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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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September (No. 103 - 115)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0427

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Amtsverkündigungsölall für den Bezirk Schwetzingen.

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Kadi sche Hopsenzeitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

No. 107.

Donnerstag, 10. September 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Laasenstein L Angler, Andorf Moste und K. Z»a»Se L Ko., Süddeutsche Annoncen.Krpeditlon
von K. StöLhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Jäger'sche Tentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

Altkatholiken Kongres; in Freiburg I.
Frei bürg, 5. Sept. Zu dem Altkatholiken-Kongreß
haben sich bereits viele Gäste und Delegirte eingefunden.
Bischof Reinkens traf um 6 Uhr von Bonn ein und wurde
am Bahnhof von einer großen Zahl von hiesigen Altkatholiken
und bereits früher angekommenen Fremden empfangen.
Außer vielen Delegirten aus bad. Städten sind bereits an-
wesend: Geh. Rath v. Schulte und die Professoren Knoodt,
Langen und Reusch von Bonn, die Profefforen Cornelius,
und Huber und Dr. Zirngiebl von München, Prof. Michelis
von Braunsberg, Appcll.-Gerichtsrath Petri und Bankrath
Reusch von Wiesbaden, Abg. Dr. Bölk von Augsburg, die
altkatholischen Geistlichen Hobt von Straubing, Fe'g von
Baden, Häßler von Erlangen, Graf Weschowetz von Boppard,
Bruder von Ries, aus der Schweiz, Landamann Dr. Keller
von Aarau, Pfarrer Herzog und Dr. Munzinger von Olten,
aus Frankreich Abbv Michaud, aus Italien der Marchese
Gonzaga, von deutschen Protestanten u. A. Professor Holtz-
mann von Heidelberg, als Delegirter des Moskauer Vereins
für geistliche Aufklärung Th. v. Suchotin, Probst Toischaloff
von Wiesbaden, aus England der Dechant Howson v. Chester,
Prof. Mayor von Cambridge, I. Nant u. A., aus Amerika
W. Chauney Langdon. Der Bischof von Pittsburgh wird
Montag eintreffen.
Gegen 8 Uhr fand sich eine große Versammlung in
den Sälen der „Harmonie" zusammen. Ein Mitglied des
Freiburger Komitb's, Rechtsanwalt Fehrenbach, begrüßte
den Bischof und die Delegirten, in einer warmen Ansprache.
Bischof ReinkenS erwiederte die Begrüßung, wie er sagte,
im Namen von Hunderttausenden, die er auf seinen Reisen
in den letzten Monaten als offene und geheime Anhänger
der altkatholischen Sache kennen gelernt. Er berichtete in
beredten Worten über die vielfachen, erfreulichen Erfahrungen,
die er in verschiedienen Gegenden und bei verschiedenen
Ständen gemacht über die Opferwilligkeit und den religiösen
Sinn, welche er in allen Kreisen bei den Aktkatholiken wahr-
genommen. Der Sinn für die Wahrheit, der sich bei allen
zeige, sei auch Das. was die wahre Grundlage für die
Einigung der christlichen Konfessionen bilde. Je mehr man
den Sinn des Wortes verstehen lerne, „die Wahrheit wird
auch frei machen", um so näher werde man diesem Ziele
kommen. (Lauter, anhaltender Beifall.)
Prof. Holtzmann aus Heidelberg sprach in ähnlicher
Weise wie bei dem Konstanzer Kongreß im Namen der deutschen
Protestanten seine Sympathien für die altkatholische Bewegung
auk und verbreitete sich ausführlicher über die Bedeutung
der Religion für die Gegenwart.
Prof. Huber ans München bemerkte: wenn auch von
verschiedenen Punkten ausgehend, seien doch jetzt viele aus
allen Konfessionen einig in dem ernsten Streben nach Wahr-
heit. Die Erreichung des Zieles sei nicht möglich ohne Kampf

