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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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Mai (No. 52 - 63)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0215

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wöchentlich drei Mal:
tbienstag, Donnerstag
und Samstag.
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Dchwchiiigkr WochcnIilM
Amtsverkündigungsblatt für den Mezirk Schwetzingen.
Badische Hopsen Leitung.

Viertels. Abonnement:
Fiir's Wochenblatt 51 kr
Unterhaltungsblatt 18 kr-
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die viergsspaltene
Petttzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.
Ho. 54.__Donnerstag, 7. Mai 1874. VIII. Jahrgang.

Znserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen°Bureaux von Kaascnstein L Iksgker, Ztudolf Masse und O. T- AanSe L E«., die Süddeutsche Aunoncen-Hrpedttiou
von O. Stöckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Strasjburg, sowie das A-iger'sch- Lentral-Bureaur für Inserate in Frankfurt a./M.

Neueste Post.
Berlin, 5. Mai. Der Kaiser hat gestern das Entlassungsgesuch
Arnims angenommen. Derselbe begibt sich, nachdem seine Familie aus
Paris abgeholt, auf sein Stammgnt Succow. Fürst Hohenlohe ver-
abschiedet sich morgen.
München, 4. Mai. Der König, an einer Zahnwurzel-
entzündung leidend, kann seit mehreren Tagen das Zimmer nicht
verlaßen.
Bilbao, 8 Mai. Der hiesige Gesundheilszustand ist trotz der
Belagerung vortrefflich. Sperrvorrichtungen des Nervion-Fluffes werden
weggeräumt und die Verbindungen mit der Umgegend nach allen Sei-
ten eröffnet.
Shangai, 3. Mai. In der hiesigen französischen Kolonie haben
ernsthafte Unruhen stattgefunden. Eine Menge Chinesen drang in
das französische Quartier, pltU derte und brannte mehrere Häuser nieder.
Die Polizei feuerte aus die Volksmenge, wobei mehrere Personen ge-
tödet wurden. Nach dem die chinesischen Freiwilligen unter die Waffen
gerufen und fremde Marinemannschaft ausgeschifft waren, wurde die
Ruhe wieder hergestellt. Man befürchtet den Ausbruch neuer Unruhen.
Die englische Kolonie blieb ungestört.

Ein neuer Brief Graf Arnims.
Die „Sperr. Ztg." erhält von dem Grafen Arnim
nachfolgendes Schreiben:
„Berlin, den 1. Mai 1874.
Verehrter Herr Redacteur!
Gestern von Paris hier eingetroffen, finde ich in den
Blättern der Residenz eine Serie von Artikeln, welche mich aus
Anlaß meines Briefes angreifen, den ich an Herrn v. Döl-
linger gerichtet habe. Meine amtliche Stellung hindert
mich, diesen Angriffen entgegen zu treten. Indessen darf
ich schon heute gegen einen Vorwurf protestiren, welcher am häu-
figsten wiederkehrt: nämlich gegen den Vorwurf, im Wider-
spruch mit den Traditionen der preußischen Diplomatie in eine
Polemik mit dem verantwortlichen Leiter der Politik getreten zu
sein. Ich bin überrascht von der Unbefangenheit, mit welcher
eine so schwere Anklage dem Publikum vorgetragen wird und
allmälig als unbestrittenes Facftun in Cours gesetzt werden
soll. Ich sehe mich daher veranlaßt, durch Darlegung thatsäch-
lichen Herganges den Nachweis zu führen, daß nicht ich
die Initiative genommen habe, um eine öffentliche Discussion
einzuleiten, sondern daß ich durch eine Publication, welche
sich mit mir beschäftigte, ohne daß ich Einfluß auf sie gehabt
hätte, gezwungen worden bin, aus der Reserve herauszutre-
ten, die ich bis dahin, aller Provocationcn unerachtet, be-
wahren konnte. In einem auswärtigem Blatte sind gewisse
Schriftstücke veröffentlicht worden, welche das Interesse des
Publikums auf die Geschichte des Concils gelenkt haben.
Wer diese Veröffentlichung veranlaßt hat, brauche ich nicht
zu untersuchen. Von mir ist sie nicht ausgegangen. Gleich
darauf wurden in einer Berliner Zeitung amtliche Actenstücke
veröffentlicht, welche „Enthüllungen" vervollständigten. Bis
hierher liegt in dem ganzen Vorgänge nichts. Auffälliges.
Die Schriftstücke des Wiener Blattes enthalten nichts Neues

