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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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Mai (No. 52 - 63)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0223

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Amtsverkündigungsölatt für den Wezirk Schrveßingen.
Adische HopfenzeiLNng.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Vo. 5tz.

Samstag, 9. Mai 1874.

VIH. Jahrgang.

Inserate von AnKWKrts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Burean
von H. Stöckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wie

von Laasen,lein L Kogler, Anbots Messe und <h. L. Inulle <L Ho., dis Süddeutsche Knnoncen-Hrpedrtion
n, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das ISgcr'sche Central-Bureaux für .Inserate in Frankfurt a./M.

Der Ciryug Marschall Touches in Mbas.
Marschall Concha, Commandeur des 3. Corps der
republikanischen Armee, hatte vor Beginn der neuesten Ope-
rationen gelobt: er würde Bilbao am „Dos äs Nnvo",
dem großen Nationalfesttag der Spanier entsetzen. (Am 2.
Mai wird in ganz Spanien der Jahrestag des Aufstands
der Madrider gegen die Franzosen in 1808 gefeiert.) Concha
hat sein Wort gehalten; an dem genannten Tage zog er
als Sieger in die befreite Hauptstadt Biscaya's ein und
zwar früher als Serrano, welcher ihm dieses Vorrecht rittcr-
licherweise ertheilt hatte.
. Der Einzug der Truppen — telegraphirt ein Cor-
respondent der „Times" am Dienstlag aus Bilbao — war
ein prächtiges Schauspiel. Die Bewohner in ihren Sonn-
tagskleidern füllten die Straßen, um ihren Befreiern ein
herzliches Willkommen zu bereiten. Die Kanonen feuerten
Salutschüsse, die Kirchenglocken läuteten, Flaggen von allen
Farben neben der Naiionalfahne flatterten in der Luft. Die
Batcone waren mit reichen Stoffen und Spitzen behängen,
selbst die ärmeren Leute hatten auf irgend eine Weise ihre
Behausung zu dem freudigen Ereigniß geschmückt. Marschall
Concha, der Maire und das „Aynntamiento" (der Magistrat)
stellten sich vor dem Theater auf und ließen die Truppen
ans ihrem Marsche durch die Hauptstraßen vorüber defiliren.
Ueberall wurden die Soldaten mit lauten Bivas und Hüte-
schwenken empfangen; die Damen ans den Baiconen winkten
mit den Schnupftüchern und warfen den Siegern Blumen
und Kränze zu. Von einigen Balconen wurden auch Ci-
garetten und Cigarren unter die pasfirenden Mannschaften
geworfen.
Die Truppen marschirten stramm und wacker. Zwar
kamen sie bedeck! mit dem Staub und Schmutz der Bivouacs
und Märsche; aber ihr Aussehen war vortrefflich, wenn
man bedenkt, was die Leute in den letzten Tagen an Ge-
waltmärschen und harten Kämpfen bei knapper Verpflegung
dnrchgemacht hatten. Die „Carabincros" und Civilgardisten,
beides sehr gute Truppenkörper, die sich wahrend der Cam-
pagne ganz vorzüglich gehalten haben, wurden besonders
enthusiastisch empfangen. Die Bevölkerung rief: „Viva
Concha", die Soldaten antworteten mit „Biva Bilbao"! Rufe
politischen Characters wurden nur sehr selten gehört, Am
Abend wurde illuminirt; man sang, tanzte und jubelte
auf den öffentlichen Plätzen; bis spät in die Nacht hinein
drängte sich eine freudig erregte Menschenmenge in den Straßen.
Viele der Bewohner haben bleiche Gesichtsfarbe und
tragen die Spuren erlittenen Hungers in ihren Zügen.
Die Mehrheit indeß hat weniger gelitten, als man befürchtet
hatte; wenn schon auch ihre Entbehrungen sehr große waren.
Man zeigte mir ein kleines, elendes Zimmer, in welchem
ein Dutzend Menschen zusammengepreßt gewohnt hatte, da-

