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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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April (No. 39 - 51)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0203

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AmtsverküMgungsötatL für den Aezirk Schwetzingen.
Kaöische Hspsey ^ cilRng.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

M. LI.

Dormersiag, 30. April 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annonccn-Bureaux von Saasen stein L Angler, Zlndolf Moste und H. L. Janöc L tzo., die Süddeutsche Annonrcn-tbrpcdiliou
von K. SLöÄhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Jäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

^ Bestellungen auf das
I „Schwetzingcr Wochenblatt" ^
Wadische Kopfenzeitung
»Nd ^
UttterhaLLrmgsvLaLt ^
für die Monate M a i und Juni werden noch fori- ^4
^ während von ollen PostäuNern, den Trägern des
Blattes sowie von der Expedition cntgcgeugcuommen.
Schluß des deutschen Meichstags.
Merlin, 26. April. Mittags 1 Uhr. Soeben ist der
Reichstag durch den Kaiser mit folgender Thronrede geschlossen
worden: Geehrte Herren! Die Session, anderen Abschluß
Sie stehen, reiht sich durch die tiefgreifende Wichtigkeit ihrer
gesetzgeberischen Ergebnisse den bedeutsamsten Sessionen der
früheren Reichstage an. Das hervorragendste unter Ihrer
Mitwirkung zu Stande gekommene Gesetz soll, nach den
Absichten der verbündeten Regierungen, dem deutschen Heere
diejenige Ocganisativn üauernd sichern, in welcher die Ge-
währ für den Schutz unseres Vaterlandes und für den Frie-
den Europas beruht. Um die Stetigkeit der Entwickelung
unserer Berfassuiiz sicher zu stellen, und um für die Fort-
bildung unserer neugewonnenen nationalen Einrichtungen
die Grundlage allfeitigen Verständnisses zu gewinnen, haben
die verbündeten Regierungen eingewilligt, die von ihnen
vorgeschlagenen und nach ihrer Neberzeugung nothwendigc
desintive gesetzliche Regelung der Friedensstärke des .Heeres
der Zutuns! vorzubehalten. Sie haben dieses Zngeständniß
in der festen Zuversicht machen können, eS werde die regel-
mäßige Berathung des Militäretats und die fortschreitende
Entwickelung des V-nsnssungsübens dem Lande und den
künftigen Reichstagen die Ueberzeugung gewähren, daß die
Sicherstellung der nachhaltigen und gleichmäßigen Ausbildung
der nationalen Wehrlraft und die Herstellung einer gesetzlichen
Unterlage für die jährlichen Budgetbcrathungen nothmendig
sei, um dem deutschen Heer eine seiner Bedeutung für das
Reich entsprechende Festigkeit der Gestaltung zu sichern. Mit
patriotischer Bereitwilligkeit haben Sie Ihre Mitwirkung
geliehen, zur Beseitigung der in der Erfahrung hervorgetre-
tenen Mängel der gesetzlichen Bestimmungen über die Ver-
sorgung der Invaliden des Reichshecres und der Marine.
Ich sage Ihnen Meinen Dank für die Fürsorge, welche Sie
von neuem für die Interessen Derer beihätigten, die im
Waffendienste für das Vaterland Kraft und Gesundheit ge-
opfert haben. Die Regelung des Papiergeldumlaufes in
Deutschland fand große Schwierigkeiten in dem von der
Vergangenheit überkommenen Ergebniß einer vielgestalteten