und Anstrengung. Für die kathol. Sache sei jetzt Baden
von der größten Bedeutung; der Fortschritt der Bewegung
in Baden werde auf ganz Deutschland zurückwirken.
Oberamtsrichter Beck aus Heidelberg knüpfte an die
Bemerkung von Huber an und sprach über die kirchlichen
Kämpfe in Baden in den letzten Decennien und schloß mit
dem Ausdruck der Hoffnun , daß alle deutschen Volksstämme
mit derselben Kraft und Ei gie den jesuitischen Bestrebungen
in der kathol. Kirche entg en wirken würden.
Rev. CHauncy L a n don sprach in englischer Sprache
von dem Interesse der an ^-amerikanischen Kirche für die
altkatholische Bewegung, P . E. B. Mayor aus Cambridge
in deutscher Sprache in nlichem Sinne im Namen der
englischen Kirche und der iglischen Universitäten.
Der russische Geistig Toischaloff aus Wiesbaden
sprach im Namen der ! Petersburger Gesellschaft der
Freunde geistlicher Aufklä g von der Erfüllung der Er-
wartungen der Freunde unl m der Vereitelung der Hoffnungen
der Feinde der altkatholisi n Bewegung.
Geh. Rath v. Schn te aus Bonn sprach zum Schluß
von dem Prinzip der Einig mg der verschiedenen Konfessionen
und Volksstämme, welches der Anwesenheit von Angehörigen
so vieler derselben seinen A tdruck finde, von dem einträchtigen
Zusammenwirken der Gei ichen und der Laien in der kirch-
lichen Bewegung und vr der Bedeutung der Rheinlande
für die altkatholische Sack .
Freiburg i. B., >. Sept. In der heutigen ersten
Delegirtensitzung des Altkal^oliken-Kongresses wurden Geheime-
rath Schulte zum Präsidenten, Dr. Petri (Wiesbaden) und
Prof. Huber (München) zu Vizepräsidenten erwählt. Nach-
dem der Vorsitzende über die Bonner Synode Bericht erstattet
hatte, gelangten 4 Resolutionen über die Ansprüche der alt-
katholischen Gemeinden am Kirchenvermögen zur Debatte.
Dieselben wurden mit von Petri und Michelis gestellten
Amendements angenommen. Bischof Reinkens berheiligte sich
an der Debatte.
Freiburg i. Br., 6. Sept. Die heutige erste öffent-
liche Sitzung deS Altkatholiken-Kongresses war von Tausen-
den besucht. Als Redner traten auf: Professor Huber (Mün-
chen), Amtsrichter Beck (Heidelberg), Prof. Knoodt (Bonn).
Landamann Keller (Aarau) überbringt Grüße der Schweiz,
der Reichstags-Abgeoronete Bölk hebt die politische Bedeutung
der altkatholischen Bewegung hervor und betont das Zusam-
mengehen mit der Schweiz.
Die in der heutigen Sitzung der zum Altkatholiken-
Kongreß Delegirten angenommenen Resolutionen besagen im
Wesentlichen: Die Altkatholiken beanspruchen Antheil am
Kirchenvermögen, hoffen auf staatlichen Schutz und verlangen
Theilung in der Benutzung der Kirchen und Pfründen unter
Berücksichtigung der Seelenzahl beider Parteien, die durch
Abstimmung über die vatikanischen Beschlüsse zu ermitteln

find. Der Staat hat auf Antrag diese Abstimmung über-
all vornehmen zu lassen, wo die Rechte der Altkatholiken
verletzt werden.
Freiburg, 7. Sept. In der 2. Deligirtensitzung des
Kongresses wurde das Zentralkomits für altkatholische Mission
und Organisirung von Vorträgen gebildet, dessen Sitz Mün-
chen ist. Eine Einladung des Protestantenvereins zum Wies-
badener Protestantentag wurde verlesen. Herzog Gonzaga
(Mantua) und Professor Mayor (Cambridge) drücken
Sympathien Ihrer Länder für die altkathlische Reform aus.
Deutsches Reich.
* Schwetzingen, 8 Sept. Nachdem die Sedan-
feier verrauscht ist und die „Provinzial-Korrespondcnz"
dieselbe in einem offiziellen Epilog als eine freudige That
des seiner Einheit und der darauf beruhenden Größe be-
wußten deutschen Volkes gepriesen hat, treten wieder die in-
neren Kämpfe in den Vordergrund, deren Lösung die „Prob.-
Korr." von der vaterländischen Gesinnung erwartet. Die
Anzeichen sprechen nicht dafür, daß diese Erwartung so bald
in Erfüllung gehen werde. Vor einigen Tagen hat nun
auch der bisher etwas zurückhaltende Bischof von Kulm (West-
preußen) den offenen Kampf gegen die Kirchengesetze begon-
nen, In einem Rundschreiben fordert er die Katholiken auf,
das Zivilehegesetz zu umgehen, indem er Folgendes bestimmt:
„Personen, welche in den Ehestand treten wollen und dem-
nach ihre Erklärung dein Zivilstandsbeamten abgegeben ha-
ben, dürfen sich noch nicht als Mann und Frau betrachten,
sondern nur als Verlobte. Sie dürfen sich auch nur so
aufführen, wie es nach bisherigen kirchlichen Vorschriften den
Verlobten gebührt und müssen sich eiligst um die Trauung
durch ihren Pfarrer bemühen. Diejenigen, welche sich mit
der bloßen Zivilehe begnügen sollten, würden von der Theil-
nähme an den Sakramenten bis zur kirchlichen Trauakte
ausgeschlossen werden. Es sollen demnach auch die Ehe-
standskandidaten vor dem Gange zum Standesbeamten sich
bei ihren regelmäßigen Pfarrern vergewissern, ob ihrer be-
absichtigten Ehe keine kirchlichen Hindernisse entgegenstehen.
Me Pfarrer sollen nach wie vor über sämmtliche Taufen,
Trauungen und Begräbnisse ein Journal führen." Anlaß
zu neuen, wenn auch ungegründeten Beschwerden der katho-
lischen Hierarchie dürfte auch eine Verfügung des Kultus-
ministers zur Regelung des Prozessionswesens abgeben. Es
ist darin auf Grund deS Vereinsgesetzes bestimmt, daß alle
nicht herkömmlichen Prozessionen, Wallfahrten u. s. w. Po-
lizeilicher Genehmigung bedürfen und daß diese versagt wer-
den soll, wenn Ungehürigkeiten oder Unordnungen zu be»
fürchten sind. Ferner soll nicht geduldet werden, daß durch
kirchliche Aufzüge, auch wenn sie hergebracht sind, der Stra-
ßenverkehr ungebührlich beschränkt oder Andersgläubigen zu
nahe getreten wird. Gegen Belästigungen, Nöthigungen,