runter eine Frau im Wochenbett. Von einer andern Fa-
milie wurde mir erzählt, daß sie sieben Wochen lang voll-
ständig angekleidet im Keller geschlafen hatte. Viele haben
natürlich unter dem Mangel an Tageslicht und frischer Lust
gelitten. Auch an Lebensmitteln fehlte es, und was vor-
handen war, taugte oft nur sehr wenig. In den letzten
fünf Tagen war kein Brod mehr vorhanden; an seiner
Stelle wurden Knoblauch- und Maiskuchen verzehrt. Katzen
und Raiten waren, wie erzählt wird, eine allgemein übliche
Speise. Pferdefleisch kostete 4 sh. (2 fl. 24 kr.) per Pfund,
Kalbfleisch 8 sh. (4 fl. 48 kr.), ein Ei 1 sh. (36 kr.), ein
Kohlkopf 3 sh. (1 fl. 48 kr.). Wein war ebenfalls rar
und meist von schlechter Qualität.
Die Bewohner der Stadt verdienen unstreitig das höchste
Lob für ihr entschlossenes AuSharren. Sie erzählen, daß
sie darauf gefaßt waren, noch einen weiteren Monai belagert
zu bleiben und Entbehrungen zu erdulden. Getödtet wurden
nur Wenige; man gab mir deren Zahl ans unter dreißig
' an. Aber man hatte auch alle möglichen Vorsichtsmaßregeln
getroffen. Die Thüren und Fenster waren durch Sandsäcke
und Bretter verbarrikadirt, ans den Thürmen hatte man
Wächter ausgestellt, welche die Belagerungsbatlerieen ununter-
brochen im Auge behalten und durch das Blasen eines Harnes
die Bewohner warnen mußten, wenn der Feind sich zum
Abfeuern eines Geschützes anschickte.
Die an den Häusern angerichteten Zerstörungen sind
dagegen entsetzlich. Fast kein einziges Gebäude blieb unver-
sehrt ; viele sind Außen und Innen total verwüstet. In
ein Haus flogen 42 Granaten und Bomben, ein anderes
wurde von 25 Geschossen getroffen. Alle Fensterscheiben in
der Stadt, mit sehr wenig Ausnahmen, sind entzwei. Nenn
und dreißig Tage lang hatten dis Ca'listcn die Stadt bom-
bardirt und während dieser Zeit 6000 Hohlgeschosse von
altmodischer Fa§on hineingeworfen.
Aber abgesehen von den durch die Carlisten angerich-
teten Verwüstungen, wurde heute früh auch noch eine ganze
Anzahl Häuser durch republikanische Freiwillige aus Bilbao
selbst angezündet; diese Leute machten derart ihrer Wuth
gegen die carlistisch gesinnten Bewohner jener Häuser Luft.
Heute Abend noch ist die Gegend rund um Bilbao durch
Fenersbrünste erleuchtet, denn mehr als ein Landhaus stehl
noch in Flammen. Drei Brücken innerhalb der Stad! wurden
durch die nenliche Sturmfluth zerstört. Jetzt ist der Fluß
schiffbar. Der erste Dampfer seit Beginn "der Belagerung
lies heule Nachmittag in den Hafen ein und wurde durch
eine große Menschenmenge mit Jnbelrnfen begrüßt. Noch
bis gestern (Montag) Abend 10 Uhr warfen die Carlisten
Granaten in die Stadt, wahrscheinlich um derart ihren
Rückzug zu decken. Drei vernagelte Geschütze blieben in den
Bätterieen stehen und sielen den Republikaner» in die Hände.

Gm königlicher Brief.
Im Jahre 1778 wurde die eingegangene Freimaurerloge zu
Aachen wieder eröffnet und von der Mutterlose in Wetzlar installirt.
Der Lektor des Dominikaner-Klosters zu Aachen, Greinemann, und der
Kapuzinerprediger Schuss wiegelten in der Domkirche den Pöbel dagegen
auf. Die Folge waren blutige Austritte. Als Friederich der Große
dieses fanatische, die öffentliche Sicherheit gefährdende Betragen erfuhr,
schrieb er an die Volksanfwicgler umerm 7. Februar 1778 nachstehen-
den Brief:
„ Meine sehr ehrwürdigen Väter! — Verschiedene Berichte, bestätigt
durch die öffentlichen Blätter, haben mich in Kenntniß gesetzt, mit wel-
chem Eifer Ihr Euch bemüht, das Schwert des Fanatismus gegen
ruhige, tugendhafte und achtbare Leute, Freimaurer genannt, zu wetzen.
Als ehemaliger Würdenträger dieses achtbaren Ordens muß ich, so
viel es in meiner Macht steht, die Verleumdung zurückweisen, die den-
selben beschimpft, und den dunklen Schleier wegzuziehen suchen; der Euch
den Tempel, den wir allen Tugenden errichteten, als den Sammelplatz
aller Laster darstellt.
„Wie, meine sehr ehrwürdigen Väter ! wollt Ihr jene Jahrhunderts
der Unwissenheit und der Barbarei, welche so lang die Schande des
menschlichen Verstandes waren, unter uns znrückführen ? — Jene Zeiten
des Fanatismus, nach welchen das Auge der Vernunft ohne Schauder
nicht zurückblickcn kann? — Jene Zeiten, wo die Heuchelei auf dem
Throne des /Despotismus, zwischen dem Aberglauben und der Demuth
sitzend, der Welt Fesseln anlegte und ohne Unterschied alle Diejenigen
verbrennen ließ, welche lesen konnten?
. „Ihr gebt den Maurern nicht nur den Schimpfnamen Hexenmei-
ster, sondern Ihr klagt sie an: Spitzbuben, ruchlose Menschen, Vorläufer
des Antichrists zu sein, — und Ihr ermahnt ein ganzes Volk, dieses
verfluchte Geschlecht zu vertilgen.
„Spitzbuben, meine sehr ehrwürdigen Väter, machen es sich nicht
wie wir, zur Pflicht, den Armen und Waisen bcizustehen. Spitzbuben
plündern sie im Gegentheil aus, berauben sie oft ihres Erbtheils und
mästen sich von ihrer Beute im Schooßs des Müßiggangs und der
Heuchel l. Spitzbuben endlich betrügen die Menschen. Freimaurer
klären sie auf.
„Ein Maurer, der aus seiner Werkstätie zurückkehrt, wo er nur
Lehren zum Besten der Menschheit erhalten hat, wird in seinem Kreise
ein besserer Gatte. — Vorläufer des Antichrists würden wahrscheinlich
alle ihre Bemühunaen aus die Vernichtung des Gesetzes des Allerhöch-
sten richten. Die Maurer aber könnten nicht dagegen freveln, ohne ihr
eigenes Gebäude umzustürzen, — und wie konnten diejenigen ein ver-
fluchtes Geschlecht sein, welche in unermüdeier Verbreitung aller Tu-
genden, die dm rechtschaffenen Mann bilden, ihren Ruhm suchen.
gcz. Friedrich."