Entwickelung. Unter Ihrer Mitwirkung ist es gelungen,
durch bundesfreundliche Ausgleichung der Verschiedenheiten
eine Regelung herbeizuführen, welche durch Herstellung eines
einheitlichen Papiergeldes innerhalb der durch die Rücksichten
strengster Vorsicht gebotenen Grenzen sowie durch Beseitigung
der mit der Natur des Landespapiergeldes verbundenen
Hemmungen allen Verkehrskreisen zur Befriedigung gereichen
wird. Auch auf anderen Gebieten haben Sie im Verein
mit dem Bunüesrathe die Gesetzgebung und die Institutionen
des Reiches weiter ausgebildet. Die Förderung und Unter-
stützung, welche die von Mir in Gemeinschaft mit den ver-
bündeten Regierungen befolgte Politik in Ihren letzten Be-
schlüssen gefunden hat, befestigen in Mir die Ueberzeugung,
daß das deutsche Vaterland unter dem Schutze der gemein-
samen Jnstuuiioneu einer gedeihlichen Zukunft entgegengehen
und daß Europa in der sorgsamen Pflege, welche die geisti-
gen, sittlichen und materiellen Kräfte Deutschlands finden,
ein Pfand des Friedens und der gesicherten Fortbildung
seiner Culiur erblicken werde. Ich entlasse Sie, geehrte
Herren, mit Dank gegen Gatt, dessen Gnade Mir gestattet
hat, nach ernster Krankheit Sie heute zu versammeln.
Bei dem Reichsiagsschluß waren etwa 150 Reichs-
tagsmiiglieder anwesend. In der Diplomateuloge befanden
sich der französische wie der österreichische Botschafter sowie
mehrere Gesandte. Die Bundesrathsmitglieder unter Füh-
rung des Staatsministers Delbrück standen zur linken Seite
des Thrones. Der Kaiser, van dem Kronprinzen und
den Prinzen Carl, Friedrich Carl, Alexander, Georg und
August von Würitenberg gefolgt, wurde mit einem enthusi-
astischen Hoch begrüßt, das der Präsident des Reichstages
ausbrachte. Bei Verlesung der Thronrede wurde der ans
die Erhaltung des Friedens bezügliche Passus sehr beifällig
ausgenommen. Ein von dem bayerischen Minister Fäustle
auf den Kaiser ausgebrachtes Hoch schloß die Feierlichkeit.

Neueste Post.
Merlin, 26. April. Fürst Bismar ck ha!, wie wir
bereits kurz berichteten, am Donnerstag Nachmittag den
ersten Versuch eines Spazierganges in dem Garten des
Auswärtigen Amtes gemacht, der ihm sehr gut bekommen
sein soll. Was die Wahl eines SommeraufcnthalteZ für
den Fürsten Bismarck betrifft, so vertäutet, daß der Fürst
sich schwer entschließen könnte, einen Punkt zu wählen, wo
er Wald entbehren müßte, da ihm der Aufenthalt in einem
solchen besonders werth ist.
— In der nächsten Woche wird, wie vertäutet, der
am 15. d. M. gegen den Erzbischof Ledochowsky von
dem k. Gerichtshöfe für kirchliche Angelegenheiten gefällte
Urtheilsspruch formulirt sein nud dann dem Grafen zuge-

sendet werden. Damit ist dann der Zeitpunkt eingetretcn,
wo der Herr Kultusminister die weiteren Maßregeln zu
treffen haben wird.
Köln, 27. April. Durch das heute verkündigte Ur-
theil der hiesigen Appellinstanz in dem Proceß Reinkens
gegen die „Deutsche Reichszeitnng" wird das Erkenntniß
des ersten Richters (fünf Monate Gefängniß gegen den
Redactenr Emons und 500 Thlr. Geldbuße event. fünf
Monate Gefängniß gegen den Verleger Hauptmann) be-
stätigt.
Aom, 28. April. Die Mittheilung der „Agence
Havas" , die italienische Regierung habe sich über die in
Nizza gehaltene Rede des Deputirten Piccon ausgesprochen,
ist vorsichtig aufzimehmen, besonders die tendenziöse Anspie-
lung betreffs des Plebiscits.
Maris, 27. April. Eine Depesche aus Cairo vom
heutigen Tage meldet, daß die Suezkanalfrage nunmehr be-
endigt ist und Herr von Leffeps sich den Entscheidungen
der Pforie unterwirft.
Maris, 27. April. Aus Rom hier eingegangcne
Nachrichten constatiren nicht nur, daß die italienische Regie-
rung dem Zwischenfall Piccon ganz ferne stehe, sondern ent-
halten für die französische Regierung auch die Versicherung,
daß die Abtretung von Savoyen und Nizza eine erledigte
Thatsache sei, gegen welche keine Manifestation von Seiten
der freiwillig französisch gewordenen Bürger in's Gewicht
fallen könne. — Wie versichert wird, bleiben auf die An-
leihe der 5ffo Milliarden gegenwärtig nur noch 27 Millionen
Franken einzuzahlen.
— 28. April. Die „Repnblique francaise" meldet,
sie sei setz! in der Lage zu versichern, daß Graf Chambord
in Versailles bei dem Depntirten für die untere Loire, de la
Röchelte, angekommen ist.
London, 28. April. Man versichert, daß ein Agent
des Don Carlos hier angekommen sei, welcher dessen In-
teressen bei der britischen Regierung vertreten und eine An-
leihe abschließen soll.
London, 27. April. Die „Times" meldet: Leffeps
acceptirte die Bedingungen der internationalen Commission,
betreffs des Snezcanals. Die Entschließung Leffeps wurde
durch den Entschluß der Pforte, von dem Suezcanal selbst
Besitz zu ergreifen, herbeigeführt. Leffeps begnügte sich mit
einem Proteste zur Wahrung der Rechte der Suezcanalge-
sellschaft und berief eine Generalversammlung zur Berathung
der weiter erforderlichen Maßregeln.
Madrid, 27. April. Vom nördlichen Kriegsschauplatz
liegt nichts Neues vor. In Chelva (Provinz Valencia)
sind 5000 Carlisten cingerückt.
Madrid, 26. April. General Primo de Rivera ist
hier cingetroffen. Nachrichten aus Balmaseda vom 25. d.
zufolge sind 2000 Carliste» seit 8 Tagen mit der Unpassir-