und nichts, was dem Leiter, der deutschen Politik unange-
nehm sein könnte. Ebensowenig haben die „Instructionen"
diejenigen überraschen können, welche mit der diplomatischen
Geschichte der letzten Jahre such nur oberflächlich vertraut
sind. Etwas anders verhält es sich mit der Veröffentlichung
meines, seinem Inhalte nach ganz vertraulichen Berichtes
vom 14. Mai 1869. Diese Veröffentlichung steht, wie
jeder anerkennen wird, im Widersprnch mit de» Traditionen
nicht blos der preußischen, sondern jeder Diplomatie. Ich
constatire dieses Factum, ohne es irgendwie kritisiren zu
wollen. Der Bruch mit den Traditionen kann häufig
nöthig und bisweilen nützlich zu sein. Es steht mir nicht
zu, zu beurtheileu, warum derselbe in diesem Fall nöthig,
und ob er nützlich war. Aber ein spezieller Umstand zwang
mich, von dieser Veröffentlichung Notiz zu nehmen. In
dem Berichte vom 14. Mai 1869 hatte ich an Herrn v.
Döllinger in einem Tone gesprochen, welcher diesen verehrungs-
würdigen Mann tief kränken mußte. — Man hatte mir
gewissermaßen den Arm geführt, um Jemand zu s-ftlagen,
der ein Recht hat, mich zu seinen wärmsten An! tngern
zu rechnen. Herr v. Döllinger konnte aber nicht vissen,
ob diese Armbewegung meinerseits wirklich eine ganz un-
freiwillige war. Er konnte vielmehr voraussetzen, daß ich von
der Publication meines vertraulichen Berichtes unterrichtet wor-
den sei, ehe sie verfügt wurde. Ich war daher dem Herrn v.
Döllinger eine Reparation schuldig und mußte ihm anheim-
stellen, dieselbe zu einer öffentlichen zu machen, da die
Kränkung zu einer öffentlichen gemacht worden war. Herr
v. Döllinger hat meinen Brief veröffentlicht, und ich danke
ihm dafür; den» derselbe enthält nichts, was ich zu wider-
rufen oder wegzuinterpretiren Anlaß hätte. Die „Polemik"
mit dem Verantwortlichen Leiter der Politik ist in den Brief
„hinein"-, nichts aus demselben „hcrausgelesen" worden.
Ich werde darauf bei einem anderen Anlaß zurückkommen.
Für heute genügt mir, zu constatire», daß ich es nicht bin,
der in die Qeffentlichkeit getreten ist, um über Politik zu
sprechen. Ich bin gezwungen worden, mit meiner Person
hervorzutreten, um einem von mir hochverehrten Manne
gegenüber mein Verhalten in das richtige Licht zu setzen.
Genehmigen Sie die Versicherung vorzüglichster Hochachtung.
Arni m."

Ares Stadt und Land.
Mannheim, 4. Mai. Der Besuch der Tribünen u. ersten
Plätze war heute stärker als gestern. II. KK. HH. der Groß-
herzog und die Frau Großherzogin mit Gefolge trafen kurz
nach 3 Uhr auf dem Festplatze ein; sie wurden mit lautem
Zurufe empfangen.
1. Galoppreiten für deutsche Landwirthe auf
selbstgezüchteten oder in der Landwirthschaft verwendeten

Pferden. Preise: 200 Mark dem ersten, 80 Mark dem
zweiten und 40 Mark dem dritten Pferde. Distanz unge-
fähr 1600 Meter.
Es liefern 5 Pferde. Die Elsässer, die sich wieder ein-
gefunden, haben heute wirksame Kunkurrenz erhalten. Den
ersten Preis, 200 Mark erhielt Heinrich S e i tz von Hocken-
heim ; den zweiten Preis, 80 Mark, erhielt F. Kübler
von Riedselz, den dritten Preis, erhielt Jacob Kimm er
von Mannheim.
2. Staatspreis 500 Mark, Herren-Reiten.
Flachrennen für Pferde aller Länder. Distanz ungefähr
1600 Meter. Einsatz 12 Mark ganz Reugeld.
Acht Pferde eröffneten in rüstiger Wettbewerbung das
Rennen. Fünf hielten nahe zusammen; die übrigen folgten
knrz darauf. Sieger wurde die br. Stute „Comtes Bibi"
des Grafen B e rn st o rff aus Hannover. Zweites Pferd
der br. Hengst „U k a s" des Herrn Jul. Espenschied
aus Mannheim.
3. Bürgerpreis 1700 Mark. Herren-Reiten
Flachrennen für Pferde aller Länder. Einsatz 96 Mark.
Reugeld 48 Mark. Distanz 3200 Meter.
Die fünf ablaufenden Pferde hielten anfänglich nahe
zusammen. Später machten sich die br. Stute „Rosa Pom-
pon" des Frh. v. Maltzahn aus Dwdenhofen und der
br. Hengst „Flamingo" des Prit. Moßner die Führung
streitig. „Rose Pompon" nahm kurz vor dem Ziele die
erste Stelle dauernd ein und blieb Sieger. „Flamingo"
zweites Pferd. Drittes Pferd, welches den Einsatz rettet,
der br. Hengst „Gilnochie" des Hrn. Jul. E s p c n s ch i e d
aus Mannheim.
4. Verka « fsrenncn. Prcis 8 0 0 Mark.
Herren-Reiten. Hürden-Rennen für Pferde aller Länder.
Einsatz 12 Mark, ganz Reugeld. Distanz 1600 Meter mit
6 Hürden. Bei diesem Rennen ist bestimmt: Das siegende
Pferd wird nach dem Rennen zu 2000 Mark der Versteige-
rung ausgesetzt; erfolgt kein höheres Gebot, so verbleibt das
Pferd seinem Besitzer.
Von 10 angemeldeten Pferden erschienen nur 5 in der
Bahn. Auch hier blieb noch eines beim Anlauf zurück.
Sieger wurde der Fuchs v. „Remember" des Lt. Sthamer
aus Stuttgart.
5. Offiziers-Jagdrennen. Eh r e n p r e i s des
Prinzen Wilhelm (Silbergabe) und 500 Mark vom
Vereine. Geritten von Offizieren des Vereins auf Dienst-
pferden. Einsatz 12 Mark, ganz Reugeld. Distanz 2400
Meter mit 12 Hindernissen 0,9 Dieter hoch und 3 Meter
breit.
Von 18 angemeldeten Pferden kamen nur 7 auf die
Bahn. Noch vor dem Ablauf warf ein Pferd seinen Reiter
ab und ging durch ; dasselbe wurde in der Nähe der Stadt
eingffangen. Von den Pferden, die den Lauf begonnen, blie-