Der WerkmwaL in Linz.
Am Freitag hat in Linz ein großer Exceß stattge-
funden, über welchen mm ausführliche Mittheilungen vor-
liegen.
Nach einer gemeinschaftlichen Verabredung der Brau-
ereibesitzer trat mit 1. d. M. eine Erhöhung der Bier-
preise ein. so daß das Krügel Bier mit 10 kr. (7kr. südd.)
geschenkt wurde.
Schon seit einigen Tagen raunte man sich Verschiedenes
über einen anläßlich der Bierpreiserhöhung stattfindenden
Krawall in die Ohren.
Freitag bald nach 7 ühr Abends sammelten sich vor
dem Brauhause der Gebrüder Hatschek an der unteren

Fcniilelml.
Der Armenarzt.
Roman ans dem Leben einer großen Stadt
von I. Steinmann.
Fünftes Kapitel.
Das Medaittonportrait.
(Fortsetzung.)
Die Tagesblätter und Anschlagezeiiel verkündeten, daß
heute der Hornistenciub „Amphion" im Conventgarien das
schon längst vorbereitete und angesagte große Concert, ver-
bunden mit einem Ball, abhalten werde.
Hunderte von Eintrittskarten, die an der Kaffe zu
halben Preisen berechtigen, waren don den Mitgliedern des
Clubs ausgetheilt worden; unter den glücklichen Empfängern
befanden sich, wie wir gesehen, die Familie Behrens und Eva.
Ja der dicke Christian, Cousin der Madame Behrens,
der in besagtem Club das Althorn blies, war in der That
galant gewesen.
Nicht allein Billete hatte er besorgt — nein, er hatte
nach versprochen, für hinreichende Tänzer zu sorgen.

„Ich werde kaum Zeit haben, Euch alle Tänzer vor-
zustelleu," meinte er. „Wenn daher Einer kommt und sagt:
der Cousin Christian schickt mich — mit dem könnt Ihr
ruhig tanzen, das ist dann einer von meinen Freunden."
„Du bist zu gut Cristian," sagie Mathilde.
„Es ist himmlisch," jubelte Clara.
„Er weiß, was er der Familie schuldig ist," sagte
Madame Behrens mit Würde.
Eva sagte gar nichts. Sie war seltsam befangen. Sie
sollte zum ersten Male nach einem Concert und Ball. Zum
ersten Male ! !
Wie die Annoncen vornusgcsagt, ging das Riesenwerk
in Erfüllung. Und wirklich, das Concert des „Amphion"
war ein Riesenwerk.
Sämmtliche Spieler waren Dilettanten' Junge Kauf-
lente,Compioiristen, intelligente Handwerker hatten diesen Club
gegründet, an dem nur aktive Mitglieder theilnehmen durften,
d. h. jedes Clnbsglied mußte sich verpflichten, irgend ein
Blasinstrument spielen zu lernen und im Orchester mitzu-
wirken.
Heute wollte der Club zum ersten Male mit seinen
Leistungen vor die Oeffentlichkeit treten. Es war dies bei
Gott kein kleines Stück Arbeit.

Fleißig hatten sie geübt, das mußte ihnen ihr Feind — in
diesem Falle der Concurrenz-Club „Harmonie" — entschieden
einräumen, aber in der letzten Zeit hatte die erste Trompete
öfters an Heiserkeit gelitten und auch das Bombardon fehlte
mehrmals wegen Unpäßlichkeit.
Schon um halb sechs Uhr begannen die Pilgerreisen nach
dem Concertsaale und Dank des trockenen Wetters und der
maßenhaft vcrtheilien Eintrittskarten fand sich ein zahlreiches,
bürgerlichen Ständen augehörendes Publikum in den Räumen
des Conventgartens ein.
Madame Behrens gönnte sich eine Droschke. Einmal war
es vornehmer nnd zweitens wurden die neuen Kleider ihrer
Töchter besser geschont.
Clara und Mathilde hatten fast ganz gleiche Toilette: Rosa
Baröge mit einer seidenen Schärpe von derselben Farbe.
Am Ausschnitt war vas Kleid mit mattglänzenden Perlen
von der Größe einer Nuß besetzt.
Mathilde trug Perlen und Schilfblätier im Haar, Clara
dagegen einen Kranz aus weißen Korallen mit silbernen
Spitzen.
Eva war in weißen Mull gekleidet.
(Fortsetzung folgt.)
 
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