IruillettM.
Der Armenarzt.
Roman aus dem Leben einer großen Stadt
von I. Sternmann.
Viertes Kapitel.
Eva.
(Fortsetzung.)
Als Eva consirmirt war, lernte sie Verfertigen künst-
licher Blumen, eine Arbeit, die sie auch im Hause verrichten
konnte, wenn die Krankheit der Mutter die Gegenwart der
Tochter erforderlich machte.
Eva besaß Geschick zu dieser Beschäftigung. Ihre zier-
lichen Finger paßten so recht zu den Veilchen, Vergißmein-
nicht und Rosenknospen, die sie wie spielend anfertigte. Die
Hand, klein und zierlich, glich jenen Händen, wie wir sie
Lei den Porlraits vcs göttlichen Van Dyk's finden. Die
Finger laufen bis zum letzten Gliede spitz zu, werden dann
rin wenig breiter und tragen einen sanft gerundeten Nagel,
von dem lieblichsten Rosa angehaucht, das man sich nur
denken kann.

Nicht minder schön wie die Hand war der Arm. Man
sah diesen reizenden Formen an, daß in ihnen das Leben
erster aufblühender Jugend wohnte. Jede Bewegung war
anmuthig, leicht und von einer natürlichen Grazie, wie sie
nur frischer Lebensmuth und innere Lebendigkeit zu Wege
bringen.
Eva war eine reizende Blondine. Das natürlich ge-
lockte Haar, reich und dicht, besaß jenen köstlichen Goldschün-
mer, der nur den nordischen Geschlechtern eigen ist. Das
Gesicht war mehr lieblich als clasftsch zu nennen, es strahlte
voller Heiterkeit und Lebenslust und kein Zug verrieth, daß
die Trägerin dieses schönen Mcnschenantlitzes wußte, daß
sie wirklich so schön sei.
Die Augenwimpern — eine Seltenheit bei ausgesproche-
nen Blondinen — waren lang und dunkel, so daß das
dunkelblaue Auge durch diese köstliche Einrahmung nur um
so mehr an Tiefe und Feuer gewann.
Der Mund, fein und zierlich geschnitten, barg zwei
Reihen kleiner Perlzähne von blendendem Emailglanz und
das Kinn trug jenes kleine Grübchen, von dem man sagt,
daß der Schelm, der Humor und die gute Laune — seinen
Wohnsitz darin aufgeschlagen habe.
Mit einem Worte: Eva war ein bildschönes Mädchen.

Die eigenthümliche Erziehung, welche die Müller dem
Mädchen angedeihen ließ, war die Veranlassung, daß Eva
einen bei weitem höheren Bildungsgrad besaß, als man den
äußeren Verhältnissen nach anzunehmen berechtigt war. Die
Wittwe Hellberg vermied es geflissentlich, von ihrer Ver-
gangenheit zu sprechen. Der Tod ihres Mannes, der aus
Kummer über den Rückschritt des kleinen Geschäftes gestor-
ben war, blieb der äußerste Punkt, an dem sie von früheren
Tagen sprach. Von der Zeit vor Eva's Geburt, von ihren
Jugendjahren, ihrer Familie war nie die Rede — sie war
in dieser Beziehung schweigsam wie das Grab.
Und doch mußte jeder Unbefangene bald merken, daß
die Wittwe Hellberg sich nicht immer in solchen Umständen
befunden haben konnte, wie die, in welchen sie jetzt lebte.
Die ganze Art und Weise ihrer Unterhaltung deutete vor
allen Dingen darauf, daß die Alte sich einst in höheren
Kreisen bewegt haben mußte.
„Es ist Mittag," sagte die Alte nach einer Pause.
„Eva wird gleich kommen. Die Deinen werden Dich er-
warten, Lea. Halte Dich deshalb nicht auf, mein gutes
Kind, damit Du keine Unannehmlichkeiten hast."
(Fortsetzung folgt.)
 
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