Feuilleton.
Aer Armenarzt.
Roman aus dem Leben einer großen Stadt
von I. Steinmann.
Viertes Kapitel.
Eva.
(Fortsetzung.)
Madame Behrens hat mir längst gesagt, daß sie mich
auch einmal miinehmen würde, denn sie wollte meinen Fleiß
und mein Streben für ihr Geschäft belohnen."
„Und wie kommt der Vetter Deiner Prinzipalin dazu.
Dir ein Concertbillct zu schenken?"
„Nun, er ist Mitglied des Clubs „Amphion" und
dieser gibt ein Concert im Conventgarten."
„Würde es Dich sehr kränken, Eva, wenn ich Dich
bäte, hier zu bleiben?"
Eva schwieg.
Die Alte fuhr bekümmert fort:
„Hast Du schon fest versprochen zu kommen, Eva?"
„Nein," war die Antwort..
„Kannst Du bei mir bleiben und Deinem Wunsche
entsagen?"

„Ach, Mutter, wenn Du es wünschest, kann ich blei-
ben, aber schon lange habe ich mich darauf gefreut, einmal
so recht vergnügt sein zu können. Du weißt es ja selber
— noch nie war ich auf einem Ball, noch nie habe ich ge-
tanzt, als mit den Kindern, wenn die Drehorgeln auf der
Straße spielten. Ach, und wie lange ist das her. Aber
sag' mir mal, Mutter — hast Du denn nie getanzt, als
Du jung warst?"
Die Alte sank mit einem tiefen Seufzer in die Kissen
zurück.
„Ja, ich habe getanzt, ich wurde behütet und bewacht
von Mutteraugen, und du mein Kind gehst allein."
„O nein, Mutter. Madame Behrens hat mir ver-
sprochen, auf mich zu achten, wie auf ihre beiden eigenen
Töchter. Das sollte ich Dir ja sagen."
„Es ist gut, mein Kind. Du kannst gehen. Ich habe
Nichts dagegen," sagte die Alte bitter. „Nur Eins bedenke
— Deine alte Mutter!"
Eva eilte auf ihre Mutter zu und drückte ihr einen
Kuß auf die Stirne:
„Es ist gewiß nichts Unrechtes, Mutter, würde sonst
Madame Behrens mit ihren Töchtern hingehen ? Und Clara
und Mathilde Behrens sind beide sehr stolze und vornehme

Mädchen, wenn sie ausgehen, wollen sie nie wissen, daß sie
auch nur einfache Blumenmacherinnen sind."
„Es wäre mir lieber zu hören gewesen, daß sie sich
ihres Standes nicht schämen. Wer erst anfängt, sich seines
Standes und seiner Umgebung zu schämen, wird bald Alles
verlassen, was ihm nahe steht. O Gott — wenn ich daran
denke, daß die Zeit kommen könnte, in der Du Dich Deiner
armen, kranken Mutter schämtest. Eva !- Das wäre mein Tod!"
„Aber Mutter!" rief Eva entsetzt. „Wie kannst Du
nur so Etwas denken? Wie könnte ich Dich je verlassen?"
Die Mittagszeit war schon vorüber. Eva mußte wieder
in das Geschäft.
„Wann kommst Du heute Abend?" fragte die Mutier.
„Wenn es Dir Recht ist, bleibe ich diese Nacht bei
Behrens." '
„Mir ist es Recht," sagte die Alte ruhig.
Eva nahm Abschied und ging.
Als sie sich entfernt hatte, ergriff die Alte Lea's Hand.
„Steh' Du ihr bei, wenn ich nicht mehr bin, sie hat
es mehr nöthig als je."
Dann brach sie in Thränen ans und ries:
„Mein Kind, mein armes Kind ! Noch ist das Mutter--
äuge offen, aber es kann schon jetzt nicht mehr über Dich wachen.
Mein armes, armes Kind!" (Fortsetzung folgt.)
 
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