für ihn gab cs nur diese Alter-
native: entweder Jakob war schuldig und gab der Gerechtig-
keit die Mittel, das Geld Simon Vernou's wiederzufinden,
in diesem Falle hätte der Advokat die Nachsicht der Jury
beantragt, oder aber Jakobs Unschuld ließ sich Nachweisen
durch die beharrliche Erklärung Susannens, und dann hätte
der Verthcidiger einen prächtigen Tex gehabt, um die energi-
sche Hingebung Susannens, den Kampf des Edelmuthes zwi-
schen dem Geliebten und dem jungen Mädchen zu feiern und
endlich gegen die Jrrthümer der Justiz, gegen den falschen
Schein zu protestier».
Jetzt war Alles anders gekommen. Gabissol befand
sich plötzlich in einer Sackgasse. Jakob beharrte dabei, Alles
zu leugnen und erzürnte dadurch die große Majorität der
Versammlung, welche ihn schuldig glaubte. Susanne nahm
ihre Aussage, daß sie zur Zeit des Mordes bei Jakob

gewesen wäre, zurück, und das raubte auf einmal dem Pro-
zesse seine Poesie, dem Angeklagten seine Aussichten und
dem Verthcidiger seine Mittel auf Erfolg. Die glänzende
Beredtsamkeit des Staatsanwaltes thronte über diesen Ruinen.
Dazu kam, daß Gabissol schon lange die Illusionen
junger und enthusiastischer Advokaten Vorloren hatte. Er
sprach nach seiner Ueberzeuguug. Jetzt glich er einem Musiker,
dem, gewöhnt, wenn er sich vor sein Piano setzt, gehorsamen
Tasten und lauschenden Ohren zu begegnen, an einem schönen
Tage die Töne versagen.
Er strengte sich indessen an. gute Miene zum bösen
Spiel zu machen. Zunächst zog er sich geschickt aus dem
Widerspruch Susannens heraus. Nach ihm gab es nichts
Einfacheres. Ihre erste Bewegung wäre, die Wahrheit zu
sagen; aber drei Monate Nachdenken, die Rathschläge ihrer
Freunde, die Drohungen ihres Vaters hatten sie schwach ge-
macht. Sie wollte lieber ihren Geliebte» nicht retten, als
sich entehre».
Der Advokat suchte darauf zu Gunsten Jakobs zu sprechen.
Er war und blieb unschuldig.
Sonderbare Situation, durch die Natur des Verbrechens
selbst dem unglücklichen Angeklagten bereitet! Man wollte
ihn nur beklagen und vielleicht ihm verzeihen/ wenn er,
 
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