Aer Armenarzt. -
Fortsetzung.
„Kennen Sie die alte Frau, denn auch ihr gleicht dieses
Bild?" und wieder deutete er auf das Medaillon.
„Ich kenne Sie nicht!" schrie Herr Wagenberg, „ich
will sie nicht kennen und will sie nicht sehen, dann ist sie
tvdt."
Alphons versuchte den alten Herrn weiter zum Sprechen
zu bringen, eS war ihm aber nicht möglich, denn dieser
starrte vor sich hin, als wenn er ein Schreckbild sähe, und
antwortete nicht.
Alphons jedoch wollte den einmal aufgefundenen Faden
weiter verfolgen und da ihm im Augenblick nicht klar war,
inwiefern dies zu bewerkstelligen sei, dachte er sich an Dr.
Feldmann zu wenden, den zuRathe zu ziehen und mit ihm
Über die vorzunehmenden Schritte RathS zu Pflegen. Er
verließ daher Herr Wagenberg, sagte aber auf dem Vorplatz
dem Diener:
„Achten Sie auf den Herrn, er ist sehr krank."


Dr. Feldmann hatte eine Antwort erhalten. Emilie
schrieb ihm:
„Sie haben Recht, ich will vergessen, das Vergessen
allein ist meine letzte Zuflucht, leben Sie wohl, nehmen Sie
den Dank einer Unglücklichen für die Tage, in denen sie das
Glück wie in einem Traum vor sich liegen sah, wie eine
Fata Morgana, die vor dem Wanderer verschwindet, sobald
er ihr zu nahen sucht. Ich durfte die Hand nicht nach diesem
Glück ausstrecken, nur im Anschauen desselben durfte ich kurze
Zeit, ach, wie selig sein. Nehmen Sie meinen heißen innigen
Dank dafür und leben Sie ewig wohl.
Emilie."
Dieser Brief wirkte eigenthümlich auf Feldmann. Das
„ewig" in dem Schluffe machte den Eindruck auf ihn, wie
der Abschied eines Menschen, der den sichern Tod vor Augen
sieht. Er, der oft am Krankenbette gestanden hatte, der oft
das Abschiedswort der Sterbenden gehört, ihm war es, als
wenn aus diesem Brief auch ein letzter Abschiedsgruß eines
Sterbendem zu ihm klang.
Da überlief es ihn eisig kalt, hatte er ihr nicht den
Rath gegeben, sie solle „Vergessen" suchen, und wenn sie
nun ewiges Vergessen suchte, war er es nicht, der sie in den
Tod betrieben ?

Et sprang plötzlich auf, der Boden brannte unter ihm,
er wollte zu ihr, er wollte sie sprechen, er wollte den Brief
wieder haben, den unglückseligen Brief, den er nun bereute,
geschrieben zu haben."
Als er auf dem Wege nach dem Hause in der Näh«
des Dammthors sich befand, mußte er an der Alster vorbei,
auf der eine frohe Menge sich dem Eisvergnügen hingab.
Damen in kleidsamen Kostümen glitten rasch dahin auf der
glatten Bahn, hie und da kreuzten geübte Schlittschuhläufer
in weiten Bogen um die Schönen, deren Augen sie Wohl-
gefallen wollten. Ueberall herrschte frohes Leben, das zu
seiner Stimmung im vollsten Widerspruch stand. Da war
es ihm, als wenn er unter den froh Dahingleitenden eine
ihm bekannte Gestalt sah, er blickte näher hin, eS konnte
keine Andere sein, Emilie befand sich unter der frohen Menge
— das war also das Vergessen, welches sie suchte. Er
Llieb einen Augenblick- stehen, seilt Mund verzüg sich zu einem
bittern Lächeln.
„Du wurdest getäuscht und hintergangen," niurmelte
er bei sich und wollte umkehren.
Er konnte den Blick aber nicht von der Gestalt wenden,
er mußte sie betrachten.
(Fortsetzung folgt.)
 
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